Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 7

Versuche und Selbstversuche

Experiment und Reisen

Alexander von Humboldt ist als Forschungsreisender, Schriftsteller und Nestor der Wissenschaften des 19. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen. Der Themenkomplex ‚Versuche und Selbstversuche‘ scheint hingegen mehr oder weniger ausschließlich auf den jungen, mit Botanik, Physiologie und Galvanismus befassten Wissenschaftler der 1790er Jahre zu führen: Humboldt, bevor er zu dem wurde, wofür er heute vor allem steht. Humboldt selbst hat allerdings das wissenschaftliche Reisen und die Experimentalpraxis in ein enges Verhältnis zueinander gesetzt. In den 1797 publizierten Versuchen über die gereizte Muskel- und Nervenfaser – zu einer Zeit, als er sich bereits aus dem Staatsdienst verabschiedet hatte und mit Reiseplänen befasst war, zugleich aber ausgedehnte physiologische und chemische Versuchsreihen durchführte und von sich behauptete, er könne „nicht existiren, ohne zu experimentieren“1 – fordert er vom Forscher auch unter den Bedingungen der Mobilität eine grundsätzlich experimentelle Einstellung: „Es giebt Versuche, wie das Wiegen von Gasarten, chemische Zerlegungen und andere, die eine besondere Feinheit und Reinlichkeit der Hülfsmittel, und ein bequemes und ruhiges Zimmer erfordern, um sie genau anzustellen. Dagegen kann über hundert andere Gegenstände der Physik, Meteorologie und Physiologie, ohne sonderlichen Apparat, überall so gründlich experimentirt werden, daß es mir überaus wichtig schiene, junge Leute früh zu einer solchen Thätigkeit und Selbstbehülflichkeit (wenn ich mich des undeutschen Ausdrucks bedienen darf) zu gewöhnen. Wie viele Erscheinungen der Körperwelt bleiben darum ununtersucht, weil viele Reisende nur das untersuchen, was sie mit nach Hause tragen können, weil viele nur an ihrem Schreibtisch, nur mit äusserer Bequemlichkeit arbeiten! Ob dieser Rath wohlverstanden wird, wenn er die Zahl der flüchtigen Versuche vermehrt, mögen die entscheiden, welche langsam und gründlich nicht für synonym halten.“2 Auf diese Weise stellt Humboldt die wissenschaftliche Reisetätigkeit insgesamt unter das Vorzeichen des Experiments. Erkennbar zielt er – dies zeigt der pädagogische Impuls – auf die Herstellung einer spezifischen Haltung, einer experimentellen Disposition: Es geht um die durchgängige Bereitschaft und den Willen, auch unter erschwerten Bedingungen des Reisens Versuche durchzuführen. Implizit wird damit auch auf die Bedeutung der natürlichen Umgebung und lokaler Zusammenhänge für das experimentelle Vorgehen verwiesen, insofern die Einschränkung auf transportable Objekte, die isoliert „am Schreibtisch“, im „ruhigen Zimmer“ untersucht werden, als deutliche Reduktion der Erkenntnismöglichkeiten angeführt wird. Dabei argumentiert Humboldt im Rahmen eines experimentellen Verhaltenskodexes, in dem das Stichwort „langsam“ für die raumzeitliche Einschränkung der Experimentalpraxis steht und daher negativ konnotiert ist; Gründlichkeit hingegen wird selbstredend positiv bewertet und als experimentelle Tugend vorausgesetzt. Ganz sicher gehört Humboldt nicht zu denjenigen, „welche langsam und gründlich […] für synonym halten“; vielmehr verbirgt sich hinter dieser verklausulierten Formulierung ein Seitenhieb gegen traditionalistisch gesinnte Forscher, die angesichts der zeitgenössischen Experimentierfreude und der weitreichenden Neuorganisation ganzer Wissensfelder (vor allem der Chemie, der Elektrizitätslehre und der Physiologie) notorisch vor Übereilung warnen. Indem Humboldt bestreitet, „flüchtige Versuche“ befördern zu wollen, stellt er klar, dass es ihm nicht um Trivialisierung der Versuchspraxis oder um wissenschaftlichen Dilettantismus geht,3 sondern im Gegenteil um eine neue experimentelle Mentalität, wie sie sich im ausgehenden 18. Jahrhundert in einer Phase der „massiven Expansion und Stabilisierung experimenteller Arbeitsweisen“4 durchzusetzen beginnt. Entscheidend ist die erklärte Verlängerung dieser experimentellen Mentalität auf die Reisetätigkeit beziehungsweise die Einforderung einer ganzen Bandbreite wissenschaftlicher Verfahren und Verhaltensweisen auch für das Reisen. In der Tat umfasst Humboldts eigene Reisepraxis seit Beginn der 1790er Jahre unterschiedliche Formen der experimentellen und nicht-experimentellen Empirie: Beobachten, Sammeln, Messen, Sektion bzw. anatomische Zerlegung, chemische Analyse, gezielte Manipulation lebendiger Objekte, physikalische Versuchsanordnungen unterschiedlicher Art, Selbstversuche aus physiologischem, physikalischem oder pharmazeutischem Erkenntnisinteresse. Aus dieser Perspektive gehört also ‚der ganze Humboldt‘ zum hier behandelten Thema; und die Bedeutung des Forschungsreisenden Humboldt verdankt sich nicht zuletzt ebendieser empirisch-experimentellen Disposition, wie er sie frühzeitig formuliert. Man kann der zitierten Anmerkung noch etwas Anderes entnehmen: Experiment ist nicht gleich Experiment. Unterschiedliche „Gegenstände“ und Disziplinen stehen unter unterschiedlichen Voraussetzungen und erfordern unterschiedliche Verfahren.5 Vielleicht ist es diesem Bewusstsein von der Bedingtheit und Spezifik verschiedener experimenteller Vorgehensweisen geschuldet, dass Humboldt keinen programmatischen Text zum Thema Experiment verfasst hat: Es gibt von ihm kein experimentelles Credo, kein übergreifendes Experimentkonzept, sondern nur in konkreten Zusammenhängen eingestreute Hinweise und Reflexionen. Diese entsprechen zumeist den gängigen Legitimationsstrategien und Vorsichtsmaßregeln zum experimentellen Verhalten, wie sie sich in den wissenschaftlichen Publikationen der Zeit finden: die Einforderung von Sorgfalt und größtmöglicher Einfachheit der Versuchsanordnung, die Warnung vor Selbsttäuschung oder übereilten Schlüssen, Berücksichtigung von Nebenumständen, Bestätigung durch Wiederholung und Zeugenschaft.6 So sehr Humboldt betont, dass er alle veröffentlichten Versuche mehrfach durchgeführt habe, so bewusst ist ihm doch, welche Rolle das je konkrete Arrangement von Experimentator bzw. Beobachter, Instrument und Material spielt: „Bei allen physikalischen Arbeiten ist es ungemein wichtig, Resultate aufzustellen, welche von einem und demselben Experimentator, und mit einerlei Werkzeugen erhalten worden sind.“7 Die Geschicklichkeit des Experimentators, die Qualität der Instrumente und die Adäquatheit der Materialien waren Faktoren, die das Versuchsergebnis beeinflussen konnten, sodass häufig auch die grundsätzlich geforderte Wiederholbarkeit nicht gegeben war. Ein von Humboldt besonders reflektiertes Problem betrifft die Lenkung der Experimentalanordnung durch vorgefasste Ideen, die Vermischung von Hypothese und Versuch: Er habe sich bemüht, schreibt er in diesem Sinne, seine Versuche nicht mit „theoretischen Muthmaßungen zu vermengen“,8 sondern vielmehr „von aller Theorie zu abstrahiren“.9 Statt eine Hypothese oder eine Theorie direkt durch einen Versuch bestätigen zu wollen, propagiert Humboldt ein negatives Verfahren; Versuche werden demnach so abgeändert, als sollte „gerade das Gegentheil der bisher aufgestellten Gesetze […] erwiesen werden“: „Diese Methode schien mir, so lange ich experimentirte, die fruchtbarste zum Erfinden zu seyn. Eine allgemein angenommene Theorie lehrte, daß Pflanzen sich nur im Sonnenlichte über der Erde grün färben, nur in diesem athmen können. Ich experimentirte unter der Erde im Finstern und fand daß alle Vegetabilien […] in Stickstoff und Wasserstoffgas, ohne Sonnenlicht, grün werden und athmen. Ich wollte Herrn Girtanners scharfsinnige Theorie über das Oxygen, als Lebensprincip der organisirten Schöpfung, prüfen. Ich stellte einen widersinnig scheinenden Versuch mit der schärfsten oxygenirten Kochsalzsäure an, und fand die Keimkraft der Pflanzensaamen dadurch sechsfach vermehrt. – Freilich ist dem menschlichen Geiste unmöglich, sich während des Experimentirens aller theoretischen Vermuthungen zu enthalten, freilich ist, wie Darwin sehr richtig sagt, das Denken selbst ein Theoretisiren. Man reiht das Halbgesehene immer an analoge Erscheinungen an, und glaubt oft, Gründe in unwesentlichen Nebenbedingungen zu finden. Wohl dem Experimentator aber, den abgeänderte Versuche von einer Theorie zur andern hinführen, dessen Vermuthungen nicht früh eine Gewißheit erlangen, die von der ferneren Beobachtung zurückscheucht!“10 Humboldt deutet hier ein dem Empirismus Bacons verpflichtetes Programm des ergebnisoffenen Sammelns experimenteller Befunde an.11 In diese Richtung weist auch der hohe Wert, den Humboldt auf die Trennung von empirischem Befund und Erklärung, von experimenteller Datenerhebung und Interpretation legt; immer wieder betont er, er beschränke sich zunächst darauf, „nur Thatsachen zusammenzustellen“.12 Aus dieser Haltung heraus ist wohl auch die Bereitwilligkeit zu verstehen, mit der er in seinem 1796 veröffentlichten Brief an Blumenbach eingesteht, häufig „aufs Ohngefähr“,13 also mehr oder weniger planlos zu experimentieren. Explorative Offenheit soll wiederum systematisch gewährleistet werden, indem Versuche nicht auf die Bestätigung vorgefasster Überzeugungen zielen, sondern geltende Theorien durch „abgeänderte“ oder „Gegenversuche“14 befragt werden. Zugleich aber herrscht das für die Spätaufklärung charakteristische – und hier mit einem locker eingestreuten Erasmus-Darwin-Zitat formulierte15 – Bewusstsein, dass jedes experimentelle Herstellungshandeln unumgänglich durch Vorannahmen und Hintergrundstheorien geleitet ist. Weil Humboldt selbst kein ausformuliertes Experimentalprogramm vorgelegt hat und weil er um die Mitte der 1790er Jahre mit Goethe in wissenschaftlichem Austausch stand, auch gemeinsam experimentierte, wird gerne Goethes vieltraktierter Aufsatz „Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt“ (datiert auf 1792, veröffentlicht 1823) herangezogen, um Humboldts Experimentalpraxis zu kommentieren.16 Wie nicht nur die unterschiedlichen, geradezu entgegengesetzten Interpretationen des Goethe’schen Textes zeigen, ist dies ein nicht unproblematisches Verfahren. Unabhängig nämlich davon, wie man Goethes Aufsatz einschätzt, gilt es festzuhalten, dass seine Idee einer „Vermannigfaltigung17 von Versuchen – in denen die Natur dann gewissermaßen selbsttätig ihr Wirken und ihre Wahrheit ausspricht – der Humboldt’schen Idee der „abgeänderten Versuche“ geradezu entgegensteht: Letzteres ist ja ein Findeverfahren, mit dem die Natur möglichst in die Enge getrieben, durch einzelne Versuche möglichst weitreichende, möglichst definitive Erkenntnis erreicht werden soll. Goethe hingegen fordert, im Experiment „das Nächste ans Nächste zu reihen“ und Versuche anzustellen, „die zunächst an einander grenzen und sich unmittelbar berühren“, die „gleichsam nur Einen Versuch ausmachen“, um in den Serien sich wechselseitig kommentierender und korrigierender Versuche zu „Erfahrungen der höheren Art“18 zu gelangen. Goethe postuliert die Entgrenzung des einen, spezifischen Experiments durch Vervielfältigung, während Humboldt die Prüfung von Theorien durch gezielte „Gegenversuche“ vorschlägt. Auch Humboldts Auszeichnung eines Experiments als „Kardinalversuch“19 und seine Auffassung, dass der einzelne, nach allen Vorsichtsmaßregeln und vor Zeugen angestellte gelungene Versuch mehr besage als zehn misslungene Wiederholungen, sind Goethes Experimentkonzept tendenziell entgegengesetzt, insofern Goethe dem isolierten Versuch überhaupt – ob gelungen oder nicht – den Erkenntniswert abspricht.20

Experimentalpraxis und (Inter-)Disziplinarität

Die im engeren Sinne experimentalwissenschaftliche Phase in Humboldts Leben erstreckt sich auf die beiden Jahrzehnte um 1800. Humboldts Beitrag zur Experimentalpraxis seiner Zeit ist in drei Bereichen angesiedelt: 1. Botanik bzw. Pflanzenphysiologie, 2. Pneumatische Chemie, 3. Galvanismus. Alle drei Bereiche sind umfänglich in den Schriften dokumentiert; zu allen hat er außerdem Monographien vorgelegt: zu 1. Florae Fribergensis (1793); zu 2. Ueber die unterirdischen Gasarten (1799), Versuche über die chemische Zerlegung des Luftkreises (1799); zu 3. Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser (2 Bände, 1797). Insgesamt zeigt sich bereits in der frühen wissenschaftlichen Experimentalpraxis der Humboldt kennzeichnende, disziplinübergreifende Blickwinkel, insofern die Versuche zumeist zwei oder mehrere Gebiete berühren: Botanik und Geologie; Pflanzenphysiologie und Chemie; Galvanismus und Chemie; Galvanismus und Physik; Chemie und Meteorologie; Physik, Chemie und Geologie; Medizin, Chemie und Physiologie. Die Schriften bilden weiterhin ab, wie Humboldt an verschiedenen Stationen seines Lebens seinen eigenen Körper als Forschungsobjekt verwendet. Beispiele sind die Versuche mit unterirdischen Gasarten/Wettern, die galvanischen Experimente in seinen Jugendjahren oder die Drogen-Experimente während der Amerika-Reise.
Abb. 1: Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, im Anhang von Band 1. [Bildnachweis]

Botanik/Pflanzenphysiologie

Die beiden Beispiele, die Humboldt im oben angeführten Zitat für seine Methode der Experimenterfindung anführt, entstammen der chemischen Pflanzenphysiologie, dem ersten Gebiet, auf dem Humboldt als Experimentator öffentlich in Erscheinung trat und das er noch 1795 als sein „Hauptstudium“21 bezeichnete. Seit den 1770er Jahren hatten Joseph Priestley, Jan Ingenhousz und Jean Senebier erste Ansätze zur Erforschung der später so genannten Photosynthese vorgelegt. Im Zuge der Umstellung auf die antiphlogistische Chemie und befeuert nicht zuletzt durch den – Humboldt in seiner Freiberger Zeit besonders beschäftigenden22 – Gedanken einer praktischen Anwendung der Erkenntnisse im Ackerbau, war die Frage nach der Natur der Pflanzenernährung und -respiration sowie den Bedingungen des Pflanzenwachstums in den 1790ern äußerst virulent. Humboldts Versuche zur grünen Farbe unterirdischer Pflanzen – dies seine ersten publizistisch verwerteten Experimente23 – gingen unmittelbar aus seinem Studium der Bergbaukunde bzw. seiner Tätigkeit als Bergbauassessor hervor. Interessanterweise verbinden sich mit der Erforschung unterirdischer Pflanzen und Schwämme schon in dieser frühen Phase seiner wissenschaftlichen Betätigung auf spezifische Weise Botanik und Geographie, sodass bereits die ersten Anfänge seiner Experimentalpraxis auf die von ihm später dann begründete und geförderte Disziplin der Pflanzengeographie vorausweisen.24 Eine besonders beachtete Entdeckung betraf die ebenfalls im Zitat erwähnte Wirkung von Chlorwasser („oxidirter Kochsalzsäure“) auf den Keimungsprozess, ein Versuch, auf den Humboldt kam, um den Effekt von Sauerstoff auf die Reizbarkeit der Pflanzen zu untersuchen. Die Entdeckung fand unmittelbar Resonanz – kritische wie positive25 – und auch Humboldt kam darauf in den 1790er Jahren immer wieder sowohl in Aufsätzen als auch in seinen Buchpublikationen zurück.26 Seine Untersuchungen zur Respiration, Ernährung und Reizbarkeit der Pflanzen publizierte Humboldt in einer Reihe von Aufsätzen sowie in der Abhandlung Florae Fribergensis specimen (1793). Die zahlreichen darin dokumentierten chemisch-physiologischen Versuche führten Humboldt zu der Auffassung, dass Pflanzen belebte Wesen und dass belebte und unbelebte Materie grundsätzlich verschieden seien. In den der Florae Fribergensis angehängten „Aphorismen aus der chemischen Physiologie der Pflanzen“ (lat. 1793; dt.1794) stellt Humboldt seine Versuche in den größeren Zusammenhang einer Theorie der organischen Erscheinungen. Er schaltete sich damit in die seit den 1780ern von Johann Friedrich Blumenbach, Karl Friedrich Kielmeyer, Johann Christian Reil und anderen geführte Diskussion um die „Lebenskraft“ als Spezifikum organischer Vitalität ein, indem er eine neue Definition der Lebenskraft als Vermögen lieferte, die chemischen Anziehungskräfte zwischen den Elementen aufzuheben.27

Pneumatische Chemie

Humboldts Beschäftigung als Bergbaubeamter war ebenfalls wegweisend für das zweite Gebiet, in dem er sich als Experimentator einen Namen machte: die Chemie der Gasarten, die sich zunächst aus der Analyse der Grubenwetter und den Versuchen zur Pflanzenrespiration ergab und die sich weiterhin auf die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft, den Einfluss der Erde auf sie und die Zerlegung der „Luftarten“ erstreckte. Für die „unterirdische Meteorologie“,28 die Analyse der Grubenwetter, unternahm Humboldt zahlreiche Versuche unter Tage, darunter auch unangenehme und gefährliche Selbstversuche wie etwa einen Aufenthalt in einem engen Raum mit künstlich erzeugter „irrespirable[r] Luft“.29 Wie in anderen Bereichen auch, so betrachtete Humboldt die Experimentalpraxis nicht als reinen Selbstzweck, sondern bemühte sich um praktische Anwendung der experimentell gewonnenen Erkenntnisse. So entwickelte er aus seinen fortgesetzten Beobachtungen und Versuchen unter Tage eine Grubenlampe sowie ein Atemgerät, um die Sicherheit der Bergleute zu erhöhen. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts befand sich die Chemie in einer grundlegenden Umbruchsphase. Im Zentrum stand dabei die Debatte um das Phlogiston, jenen Stoff, der nach der überkommenen Theorie Georg Ernst Stahls bei allen Verbrennungsvorgängen entweichen sollte. Unter anderem durch die Beobachtung, dass Körper beim Verbrennen an Gewicht zunehmen, statt, wie sie es nach der Entweichungstheorie müssten, Gewicht zu verlieren, geriet die Phlogistontheorie in die Kritik. Zugleich wurden mit der Entdeckung des Kohlendioxids und des Sauerstoffs sowie mit dem Nachweis, dass Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff besteht, die Voraussetzungen für die Neuorientierung der Chemie geschaffen. In den 1780er Jahren entdeckte Antoine Lavoisier, dass Verbrennung als Oxidationsprozess aufzufassen ist, bei dem Sauerstoff verbraucht und nicht Phlogiston freigesetzt wird. Auf dieser Grundlage errichtete er ein neues theoretisches System der Chemie mitsamt einer neuen Nomenklatur, die er 1789 in seinem Traité élémentaire de Chimie veröffentlichte. Dennoch wurde bis weit in die 1790er Jahre hinein eine heftige Diskussion um das Phlogiston geführt, d. h. im Wesentlichen um die chemische Bestimmung des Wassers und der Luft bzw. der „Luftarten“, wie man die neuentdeckten Gase nannte. Auf ebendiese epistemisch offene Situation der Chemie um 1790 trafen Humboldts einschlägige Versuche, wobei er sich der neuen Chemie Lavoisiers anschloss.30 Humboldts besondere Aufmerksamkeit galt den Versuchen zur chemischen Zerlegung des Luftkreises (Eudiometrie), die er über viele Jahre hinweg und auch auf der amerikanischen Reise unternahm.31 Allerdings litt die Eudiometrie unter der Mangelhaftigkeit der Messverfahren,32 um die sich in der Fachwelt eine intensive Diskussion entspann. Ludwig Achim von Arnim setzte sich einlässlich mit Humboldts Verfahren und Resultaten auseinander, wobei er – neben ihrer grundsätzlichen Würdigung – nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Analysemethoden und zur Überprüfung der Ergebnisse suchte.33 Andere Chemiker wie Claude Louis Berthollet und Humphrey Davy bezweifelten Humboldts eudiometrische Methode auf der Basis von Salpetergas und die Genauigkeit seiner Ergebnisse.34 Humboldt selber war nach der Amerikareise mit seinen bisherigen schwankenden Messergebnissen unzufrieden und unternahm 1805 in Paris erneut „Versuche über die eudiometrischen Mittel und das Verhältniss der Bestandtheile der Atmosphäre“,35 diesmal gemeinsam mit Joseph Louis Gay-Lussac, wobei sie unter anderem erstmalig die exakten Anteile von Wasserstoff und Sauerstoff in der Zusammensetzung des Wassers bestimmten und Luftproben analysierten, die Gay-Lussac auf einer Ballonfahrt in siebentausend Metern Höhe entnommen hatte.

Galvanismus

Bald nachdem Humboldt begonnen hatte, die Lebensprozesse pflanzlicher Organismen experimentell zu untersuchen, erfuhr er im Jahr 1792 auch von den Entdeckungen und Spekulationen Luigi Galvanis und begann auf diesem Gebiet eine ihn über viele Jahre intensiv beschäftigende Forschungsarbeit. Galvani hatte aus seinen Experimenten mit Froschschenkeln, deren Nerven er mit unterschiedlichen, miteinander verbundenen Metallen in Berührung brachte und die daraufhin zuckten, die These einer spezifisch tierischen Elektrizität abgeleitet, Galvanismus genannt. Diese Entdeckung – verbunden mit der Hoffnung, dadurch dem Rätsel des Lebens im Rahmen einer umfassend vergleichenden Physiologie auf die Spur zu kommen – versetzte nicht nur die gelehrte Welt in einige Erregung; allenthalben wurden – auch zur geselligen Unterhaltung – galvanische Experimente durchgeführt. Allerdings blieb die Annahme einer im organischen Material enthaltenen animalischen Elektrizität nicht unbestritten. Der prominenteste Kritiker Alessandro Volta vertrat die Auffassung, dass der Galvanismus nur eine Form der bis dahin bekannten Kontakt­elektrizität, das heißt physikalisch und nicht physiologisch zu erklären sei. Seiner Auffassung nach leitete nicht der metallische Bogen die im tierischen Präparat enthaltene organische Elektrizität weiter, sondern umgekehrt leiteten die Nerven die durch die Verschaltung unterschiedlicher (metallischer) Konduktoren entstandene Elektrizität. In diesem Streit nahm Humboldt in einer modifizierten Form zunächst für den Galvanismus Partei. Nach eigenem Bekunden führte er annähernd viertausend Experimente an über dreitausend Tieren durch36– neben Fröschen unter anderem an Vögeln, Kaninchen, Ratten, Lämmern, Würmern, Schlangen –; nicht zu vergessen die zahlreichen einschlägigen Selbstversuche (hierzu siehe unten). Die Experimente erfolgten in vielfachen Variationen mit ungleichartigen Metallbögen, gleichartigen Metallbögen und ohne metallische Leiter, bei denen die Verbindung nur aus organischem Material bestand. Er prüfte experimentell die leitenden Eigenschaften verschiedener Substanzen wie Kohle, Holz, Glas, Wachs, pflanzliche und tierische Substanzen (insbesondere Morcheln und gekochter Schinken), Gesteine und Mineralien; er untersuchte, wie sich die Reizbarkeit des organischen Präparats unter dem Einfluss von Säuren, Gasen, Seife, Feuchtigkeit, Öl und verschiedenen Chemikalien änderte. Dabei waren es vor allem die Versuche mit ausschließlich organischen Leitern sowie jene Versuche, in denen er durch zusätzliche physikalische oder chemische Mittel die Reizbarkeit der organischen Materie in der Kette willkürlich steigern oder vermindern konnte, die ihn für den Galvanismus einnahmen. Unter diesen Versuchen ragt einer hervor, dessen zugleich überraschender und poetischer Charakter zur imaginativen Verlängerung und naturphilosophischen Überhöhung geradezu einlud. Im April 1795 entdeckte Humboldt durch Zufall, dass eine Kette zwischen Nerv, Zink, Gold, Zink und Muskel keine Kontraktionen des Präparats bewirkt, diese aber ausgelöst werden, wenn das Metall behaucht wird. „Mit diesem Kardinalversuch treten wir dem Wesen des Galvanismus näher“,37 so Humboldts Überzeugung, die er umgehend der gelehrten Welt durch Briefe und Aufsätze verkündete.38 „Unter allen physikalischen Versuchen, welche ich je die Freude hatte, in Gegenwart anderer Naturforscher anzustellen, habe ich keinen gefunden, der wegen seiner unendlichen Feinheit so in Erstaunen setzt, als diese Belegung mit dem Hauche. Die Kette trockener Metalle, als Gold, Zink und Gold bringt keine Reizung hervor. Man hauche leise die eine untere, oder obere Fläche […] man lasse, das gasförmige Wasser […] diese Fläche überziehen, so wird der Muskel convulsivisch erschüttert […]. Man wische den Hauch mit einem wollenen Tuche ab, so verschwindet die Bewegung von neuem. Das Experiment sieht einem Zauber ähnlich, indem man bald – Leben einhaucht, bald den belebenden Odem zurücknimmt!“39 Für Humboldt beweist dieser Versuch schlagend, dass der Stimulus vom tierischen Präparat ausgeht. Andere Versuche, in denen selbst über unterbrochene Ketten hinweg galvanische Reaktionen hervorgerufen wurden, bestätigten für Humboldt die von Johann Christian Reil aufgestellte Hypothese einer sensiblen Atmosphäre, die die Nerven umgibt und die elektrische Impulse weiterzuleiten vermag. All diese Leistungen schrieb Humboldt im Rahmen seiner chemisch ausgerichteten Theorie vitaler Prozesse einem galvanischen Fluidum zu und modifizierte auf diese Weise Galvanis Vorstellung einer tierischen Elektrizität.40 Auf seiner Südamerika-Reise bot sich Humboldt schließlich die ersehnte Gelegenheit, an Zitteraalen (gymnotus electricus) zu experimentieren;41 die Fähigkeit dieser Fische, elektrische Schläge auszuteilen, schien ein starkes Argument für den Galvanismus zu sein. Während seiner Abwesenheit ergaben sich allerdings durch Voltas Erfindung der Batterie im Jahr 1800 einschneidende Änderungen in der Erforschung der Elektrizität. Die Voltasche Säule – bestehend aus übereinandergeschichteten elektrolytgetränkten Pappstücken, Zinkplatten und Silber- bzw. Kupferplatten – bewies, dass allein die unterschiedliche Ladung verschiedener Leiter – auch ohne Beteiligung organischer Präparate – Elektrizität erzeugt, wodurch die Annahme einer besonderen animalischen Elektrizität im galvanischen Versuch widerlegt wurde. Nach seiner Rückkehr und vor dem Hintergrund der ihm wohl dann erst bekanntwerdenden Entdeckung Voltas verspürte Humboldt die Notwendigkeit, weitere Erkenntnisse zu sammeln. 1805 fuhr er nach Italien, wo er in Neapel zusammen mit Gay-Lussac Zitteraale untersuchte und seine Versuche mit Volta selbst diskutierte. Zur Erklärung der vitalen Prozesse in Nerven und Muskeln wechselte Humboldt in dieser Phase von seinem früheren Theorie eines galvanischen Fluidums zu einem elektrophysiologischen Modell.42 Im Rückblick distanzierte er sich explizit von der spekulativen Interpretation seiner galvanischen Versuche der 1790er Jahre und seinem vormaligen „Enthusiasmus […], der zum Nachforschen anspornt, aber das Entdeckte richtig zu sehen hindert“.43 Allerdings endeten an diesem Punkt Humboldts experimentalphysiologische Aktivitäten, abgesehen von seinen Versuchen zu Respiration der Fische, die er gemeinsam mit Provençal durchführte.44 In dem Ende des 18. Jahrhunderts äußerst virulenten Forschungsgebiet des Galvanismus wurden Humboldts Beiträge intensiv rezipiert. Dies gilt zunächst für seine unmittelbare Umgebung: „Ich habe jetzt die Freude“, schreibt er etwa 1795 an seinen Freund Freiesleben, „daß hier in Jena sehr viele Menschen mit meinen Versuchen über Stimmung der Lebenskraft durch chem[ische] Mittel, ober das Geben und Vernichten der Reizbarkeit, mit Glükke beschäftigt sind. Man fängt sich an zu überzeugen, daß diese Versuche einmal die Grundlage der praktischen Heilkunde werden können, und daß ich dadurch eine neue Wissenschaft (vitale Chemie) begründen kann.“45 Weitreichende positive Resonanz fanden seine Versuche vor allem bei Johannes Christoph Leopold Reinhold46 und Philipp Michaelis,47 denen es wesentlich zu verdanken ist, dass Humboldt in der Anzeige des zweiten Bandes seiner Arbeit zur gereizten Muskelfaser behaupten konnte, er kenne „jetzt keinen einzigen Versuch mehr, welcher mir allein und nicht auch anderen Physiologen geglückt wäre.“48 Der von Humboldt geschätzte Johann Christian Reil äußerte sich positiv zu den Versuchen, die auf Zu- und Abnahme der Reizbarkeit zielten, wandte sich allerdings gegen Humboldts frühe Theorie der Lebenskraft aus den „Aphorismen“.49 Auch international – in Frankreich, England und Schottland – wurden Humboldts experimentalphysiologische Arbeiten rezipiert.50 In den Annales de Chimie entwickelte sich anlässlich von Humboldts dort veröffentlichtem Brief „à M. Van-Mons, sur le procédé chimique de la vitalité“51 eine Auseinandersetzung mit dem Chemiker Antoine François de Fourcroy, der Humboldt vorschnelle und zu weitreichende Hypothesen im Hinblick auf die chemische Erklärung des Lebens vorwarf. Große Zustimmung fand Humboldt insbesondere von Seiten der romantischen Naturwissenschaft und -philosophie. Der Physiker Johann Wilhelm Ritter, den Humboldt 1797 gebeten hatte, seine Versuche über die gereizte Muskelfaser kritisch durchzusehen, widmete seinen Beweis, dass ein beständiger Galvanismus den Lebensprocess in dem Thierreich begleite (1798) den „großen Männern F. A. von Humboldt und A. Volta“. Und für Friedrich Wilhelm Joseph Schelling schien mit Humboldts Beitrag der Streit um die tierische Elektrizität entschieden, wie er in seiner Schrift Von der Weltseele (1798) bekundete: „Daß der letzte Grund der Galvanischen Erscheinungen in den irritablen Organen selbst liege, ist jetzt durch die Humboldt’schen Versuche entschieden, und so ist Galvanis große Entdeckung wieder in die Dignität eingesetzt, die ihr Volta’s Scharfsinn zu rauben drohte.“52 Obwohl Humboldts Idee eines galvanischen Fluidums, das nur den tierischen Organen eigen sei, mit Voltas Erfindung der Batterie hinfällig wurde, wurden seine galvanischen Versuche späterhin in Teilen durchaus positiv rezipiert, wenn auch mit einiger Verzögerung, denn die Frage nach der animalischen Elektrizität war auf Jahrzehnte hinaus mehr oder weniger ad acta gelegt. Dies änderte sich erst mit Emil Du Bois-Reymonds bahnbrechenden Untersuchungen über thierische Elektricität (1848–1860), in denen Humboldts Beitrag zur elektrophysiologischen Forschung ausführlich gewürdigt wird.53 Du Bois-Reymond konnte zeigen, dass organischem Material ein messbares elektrisches Potential zukommt und dass es in diesem Sinne tatsächlich eine spezifische Bioelektrizität gibt. Sogar noch in der biologischen Forschung der Gegenwart gibt Humboldts Schilderung von „Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden“ Anlass zu elektrophysiologischen Versuchsreihen, durch die Humboldts Bericht bestätigt wird.54

Selbstversuche

In Humboldts Experimentalpraxis spielt der eigene Körper als Untersuchungsobjekt und Messgerät eine herausragende Rolle. Im Zentrum der Selbstexperimentation stand zweifelsohne der Galvanismus. Hier war der Selbstversuch ein wichtiges Mittel der Erkenntnisproduktion: Die Stärke der Elektrizität war durch Instrumente noch nicht zu messen und bestimmte Wirkungen der galvanischen Kette auf die Nerven bzw. die Sinne ließen sich ausschließlich am eigenen Körper erkunden. Es ist im Wesentlichen der Virulenz des Galvanismus zu verdanken, dass sich die Zeit um 1800 als herausgehobene Hochphase der Selbstexperimentation insgesamt darstellt. Vor Humboldt hatten schon Alessandro Volta, Franz Carl Achard, Christoph Heinrich Pfaff und andere galvanische Selbstversuche (am Geschmacks- und am Sehsinn) durchgeführt; jedoch zeichnet sich Humboldts Beitrag zur elektrophysiologischen Forschung durch die Drastik seiner fortgesetzten Selbstversuche aus, die nur durch die bis zur Selbstzerstörung reichende Experimentalpraxis Johann Wilhelm Ritters übertroffen wurde. So fügte sich Humboldt durch Blasenpflaster gezielt Wunden am Rücken zu, um am freigelegten Muskel bzw. Nerven unterschiedliche Metallreize zu erproben, auch brachte er offene Wunden durch wiederholtes Galvanisieren willentlich zur Entzündung. Die experimentellen Settings, in denen er sich zum Objekt machte, involvierten manchmal Tierteile oder Chemikalien, die die Reizbarkeit des Gewebes erhöhen sollten; zumeist aber wurden Augen, Zunge, Zähne, After in variierenden Ketten galvanisiert. In der entscheidenden Frage nach Differenz oder Identität der organischen und der physikalischen Elektrizität schienen die Selbstversuche Zeugnis für ersteres abzulegen: „Die Empfindung, welche der Metallreiz erregt, hat für mich auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit der des elektrischen Ausströmens. Es ist ein Schmerz sui generis, der nicht das knipsend-stechende, abgesetzte, durch dringende hat, was das elektrische Fluidum erwecket. Ich unterscheide darin heftiges Pochen, einen ordentlichen Druck mit anhaltendem Brennen verbunden. Diess Brennen ist ungleich empfindlicher, wenn die Wunde mit einer Silberplatte armirt und von einer Zinkstange in wenigen Berührungspuncten gereizt wird, als wenn eine Zinkplatte auf der Wunde liegt, und man die silberne Pincette zur Verbindung braucht. Der Druck ist oft so heftig, dass ich mit der geballten Faust auf die Schulter geschlagen zu werden glaubte, wenn alle Umstehenden versicherten, dass man mich kaum mit den äussersten Rändern der Metalle leise berühre.“55 Erkennbar wird hier eine geübte Sensibilität vorausgesetzt und die Fähigkeit, auch unter Schmerzen und insgesamt erschwerten Bedingungen Empfindungsunterschiede zu registrieren. Zurecht wurde in der Forschung darauf hingewiesen, dass es sich bei derartigen Selbstversuchen nicht etwa um eine Subjektivierung der Experimentalpraxis handelt, sondern um den Versuch, Elektrizität durch Sinnesreaktionen – durch Geschmack, Schmerzqualitäten, Tastempfindungen oder optische Erscheinungen – erfahrbar und messbar zu machen.56 Dass Versuche, bei denen der menschliche Körper in die Experimentalanordnung verschaltet wird und das Ergebnis an der Selbstwahrnehmung des Probanden hängt, nicht unproblematisch sind, war Humboldt in gewisser Weise bewusst; dennoch hielt er sie für ein vielversprechendes Verfahren der Wissensproduktion: „Versuche an Menschen sind schwer anzustellen, weil das Subjective unserer Phantasie sich hinein mischt. Doch sind sie gerade die Interessantesten, am wenigsten erforschten.“57 Gerade aufgrund der prinzipiellen Subjektivität von „Versuche[n] über die Empfindung“ werde, so Humboldt „jeder unpartheiische Beobachter am liebsten an sich selbst Erfahrungen sammlen“.58 Das Selbstexperiment wird damit als herausgehobene Form der Empirie gewürdigt, unter der Voraussetzung allerdings, dass bestimmte Vorsichtsmaßregeln eingehalten werden: „Dazu ist es sehr gut, daß die leidende Person dem Galvanisieren nicht selbst zusieht. Annäherung der Metalle, Vorrichtungen zum Versuche spannen die Phantasie, setzen innere Reize in Thätigkeit, welche das Urtheil über die Wirkung äußerer Reize unsicher machen.“59 Die Methode des Selbstversuchs reflektiert Humboldt nur im Hinblick auf die Gefahr der Selbsttäuschung. Die grundsätzliche epistemologische Problematik – dass der Experimentator zugleich arrangierendes, beobachtendes Subjekt und beobachtetes Objekt ist, dass also die konstitutive Trennung von Akteur und Proband im experimentellen Arrangement aufgehoben wird – kommt bei ihm nicht zur Sprache. Dennoch veranlassen ihn die galvanischen Selbstversuche – die ja immer auch „Versuche über die Sinne“60 sind – dazu, über das Verhältnis von Reiz und Reaktion, von Außenwelt und Wahrnehmungsapparat in einer Weise nachzudenken, die auf die Konstruktion der „organischen Subjektivität“,61 wie sie die paradigmensetzende Sinnesphysiologie des 19. Jahrhundert vornehmen sollte, und damit letztlich auf die Konstitution des modernen Selbst vorausweist. Entschiedener noch als andere Protagonisten des Selbstexperiments, etwa Lichtenberg oder Ritter, hat Humboldt bereits die Subjektivität der Sinneserscheinungen und das von Johannes Müller später sogenannte Gesetz der spezifischen Sinnesenergien formuliert: „Jedes Organ gibt die Erscheinung, welche seiner Energie angemessen ist. Ein gereizter Sehnerv kann daher nicht fibröse Bewegung, sondern nur Lichtempfindung hervorbringen, er mag vom galvanischen Fluidum oder bloß mechanisch gereizt sein.“62 Im galvanischen Selbstversuch erfährt Humboldt, dass innerkörperliche Reize – etwa indem man „das Silber etwas tief in den After hinauf schiebt“ – optische Erscheinungen auslösen können, in diesem Fall „helle Blitze“.63 In seiner Darstellung zeichnet sich so der Übergang ab von einem passiv-mechanistischen Wahrnehmungsmodell zu einer auf die Eigenaktivität des psychophysiologischen Subjekts ausgerichteten Konstitution des Selbst: „Was in der Seele wahrgenommen wird, kann nur ein Proceß seyn, der in dem thierischen Körper selbst vorgeht.“64 Indem Humboldt die Beweiskraft von Empfindungsunterschieden für die Beurteilung der Verschiedenheit von Reizauslösern diskutiert und Wahrnehmung als innerkörperlichen Prozess beschreibt, vollzieht er bereits jene Abschließung und Aktivierung des neurophysiologisch definierten Subjekts, die erst das folgende Jahrhundert umfassend hervorbringen sollte. Humboldt hat nicht nur galvanische Selbstversuche unternommen. Der rücksichtslose Einsatz des eigenen Körpers kennzeichnet eine Reihe weiterer Unternehmungen: So hat er bei der Entwicklung und Erprobung seines Atemgeräts für Bergleute unter Tage die physiologische Reaktion auf unterschiedliche „Luftarten“ bis zur Bewusstlosigkeit getestet.65 Auch mit Blick auf seine Amerika-Reise zeigt sich, dass die experimentelle Mentalität physiologische und medizinische Erkenntnisinteressen einschließt; hier setzt Humboldt seinen Körper ganz unterschiedlichen Situationen aus. Das berühmteste Beispiel ist die Besteigung des Chimborazo. Erst Jahrzehnte später hat Humboldt den spektakulären Bericht veröffentlicht, wie er und seine Begleiter ohne besondere Ausrüstung oder Atemgeräte bis auf 5600 Meter stiegen. Die Symptome der „Bergkrankheit“ – neben Übelkeit, Atemnot, Schwindel auch „Ausschwitzen des Blutes“ aus Zahnfleisch, Lippen und Augen – werden detailliert verzeichnet und in Beziehung zu Höhe und Luftdruck gesetzt.66 Weiterhin probieren Humboldt und Bonpland – ohne schädliche Nachwirkungen – den Milchsaft des Kuhmilchbaums67 und – ebenfalls ohne Folgen – Curare, das Pfeilgift der Indianer.68 Humboldt beobachtet die Herstellung von Curare, nimmt Proben zu sich und stellt Versuche über die Wirkung an. Den Geschmack beschreibt er als angenehm bitter und betont, dass keine Gefahr besteht, solange das Gift nicht direkt ins Blut gelangt. Mit Humboldts Bericht beginnt die wissenschaftliche Erforschung des Curare, die durch junge, von Humboldt geförderte Forschungsreisende – Jean Baptiste Boussingault, Robert und Richard Schomburgk – weitergetrieben wurde.69 Generell gilt es festzuhalten, dass die Bedeutung des Selbstversuchs im Laufe des 19. Jahrhunderts abnahm und im 20. Jahrhundert durch kontrollierbare, statistisch auswertbare und weniger gefährliche Verfahren der Datenerhebung ersetzt wurde. Humboldts drastische selbstexperimentelle Praxis hat jedoch unterschiedliche indirekte Interpretationen und Verlängerungen erfahren, so in Rainer Simons Film Die Besteigung des Chimborazo (1989), wo der neurophysiologische Selbstversuch unter anderem als homosexuelles, borderline-sadomasochistisches Miniaturdrama inszeniert wird, oder in Daniel Kehlmanns Roman Die Vermessung der Welt, in dem schon die Erziehung der Gebrüder Humboldt als „Experiment“ charakterisiert wird.70

Experiment und Literatur

Die neuere wissenspoetologisch interessierte Forschung hat die vielfachen Beziehungen und Konvergenzen herausgearbeitet, die sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert zwischen wissenschaftlichem Vorgehen und literarischen Verfahren bzw. Strukturen im Zeichen des Experiments ergeben haben.71 Auch und gerade bei Humboldt schlagen sich die experimentelle Einstellung und der Erprobungscharakter seines wissenschaftlichen Vorgehens im Darstellungsverfahren nieder: in einem „transgenerischen Schreiben“,72 in den „genre-, fach- und medientransgressiven Strategien“73 seiner Schriften. In diesem Sinn lässt sich Humboldts Reiseliteratur als Experiment begreifen, wie Oliver Lubrich am Beispiel der Vues des Cordillères herausgearbeitet hat. Humboldts reiseliterarische Poetik zeichnet sich demnach durch Offenheit der Form, Gattungsmischung, Mehrstimmigkeit und Multiperspektivik aus: „Die Vues des Cordillères folgen der Logik eines Experiments, das seine Ausgangsannahmen falsifiziert. Auf die Beschreibung der Versuchsanordnung und des Erkenntnisinteresses […] folgt die Durchführung des Projekts und schließlich die Auswertung der Ergebnisse“.74 Insbesondere für den Selbstversuch ergibt sich eine Nähe zu narrativen Verfahren und bestimmten Formen des autobiographischen Schreibens. Humboldt reagiert auf die epistemologische Problematik des Selbstversuchs, indem er verschiedene Register der Legitimation und Evidenzerzeugung zieht: neben der öffentlichen Präsentation der Versuche und der Berufung auf wissenschaftliche Autoritäten dienen als Zeugen auch die erzählerische Erweckung des Eindrucks von Authentizität, die Selbstcharakterisierung als vertrauenswürdiger und integrer Beobachter und eine Rhetorik der Empfindung, die den schmerzhaften und gefährlichen Selbsteinsatz im Dienst der Wahrheitsfindung beschwört.75

Publikationspolitik

Im Hinblick auf die Experimentalpraxis können die Schriften der Berner Humboldt-Ausgabe als eine Art Wegweiser fungieren, die unter den Abertausenden von Humboldt’schen Versuchen die seiner Auffassung nach wichtigsten vorstellen, denn diese hat er zumeist vorab oder in Auskoppelungen eigens publik gemacht. Im Einzelnen zeigen sich dabei unterschiedliche Verhältnisse und Motivationslagen: So verschob Humboldt die für 1795 geplante monographische Publikation seiner galvanischen Experimente aufgrund von Christoph Heinrich Pfaffs Veröffentlichung Ueber thierische Elektricität und Reizbarkeit, die sich in vielen Punkten mit Humboldts Beobachtungen berührte. Diese Umstände, den weitgediehenen Stand seiner Arbeiten, die Absicht, nur neue Versuche zu publizieren und das Vorhandene umzuarbeiten, bekundete Humboldt in seinen im Journal der Physik publizierten Briefen an Blumenbach, in denen er auch die besonders originellen und aussagekräftigen seiner Versuche beschrieb und damit den eigenen Anteil am galvanischen Forschungsgebiet markierte. Zugleich dokumentieren die Schriften, wie Humboldt die in Periodika publizierten Aufsätze als bewegliches und dialogisches Medium der wissenschaftlichen Kommunikation versteht, indem er immer wieder zur Überprüfung, Korrektur und Ergänzung seiner Versuche auffordert.76 Überhaupt wird das Medium der wissenschaftlichen Zeitschrift genutzt zur Selbstkorrektur, Ergänzung und Bestätigung, zur Vervielfältigung positiver Reaktionen und Entkräftung kritischer Einwände. In anderen Fällen hat Humboldt seine teilweise auch einzeln zuvor publizierten Versuchsberichte zu einer Monographie zusammengefasst, so bei den Versuchen über die chemische Zerlegung des Luftkreises. Dieses Verfahren trägt auch karrieretechnischen und aufmerksamkeitsökonomischen Überlegungen Rechnung, wie er sie in einem Brief an seinen Freund Freiesleben formuliert: „Schreiben Sie ja nicht mehr einzelne Aufsäze, lieber Junge; Sie glauben nicht, wie wenig das allgemein bekannt wird, bes[onders]im Bergmänn[ischen] Journal, sondern sammlen Sie doch einen kleinen Band Abhandlungen und dediciren Sie den dem Kurfürsten, in vollem Ernst.“77 In wiederum anderen Fällen ist erkennbar, dass Humboldt die auf allgemeineres Interesse zielenden, anschaulich-erzählbaren oder auch spektakulären Versuche ausgliedert und gesondert publiziert.78 Insgesamt wird auf diese Weise über die Schriften auch die akademische Selbstpositionierung Humboldts, die wissenschaftspragmatische und publikationsstrategische Dimension sowie die kommunikative und soziale Seite seiner Experimentalpraxis nachvollziehbar.

Abbildung

Abb. 1: Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, im Anhang von Band 1. © Universitätsbibliothek Bern, Signatur MUE Rar alt 7343:1; photographiert von Hans Grunert.

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