Digitale Ausgabe – Transversalkommentar

Transversalkommentar 1

Autobiographie und Biographie

Autobiographeme

‚Selbst‘ (autós) über das eigene ‚Leben‘ (bíos) zu ‚schreiben‘ (gráphein) – das ist eine kulturelle bzw. schriftstellerische Praxis, anhand deren sich Alexander von Humboldt besonders markant als ein „Meister der kleinen Formen“ profilieren lässt.1 Ein wichtiger Grund hierfür liegt in Humboldts zurückhaltender bis ablehnender Position gegenüber der Anfertigung einer ‚großen‘ Autobiographie, wie sie mit der einschlägigen Formel von Philippe Lejeune als „[r]ückblickende Prosaerzählung einer tatsächlichen Person über ihre eigene Existenz, wenn sie den Nachdruck auf ihr persönliches Leben und insbesondere auf die Geschichte ihrer eigenen Persönlichkeit legt“ definiert werden kann.2 Gegen eine solche Erzählung des eigenen Lebens, ja selbst gegen eine ein ganzes Buch umfassende autobiographische Darstellung seiner Forschungsexpeditionen hat sich Humboldt stets nach Kräften verwehrt.3 So betont er im amerikanischen Reisebericht, in der Relation historique, seine „extrême répugnance à écrire la relation de mon voyage“ oder in einem Brief gar seine „horreur des biographies“ über den eigenen Werdegang und über den seiner Familie.4 Noch kurz vor seinem Tod bezeichnet Humboldt eine von ihm selbst anscheinend nur äußerst widerwillig begonnene (und für die Nachwelt bedauerlicherweise verlorengegangene) „Chronologische Folge der Zeitepochen meines Lebens“ als „eine Arbeit, zu der mir selbst die genauen Materialien fehlen, und für deren Ausführung ich nie eine Neigung gehabt habe.“5 Dementsprechend überrascht es kaum, dass Humboldt, anders als im 18. und 19. Jahrhundert etwa Jean-Jacques Rousseau (Les Confessions, 1782/1788) oder Johann Wolfgang von Goethe (Dichtung und Wahrheit, 1833 [beide Werke postum veröffentlicht]), Zeit seines Lebens keine ‚klassische‘ Autobiographie in Form eines oder gar mehrerer Buchwerke verfasst hat: Es lag schlichtweg nur sehr begrenzt bis überhaupt nicht in seinem Interesse, seine eigene Persönlichkeit mittels einer solchen Autobiographie in den Vordergrund zu rücken.6 Dieser Leerstelle einer einzelnen zusammenhängenden Makro-Erzählung des eigenen Lebens in Form einer längeren selbständigen Schrift steht jedoch bei Humboldt eine Vielzahl von kürzeren Mikro-Erzählungen gegenüber, die sich quer über das Corpus der Berner Ausgabe verteilen und auf deren autobiographischen Gehalt bereits der Autor selbst mit dem häufiger zitierten Ausspruch „Mein Leben sucht in meinen Schriften!“ hingewiesen hat.7 In ihrer kompaktesten Gestalt können diese kleinformatigeren autobiographischen Auskünfte mit Oliver Lubrich und Ottmar Ette als „Autobiographeme“ bezeichnet werden: als „Biographie-Elemente, die bestimmte Facetten der Persönlichkeit Alexander von Humboldts beleuchten – seine Neugier, seine Offenheit, seine Risikobereitschaft – ohne sich jedoch zu einer kontinuierlichen Erzählung zusammenzufügen.“8 Anstelle eines ‚roten Fadens‘ ergeben diese Autobiographeme in ihrer Summe sozusagen ein ‚Mosaik‘, das vielschichtige Zugänge zu Humboldts Vita ermöglicht.

Systematik

Je nach Grad ihrer Ausprägung lassen sich diese Autobiographeme in der Berner Ausgabe werksystematisch weiter ausdifferenzieren bzw. clustern. Der kompakten Grundform eines einzelnen Autobiographems am nächsten kommen erstens die Lebensmomente in Humboldts Schriften. Sie erlauben es, dem Autor in den ‚Ebenen‘ bzw. im Alltag seines Gelehrtenlebens zu begegnen. In solchen Texten bzw. Textabschnitten nimmt Humboldt beispielsweise Stellung zu Kritik von Kollegen gegenüber seinen Studien oder bittet die Öffentlichkeit darum, ihn unter möglichst günstigen Rahmenbedingungen arbeiten zu lassen. Eine Zwischenposition besetzen, zweitens, die schon in breiterem Umfang ausformulierten Lebensstationen. Sie zeigen Humboldt auf dem ‚Höhenkamm‘, d. h. an entscheidenden Stellen seiner Karriere und legen jeweils Zeugnis ab von prägenden autobiographischen Erlebnissen: zum Beispiel von seiner ersten Landung in der ‚Neuen Welt‘, seinem Aufstieg auf den Andenvulkan Chimborazo oder von seiner Eröffnung der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin 1828. Am ausführlichsten behandelt Humboldt schließlich, drittens, sein eigenes Leben in unselbständigen Schriften, die als Lebensskizzen bezeichnet werden können. Darin liefert er jeweils auf knappem Raum einen Abriss seiner Vita von den Anfängen bzw. Schlüsselepisoden seines Lebens bis zur Gegenwart seines Schreibens. Zu den Lebensskizzen zählen beispielsweise das Bewerbungsschreiben, das Humboldt 1799 am spanischen Hof für seine Forschungsreise einreichte; seine erste Überblicksdarstellung zur amerikanischen Reise überhaupt, die er 1804 für ein Zeitschriftenpublikum in den USA verfasste; und ein 1853 publizierter Artikel über seine Person im Brockhaus-Lexikon. Einen Sonderfall stellt schließlich Humboldts fiktionale Erzählung „Die Lebenskraft oder der Rhodische Genius“ dar, anhand deren sich nachweisen lässt, dass er nicht allein in expositorischen Genres, sondern auch in Form von literarischer Camouflage zu Grundzügen seiner Persönlichkeit Zeugnis abgelegt hat.9

Chronologie

Werkchronologisch lässt sich den folgenden Detailanalysen grundsätzlich vorausschicken, dass sich Beispiele für autobiographisches Schreiben bei Humboldt besonders am Anfang und gegen Ende seiner insgesamt sieben Jahrzehnte umspannenden Schriftstellerkarriere auffinden lassen. Im Ganzen lässt sich somit unterscheiden zwischen den Absichten, ‚sich selbst einen Namen zu machen‘, besonders im Frühwerk, und ‚sich selbst historisch zu werden‘, vor allem im Spätwerk. „Zum schriftstellerischen Handwerk gehört Läuten“, mit diesem Ausspruch hat Humboldt schon in einem Jugendbrief die unumgängliche Öffentlichkeitsarbeit seines Schreibens festgehalten, zu der stets auch ein gewisses Selbstmarketing gehörte.10 Zu Beginn seiner Karriere dienen Humboldt autobiographische Äußerungen folglich in erster Linie dazu, sich in der gelehrten Welt zunächst einmal bekannt zu machen. Nur ein Beispiel sind seine Briefe über die Reise nach Amerika, mit denen er wieder und wieder Darstellungen zu seiner Forschungsexpedition in Periodika plaziert. Auf diese Weise sorgt Humboldt dafür, dass seine Reise schon vor seiner Rückkehr nach Europa in der Öffentlichkeit Furore macht.11 Am Ende seiner Karriere als Autor geht es ihm dann eher darum, das Erreichte für die Nachwelt festzuhalten. Hier liefert Humboldt Materialien für eine historische Betrachtung seines Lebens, die der Rezeptionsgeschichte ganz bestimmte Schwerpunktsetzungen nahelegt, etwa einen besonderen Fokus auf die Zeit seiner Forschungsreisen.
Abb. 1: Alexander von Humboldt, Selbstportrait in Paris (1814) [Bildnachweis]
Innerhalb der mittleren Werkphase, von Humboldts Ansiedlung in Paris nach der Amerikareise in den 1800er bis zu seiner Rückkehr nach Berlin gegen Ende der 1820er Jahre, tritt das autobiographische Schreiben demgegenüber merklich in den Hintergrund. Überhaupt legt Humboldt in dieser Schaffensperiode den Akzent tendenziell weniger auf die Publikation von unselbständigen Schriften als auf die Bearbeitung der Monographien des amerikanischen Reisewerks – eine Priorisierung, von der auch die autobiographischen Textpassagen seines Œuvres betroffen sind.12 Doch auch abgesehen von solchen arbeitsökonomischen Erwägungen scheint für Humboldt während jenen Schaffensjahren noch weniger Veranlassung als sonst bestanden zu haben, sein eigenes Leben ausführlicher zu beschreiben: Schließlich lagen die Jugendjahre der eigenen Etablierung in der Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt bereits hinter und die Altersjahre einer Profilierung seiner gesamten Lebensleistung noch vor ihm. Autobiographisches Schreiben ist bei Humboldt folglich fast ausnahmslos anlass- und zweckgebunden und nutzt die eigene Person (und ihr stetig wachsendes Renommee) in erster Linie als Mittel, um die eigenen wissenschaftlichen Tätigkeiten stärker in den Vordergrund zu rücken. Den einzigen autobiographischen Rechenschaftsbericht (von 1801), der wohl tatsächlich vorrangig „zur Selbstverständigung bestimmt war“,13 hat Humboldt 1836 konsequenterweise mit der handschriftlichen Anweisung versehen, das Manuskript „nie drucken zu lassen“.14 Diese Lebensskizze, die der Humboldt-Forschung heute bekannt ist unter dem Titel „Ich über mich selbst (Mein Weg zum Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden 1769–1790)“, erschien Humboldt offenbar als zu ‚intim‘, als dass er sie unter den Zeitgenossen und für die Nachwelt selbst publik machen wollte.15 Welche Autobiographeme liegen nun jedoch konkret in den zu Humboldts Lebzeiten vorrangig in Periodika publizierten Schriften vor, und was bringen sie für das Verständnis seiner Vita ein? Im Folgenden soll an mehreren Beispielen für Lebensmomente, Lebensstationen und Lebensskizzen bzw. am Einzelfall der literarischen Camouflage von „Die Lebenskraft oder Der Rhodische Genius“ im Detail aufgezeigt werden, welche ‚Mosaiksteine‘ von Humboldts Vita sich aus dem Berner Corpus erschließen lassen.

Momente

Aus der Vielzahl der Lebensmomente, von denen Beispiele in nahezu sämtlichen Schriften der Berner Ausgabe identifiziert werden können,16 soll im Rahmen dieses Transversalkommentars lediglich schlaglichtartig auf vier kurze, nur scheinbar nebensächliche Texte eingegangen werden. Sie demonstrieren, mit welchen wortwörtlichen Selbstbewusstsein Humboldts kraft seiner eigenen Persönlichkeit für bestimmte wissenschaftliche bzw. wissenschaftsorganisatorische Positionen einsteht. An ihnen fällt zudem auf, wie sehr sich Humboldt, bei allem diplomatischen Geschick, von seiner Jugend bis zum Alter stets kritisch bis mokant zu behaupten weiß.17 So wendet er sich bereits in frühen Publikationen sowohl punktuell gegen Einwände zu einzelnen Forschungsergebnissen als auch grundsätzlich gegen Arten, Naturwissenschaft zu betreiben, die seinem eigenen Urteil nicht standhalten. Schon 1791 entschließt er sich dazu – als 21-jähriger in einer seiner ersten Publikationen überhaupt – dem Rostocker Theologie- und Philosophieprofessor Samuel Simon Witte (1738–1802) mutig die Stirn zu bieten, mit einer „Gegenerklärung“ zu dessen Rezension seiner im Jahr zuvor erschienenen ersten Monographie Mineralogische Betrachtungen über einige Basalte am Rhein. Darin betont Humboldt, dass es ihm selbst, im Gegensatz zu seinem Kontrahenten, „um Wahrheit und nicht um Meynungen“ gehe.18 Und bereits ein Jahr später kritisiert Humboldt wiederum Wissenschaftlerkollegen, die nicht „ihr System der Natur“, sondern die „Natur ihrem Systeme anpassen wollen“.19 In einen ähnlichen Zusammenhang gehören zwei spätere autobiographische Stellungnahmen Humboldts, in denen er in seinem Verständnis unabdingbare, aber bedrohte Rahmenbedingungen für seine wissenschaftliche Arbeit zu verteidigen sucht. So verwehrt sich Humboldt 1827 in der französischen Zeitschrift Le Moniteur universel ausdrücklich gegen die „Falschheit“ und „Unschicklichkeit“ der Annahme, dass er für den Besuch seiner Kosmos-Vorträge in Paris und Berlin Eintrittsgelder verlangen würde: ein bemerkenswertes Plädoyer für die Popularisierung und Demokratisierung der Naturwissenschaften.20 Humboldt führt aus: „Wirklich hab’ ich zwey öffentliche Kurse eröffnet; allein in Deutschland wie in Frankreich wird nichts für das Recht bezahlt, dergleichen Kursen beyzuwohnen.“21 Das letzte Schriftstück, das ebenfalls zum Zweck der wissenschaftspolitischen Selbstpositionierung erscheint, ist zugleich Humboldts allerletzte Veröffentlichung zu Lebzeiten überhaupt. In diesem „Ruf um Hülfe“, der in einer Vielzahl von Periodika erscheint, bittet Humboldt als knapp 90-jähriger öffentlich darum, ihn in Ruhe forschen zu lassen bzw. seinen Arbeitsalltag nicht mit diversen Anfragen aus aller Welt zu überfrachten.22 Auch in diesem durch die Berner Ausgabe reichhaltig dokumentierten Lebensmoment lässt Humboldt, bei allem Hadern mit der eigenen Prominenz und den damit einhergehenden unerwünschten Nebeneffekten, einen „trockenen, zuweilen sarkastischen Humor“ aufblitzen, der sein Leben und Werk kontinuierlich durchzieht.23 Somit lassen sich bereits aus diesen wenigen Textbeispielen schlaglichtartig sowohl Grundelemente der Selbstdefinition von Humboldt als Wissenschaftler als auch prägende Charakterzüge eines Autors ableiten, der Anfechtungen seiner Arbeit stets ‚mit spitzer Zunge‘ humorvoll bis satirisch zu parieren verstand.

Stationen

Die Lebensstationen in den Schriften präsentieren Humboldt an entscheidenden Stellen seiner Karriere als Berühmtheit der Naturwissenschaften und des öffentlichen Lebens im 19. Jahrhundert. Bei ihnen (wie auch bei den nachfolgenden Lebensskizzen) lassen sich vermehrt, wenn auch nicht in jedem Einzelfall, Vergleiche anstellen mit Passagen in den Buchwerken Humboldts, in denen solche prägenden Momente ebenfalls mitbehandelt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Art und Weise, in der Humboldt jeweils seine Erstlandung in der ‚Neuen Welt‘ beschreibt, die am 16. Juli 1799 in Cumaná (im heutigen Venezuela) stattfand. Im Reisebericht, der Relation historique, dominiert hierzu ein relativ unpersönlicher Redegestus, der über die ersten Erlebnisse auf amerikanischem Boden in der Retrospektive überwiegend nüchtern Auskunft gibt. Zwar geht Humboldt hier durchaus auf die Vorfreude bzw. auf das „Verlangen“ ein, die „herrlichen Gewächse“ der amerikanischen Tropenlandschaft auf „ihrem heimatlichen Boden zu sehen“.24 Wie sehr jedoch dieses botanische Begehren schon unmittelbar nach der Schiffslandung erfüllt wurde, darüber schweigt sich die Relation historique weitestgehend aus. Wesentlich stärker bringt Humboldt seinen persönlichen Enthusiasmus über den „Cumaná moment25 in den Autobiographemen eines Reisebriefs an seinen Bruder Wilhelm zur Sprache, den dieser sowohl in den Jahrbüchern der Berg- und Hüttenkunde als auch in der Neuen Berlinischen Monatschrift umgehend publizieren ließ.26 „Ich fühle, daß ich hier sehr glücklich sein werde und daß diese Eindrücke mich auch künftig noch oft erheitern werden“, heißt es darin über Humboldts Gemütszustand am Tag seiner Landung und über die Affekte der sofort begonnenen Forschungen: „Wie die Narren laufen wir bis izt umher; in den ersten drei Tagen können wir nichts bestimmen, da man immer einen Gegenstand wegwirft, um einen anderen zu bestimmen. Bonpland versichert, daß er von Sinnen komme werde, wenn die Wunder nicht bald aufhören“.27 In der Regel ist es diese letztere berühmte Schilderung, auf welche Humboldt-Biographen zurückgreifen, sobald es um die Darstellung der Ankunft ihres Protagonisten in Amerika geht: ein direkt an Ort und Stelle niedergeschriebener Erlebnisbericht in Briefform, der beim Leser insgesamt einen individuelleren, eben autobiographischeren Eindruck hinterlässt als die Jahre später in Paris verfasste Parallelstelle in der Relation historique.28 Bei diesem Kontrast zwischen der persönlichen „emotionale[n] Überforderung“, die aus dem Reisebrief spricht, gegen die nüchterne „Abgeklärtheit“, die den Reisebericht kennzeichnet, spielt sicherlich diese unterschiedliche zeitliche Distanz zwischen Erlebnis und Niederschrift eine wesentliche Rolle.29 Zudem erklärt sie sich auch aus dem gewandelten Status von Humboldts Reise im öffentlichen Bewusstsein. Denn während es die Expedition 1799 erst noch umfassend bekanntzumachen galt, auch mittels eines autobiographischen Schreibens voller rhetorischer Emphase, war dies nach Humboldts Rückkehr gar nicht mehr nötig: Hier konnte sich der ohnehin schon sehr prominente Forscher wesentlich stärker auf die sachliche Wiedergabe seiner eigentlichen wissenschaftlichen Ergebnisse als auf die enthusiastische Öffentlichkeitsarbeit für sich selbst und sein amerikanisches Reiseziel konzentrieren.30 Im Hinblick auf Humboldts Aufstieg auf den seinerzeit als höchster Berg der Welt geltenden Chimborazo, dem „vielleicht zentralen Ereignis in seinem Leben, das zu seinem internationalen Ruhm beitrug“, haben die ‚kleinen‘ Beiträge in Periodika den ‚großen‘ Monographien in Sachen autobiographisches Schreiben mit Sicherheit einiges an Aussagekraft voraus.31 Wie abermals Lubrich und Ette herausgestellt haben, bildet der Aufstieg, obwohl „Spuren der Faszination für den Chimborazo Humboldts gesamtes Werk“ durchziehen, „in keinem seiner Bücher […] das Epizentrum“.32 In der Relation historique gelangt die Reisedarstellung, die ausschließlich das erste Drittel des Expeditionsverlaufs umfasst, erst gar nicht bis zur alpinen Höchstleistung von Humboldt und seinen Reisebegleitern in den Anden; und auch etwa in den Ansichten der Natur oder im Kosmos finden sich nicht mehr als „[k]urze Erwähnungen, knappe Anspielungen und sachliche Bezüge“.33 Am prominentesten taucht der Chimborazo noch in Humboldts Vues des Cordillères auf, wo aber nur „zwei vergleichsweise kurze Texte“ sich auf Tafelmotive beziehen, auf dem der Andenvulkan jeweils abgebildet ist.34 Auch hier wird der Aufstieg lediglich „in wenigen Zeilen lakonisch thematisiert“.35 In den Textmittelpunkt rückt die Bergtour auf den Chimborazo lediglich in einem einzigen Zeitschriftenartikel, den Humboldt zunächst seltsam verspätet und relativ abgelegen im Jahrbuch für 1837 publizierte und anschließend, in überarbeiteter Form, in seine Kleineren Schriften von 1853 aufnahm.36 Hier dominiert, so der einhellige Tenor in der Humboldt-Forschung, ein Gestus des Understatement, der im krassen Widerspruch zu den großartig angelegten Erzählungen steht, die schon bald nach der Besteigung selbst andere Autoren auf Basis des zeitweiligen Höhenweltrekords des Amerikareisenden entwickelten.37 Auch in einem wiederum während der Expedition selbst niedergeschriebenen Reisebrief an den französischen Astronomen Jean Baptiste Joseph Delambre (1749–1822), den dieser zeitnah in den Annales du Muséum national d’histoire naturelle veröffentlichte, schildert Humboldt den Aufstieg als alles andere als eine strahlende Heldenleistung, sondern „unheroisch und unmalerisch als schreckliche, existentielle Grenzerfahrung.“38 Ähnlich verfährt er in einem weiteren Reisebrief an Wilhelm von Humboldt, der zu Lebzeiten der Brüder unpubliziert blieb.39 Wer also einen Blick hinter die Kulissen der bis heute andauernden Bildung von Mythen, Fiktionen und auch Parodien von Humboldts wohl berühmtester Reiseepisode werfen möchte, für die sich Autoren wie etwa Simon Bolívar, Tankred Dorst und zuletzt Daniel Kehlmann verantwortlich zeichnen,40 findet in Humboldts autobiographischen Schriften (zusammen mit den ebenfalls erst lange nach seinem Tod publizierten Tagebucheinträgen) die schriftstellerischen Zugänge, die wohl am ehesten in die Nähe der Ereignisse des Aufstiegs selbst am 23. Juni 1802 führen. Ganz für sich allein, d. h. ohne Pendant in den Buchwerken, steht zudem die berühmte Eröffnungsrede, die Humboldt am 18. September 1828 in Berlin vor der von ihm mitorganisierten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte hielt.41 Wie Bettina Hey’l gezeigt hat, lassen die Konventionen einer solchen Festrede eigentlich kaum autobiographische Spielräume zu. Zu ihren obligatorischen Merkmalen „gehören eine einleitende Captatio benevolentiae, Dank an die Organisatoren, an Geldgeber und Patrone, unterstützende Behörden und Regierungsstellen, Städtelob des austragenden Ortes und seiner wissenschaftlichen Einrichtungen, Ehrung verstorbener und verhinderter Mitglieder, schließlich das Preisen des Herrschers oder doch wenigstens des Vaterlandes.“42 Obwohl Humboldt all diesen Konventionen Rechnung trägt und in seinen eigenen Worten dezidiert darauf eingeht, dass er, „im Angesichte dieser Versammlung, den Ausdruck [s]einer persönlichen Gefühle zurückhalten muß“, gelingt es ihm trotzdem auf subtile Weise, über sich selbst beredt Zeugnis abzulegen.43 Gleich zu Beginn seiner Ansprache weist er rhetorisch versiert auf den historischen Nexus hin, der zwischen dem wissenschaftspolitischen Ereignis der Konferenz und seiner persönlichen Rückkehr aus Paris nach Berlin besteht. „Sie haben meine Rückkunft gleichsam begrüßen wollen, um durch die heiligen Bande des Dankgefühls mich länger und inniger an das gemeinsame Vaterland zu fesseln“: mit diesem Satz unterstreicht Humboldt die eigene Rolle als herausragender Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisator, die er zukünftig verstärkt im deutschen Sprachraum auszuüben gedenkt.44 Hartmut Böhme hat diese Umkehr der Perspektive, nach der eigentlich die Wissenschaftler den Forschungsreisenden wieder in ihrem Kreis willkommen heißen sollen, in dem Moment, in dem er selbst in seiner Heimatstadt das Wort an sie wendet, und sich selbst willkommen heißt, treffend als eine „verkappt[e] Selbstapostrophe“ Humboldts bezeichnet.45 Weiterhin erklärt Humboldt sein eigenes Leitbild gelehrter Kommunikation als „persönliche Annäherung“ und als „Gründung freundschaftlicher Verhältnisse“ in der „mündliche[n] und darum mehr anregende[n] Auswechselung von Ideen“ zur Leitmaxime der Versammlung der Naturforscher und Ärzte.46 Und schließlich affiliiert Humboldt sich selbst mit ganz bestimmten Koryphäen der deutschen Literatur- und Wissenschaftsgeschichte, in deren Reihe er sein eigenes Leben und Werk gestellt wissen will. Hierzu gehören die mehrfach genannten Weimarer Klassiker Goethe und Schiller ebenso wie etwa der Astronom Wilhelm Olbers (1758–1840), der Anatom Samuel Thomas von Soemmering (1755–1830) und der Anthropologe Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) – allesamt Personen, mit denen Humboldt während seiner Jugendjahre bzw. Studienaufenthalte in Göttingen, Freiberg und Jena sowie während seiner Arbeit am amerikanischen Reisewerk in Paris in engerem persönlichen und fachlichen Austausch stand.47 Rhetorisch abgefedert werden solche hohen autobiographischen Geltungsansprüche auf historische Bedeutsamkeit durch ähnlich auch etwa aus den Ansichten der Natur und dem Kosmos bekannte Bescheidenheitsgesten Humboldts, die das eigene Wirken als vorgeblich „einzeln[e] schwach[e] Versuche“ kennzeichnen, „aus den schwindenden Tiefen der Natur das dämmernde Licht der Erkenntnis zu schöpfen“.48 Obwohl der Wortlaut in die ganz entgegengesetzte Richtung weist, geht es hier nicht um das Herunterspielen, sondern um das Herausstellen der eigenen Lebensleistung, um ein Sich-Sonnen im eigenen Ruhm in einer vordergründigen Pose der Bescheidenheit. Es handelt sich, so noch einmal Böhme, um eine „glänzende performance“ Humboldts, der hier „mit Selbstverständlichkeit die Rolle ein[nimmt], die ihm nach eigenem Verständnis zukommt: die des Stars. Er ist sie seit Jahrzehnten gewohnt und pflegt sie im Stil eines Großmeisters der Wissenschaften. Verdienten Ruhm und Erfolg nicht genießen zu können (und zu wollen) war nie sein Problem.“49

Skizzen

Einer ‚klassischen‘ Autobiographie (nach der obigen Definition von Lejeune) am nächsten kommen die Lebensskizzen Humboldts. In ihnen führt er, wenn auch bei weitem nicht auf Buchlänge, die Erzählung vom Beginn seines naturwissenschaftlichen Werdegangs bis zur konkreten Lebenssituation, in der er die entsprechenden Texte niederschreibt. Hierzu zählt zunächst der ausformulierte Lebenslauf, den Humboldt 1799 am spanischen Königshof einreichte, als Teil seiner Bewerbung um ein Visum für seine Forschungsreise in die seinerzeit hispanoamerikanischen Kolonien. Dieser Text wurde nach aktuellem Kenntnisstand kurioserweise zu Humboldts Lebzeiten nicht im französischsprachigen Original, sondern in einer niederländischen Übersetzung als „Korte Levens-Schets van Frederik Alexander van Humboldt“ zuerst publiziert, zusammen mit zwei frühen Reisezeugnissen Humboldts aus Amerika.50 Dass es Humboldt überhaupt gelang, sich als Ausländer und als Privatmann am Hof von König Karl IV. in Madrid die Erlaubnis dafür zu verschaffen, in dessen Kolonien in Amerika reisen und forschen zu können, hat in der Humboldt-Literatur immer wieder Bewunderung ausgelöst.51 Wie genau es Humboldt jedoch anstellte, dieses begehrte Visum zu erlangen, und wieviel Weltgewandtheit und taktisches Geschick dafür erforderlich waren, erschließt sich im Detail durch die Lektüre der Skizze über seine ersten knapp dreißig Lebensjahre, die er im März 1799 als Motivationsschreiben für sein Expeditionsvorhaben am spanischen Hof einreichte.52 Durch die Berner Ausgabe wird nun dokumentiert, dass dieser Text nicht erst rund ein Jahrhundert später, sondern erstaunlicherweise bereits im Jahr seiner Niederschrift publiziert vorlag.53 Anhand dieser Schrift wird die strategische Zielgerichtetheit von Humboldts autobiographischem Schreiben besonders deutlich. Der Zweck seiner „Levens-Schets“ ist es, stichhaltige Argumente für den zu erwartenden Erfolg des beantragten Forschungsvorhabens zusammenzutragen. Hierzu zählt der Nachweis einer ausgezeichneten Ausbildung und vielseitigen beruflichen Tätigkeit (etwa durch Privatlehrer, Studienaufenthalte an führenden Hochschulen der Zeit und diverse Projekte bzw. Veröffentlichungen in den zeitgenössischen Natur- und Kulturwissenschaften) ebenso wie seine Referenzen auf ein weitverzweigtes, mit prominenten Namen besetztes Elitenetzwerk. Zudem verwendet Humboldt große Sorgfalt darauf, die Nähe seiner selbst und seiner Familie zum preußischen König herauszustellen und stilsicher Demutsgesten einzustreuen, die seine bedingungslose Loyalität zur Monarchie verbürgen sollen.54 Weiterhin betont der Antragsteller die Hartnäckigkeit seiner Reisepläne: mit Verweisen auf frühere, nicht an seiner Person gescheiterte Versuche, außerhalb von Europa zu forschen, sowie mit der abschließenden Emphase, dass ihn der Erfolg seines Antrags „auf den Gipfel“ seiner „Wünsche versetzen würde“ (im niederländischen Text: „waar van de goede uitslag my tot het toppunt van myne wenschen zal brengen“).55 Und schließlich sollte die spanische Krone der besondere Schwerpunkt des Texts auf Humboldts steile Karriere im preußischen Bergbauministerium überzeugt haben, mit dem er suggerierte, dass seine Forschungen in Amerika u. a. die ökonomischen Gewinne der spanischen Edelmetallminen signifikant erhöhen könnten. All dies führte den spanischen König letztendlich dazu, ihm den begehrten Zutritt zur ‚Neuen Welt‘ zu gewähren.56 Humboldts Argumentationsstrategie zu seinem Reise- und Forschungsgesuch wird dabei wohl nirgends so plastisch sichtbar wie anhand dieser Lebensskizze; auch nicht in seiner Relation historique, wo er nur sehr knapp auf den „besonderen Schutz einer Regierung“ eingeht, „die, weit entfernt, meinen Forschungen Hindernisse entgegenzusetzen, mir beständige Beweise von Anteilnahme und Vertrauen gab.“57 Neben diesem Bewerbungsdossier befindet sich im Corpus der Berner Ausgabe auch Humboldts allererster zusammenfassender Bericht zur Amerikareise, den er kurz vor seiner Abreise aus den USA in Philadelphia verfasste.58 Ähnlich wie Jahrzehnte später für den Brockhaus-Lexikonartikel versorgte Humboldt hier eine Zeitschriftenredaktion mit „notes“, aus denen diese sodann einen Bericht in der dritten, nicht etwa in der ersten Person Singular veröffentlichte, mit dem Authentizitätspostulat, damit die „many very incorrect accounts hitherto published“ zu korrigieren.59 Analog zum oben behandelten Reisebrief an Wilhelm gewinnt der Leser den Eindruck, dass Humboldts Amerikareise möglichst spektakulär präsentiert werden soll, mit einer Fülle von Superlativen. In diesem Sinne erscheint die Expedition als ganze als „the most extensive which any individual has ever undertaken“ oder einige der Reiseziele etwa in einer „most picturesque situation“, im „most delicious climate in the world“ oder gar als „most interesting spot in the universe“. Auch die Mühen und Gefahren, die Humboldt und seine Reisebegleiter auf sich nehmen mussten, werden möglichst aufsehenerregend präsentiert. So heißt es etwa zu den mannigfaltigen Strapazen des Reiseabschnitts auf dem Orinoko: „It was during this long navigation that they were in a constant state of suffering, from want of nourishment, and shelter from the night rains, from living in the woods, from the mosquetoes [sic], and an infinite variety of stinging insects, and from the impossibility of bathing, owing to the fierceness of the crocodile and the little carib fish, and finally the miasmata of a burning climate“.60 Ganz am Ende des Texts erscheint zudem ein Hinweis auf Humboldts Geburtsdatum und damit auf sein junges Alter von gut dreißig Jahren, was seinen Leistungen einen noch gewaltigeren Anstrich gibt.61 Doch auch abgesehen von solchem Sensationalismus, der sicherlich vom populären Veröffentlichungskontext in einem Unterhaltungsmagazin (dem Periodikum The Literary Magazine and American Register) mitbedingt ist, lohnt sich die Lektüre des Artikels.62 Bemerkenswert ist zum Beispiel, wie der Text kontinuierlich über Humboldts Motive zur Änderung seiner Reisepläne Auskunft gibt, insbesondere über seine wiederholten Versuche, sich der Weltumsegelung des französischen Kapitäns Nicolas Baudin (von 1800 bis 1803) anzuschließen. Allein schon dieses Verfahren der wiederholten Neujustierung der amerikanischen Reisepläne im Zeichen autobiographischer Ambitionen auf eine Weltumsegelung durch den Pazifik hindurch wäre weiterführendere Nachforschungen wert, als sie im Rahmen dieses Transversalkommentars unternommen werden können.63 Hochinteressant, auch und gerade mit Blick auf Humboldts autobiographisches Schreiben, ist außerdem die Publikations- und Rezeptionsgeschichte des Texts, wie sie Rex Clark im Zuge der Arbeiten an der Berner Humboldt-Edition rekonstruiert hat.64 Clark weist unter Rückbezug auf die im Archiv der American Philosophical Society in Philadelphia lagernde Handschrift des Artikels nach, dass der Text, trotz des Einsatzes der dritten Person und der sprachlich dominanten Passivkonstruktionen nur von Humboldt selbst stammen kann bzw. dass dieser mit diesem seinem „ersten und authentischen Reisebericht“ ein „Spiel mit der Anonymität“ betreibt.65 Dazu gehörte auch, den in Amerika ursprünglich auf Französisch geschriebenen Ursprungstext bei der Rückkehr nach Europa redaktionell zu überarbeiten und ihn in Paris seinem Wissenschaftlerkollegen Jean-Claude Delamétherie (1743–1817) zuzuspielen, damit dieser ihn unter seinem Namen erneut, nun wiederum in französischer Sprache, im Journal de physique publizieren konnte. Beide Textversionen, die Humboldt zwar selbst anfertigte, aber nur unter „bewusste[r] Verschleierung der Identität des Verfassers“ vor die Augen der Öffentlichkeit bringen ließ, erfuhren anschließend weitere publizistische Verbreitung in Form von vollständigen oder partiellen Nachdrucken, Rezensionen und Übersetzungen.66 Alles in allem zeigt sich somit auch am Beispiel seines ersten Reiseberichts, so Clark, ein sorgfältiges „reputation management“ von Seiten Humboldts, das rhetorisch ein „kompliziertes Gleichgewicht“ hält, indem „das Ego“ des Autors zum einen „zugunsten eines höheren Prinzips zurückgestellt wird“; zum anderen aber „unterschwellig eine Eigenwerbung betrieben“ wird, „die nicht egoistisch wirken soll“.67 Ähnlich werden ja zum Beispiel heute noch Autorinnen und Autoren oftmals darum gebeten, werbende Paratexte zu ihren Buchprojekten zu verfassen, ohne dass sie dafür ihre eigene Autorschaft offenlegen. Nach dem gleichen Prinzip verfährt 1804 auch Humboldt: indem er einerseits dem Wunsch der Öffentlichkeit nach einem möglichst spektakulären Abstract seiner amerikanischen Forschungsreise nachkommt, andererseits aber kaschiert, dass dieser Text von ihm selbst stammt, auch um Vorwürfen eines allzu populären Schreibens bzw. eines übermäßigen Selbstlobs vorzubeugen. 49 Jahre später, als 83-jähriger, fertigt Humboldt ein weiteres Mal für eine Redaktion, in diesem Fall für die des Brockhaus-Konversationslexikons, eine Lebensskizze in der dritten Person an, die auch separat (abermals in überarbeiteter Form) im Jahrbuch Die Gegenwart erscheint.68 Wie die Humboldt-Forschung mehrfach nachgewiesen hat, stimmen nicht sämtliche der aufgeführten Lebensdaten mit dem heutigen Kenntnisstand überein.69 Es ist also davon auszugehen, dass Humboldt auch gegen das eigene Vergessen anschrieb bzw. den Artikel auf Basis nicht (mehr) vollständiger Materialien zu seiner eigenen Vita anfertigte. Trotz dieser Defizite im Detail bleibt es im Umkehrschluss jedoch bewundernswert, welche quantitative Fülle von lebensweltlichen Begebenheiten und Fakten Humboldt noch im hohen Alter zusammenzutragen in der Lage war: Eine Informationsdichte, die durch den von Kurt-R. Biermann hinzugefügten Anmerkungsapparat von knapp dreihundert Fußnoten in der Anthologie Aus meinem Leben. Autobiographische Bekenntnisse eindrucksvoll dokumentiert ist.70 Qualitativ fällt auf, wie ausführlich Humboldt auf seine Reisetätigkeiten eingeht, während er etwa sein wissenschaftliches und politisches Wirken in Paris und besonders in Berlin nur vergleichsweise randständig behandelt.71 So wird der Kosmos, der für die Humboldt-Rezeption besonders im deutschen Sprachraum eine herausragende Rolle gespielt hat, nur in einem einzigen Satz abgehandelt; und die Ansichten der Natur, immerhin Humboldts erfolgreichstes Buch zu Lebzeiten und darüber hinaus, erwähnt Humboldts Beitrag zum Brockhaus-Artikel gleich überhaupt nicht.72 Breiten Raum nehmen hingegen seine Schilderungen zu den geplanten wie zu den durchgeführten Forschungsexpeditionen ein, kulminierend etwa in der für den Autor persönlich wie für die Wissenschaftsgeschichte generell wichtigen Feststellung, dass Humboldt und seine Mitreisenden auf dem Chimborazo den „höchsten, je vorher von Menschen erstiegenen Punkte fester Erde“ erreicht hatten.73 Des weiteren legt Humboldt großen Wert auf seine langjährige Ansässigkeit in Paris, da „kein Ort des Continents damals einen gleich zugänglichen Schatz von wissenschaftlichen Hülfsmitteln darbot, keine ebenso viel große und thätige Forscher einschloß als jene Hauptstadt“, sowie auf sein lange Zeit erfolgreiches Bestreben, „sich eine freie, unabhängige Lage als Gelehrter zu erhalten“.74 Mit Akzenten wie diesen legt Humboldt der Nachwelt bestimmte Beurteilungen seiner Lebensleistungen nahe und sperrt sich gegen davon stark abweichende Urteile, etwa gegen allzu ‚nationale‘ oder ‚staatsnahe‘ Einschätzungen seiner Vita. Dieser Selbsthistorisierung Humboldts sind jedoch die Historiker seines Lebens, wie es Nicolaas A. Rupke in Alexander von Humboldt. A Metabiography nachgewiesen hat, alles andere als geschlossen gefolgt.75

Camouflage

Einen Sonderstatus nicht nur innerhalb des Gesamtwerks, sondern auch innerhalb des Corpus der autobiographischen Schriften nimmt die frühe, auf Mythologemen der griechischen Antike fußende Erzählung „Die Lebenskraft oder Der rhodische Genius“ ein, die Humboldt zuerst 1795 in Schillers Zeitschrift Die Horen veröffentlichte.76 Diesen einzigen fiktionalen Text in seiner langen Schriftstellerlaufbahn wertschätzte sein Autor derart stark, dass er ihn 1826 und 1849 in die zweite und dritte Auflage seines „Lieblingswerk[s]“ aufnehmen ließ, in die zuerst 1808 publizierten Ansichten der Natur.77 Was mag Humboldt dazu bewogen haben, die Erzählung über einen so langen Zeitraum von einem halben Jahrhundert immer wieder in Ehren zu halten? Wohl kaum ihr wissenschaftlicher Gehalt, hatte er sich doch bald nach ihrem Erscheinen von Studien zur ‚Lebenskraft‘, ja überhaupt von der Annahme einer solchen Entität ab- und anderen Forschungsfragen zugewandt.78 Auch zu ihrer Form einer didaktischen Erzählung deutet Humboldt selbst in seinem Vorwort zu den Ansichten an, dass sich dieses Genre weitestgehend historisch erledigt habe. Hierzu zitiert er zustimmend eine Passage aus einem Brief seines Bruders Wilhelm, in der es zum „Zweck des ganzen Aufsatzes“ heißt: „Man liebte in der Zeit, in welcher derselbe geschrieben ist, mehr, als man jetzt thun würde, solche halbdichterische Einkleidungen ernsthafter Wahrheiten.“79 Bettina Hey’l spitzt dieses Urteil sogar noch zu, wenn sie erklärt, dass Schiller als Zeitschriftenherausgeber den Beitrag des jüngeren Humboldt bereits im Moment seines Erscheinens als schriftstellerisch überholt (und überdies noch als intellektuell fragwürdig) eingeschätzt habe.80 Warum also bleibt Humboldt diese singuläre Erzählung seines Œuvres, „die vom Streben des Gleichen zum Gleichen in der Natur handelt“,81 so wichtig, dass er sie trotz prominenter Widerworte und Neuakzentuierungen seiner Schreib- und Forschungsinteressen mehrfach an prominenter Stelle wieder abdrucken lässt? Eine mögliche Antwort hierauf haben Humboldt-Interpreten wie Hans Christoph Buch und Manfred Geier geliefert. Sie lesen den Text jeweils als camouflierte autobiographische Auseinandersetzung Humboldts mit seiner eigenen Sexualität,82 als verdeckte „erotische Utopie“ eines Autors, so Buch, „dessen latente Homosexualität in schwärmerischen Männerfreundschaften zum Ausdruck kam.“83 Aufschlussreich ist zudem die Interpretation von Geier in seiner Doppelbiographie der Brüder Humboldt, die auch die parallel in den Horen erschienen Beiträge „Über den Geschlechtsunterschied und dessen Einfluss auf die organische Natur“ und „Über die männliche und weibliche Form“ von Wilhelm in ihre Überlegungen miteinbezieht. Geier stellt Wilhelms Beiträge als „Hohelied“ auf die Heterosexualität heraus, die er „als höchstes Glück und Genuss des Lebens“ feiert. Alexander hingegen liefert Geiers Urteil nach die „komplementäre Entgegnung“ dazu, die im „Bild einer sexualpathologischen Abwehr“ der Heterosexualität mündet: „Nur sexuell voneinander getrennt können die unterschiedlichen Geschlechter am Leben bleiben, während die sexuelle Vereinigung ihren Tod bedeutet.“ Da sich aber diese homo- bzw. asexuelle Position anders als Wilhelms heterosexuelle um 1800 nicht offen aussprechen lässt,84 wählt Alexander von Humboldt zum (Selbst-)Schutz eine teils „literarische“, teils „mythische“ und teils „wissenschaftliche“ Form, die „einen Schleier über das eigentlich Gemeinte“ wirft.85 Rüdiger Schaper, der Verfasser der derzeit aktuellsten Humboldt-Biographie, stimmt dieser Deutung grundsätzlich zu, gibt aber zu bedenken, dass die Vita des lebenslang unverheiratet gebliebenen Alexander von Humboldt ein prominentes Beispiel dafür sei, dass Kategorien wie „[h]omosexuell, bisexuell, asexuell […] zu eng gezogen sind und vielen Menschen nicht gerecht werden“.86 Schaper deutet das Liebesleben Humboldts, „ jedenfalls nach den dünnen Quellen“, die dazu Auskunft geben können, als „Mischung aus heftigen Aufwallungen, langen Durststrecken, viel Herzeleid und einer Variation von mehr oder weniger bequemen Lösungen im Alltag“ – wobei er Liebesbeziehungen Humboldts sowohl zu Männern wie Reinhard von Haeften (1772–1803) als auch zu Frauen wie Pauline Wiesel (1778–1848) annimmt.87 Doch auch Schaper liest „Die Lebenskraft oder Der rhodische Genius“ als „Beschreibung einer gefangenen Sexualität“ (sei sie homosexuell oder auch nicht) bzw. als „krudes Selbstporträt eines jungen Mannes“, als „frühes Testament“, als „Schlüsseltext, so verschlüsselt wie ambitioniert“ sowie als „literarische Ausschweifung“, wie sie sich Humboldt nach 1795 „nie wieder gestattet“ habe.88 Sexualität sei darin „umschrieben als fremdes, unheimliches Geschehen, als etwas, das außerhalb des eigenen Körpers existiert. Es ist eine todtraurige Geschichte des Verzichts. Die Lebenskraft, der Sextrieb muß sterben vor der Zeit. […] Andere Lesarten sind sicher möglich, aber sie führen nirgendwohin. Der ‚Rhodische Genius‘ lässt sich interpretieren als philosophische Spielerei – oder er gibt eine frühe Ansicht von Alexander von Humboldts Natur, ein bis zur Kenntlichkeit verzerrtes Selbstbild.“89 „Vieles ist möglich, aber nicht öffentlich“, mit dieser Maxime fasst Schaper eine „Lebensführung“ Humboldts zusammen, die er als „preußisch streng“ aus dessen „Herkunft und Erziehung“ herleitet.90 Teil dieser Haltung ist es, auch und besonders beim Verfassen von autobiographischen Texten strikt darauf bedacht zu sein, Persönliches nur sehr dosiert und wohlkalkuliert sowie Intimitäten nach Möglichkeit überhaupt nicht preiszugeben – und wenn es doch ausnahmsweise geschehen sollte, dann einzig und allein mit einem Höchstmaß an Diskretion.

Dokumentationen

Humboldts Zurückhaltung in Sachen autobiographisches Schreiben steht in starkem Kontrast zu einer „Humboldt Industry“ in der wissenschaftlichen und journalistischen Publizistik, die schon zu seinen Lebzeiten und bis zur Gegenwart die Dokumentation von Selbst- und Fremdäußerungen über sein Leben mit allem Nachdruck vorantreibt.91 Dass Humboldt seine erste Priorität stets auf die Darlegung seiner Forschungsergebnisse und eben nicht auf einen offensiv zur Schau gestellten schriftstellerischen Exhibitionismus der eigenen Biographie legte, wurde schon von den Zeitgenossen als Lücke empfunden, die nicht von Humboldt selbst autorisierte Publikationen, mehr oder weniger überzeugend, zu füllen versuchten. Dies nahm Auswüchse an bis hin zu „Surrogaten und Extrakten des amerikanischen Reisewerks“, wie sie Ottmar Ette behandelt hat, und zur anonymen Publikation von angeblichen „Memoiren“ Humboldts, die Kurt-R. Biermann als Fälschung entlarvt hat.92 Neben unseriösen Machwerken wie diesen existieren aber eine ganze Reihe von nützlichen Materialsammlungen zu Humboldts Vita, die seine im engsten Sinn autobiographischen unselbständigen Schriften mehr oder weniger umfassend mit einbeziehen, neben weiteren naheliegenden Quellen wie etwa den zu seinen Lebzeiten unveröffentlichten Briefwechseln und den autobiographischen Passagen in seinen Monographien, zum Beispiel in der bereits angesprochenen Einleitung zur Relation historique.93 Auch die Bezugnahmen der Rezeptionsgeschichte auf Humboldt in literarischen und kulturkritischen Texten, d. h. in Fremd- statt Selbstzeugnissen, sind in Form von Überblicksanthologien gründlich aufgearbeitet und eingeleitet.94

Biographien

Die aktuell insgesamt 66 Biographien in Buchform greifen ebenfalls, neben den soeben erwähnten weiteren Werkgruppen, auf diverse unselbständige Schriften Humboldts zurück, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß.95 Unter anderem daraus lässt sich ableiten, inwiefern sie letztlich eher ein vielschichtiges und ausdifferenziertes oder doch lediglich ein reduktives bzw. weltanschaulich einseitigeres Lebensbild ihres Protagonisten präsentieren. Anhand des Corpus der Berner Ausgabe kann überprüft werden, inwiefern das starke Fazit im Einzelfall verifiziert bzw. falsifiziert werden kann, das am Ende der Humboldt-Metabiographie von Nicolaas A. Rupke erscheint. „Humboldt biography is presentist, partisan, and political“, mit diesem recht pauschalen Resümee stellt Rupkes Studie die Fundiertheit und Ausgewogenheit der vorliegenden Lebensdarstellungen grundlegend in Frage. Seine Studie bewertet die weitverzweigte Humboldt-Biographik der letzten knapp zwei Jahrhunderte nicht etwa als eine „continuity of progressive knowledge about its subject“, sondern als eine „repeatedly interrupted series of expressions of contemporaneous beliefs and values that sought confirmation of its validity by latching onto a great figure from the national past. Each period of political history has turned Humboldt into a hallowed, archetypal figure of its own.“96 So steht beispielsweise in der Gegenwart Humboldt besonders als Erforscher der Globalisierung und der ökologischen Nachhaltigkeit im Fokus, während frühere Epochen nach Rupke etwa den Liberalen, Republikaner, Abolitionisten, Bergleuteförderer und den ‚guten Deutschen‘ des internationalen Wissenschafts- und Kulturaustauschs entschieden in den Mittelpunkt rückten.97 Mithilfe des Corpus der Schriften der Berner Ausgabe sowie des hier versuchten knappen Überblicks über die Biographien lässt sich nachvollziehen, ob oder inwieweit das ‚präsentische‘ Urteil Rupkes zutrifft bzw. wie historiographisch differenziert Humboldt-Biographen tatsächlich gearbeitet haben. Entgegenhalten lässt sich Rupkes zweifelsohne faszinierender Leitthese erstens, dass sich die ‚Fieberkurve‘ der biographischen Erscheinungsdaten weniger an politischen als vielmehr an Zäsuren der Humboldt-eigenen Erinnerungskultur orientiert. Die Biographien erscheinen nicht etwa in unmittelbarer Nähe zu Schlüsseljahren der deutschen Geschichte wie etwa 1848, 1871, 1914, 1918, 1933 oder 1990, sondern vermehrt an Stellen, die mit Humboldts Lebensdaten selbst zu tun haben: etwa in den Jahren um seinen Tod 1859 herum (sechs Biographien), zum zehnten Todestag 1869 (vier) sowie um die 200. und 250. Geburtstage 1959 und 2009 (vier bzw. sogar neun, wenn man die Jahre selbst sowie das Vorläufer- und das Nachfolgejahr mitberücksichtigt). Eine Verständigung über ‚deutsche Leitkultur‘ findet also höchstens ausgehend von Humboldt-Jubiläen statt. Zweitens lässt sich ins Feld führen, dass nur knapp über die Hälfte (38 bzw. 57,58%) der Humboldt-Biographien überhaupt auf Deutsch verfasst sind und damit primär dem deutschsprachigen Diskursraum zugeordnet werden können.98 Wie für Humboldts Veröffentlichungen und für die Humboldt-Philologie generell kann also auch für seine Biographik geltend gemacht werden, dass sie ganz wesentlich entlang internationaler Linien verläuft: Zwar nicht ganz in der gleichen polyglotten Vielfalt wie im Fall von Humboldts Schriften selbst, aber doch in aktuell insgesamt acht Sprachen, zu denen das Englische, Französische, Spanische und Italienische ebenso zählen wie das Hebräische, Japanische und Russische.99 Die Humboldt-Biographik allein auf ihren Einfluss auf Diskurse zur politischen Selbstverständigung in den deutschen Staaten seit 1848 hin zu lesen, verkürzt folglich ihre Aussagekraft beträchtlich – eine Fokusverengung, wie sie Rupke selbst einräumt.100 Drittens beeinflussen sowohl von Humboldt selbst als auch vom politischen Kontext weitestgehend unabhängige Faktoren wie die stetige Zunahme von Publikationen seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Humboldt-Biographik nicht unbeträchtlich. So fällt auf, dass von 1832 bis 1945 lediglich 21 Biographien erscheinen, d. h. im Durchschnitt 0,18 pro Jahr, während sich der Wert seitdem mit 45 weiteren Biographien mehr als verdreifacht hat, auf eine jährliche Frequenz von 0,62. Wo es früher also in der Regel mehr als fünf Jahre dauerte, bis eine neue Humboldt-Biographie erschien (mit langen ‚Funkstillen‘, etwa von 1873 bis 1899, 1901 bis 1923 und 1925 bis 1935), können seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit großer Verlässlichkeit etwas mehr als sechs Humboldt-Biographien im Laufe eines Jahrzehnts einkalkuliert werden. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen: allein im laufenden Jahr erschienen gleich zwei neue Titel, für das Humboldt-Jahr 2019 sind naheliegender Weise weitere Veröffentlichungen zu erwarten. Diese Bestandsaufnahme einer florierenden und proliferierenden Biographik trübt sich allerdings etwas ein, sobald die Literaturverzeichnisse der vorliegenden Biographien (so vorhanden) auf die originalen Publikationsorte von Humboldts Schriften, d. h. auf Belege aus dem Corpus der Berner Ausgabe hin ausgewertet werden. Allein zwei wissenschaftliche Biographien – die dreibändige des Autorenkollektivs um den Herausgeber Karl Bruhns von 1872 und die zweibändige von Hanno Beck von 1959 und 1961 verzeichnen eine dreistellige Anzahl von unselbständigen Publikationen Humboldts in Periodika seiner Zeit,101 bei elf Biographien (von Richard Henry Stoddard 1859, Filippo Parlatore 1860, Mario Ferdinand Krammer 1951, Helmut de Terra 1955, L[isel]otte Kellner 1963, Adolf Meyer-Abich 1967, Kurt-R. Biermann 1979, Wolfgang-Hagen Hein 1985, Werner Rübe 1988, Diego Gándara und Sandra Rebok 2008 und Mireille Gayet 2009) liegt die Zahl immerhin im ein- bis zweistelligen Bereich.102 Alle übrigen Humboldt-Biographien (d. h. über 80% aller Autorinnen und Autoren) verzichten entweder vollständig auf ein Literaturverzeichnis oder weisen Schriften einzig in den Fußnoten bzw. mittels postumer Einzelausgaben von Humboldts unselbständigen Veröffentlichungen nach. Doch auch wenn man diese Nachdrucke anstelle der Originalpublikationsorte als Nachweise gelten lässt, ergibt sich bei Stichproben zu einigen der oben behandelten autobiographischen Texte (die für Biographen schließlich besonders aufschlussreich sind) ein wechselhaftes Bild. Ein Teil der Quellen wird zumindest von ein bis zwei Dritteln der Biographen nachgewiesen, so die Texte zum Aufstieg auf den Chimborazo (45 Biographien bzw. 68,18%), zur Landung in Cumaná (36 bzw. 54,54%), zur „Lebenskraft“ und zur Eröffnungsrede der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte (jeweils 30 bzw. 45,45%) oder zum ‚Motivationsschreiben‘ für das spanische Königshaus (24 bzw. 36,36%). Andere wiederum werden erstaunlicherweise nur von einer Minderheit der Biographen angeführt, so der „Ruf um Hülfe“ (14 bzw. 21,21%) und die wichtigen Lebensskizzen des Brockhaus-Artikels (11 bzw. 16,67%) und des ersten Berichts zur amerikanischen Reise (8 bzw. 12,12%). Lebensmomente schließlich wie Humboldts oben angesprochene „Gegenerklärung“ zu Samuel Simon Witte und seine „Richtigstellung“ zum kostenlosen Besuch der Kosmos-Vorträge sind nur den wenigsten Biographien bekannt (2 bzw. 3,03% und 3 bzw. 4,54%). Ähnlich sieht es im übrigen mit einem Nachweis von Humboldts allererster Veröffentlichung über den südostasiatischen Giftbaum Bohon-Upas im Jahr 1789 aus, über die allein vier (bzw. 6,06%) der Biographien Auskunft geben. Hier liegt es natürlich im Interesse aller Beteiligten der Berner Humboldt-Ausgabe, dass die neue Editionslage dazu beiträgt, dass diese Zahlen in Zukunft höher ausfallen und damit noch vielfältigere Facetten von Humboldts Leben und Werk erschlossen werden.

Perspektiven

Der Wert der wissenschaftlichen, aber auch der populären Humboldt-Biographik ist folglich ganz maßgeblich daran zu messen, wie umfassend sich die Biographen über die hier in Schlaglichtern vorgestellten Selbstzeugnisse informiert zeigen. Das Humboldt-Bild wird sich durch sie weiter vervollständigen und verändern. Die grundlegende Herausforderung bleibt jedoch stets erhalten. Sie besteht darin, sich Humboldts Biographie eben nicht über das ‚eine große‘ Werk anzunähern, dessen Niederschrift der Autor selbst abgelehnt hatte. Stattdessen gilt es, Humboldts Vita im Licht der ‚vielen kleinen‘ Schriften zu erschließen, aus einem Mosaik von Autobiographemen. Für ein solches Vorgehen bieten die circa 1000 Texte der Berner Ausgabe eine neue Grundlage. Sie ermöglichen es, Humboldt an den verschiedenen Stellen seines Werdegangs zu begegnen: sei es in den Skizzen, die er selbst über sein Leben und Reisen entwirft, an den Stationen, an denen er als Person des öffentlichen Lebens hervortritt, in den Momenten, in denen er sich in seiner alltäglichen wissenschaftlichen Arbeit sozusagen über die Schulter blicken lässt, oder in der literarischen Camouflage auch intimerer Facetten seiner Vita. Neu zu entdecken ist Humboldt auch in den vielfältigen Genres bzw. Rollen, in denen er seine Texte vorbringt: als streitbarer Public Intellectual, der sich in Periodika wissenschaftlich und wissenschaftspolitisch positioniert; als Briefeschreiber und Berichterstatter, der seine Forschungsreisen bzw. deren berühmteste Momente nicht allein auf epischer Buchlänge, sondern auch in skizzenhafter, essayistischer Kürze rekapituliert; als Lexikograph, der Daten und Fakten zur Historisierung der eigenen Vita zusammenträgt; als Forschungsantragsteller, der mit seinen Vorhaben höchste Entscheidungsinstanzen für sich einnimmt; als Erzähler, der antike Mythologeme zu einer fiktionalen und dennoch autobiographischen Geschichte formt; und als (Fest-)Redner, der mit seinem Wissens- und Erfahrungsschatz, seiner einnehmenden Persönlichkeit und seiner bestechenden Eloquenz Institutionen und Veranstaltungen Glanz verleiht, die nicht selten vorrangig zu seinen Ehren stattfinden. Hieraus lassen sich wichtige Rückschlüsse auf Humboldt als Rhetor und auf sein Agieren als öffentliche Person ziehen.103 Schließlich bleibt für zukünftige Studien auch darauf hinzuweisen, dass Humboldt besonders gegen Ende seiner Schriftstellerkarriere in seinen Schriften selbst als Gelegenheitsbiograph in Erscheinung tritt. Hier veranlassen ihn die Todesfälle enger Wegbegleiter mehrfach zu würdigenden Nachrufen, in denen er über seine professionellen und privaten Beziehungen zu den Verstorbenen (zum Beispiel zu Aimé Bonpland, Leopold von Buch, Karl Sigismund Kunth) persönlich Zeugnis ablegt.104 Auch anhand dieser Schriften lässt sich die Thematik einer Selbsterlebensbeschreibung (Jean Paul) weiterverfolgen: enthalten doch biographische Texte in aller Regel stets auch implizit autobiographische Hinweise.105 All diese so unterschiedlichen Lebensstränge und Schreibverfahren Humboldts verbindet miteinander, dass sie ganz grundsätzlich auf Transgression, auf die Überwindung von Grenzen angelegt sind. „His natural inclinations always tended towards the undefined, the unfinished and the open“, so hat es Maren Meinhardt unlängst in ihrer Humboldt-Biographie festgehalten.106 Ähnlich wie Humboldts Leben immer wieder auf die Überwindung von möglichst vielen geographischen, wissenschaftlichen, politischen und kulturellen Begrenzungen ausgerichtet war, so sucht auch sein sich auf den Zeitraum von siebzig Jahren verteilendes Schreiben stets den Weg ins Offene: auch anhand von autobiographischen und biographischen Genres, die „formal [und thematisch] wenig bindend sind.“107 Bei Humboldt korreliert somit ein „transgenerisches Schreiben“, bei dem „unterschiedliche Darstellungsformen […] ebenso aufgerufen wie in ihrem komplexen Verhältnis zueinander überblendet und […] produktiv entgrenzt werden“,108 ganz grundsätzlich mit einer transgressiven Praxis der Lebensführung. Wer also dem eingangs erwähnten Fingerzeig Humboldts folgt und sich auf die Suche nach seinem „Leben“ in seinen „Schriften“ begibt, wird speziell in Sachen Grenzüberschreitungen an außerordentlich vielen Stellen fündig werden.

Abbildung

Abb. 1: Alexander von Humboldt, Selbstportrait in Paris (1814). © Foto public domain via Wikimedia Commons. Online unter commons.wikimedia.org (03.05.2021). Vgl. Halina Nelken, Alexander von Humboldt. His Portraits and Their Artists. A Documentary Iconography, Berlin: Reimer 1980, S. 85.

Bibliographie

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  • Alexander von Humboldt, Briefe aus Russland 1829, hrsg. von Eberhard Knobloch, Berlin: Akademie 2009.
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