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Alexander von Humboldt: „Über die Chinawälder in Südamerika“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1807-Ueber_die_Chinawaelder-1> [abgerufen am 25.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1807-Ueber_die_Chinawaelder-1
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Titel Über die Chinawälder in Südamerika
Jahr 1807
Ort Berlin
Nachweis
in: Der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin Magazin für die neuesten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde 1 (1807), S. 57–68, 104–120.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.57
Dateiname: 1807-Ueber_die_Chinawaelder-1
Statistiken
Seitenanzahl: 29
Zeichenanzahl: 71239
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
Über die Chinawälder in Südamerika (Berlin, 1807, Deutsch)
Delle foreste di Cinchona nell’America meridionale (Mailand, 1808, Italienisch)
On the Cinchona Forests in South America (London, 1821, Englisch)
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Über die Chinawälder in Südamerika.Von Alexander von Humboldt.

Erster Abschnitt.

Der Zweck dieser Abhandlung ist den Fieberrindenbaum als einen Ge-genstand der physikalischen Erdbeschreibung oder der Pflanzen-Geogra-phie zu betrachten. Unter den mannigfaltigen Schriftstellern, welche der Cinchona erwähnen, sind keine als La Condamine, Ruiz, Pavon und Zea welche diesen wohlthätigen Baum auf dem südamerikanischen Con-tinente selbst beobachtet haben. Unter ihnen giebt nur der erstere eine |58| physikalische Beschreibung der Pflanze. Die andern, so wie Jacquin und Swartz, welche die Fieberinde auf den Westindischen Inseln sahen,oder Vahl und Lambert, welche nach troknen Exemplaren arbeiteten,sind bloß mit dem naturbeschreibenden Theile, mit der botanischen Dia-gnose beschäftigt gewesen. Bei meinem vierjährigen Aufenthalte in Süd-amerika habe ich Gelegenheit gehabt, lange in Ländern zu leben, inwelchen die Chinabäume einheimisch sind. Wir haben dieselbe, Herrn Bonpland und ich, nördlich und südlich vom Aequator, im KönigreichNeu-Grenada, zwischen Honda und Santa Fe de Bogota, in der Pro-vinz Popayan, im Corregiment Loxa, am Amazonen-Strohme in derProvinz Jaen de Bracamoros und im nördlichen Theile von Peru beob-achtet. Bei unserm Aufenthalt im Hause des Herrn Don Jose Celes-tino Mutis in Santa Fe, sind uns die botanischen Schäze dieses gros-sen Naturforschers geöfnet gewesen. Wir haben dazu in Spanien vonden Herausgeber der Flora Peruviana, in Guayaquil, (dem Hafen von Quito an der Küste der Südsee), von Ruizens Schüler, Tafalla, in demStädchen Loxa, von dem königlichen Aufseher der Chinawälder DonVicente Olmedo, viele interessante Nachrichten über Gegenstände einzie-hen können, welche uns ohne die mittheilende Güte dieser Freunde un-bekannt geblieben wären. In dem mit grenzenloser Bitterkeit geführtenStreite, ob die neu-grenadische pomeranzenfarbene Fieberrinde von Santa Fe oder die peruanische von Ruiz und Pavon beschriebene Cinchona nitida mit der seit 1638 berufenen sogenannten ächten Cin-chona von Uritusinga identisch sey, kann nur der entscheiden, der dieGegenden selbst besucht hat, welche diese drei Pflanzen hervorbringen.Aber keiner der streitenden Partheien, weder Mutis, Zea noch Ruiz und Pavon haben das Corregiment von Loxa betreten. Daher jedeParthei mit gleichem Ungrunde vorgegeben hat, die wirksamste Fieber-rinde ihres Districts sey die ächte von Uritusinga. Wir haben in demzweiten Fascikel unserer Aequinoctial-Pflanzen *) erwiesen, daß dieseletztere, die Cascarilla Fina de Loxa, von der Cinchona lancifolia Mutis und allen in Ruizens Quinologia, in der Flora peruviana, undin dem neuern Supplement zur Quinologia beschriebenen peruanischenFieberinden ganz verschieden sey. So wenig wir es wagen dürfen, unsmit den vorgenannten vortreflichen Botanikern zu messen, so ist unsdoch der zufällige Vorzug vor ihnen zu Theil geworden, außer denChinawäldern um Santa Fe auch die von Loxa selbst gesehen zu ha-ben. In der That hatte seit Joseph de Jussieu dessen Beobachtungenohnedies nie bekannt gemacht worden sind, also seit 62 Jahren kein
*) Plantes équinoctiales, par Mrs. Humboldt et Bonpland. Troisième livraison p. 39.
|59| reisender Naturforscher vor uns diese schönen Gebirgsebenen von Loxa besucht. Durch diese Umstände begünstigt, glaube ich über einen soschwierigen und durch mannichfaltigen Streit immer mehr und mehr ver-wirrt gewordenen Gegenstand mit einiger Zuversicht reden zu können.
Es würde überflüßig seyn hier zu wiederholen was man über dieGeschichte der Entdekung der heilenden Eigenschaften der Fieberrindegefabelt hat. Bald soll ein Kranker aus einer Lache getrunken haben,in welchen Chinastämme gelegen hatten und deren Wasser dadurch ei-nen bittern Geschmack angenommen hatte; bald soll ein Löwe sichdas Fieber durch kauen von Chinarinde geheilt und die Aufmerksam-keit der Indianer auf diesen Baum gezogen haben. Lambert hat in sei-ner Monographie von Cinchona *) alle diese Meinungen gesammelt.Daß Thiere den Menschen belehrt haben ist eine sehr gewöhnliche Formder Volksmährchen. Das vortrefliche Gegengift, Vejuco del Guaco, einevon Mutis beschriebene Pflanze, die der Mikania verwandt ist, und die manfälschlich mit der Ayapana aus Brasilien verwechselt, soll auch der (wieder Falco serpentarius) mit Schlangen kämpfende Neu-Grenadische Falco Guaco, den Indianern gezeigt haben. Daß übrigens der unge-mähnte große amerikanische Löwe, Felis concolor, das Fieber habe,ist eine so gewagte Hypothese als die Behauptung der Einwohner desverpesteten Thals Gualla bamba, **) welche mich versicherten, daß selbstdie Geier (Vultur aura) in ihrer Gegend fieberkrank wären. Ja in derRegion der Chinawälder findet sich nicht einmal der die Wärme lieben-de Felis concolor, sondern höchstens die noch nicht gehörig beschrie-bene Katze Puma, welche ich Felis andicola nennen möchte, La Con-damine’s petit lion du volcan de Pichincha, den wir bis 2500 ToisenHöhe angetroffen haben. Die so oft nachgeschriebene Geschichte der Gräfin Chinchon, Vi-cekönigin von Peru, ist wohl noch zweifelhafter als man gemeinhinglaubt. Allerdings war ein Graf Chinchon, Don Geronimo Fernandezde Cabrera Bobadella y Mendoza von 1629 bis 1639 Vicekönig in Lima. Es ist sehr wahrscheinlich, daß seine Gemahlin nach ihrer Zu-rückkunft nach Spanien 1640 zuerst die Fieberrinde in Europa verbrei-tete. Der Name Pulvis Comitissae scheint selbst älter als der PulvisJesuiticus oder Pulvis patrum. Aber ich glaube (und Herr Olmedo in Loxa ist mit mir derselben Meinung) ich glaube nicht, daß der Corre-gidor von Loxa, Don Juan Lopez de Cannizares, ***) der die fieberkranke
*) A description of the genus Cinchona 1797. p. 39.**) Nahe bei der Stadt Quito.***) Flora Peruviana. T. II, p. 2.
|60| Gräfin geheilt haben soll, das Mittel von den Indianern empfing. In Loxa selbst herrscht nicht bloß gar keine Tradition dieser Art, sondern es istauch nicht wahrscheinlich, daß die Erfindung der Heilkraft der Cinchona den amerikanischen Urvölkern zugehöre, wenn man bedenkt, daß diese(gleich den Einwohnern von Hindostan) mit unabänderlicher Beharrlich-keit an ihren Gebräuchen, an ihren Speisen und Heilmitteln hängen, unddaß ihnen dennoch in Loxa, Guancabamba und weit umher der Ge-brauch der Fieberrinde ganz unbekannt ist. In den tiefen und heißenGebirgsthälern von Catamayo, Rio Calvas und Macara sind Wechsel-fieber überaus gemein. Aber die dasigen Einwohner sowohl als die von Loxa, zu welcher Kaste sie auch gehören mögen, sterben lieber, als daßsie den Entschluß fassen sollten, Chinarinde, welche sie mit den Opiatenin die Klasse branderregender Gifte setzen, einzunehmen. Die Indianerheilen sich durch Limonaden, durch die ölige aromatische Schale derkleinen grünen wildwachsenden Citrone, durch Aufgüsse der Scopariadulcis und durch starken Kaffee *). Bloß in Malacates, wo so vieleCascarilleros, Chinarinden-Schäler, wohnen, fängt man an Vertrauen zuder Cinchona zu gewinnen. In Loxa ist kein Document vorhanden,welches die Geschichte der Erfindung der Cinchona aufklären könnte.Doch geht daselbst die alte Sage, die Jesuiten hätten beim Holzfällennach Landessitte durch Kauen der Rinde die verschiedenen Baumartenunterschieden, und seien bei dieser Gelegenheit auf die große Bitterkeitder Cinchona aufmerksam geworden. Da unter den Missionairen stetsArzneykundige waren, so hätten, sagt man, diese den Aufguß bei dergewöhnlichen Krankheit der Gegend, dem Tertianfieber, versucht. DieseSage ist minder unwahrscheinlich, als die Behauptung europäischer Schrift-steller, welche, wie noch neuerlichst Ruiz und Pavon, die Erfindung denIndianern zuschreiben. Auch im Königreich Neu-Grenada war den Ein-gebornen die Heilkraft der Cinchona gänzlich unbekannt.
Hundert Jahre verflossen, ehe man irgend eine botanische Beschrei-bung des Baumes erhielt, dessen gepülverte Rinde das Jesuiterpulver gab.Der Astronom La Condamine, der mit unbeschreiblicher Lebhaftigkeitalle Theile des menschlichen Wissens umfaßte, und von dem Jussieu inParis mehrere sehr saubere botanische Zeichnungen besitzt, La Conda-mine war der erste Gelehrte, welcher den Fieberrindenbaum untersuchteund beschrieb. Er reiste **) durch Loxa nach Lima im Jahr 1737, undseine Beschreibung der Cinchona erschien in den Mém. de l’Academie
*) Unter den Indianern am Orinoco, besonders in Atures und Maypure, haben wir ein vortref-liches fieberheilendes Mittel gefunden, die frutta de Burro, die Frucht einer neuen Art Uvaria, welche wir unter dem Namen Uvaria febrifuga beschreiben werden.**) Voyage à l’Equateur, p. 31. 75. 186 und 203.
|61| 1738. Späterhin, 1739, besuchte Joseph de Jussieu die Gegend um Loxa. Er ärndtete daselbst und um Zaruma viele Pflanzen ein, welche sichnoch im Jussieuschen Herbarium in Paris befinden, und welche wir mitden unsrigen, eben dort, sechzig Jahr später eingesammelten verglichenhaben. Unter diesen befand sich die Cinchona pubescens, welche Vahl als neu beschrieben hat, welche aber, wie wir weiter unten erweisenwerden, die erste Cinchona officinalis des Linneischen Systema Natu-rae nach der zwölften Ausgabe ist. Im Jahr 1743 war La Condamine zum zweiten Male in Loxa, von wo aus er, wie wir im Jahr 1802 nach Tomependa und dem Amazonenstrohme reiste. Damals wurde der erste,und sonderbar genug, der letzte Versuch gemacht, junge Stämme desFieberrindenbaums lebendig nach Europa zu bringen. Nachdem derAstronom sie 8 Monathe lang auf einer Schiffahrt von 1200 Lieues sorg-sam gepflegt hatte, verschlang sie ein hoher Wellenschlag, der beim Capd’Orange nördlich von Parà das Canot überströmte.
Lange kannten die Botaniker in ihren Systemen nur eine einzigeSpecies von Cinchona, welche Linné officinalis nannte, und in derenBeschreibung er unsere C. condaminea und C. cordifolia Mutis ohnees zu wissen verband; denn das ihm von Santa Fe aus gesandte Exem-plar war gelbe China, und von der, von La Condamine freilich unvoll-kommen gezeichneten, ganz verschieden. Jacquin’s Reise lehrte endlicheine zweite Species, die C. caribaea kennen. Die Westindischen Inseln,die Südsee, selbst Ostindien boten den Reisenden nach und nach mehrArten der Cinchona dar; aber gerade die heilsamsten und merkwürdig-sten des Continents von Südamerika blieben am längsten unbeachtet. Von 1638 bis 1776 kam keine andere Fieberrinde in den Handelals die des Corregimiento de Loxa und der zunächst gelegenen Gegen-den. La Condamine erwähnt der China von Riobamba und Cuenca inder Provinz Quito wie der von Ayavaca und Jaen de Bracamorros. Aberdie China von den innern Theilen von Peru (um Huanuco und in derProvinz La Paz) oder gar die China des Königreichs Neu-Grenada wa-ren ihm völlig unbekannt. Man ahndete nicht, daß es nördlich vom Aequator, also in unsererHemisphäre Fieberrindenbäume geben könne, bis ein glücklicher Zufalleinen Mann, der lange Zeit wegen der ökonomischen Verhältnisse desChinaschälens in Loxa gelebt hatte, auf seinem Rückwege nach Spanienüber Popayan nach Santa Fe de Bogota führte. Dieser aufmerksameReisende war der Obermünz-Direktor, (Superintendente general de Monedade S. Fe) Don Miguel de Santistevan, der ohne alle botanische Kennt-nisse physiognomisch, das heißt nach den bloßen Habitus, die China-bäume von Loxa an bis zum 2\( \frac{1}{2} \)° nördlicher Breite entdeckte. In einem |62| Projekte über die königliche Administration alles Fieberrindenhandels (estanco de cascarilla) welches er 1753 an den Vicekönig Marquis deVillar richtete, sagt er ausdrücklich, daß er nicht bloß zwischen Loxa und Quito, z. B. östlich von Cuenca bei den Dörfern Paute und Gua-lasco, westlich von Riobamba am Abfall des Chimborazo bei Angas und an der Cuesta de S. Antonio, sondern auch zwischen Quito und S. Fe überall, wo das Erdreich gleiche Höhe mit Loxa hat, also 800Toisen über dem Meere erhoben ist, Fieberrindenbäume gefunden ha-be. Die Angabe der Höhe von Loxa ist zwar nach neuern Messungenund selbst nach den ältern La Condamineschen *) um wenigstens 250Toisen zu gering; doch ist die feine Bemerkung über die mittlere Höhe,auf welcher sich stets die Cinchona am Gebirgsabhange findet, um soauffallender, als selbst gelehrte Naturforscher damals wenig auf die Geo-graphie der Pflanzen und die Höhe des Standorts achteten. Auch ist zubemerken, daß obgleich Santistevan laut der handschriftlichen Nachrich-ten, die ich mir von ihm verschafft, im Allgemeinen von Fieberrinden-bäumen zwischen Quito und S. Fe spricht, man dennoch aus der Aufzäh-lung einzelner Orte ersieht, daß er dieses kostbare Produkt nur im Thaldes Rio Tuanambu nördlich von Pasto, in den Wäldern von Beruecos, und bei Popayan (beim gefährlichen Andes-Paß Guanacas zwischendem Dorfe dieses Namens und dem Sitio de los Corrales) entdeckte. So stand es mit der Auffindung der Cinchona nördlich vom Aequa-tor bis 1772. Alle Chinarinde, welche in den Handel kam, war von Loxa, Guancabamba und Jaen, vielleicht selbst von Riobamba und Cuenca. Alle wurde durch die Häfen der Südsee verschifft. Die Auf-tige Entdeckung in den Provinzen Pasto und Popayan blieb unbe-nutzt. Im Jahr 1772 entdeckte Don Jose Celestino Mutis die China-rinde um Santa Fe, und seit dieser Epoche erhielt Europa Fieberrinde,welche nicht das Cap Horn umschiffte, und über Carthagena de Yn-dias nach Cadiz kam. Herr Mutis hatte bereits 12 Jahre früher das Königreich Neu-Gre-nada bewohnt. Er war zweimal durch die Wälder zwischen Guaduas und Santa Fe geritten, wo der Fieberrindenbaum von den schönen Gre-nadischen Eichen umgeben ist. Wenn man die Mannigfaltigkeit der Ge-wächse erwägt, welche in diesen Ländern den Botaniker beschäftigen,wenn man bedenkt, wie die Höhe der Stämme in der Tropenwelt demAuge Blätter und Blüthen fern entrückt, so darf man sich weniger wun-dern, wie Herr Mutis erst 1772 die Cinchona, da er sie blühend fand,erkannte. Dieser vortrefliche Naturforscher, der aus Cadiz gebürtig ist,
*) Voyage de la rivière de l’Amazone p. 25.
|63| studirte 3 Jahr in Madrid und begleitete 1760 aus Liebe zur Botanik denVicekönig Don Pedro Mesia de la Cerda als Leibarzt nach Santa Fe. Er lebte lange in den Bezirken von Pampelona und de la Montuosa, ein Name, aus welchem Linné zu Herrn Mutis größtem Mißvergnügen Mexico gemacht hat, so daß der schwedische Botaniker alle neu-gre-nadische Pflanzen, die er von der Montuosa erhielt, als mexikanischeaufgeführt hat *). Dieser Irrthum ist um so wunderbarer, da Linné, dermit Mutis stets über Carthagena de Yndias correspondirte, wohl mer-ken mußte, daß dieser sich nie in Mexico aufhielt. Die Abwesenheitdes letztern in den Bergwerken nördlich von S. Fe hatte ihn von denChinawäldern von Mave, Gascas und den Aseradero entfernt gehalten. Mutis giebt in einem Berichte an den Vicekönig Don Manuel AntonioFlorez als Grund der spätern Auffindung der Cinchona an, daß bis 1772alle seine botanische Excursionen außerhalb der ersten 5° nördl. Breiteerichtet gewesen wären, welche er für das ausschließliche Vaterland der Fieberrinde in der nördlichen Hemisphäre hielt. Der große Naturfor-scher ahndete damals noch nicht, daß man bald darauf Cinchona biszur Mündung des Rio Opon, ja bis Santa Martha, also bis zum 10°N. Br. entdecken würde.
Mutis hatte sich 1761 die ersten trocknen Exemplare der gelbenChina von Loxa (C. cordifolia) durch den Münzdirektor Santisteva ver-schafft. Nach dieser wurde das genus Cinchona so festgestellt, wie eres an Linné mittheilte. Im Jahr 1772, als Mutis mit seinem Freunde Don Pedro Ugarte durch den Wald von Tena unfern dem Gebirgs-abhange von S. Fe ritt, entdeckte er Fieberrindenbäume. Ein Jahr dar-auf fand er sie auch zwischen Honda und Guaduas und überreichte demVicekönig Don Manuel de Guirior, der sich eben auf dem Magdalenen-strome ausgeschifft hatte, einen blühenden Strauß der Cinchona, als einneu entdecktes kostbares Erzeugniß dieses Landes, welches die Naturüberdies mit aromatischen Muskatnüssen, (Myristica Otoba) mit einemvortreflichen Zimmtlorbeer, (Laurus cinnamoides Mut.) mit gewürzhaf-ten Puchery oder Todaspecie, (Laurus Putseri Mut.) mit Mandeln, (Caryocar amigdaliferum Mut.) mit vier Arten von Styrax, mit demBalsam von Tolu, (Tuluifera indica) mit einem Theebaume (Alstoniatheaeformis Mut.) mit Ipecacacuanha, (Psychotria emetica Mut.) mitWachspalmen (Ceroxylon andicola Humb.) mit Caranniaharz (Aegine-tia caranifera Mut.) mit Winterscher Rinde, (Wintera grenadensis) mit Quassia Simaruba und mit den köstlichsten Farbenhölzern bereichert hat. Es ist in der Geschichte der Wissenschaften sehr gewöhnlich, daß
*) Zum Beispiel: Manettia reclinata.
|64| nicht der, welcher eine Entdeckung selbst macht, sondern der, welchereine fremde Entdeckung als die seinige mit einer gewissen Keckheit ver-breitet, für den ersten Entdecker gilt. Mutis, ein Mann von einem li-beralen, etwas neugierigen Charakter, hatte keine Belohnung von demGouvernement gefordert. Er beschäftigte sich in der Stille mit botani-schen Untersuchungen der neuen China-Arten, die er auffand, und mitAnwendung der Fieberrinden in ausgebreiteter medizinischer Praxis. Erstim Jahr 1783 erhielt er eine königliche Besoldung, als die botanischeExpedition von Santa Fe durch Gongora, der zugleich Erzbischof undVicekönig war, organisirt ward.
Vier Jahre nach der Entdeckung des Doctor Mutis, 1776, wußteein verschlagener und zanksüchtiger Arzt zu S. Fe, Don Sebastian JoseLopez Ruiz aus Ganama gebürtig, die spanische Regierung zu überre-den, daß er die ersten Fieberrindenbäume in Neu-Grenada entdeckthabe. Er sandte Proben der neuen China nach Madrid, sprach viel vonder Wichtigkeit des neuen Handelsartikels und erhielt eine jährliche Pen-sion von 2000 Piaster zur Belohnung. Aus Aktenstücken, welche Herr Lopez mir im Januar 1802 durch seinen Bruder, einen Kanonikus inQuito, zustellen ließ, um mir die Priorität seiner Entdeckung zu bewei-sen, habe ich ersehen, daß er erst 1774 die Cinchona um Honda er-kannte, und 1775 den ersten medizinischen Versuch damit machte. Herr Lopez genoß nicht lange seines vollen Jahrgehalts. Der Vicekönig Gon-gora, der ohnedies Herrn Mutis sehr schätzte, und dessen erster Sekre-tair, Don Zenon de Alonzo, der ein eifriger Beförderer der Wissenschaftenwar, stellte dem Hofe vor, daß Lopez nicht der frühere Entdecker derneugrenadischen Fieberrinde sei. Man strich sogleich die Hälfte der kö-niglichen Pension, befahl Herrn Lopez nach den Darien zu reisen, woman ebenfalls vorgab Cinchona entdeckt zu haben, und da er sich wei-gerte die Reise in ein so verpestetes Klima zu unternehmen, so zog derVicekönig auch die letzte Hälfte des Jahrgehalts ein. Seit dieser Epocheentstand ein heftiger Streit über die Priorität der Entdeckung. Lopez machte eine Reise nach Europa und wußte sich 1000 Piaster Gehaltwieder zu verschaffen. Er schmeichelte sich bei Herrn Mutis botani-schen Widersachern ein, und diese erwähnten seitdem oft seiner als Mit-entdecker. Noch auffallender ist es, daß der Obrist Don Antonio dela Torre Miranda in seiner Topographie der Provinz Carthagena (No-ticia individual de los Poblaciones nuevas fundadas en la Provinciade Carthagena) durch Zeugnisse beweisen will, daß ihm die Ehre desAuffindens der Chinarinde in Neu-Grenada gehöre, weil er sie 1783 (also11 Jahr nach Mutis ) zuerst bei Fusagasuga entdeckt habe. Herr Mutis hatte in Mariquita eine Pflanzung von Cinchona und von Kanell-Lorbeer |65| der Andaquie-Missionen angefangen, deren Überbleibsel wir noch gese-hen haben. Im Jahr 1800 trug das spanische Gouvernement einem fran-zösischen Arzte, Louis Derieux, auf, diese Pflanzungen fortzusetzen, dieeinheimische Myristica zu kultiviren, und die allgemeine Aufsicht überdas Verpacken der Chinarinde in Neu-Grenada zu führen. Er erhielt2000 Piaster Gehalt mit dem allgemeinen Titel eines Commissionado yEncargado de investigaciones de historia Natural. en el Nuevo Reynode Grenada. Er hatte so wenig botanische Kenntnisse als Lopez, waraber ein Mann von vielem Geist und intellectueller Bildung. Er hattelange vorher in Santa Fe gelebt, von wo man ihn unter der falschenBeschuldigung revolutionairer Gesinnungen in Ketten nach Carthagena,von da in ein Gefängniß nach Cadiz schleppte. Nach Anerkennung sei-ner Unschuld gab ihm der Staatsminister Don Mariano de Urquijo jeneAufsicht über die Chinawälder. Ich habe mit ihm die Reise auf demMagdalenenstrome gemacht, während welcher sein liebenswürdiger Sohnmehrere Pflanzen für mich gezeichnet hat. Der Vater trat zwischen Mutis und Lopez auf. Wie die specifiken Charaktere der Cinchona-Arten in Madrid zwischen Zea, Ruiz und Pavon die bittersten Streitig-keiten erregt haben, so ist die Fieberrinde in Santa Fe auch seit ihrerersten Auffindung ein gehässiger Gegenstand der Verfolgung gewesen.Ich habe mit großem Mißvergnügen erfahren, daß Herr Derieux baldnachdem ich Südamerika verließ, sein Jahrgehalt verloren hat, ja sogaraufs neue gezwungen worden ist, das Vicekönigreich zu räumen, so daßdie Chinabäume wiederum ohne eine Aufsicht wachsen, die freilich bis-her ihre Vermehrung oder Erhaltung nicht befördert hat. Wir haben in dieser einfachen Geschichtserzählung gezeigt, daß bis1772 alle Fieberrinde in den Wäldern von Loxa, Ayavaca und Jaende Bracamorros gesammelt wurde, also bloß zwischen dem 3ten und 5ten Grade südlicher Breite, und daß erst 1772 auf dem südamerikanischenContinent heilsame Cinchona-Arten in der nördlichen Halbkugel benutztwurden, Cinchona-Arten, welche man zwischen dem 4° und 5° der Breiteentdeckte. Bis dahin kannte man noch keine in dem eigentlichen Peru,besonders nicht in den der Hauptstadt Lima näher gelegenen Gebirgen.Das Thal von Rio Calvas und das Dorf Ayavaca, in dessen Nähe vor-trefliche schon 1738 berufene Cinchona condaminea wächst, gehört zwarin politischer Hinsicht zu Peru, aber beide liegen dicht an der Grenzedes Corregiments von Loxa und die China von Ayavaca wurde wie dievon Jaen sowohl unter dem Namen Cascarilla fina de Uritusinga ver-kauft als auch in Payta eingeschifft. Erst 1776 fing das eigentliche Verkehr mit peruanischer Fieberrindean. Don Francisco Renquifo entdeckte die C. nitida Ruiz eine der |66| Mutisischen pommeranzenfarbigen (Cinchona lancifolia) sehr nahe ver-wandte Species bei Huanuco am Berg S. Christo val de Cuchero. Einunternehmender Mann Don Emanuel Alcarraz brachte die ersten Pro-ben davon nach Lima und setzte die Benutzung dieses Produktes inGang. Die Herausgeber der Flora Peruviana drangen 1779 zwar nichtbis an den Amazonenstrom selbst, aber doch bis an die Flüsse vor,welche sich zunächst in denselben ergießen. Sie besuchten die schönenThäler von Tarma, Xauxa, und Huamalies und bestimmten 1779, alsosieben Jahr nachdem Mutis seine Arbeit über die neugrenadischen Cin-chona-Arten begann, die botanischen Charaktere der nordperuanischenSpecies. Nach und nach wurde heilsame Fieberrinde fast zugleich imnördlichsten und südlichsten Theile von Südamerika entdeckt, in denGebirgen um Santa Martha, und im Königreich Buenosayres bei LaPaz und Cochabamba, wo ein Seeofficier Rubin de Celis und der deut-sche Botaniker Taddäus Hänke die Einwohner auf dieses kostbare Pro-dukt aufmerksam machten. Europa wurde demnach seit dem Jahr 1780 auf allen Seiten durchdie Häfen von Payta, Guayaquil, Lima, Buenosayres, Carthagena und Santa Martha mit Fieberrinde von verschiedener Heilkraft überströmt.Diese Fieberrinde kam theils unmittelbar nach Spanien, theils durchSchleichhandel nach Nordamerika und England. Hier und da wurden auchWestindische Cinchona-Arten unter die des Continents gemengt. Mannannte Rinden, welche zwar auch überaus fieberheilend sind, aber vonBäumen herrühren, die nicht einmal dem genus Cinchona angehören,China. So sprach man in Cadiz von Cascarilla oder Quina de Cumana und von Quina de la Angostura. Ohne zu bedenken, daß wahre Fie-berrinden zwar gleiche Heilkraft besitzen, aber doch specifike Unter-schiede in der Art ihrer Wirksamkeit äußern können, theilte man alleChina in ächte und unächte ein. Man forderte China wie die von Loxa, ohne zu bedenken, daß schon 1738 von Loxa selbst drei bis vier ArtenFieberrinden nach Europa kamen, welche von ganz verschiedenen Spe-cies von Cinchona geliefert werden. Man vergaß, daß die Güte derRinde nicht bloß davon abhänge, daß sie von C. lancifolia oder von C. macrocarpa sei, sondern daß eben so sehr Standort, Alter des Bau-mes, schnelles und langsames Trocknen die Wirksamkeit bestimme. Manverkannte dieselbe Species, wenn die Rinde statt in Canutillos, d. h. indünnen Rollen, in dicken Cortezones, oder gar gepülvert war. Man mengtebald aus Versehen, bald aus Betrug Rinden von Wintera grenadensis und von gerbenden Weinmannien unter die Chinarinde, ja man färbtediese oft mit Aufguß von Brasilienholz. Unter diesen Verhältnissen entstanden die abentheuerlichsten Vor- |67| urtheile in Beurtheilung der Cinchona. Gewisse Handlungshäuser in Spa-nien, welche seit einem halben Jahrhundert im Besitze des Alleinhandelsder China von Loxa waren, suchten die von Neu-Grenada und demsüdlichen Peru zu verrufen. Sie fanden gefällige Botaniker, welche durchrasche Erhebung von Varietäten zu Species bewiesen, daß alle Peruani-schen Cinchonen von denen um S. Fe wachsenden specifisch verschiedenwären. Physiker zogen, gleich den Päbsten, Demarcationslinien auf derKarte. Sie behaupteten, daß über einen gewissen Breitegrad hinaus inder nördlichen Hemisphäre keine wirksame China wachsen könne. Daindeß das Verkehr mit der Fieberrinde von Huamalies und Huanuco, welche Ortega, Ruiz, Pavon und Tafalla anrühmten, bald in die Händederer fiel, welche den Südseehandel mit der alten China von Loxa ge-trieben hatten, so gewannen natürlich die neuen peruanischen Fieberrin-den leichter Eingang in Spanien, als die von Santa Fe. Die letzterndagegen, welche die Engländer und Nordamerikaner sich leicht in Car-thagena als einem dem Schleichhandel zugänglicheren Hafen verschaffenkonnten, erhielt vorzüglichen Ruf in London, Deutschland und Italien.Die Wirkung kaufmännischer Ränke ging so weit, daß in Cadiz auf kö-niglichen Befehl eine Menge der vortreflichsten pommeranzenfarbenenChina von Neu-Grenada, welche Mutis auf königliche Kosten hatte schä-len lassen, als ein völlig unwirksames Heilmittel verbrannt wurde, wäh-rend man in allen spanischen Feldhospitälern an diesem köstlichen Er-zeugnisse von Südamerika den größten Mangel litt. Ein Theil der zurVernichtung verurtheilten China wurde von englischen Kaufleuten in Cadizheimlich gekauft und in London zu hohen Preisen versteigert. SeitdemHerr Zea, der jetzige Aufseher des botanischen Gartens zu Madrid, inden Annales de Cuencias naturales gegen die Herausgeber der FloraPeruviana behauptet hat, daß ihre peruanischen Chinaarten mit den Mutisischen identisch sind, daß sie aber eine Species unter zwei bisdrei Namen beschrieben haben, ist der Streit über die Güte der Fieber-rinde von Santa Fe aufs neue lebhaft rege geworden. Das Supplementder Quinologia von Ruiz und Pavon ist mit einer Bitterkeit geschrieben,welche dem ruhigen Gange wissenschaftlicher Untersuchungen stets fremdbleiben sollte. Ehe wir von der Geschichte der Entdeckung der Cinchona zu ihrergeographischen Verbreitung und ihren übrigen physikalischen Verhält-nissen übergehen, müssen wir einen Blick auf die specifiken Unterschiededer verschiedenen Arten werfen. Eine eigentliche vollständige botanischeAuseinandersetzung ist gegen den Zweck dieser Abhandlung. Wir wer-den dieselbe, Herr Bonpland und ich, bei einer andern Gelegenheit ver-suchen, nemlich in der Beschreibung der von uns, auf unserer Expeditionentdeckten, von unserm vortrefflichen Freunde Willdenow bereits zum |68| Theil bestimmten 2000 neuen Pflanzenarten. Da fast jede Species vonChina einer eigenen Region, einer eigenen Höhe am Gebirgsabhange derAndeskette zukömmt, so ist es zur gründlichen Behandlung des Gegen-standes unumgänglich nöthig, wenigstens die Synonimie der wichtigstenofficinellen Arten zu berichtigen. Ich werde zuversichtlich nur dessen er-wähnen, was ich selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. (Die Fortsetzung künftig.)
|104|

Über die Chinawälder in Südamerika.Von Alexander von Humboldt.

Zweiter Abschnitt.

Das genus Cinchona gehört zu den Pflanzengattungen, deren Artenin neuern Zeiten außerordentlich vermehrt worden sind. Linné kanntenur zwei derselben C. officinalis und C. caribaea. Vahl *) führt in sei-ner Abhandlung über die Fieberrinde neun, Lambert **) in seiner eng-lischen Monographie eilf, Persoon im kleinen 1805 erschienenen Enchiri-dium botanicum ***) ein und zwanzig Species auf. Zählt man zu diesennoch zwei ehemals zur Cinchona gehörigen Cosmibuenen der Flora Pe-ruviana, die in Ostindien entdeckte Cinchona excelsa Roxb., meine C. condaminea, Vavasseur’s C. spinosa und Willdenow’s noch unbe-schriebene kleinblättrige C. brasiliensis, welche wir der vom Graf Hoff-mannsegg veranstalteten naturhistorischen Expedition verdanken, so scheintgegenwärtig die Zahl der entdeckten Fieberrindenbäume bis 27 Arten an-gewachsen zu seyn. Die Verfasser der Flora Peruviana haben allein 13neue Species zu beschreiben geglaubt, während Herr Mutis alle von ihmin Südamerika untersuchte Cinchonen nur auf sieben reducirt. Ja Herr
*) Skrivter af Naturhistorie Selskabet B. 1. H. 1. p. 16.**) Description of the genus Cinchona 1797.***) Synopsis plantarum P. 1. p. 196.
|105| Professor Zea hat in den Anales de ciencias naturales de Madrid *) zu beweisen gewagt, daß fast alle von Ruiz und Pavon aufgeführte wirk-same Species sich auf die von Mutis im Jahr 1793 in der Litteraturzei-tung von Santa Fe de Bogota **) beschriebenen 4 Arten C. lancifolia,C. oblongifolia, C. cordifolia und C. ovalifolia zurückführen lassen.
In der That ist mir kaum ein Baum bekannt, der mehr in der Ge-stalt seiner Blätter variirt, als die Cinchona. Wer einzelne trockeneExemplare der Herbarien bestimmt, und nicht selbst Gelegenheit hat diePflanze in den Wäldern zu beobachten, wird fast wie bei der Brousso-nettia papyrifera, in Blättern, die von einem Zweige sind, verschiedeneSpecies zu erkennen glauben. Die gelbe Fieberrinde, C. pubescens Vahl, haben wir zugleich foliis ovatis, oblongis, ovato-lanceolatis und ovato-cordatis gefunden. Mutis nennt sie C. cordifolia, weil sie die einzigeArt ist, auf der man bisweilen herzförmige Blätter findet. Dieselbe Spe-cies variirt wie die weiße China, C. ovalifolia Mut. (C. macrocarpa Vahl) foliis utrinque laevibus und foliis utrinque pubescentibus. DieseVarietäten sind in den vortreflichen colorirten Zeichnungen dargestellt,welche mir Herr Mutis bei meiner Anwesenheit in Santa Fe geschenktund welche, mit einem vollständigen Herbarium meiner Expedition nachden Tropenländern, in dem Jardin des Plantes zu Paris deponirt sind.Selbst die lorbeerblättrige C. Condaminea, die feinste China von Uritu-singa, hat, je nachdem sie in Höhen wächst, die der des Gothard oderdes Aetna gleich sind, die verschiedenartigsten Blätter. Sie würde dieChinaschäler (Cascarilleros) täuschen, wenn sie den Baum nicht an denvon den Botanikern so lange übersehenen Glandeln erkennten. Wir ha-ben in Gonzanama unfern Loxa eine große Zahl dieser heterogenenBlattformen sauber mit Buchdruckerschwärze abgedruckt, um zu bewei-sen, ***) wie schwankend alle bloß von den Blättern hergenommene Kenn-zeichen sind. Zu diesen und ähnlichen Zwecken ist die längst bekannte,aber noch sehr zu vervollkommnende Methode der Ectypa überaus nütz-lich, da sie vielbeschäftigten Reisenden ein Mittel darbietet, sich in we-nigen Minuten die treuesten Umrisse zu verschaffen. Je mehr die Fieberrindenbäume nach Höhe des Standorts, Rauhheitoder Milde des Klima’s, nach Vereinzelung der Stämme oder dichterUmgebung von anderen Pflanzen, nach Geilheit des Wuchses und grös-serer oder geringerer Nässe des Bodens in der Gestalt und Glätte derBlätter variiren, desto nothwendiger ist es bei den diagnostischen Kenn-
*) Anno 1801 No. 5.**) Pupel periodico de Santafe 1793. n. 111.***) Gegen Ruiz y Pavon Supplem. a la Quinologia p. 32.
|106| zeichen die Gestalt der Blüthen, besonders auf die Länge der Staub-gefäße, auf das Verhältniß zwischen den Staubfäden und Staubbeuteln,wie zwischen dem freien und angewachsenen Theil der Filamente Rück-sicht zu nehmen. Es ist nicht genug die Species in solche zu unter-scheiden, welche Corollam glabram oder hirsutam, Stamina exserta oderinclusa haben. Ein aufmerksamer Beobachter findet fast in jeder Artauffallende Verschiedenheiten in dem Bau der Corolla. So hat C. par-viflora Mut. filamenta basi dilatata et pubescentia, C. macrocarpa Vahl filamenta vix ulla, antheras in parte superiori tubi latentes, C. oblongifolia Mut. filamenta brevissima, antheras infra medium tubisitas. Die Cinchona ovalifolia Mut., die weiße China, variirt oft mit6 bis 7; die C. Condaminea nur mit 3 oder 4 Staubfäden. Bei der er-stern wird der limbus oft in 6 bis 7, bei der letztern meist in 4 Ein-schnitte getheilt gefunden. Bei der Cascarilla fina de la Provincia deJaen, welche Herr Bonpland nächstens beschreiben wird, fand ich denStaubbeutel stets kürzer als den freien Theil des Staubfadens, und die-sen freien Theil wiederum länger als den angewachsenen, dagegen be-merkte ich, daß bei der Cascarilla fina de Uritusinga oder der C. Con-daminea die Antheren doppelt länger als der freie Theil des Filamentsund dieser freien Theile \( \frac{2}{3} \) kürzer als der angewachsene ist. Die Angabedieser Verhältnisse fehlt fast ganz in den sonst so vortreflichen Beschrei-bungen der Cinchona, die wir Vahl, Swartz und den Verfassern derFlora Peruviana verdanken.
In dem Handel werden mehrere Rinden Chinarinden genannt, welchenicht demselben genus Cinchona zugehören. So nannte man in Spanien Quina de la Guayana oder de la Angostura das vortreffliche Heilmittel,welches die Catalunnischen Capucinermönche der Missionen am Fluß Carony zuerst bekannt gemacht haben. Herr Mutis lernte den CortexAngosturae schon 1759 in Madrid bei Don Vincente Rodriguez de Ri-vas *) kennen, er bediente sich desselben in seiner medizinischen Praxis;er vermuthete schon damals, daß sie nicht dem genus Cinchona ange-höre. Löfling ist in den Missionen von Carony gestorben, ohne diesesherrliche Produkt zu kennen. Man schrieb es hernach bald der Bruceaferruginea, die übrigens in Abyssinien wächst, bald der Magnolia glauca, bald (was allerdings wahrscheinlicher war) der westindischen Magnolia Plumeri zu. Wir haben auf unsrer Expedition Gelegenheit gehabt, den Cusparebaum, welcher den Cortex Angosturae giebt, botanisch zu un-tersuchen. Wir erkannten darin ein neues genus, welchem unser vortreff-licher Freund Willdenow in den Schriften der Königl. Akademie der
*) Pupel periodico de Santafe n. 95. p. 337.
|107| Wissenschaften den Namen Bonplandia *) beigelegt hat. Dieser Namemeines Reisegefährten ist der Cuspapflanze geblieben, da wir die vonCavanilles aufgestellte mexikanischen Bonplandia geminiflora in Cal-dasia heterophylla verwandelt haben.
Von der Cinchona ist ebenfalls verschieden die China von Cumana,welche unter dem Namen Cascarilla de Nueva Andalusia seit 4 bis 5Jahren durch den thätigen Gouverneur Don Vincente Emparan nachSpanien gesandt worden ist. Ein Chemiker würde diese Cusparindeschwerlich von wahrer Fieberrinde unterscheiden können. Sie ist einvortreffliches fieberheilendes Mittel. Ohnerachtet wir die Cuspabäumevon Rio Manzanario bei Cumana fast ein Jahr lang beobachtet haben,so ist es uns doch leider nie geglückt ihre Blüthe zu finden. Wir wissendaher nicht, in welchem Kennzeichen sich das genus von Cinchona und Bonplandia unterscheidet, doch macht der Mangel von stipulis, derBlätterstand und der ganze habitus es mehr als wahrscheinlich, daßdie Cuspa keine Cinchona ist. Die Abwesenheit der Afterblätter ist be-sonders auffallend. Trotz der folia alterna könnte indeß die China vonCumana doch wohl Cinchona seyn, wie Cornus alternifolia isolirt zwi-schen zwölf Cornusarten foliis oppositis steht. Sehr zweifelhaft ist uns ebenfalls geblieben, ob die Chinarinde vonAtacamez, einem Dorfe das westlich von der Villa de Ibarra an derKüste der Südsee zwischen Rio verde und Rio Esmeraldita gelegen ist,von einer Cinchonaart geliefert wird. Die Blüthe dieser Atacamezrinde,welche wir bei unserm Aufenthalt in der Stadt Popayan haben kennengelernt, ist noch von keinem Botaniker untersucht worden. Herr Brown,der lange vor uns, 1793 in der Südsee war, hat bereits in Lamberts Mo-nographie der Cinchona **) einige Nachricht von dieser neuen China-rinde heißer Erdstriche gegeben. Er nennt sie aus geographischer Un-kunde oder durch Verunstaltung des Namens, Bark of Tecamez statt Cascarilla of Atacamez. Eine vierte Pflanzengattung, welche Chinarinde, wenn gleich vongeringer Heilkraft giebt, ist das genus Cosmibuena der Flora Peruviana.Daher gehört Cinchona longiflora Mutis, oder Cinchona grandiflora Ruiz, ein Baum von großer Schönheit, den wir oft in tiefen heißen Thä-lern mit schönen duftenden Blüthen prangen gesehen. Die Staubfädenliegen tief in dem tubus corollae versteckt, und die Frucht ist der derandern Cinchonaarten so ähnlich, daß das genus Cosmibuena wohl schwer-lich als ein eigenes bestehen kann.
*) Samml. deutscher Abhandl. für 1801 und 1802, S. 36.**) Lambert p. 30.
|108| Dagegen wäre es vielleicht rathsam die Chinabäume mit langen ausder Röhre der Blumenkrone weit hervorragenden Staubfäden, wie Jac-quin’s C. caribaea, Swarzens C. angustifolia, C. brachycarpa und C.floribunda in ein eigenes fünftes, den Cinchonen nahe verwandtes genuszu vereinigen. Die sieben dazu gehörigen Arten haben das Eigenthüm-liche, daß sie alle, bis auf eine Ausnahme, der Inselwelt, nemlich denphilippinischen, westindischen und Südseeinseln zugehören, und heißeThäler, ja selbst Ebenen dem hohen Gebirgsstande vorziehen. Auf demsüdamerikanischen Continent kenne ich nur zwei Arten, welche staminaexserta haben, Lambert’s C. longiflora aus der französischen Guyana,und der noch nicht beschriebenen Cinchona dissimiliflora Mut. (sta-minibus longe exsertis, corollae laciniis tubo longioribus, foliis cordatooblongis), welche im Königreich Neu-Grenada vom Gebirgsabhange ge-gen die Ebene bis zu 200 Toisen über die Meeresfläche herabsteigt. InWestindien findet sich C. caribaea und C. angustifolia an noch tiefernPunkten, ja in Gegenden, die warm genug für die Kultur des Zuckerrohrssind. Alle diese Insel-Cinchonen, staminibus exsertis, haben glatte Co-rollen. Alle bis auf die einzige C. philippica *) pedunculis biternato corymbosis, welche Nee zu Santa Cruz de la Laguna bei Manilla ent-deckt hat, haben Stigma capitatum oder obtusum. Dagegen bemerktman in allen Cinchonen staminibus inclusis ein getheiltes Stigma. Die Blu-menkrone der letztern ist bald glatt, bald mit Filz bedeckt. Schon Mutis schlägt in der Litt. Zeit. von Santa Fe vor, die Cinchonen mit langen vor-stehenden Staubfäden von den übrigen zu trennen. „Ich weiß nicht,” sagter, „was mein Freund Linné von der Fieberrinde der Südsee gehalten„hat, denn die Aufnahme im Supplement beweist nur die Gunst des„Sohnes, dessen Meinung für mich nicht das Gewicht der Meinungen„des Vaters haben.” Die Verfasser der Flora peruviana wollen jeneInsel-Cinchonen zu Portlandien **) machen, aber Herr Swarz beweistmit Recht in Schraders Journal für die Botanik ***) daß bei den Insel-Cinchonen wie bei denen des festen Landes die Capsel ein dissepimen-tum loculorum exacte parallelum und bei Portlandia ein dissepimen-tum vere contrarium existirt. Ruizens Portlandia corymbosa ist daherkeine Portlandia, sondern gehört zu den Cinchonen filamentis e basitubi ortis, zu C. caribaea, C. floribunda und C. brachycarpa, einePflanzengruppe, welche Herr Swartz ebenfalls der Blüthe, aber nicht derFrucht wegen in ein eigenes genus vereinigen möchte. Die in Ostindienentdeckte C. excelsa mit ungeheuer langen oft 12 Zoll langen und 5 Zoll
*) Cavanilles Icon. T. IV. p. 15. t. 329.**) Flor. Peruv. T. II. Praef. et p. 49.***) Band I. p. 358.
|109| breiten Blättern steht zwischen den westindischen und südamerikanischenCinchonen fast in der Mitte und ihre Existenz scheint die vorgeschlageneTrennung der beiden Gattungen gleichsam zu widerrathen. Doch nähertsich C. excelsa Roxb. weniger den Insel-Cinchonen als den Neu-Gre-nadischen und Peruanischen Corolla pubescenti, staminibus medio tubiinsertis nec e basi tubi nascentibus, antheris nec filamentis exsertis,margine seminum lacero haud integro. Die Antheren bei dieser ost-indischen Art sind achtmal länger als die Staubfäden. In der Gestalt derFrüchte ist es schwer Gründe für die Vereinigung der Insel-Cinchonenin ein eigenes genus zu finden. Sie unterscheiden sich *) von den Fie-berrinden des Continents von Südamerika „valvulis minus extrorsumdivergentibus et receptaculo ovato nec lineari seminumque margineintegro nec lacero.” Aber außer der glatten ungekerbten Rinde derSaamenflügel, welche ich meistens finde, zeigen die übrigen Gestalten derFrüchte allmälige Übergänge, welche alle Cinchonen gleichsam an einan-der ketten. Für das neue genus der die heiße Ebene liebenden Insel-Cinchonen bliebe demnach übrig: Corolla glabra, filamentis longe ex-sertis ex basi tubi nascentibus. Semina margine integro cincta. Stigmasimplex capitatum. Aber 1) viele Cinchonen staminibus inclusis und C.grandiflora Ruiz, haben corollam glabram. 2) C. philippica hat weitvorragende Filamente, Stigma bilamellatum, und wie es scheint dochsemina margine integro cincta. 3) C. excelsa hat Stigma subcapitatumleviter emarginatum bei nicht gekerbtem Saamen und nicht hervorra-genden Staubfäden. Bei diesen Ausnahmen, wäre es allerdings gewagt, sonahe verwandte natürliche Pflanzengattungen von einander zu trennen.
Am wenigsten scheint auf dem ersten Anblick die sonderbare stach-lige C. spinosa von der Insel S. Domingo zu dem genus Cinchona zugehören. Sie ist wunderbar kleinblättrig und hat oft folia terna verti-ticillata. Von der Farbe ächter Fieberrindenbäume entfernt sich nochmehr eine zweite stachliche Cinchona, welche bei Guayaquil an derSüdseeküste wächst, und welche uns Herr Tafalla bei unserm Aufenthaltedaselbst im Winter 1803 gezeigt hat. Diese letztere noch unbeschriebeneSpecies ist eine rankende Pflanze, und dadurch einigermaßen dem genusDanais aus Madagascar verwandt, welches Persoon auf Portlandia fol-gen läßt, da die Cinchona ähnlichere Paederia fragrans von Paederiafoetida getrennt worden ist. Diese Tafallasche neue C. scandens hatübrigens die völlige Frucht der fieberheilenden Cinchona und gehört un-streitig zu den merkwürdigsten Erscheinungen der Pflanzenphysiognomik. Eben diese Frucht der ächten Cinchonen bringt auch Pinkneya pu-
*) Schrader a. a. O. S. 359.
|110| bens Michaux *) hervor, ein Baum, den ich mit C. caribaea in demvortrefflichen botanischen Garten des Herrn Hamilton bei Philadelphiakultivirt gefunden habe. Die Pinkneya wächst am Marienflusse in derProvinz Georgia, und ist von Bartram bereits propter calycis laciniamunicam foliaceam bracteaeformem, unter dem Namen Mussaenda brac-teolata beschrieben. Die fieberheilenden Kräfte dieser dem genus Cin-chona nahe verwandten, außerhalb der Tropenwelt wachsenden Pflanzesind noch nicht untersucht worden. Dagegen hat Herr Walker in zweischönen Abhandlungen gezeigt, daß die Rinde von Cornus florida ausVirginien und von C. sericea aus Pensylvanien und Süd-Carolina, ja selbstder Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera) als fieberheilende Mittel mitVortheil in Nordamerika gebraucht werden können **). Im KönigreichNeu-Spanien, wo bisher keine Art der Cinchona entdeckt worden ist,kann, wie mich der Aufseher des akademischen botanischen Gartens zuMexico versichert hat, die von Sesse aufgefundene noch unbeschriebene Portlandia mexicana die Fieberrinde von Loxa ersetzen; in Ostindien(nach D. Klein in Tranquebar) kann es die von Roxburgh abgebildete Switenia febrifuga. Eine mit Portlandia nahe verwandte Pflanze, Swar-zens und Jacquin’s Portlandia hexandra, (Aublets Coutaria speciosa)liefert die Chinarinde der französischen Guyana, welche in Frankreichunter dem Namen écorce fébrifuge de Cayenne ***) bekannt ist, undwelche so wenig als die China von Cumana oder die Cuspare der An-gostura von einer Cinchona herstammt.
So viel über die generischen Kennzeichen der Gewächse, welchean Cinchona grenzen und alle zu der großen Familie der Rubiacien ge-hören. Wir sehen, daß so wie Caoutchouc ****) aus dem Safte der ver-schiedenartigsten Pflanzen in Menge abgeschieden wird, am Orinoco undin Cayenne aus der Hevea, am Canno Pimichin der in den Rio Negrofällt, aus dem Baume Jacio, im Königreich Neu-Grenada aus einerneuen Art von Ficus in der Provinz Popayan bei dem indianischen Dorfela Cruz aus einer von uns zu beschreibenden Lobelia, in Bengalen ausder im 5ten Bande der Asiat. Researches abgebildeten Urecola elastica, in Madagascar aus Commiphora madagascarensis; so bietet auch die Naturdas fieberheilende Prinzip der China oder diejenige gerbestoffhaltige, Sauer-
*) Flor. americana I. p. 105.**) Walker on the virtues of the Cornus and the Cinchona compared. Philad. 1803. Rogers Diſs on the properties of the Liriodendron Phil. 1802.***) Ventenat Tableau du regne végétal. T. II. p. 578.****) Man nennt häufig die Cecropia peltata als einen Baum, der einen Theil des amerikanischen Caoutchucs liefere. Ich zweifle aber daß man in einem Theile des neuen Continents sich die-ses schwer zu verdickenden Saftes bediene.
|111| stoff absorbirende Mischung, die wir in vorzüglicher Güte von der Cin-chona Condaminea, C. pubescens Vahl, und C. lanceifolia Mut. erhaltenin Gewächsen dar, welche nicht einmal zu einer und derselben Gat-tung gehören. Ein Chemiker würde vielleicht mehr Unterschiedezwischen den westindischen und südamerikanischen Fieberrinden, alszwischen der Cuspa von Cumana und der China von Loxa finden, unddoch ist der Cuspabaum foliis alternis stipulis nullis höchst wahrschein-lich eine von Cinchona weit entfernte Gattung.
Nachdem wir sorgfältig geschieden, was theils in botanischer Hin-sicht mit Cinchona nahe verwandt, theils im Handel mit den NamenChina, Cascarilla, Quinquina oder écorce fébrifuge von verschiedenenNationen bezeichnet wird, nachdem wir getrennt die Cinchonen mit ein-geschlossenen nicht aus dem untern Ende der Blumenröhre entspringen-den Staubfäden mit getheilter Narbe und gezähnten Saamenrändern vonden Insel-Cinchonen, deren lang hervorragende Filamente tief aus derBlumenröhre entspringen, und die bei ungezähnten Saamenflügeln einungetheiltes Stigma haben; nachdem wir die Verwandtschaft und vor-gegebene Mischungsähnlichkeit untersucht von Cinchona, Portlandia,Coutarea, Cosmibuena, Pinkneya, Danais, Bonplandia, Cuspa und Ata-camez-Baum: so gehen wir zu der Bestimmung derjenigen Cinchona-Arten über, welche für die Heilkunde und für das Verkehr der Nationenvon großer Wichtigkeit geworden sind. Ohne die gründliche Auseinan-dersetzung der specifischen Charaktere und ohne Berichtigung eines Theilsder Synonymie würde alles was ich von der geographischen Verbreitungder Fieberrinde und von seinen physikalischen Verhältnissen sagen werde,undeutlich und schwankend bleiben, da (wie ich schon oben erwähnt),fast jeder Species eine eigene Region angewiesen worden ist, und da ei-nige Botaniker zum größten Schaden der Wissenschaften die heterogen-sten Arten mit einerlei Namen belegt haben. So z. B. ist Cinchonalongiflora Mut. ganz von C. longiflora Lambert, verschieden. Beidehaben zwar corollam glabram und gehören zu den wärmeliebendenminder fieberheilenden Cinchonen. Aber die erstere aus Neu-Grenadahat stamina inclusa und ist wahrscheinlich mit C. grandiflora Flor. Peruv. identisch. Dagegen gehört die C. longiflora Lambert aus der französi-schen Guyana zu den Arten, welche filamenta longe exserta und sehrkurze Saamenkapseln haben. Cinchona caribaea Jacq. ist ganz vonder C. caribaea verschieden, die im Journal de Physique 1790 Octobre,beschrieben ist. Die Diagnosen, welche ich beifüge, sind nicht aus an-deren bereits gedruckten Werken entlehnt, sondern beziehen sich theilsauf meine eigenen in der freien Natur angestellten Beobachtungen, theilsauf das, was ich dem belehrenden Umgange des Herrn Mutis verdanke. |112| Charakteristik einiger Cinchona-Arten. Vahl in seiner vortrefflichen, von Lambert vermehrten Monographie,theilt alle Species in zwei Pflanzengruppen floribus tomentosis, stamini-bus inclusis und floribus glabris staminibus exsertis ein. Diese Einthei-lung hat den Fehler, daß zwei Charaktere neben einander gestellt wer-den, welche keinesweges gleichzeitig bei allen jetzt bekannten Artenbeobachtet werden. Allerdings hat keine Cinchona floribus tomentosislang hervorragende Staubfäden, denn bei der ostindischen Species sindbloß die Antheren sichtbar; aber es giebt Cinchonen, welche wie C.parviflora Mut. und C. grandiflora Flor. Peruv. eine glatte Blumenkroneund eingeschlossene Staubfäden haben. Mit mehreren, wenn gleich auchnicht mit vollem Rechte, könnte man trennen: Cinchonae staminibus in-clusis stigmate bilamellato seminum ala denticulata vel lacera undCinchonae filamentis insertis ex imo tubo nascentibus seminibus mem-brana integra cinctis. Logisch richtiger scheint es indeß die Cinchonenin die mit glatten und in die mit haarigen Blumenkronen abzutheilen.Dann zerfällt bloß die erste Abtheilung nach der Länge der Staubfädenin zwei kleinere tribus und dann gesellen sich (was freilich nur ein Ne-bengewinn ist) noch alle nutzbaren und fieberheilenden Species in eineGruppe zusammen. A. Cinchonae corollis tomentosis. 1. C. Condaminea corollae tubo hirto, foliis ovato-lanceolatisutrinque glaberrimis, in axillis nervorum inferne scrobiculatis. Humb. et Bonpl. Plant. Equin. Fasc. II. p. 29. tab. 10. Diese Art, die feine China von Uritusinga, konnte bloß mit der C. glandulifera Flor. Peruv. verwechselt werden. Aber diese letztere un-terscheidet sich corolla solummodo intus lanuginosa tubo externe gla-berrimo, foliis inferne villosis *). Auch zählen die Einwohner die C. glandulifera, welche (zu Chicoplaya) Cascarilla negrilla genannt wird,zu den minder heilsamen China-Arten. Wenn irgend eine Species ausschließlich den Namen C. officinalis verdiente, so wäre es der Baum, welcher die Cascarilla fina de Uritu-singa liefert, eine Fieberrinde, welche man in Spanien von jeher imTertianfieber für die heilsamste von allen gehalten hat, und welche ge-genwärtig bloß für die königl. Hofapotheke geschält wird, und daherauf gesetzmäßigen Wegen nie in den Handel kommt. Ohnerachtet dieserVorzüge haben wir aus mehrern Gründen ihr doch lieber einen neuen,nicht von ihrer Güte oder Heilkraft hergenommenen Namen gegeben.
*) Flor. Peruv. T. III. p. 1. t. 224.
|113| 1) Nicht eine Species, sondern alle mit haarigen und filzigen Blüthen ver-sehenen Cinchonen sind officinell, und keine Art verdient einen absolu-ten Vorzug vor allen, da nach Verschiedenheit der Krankheitsformenverschiedene Species, z. B. in intermittirenden eingewurzelten Fiebern,C. Condaminea und C. lancifolia Mut. bei Muskelkrankheiten oder ei-ternden Geschwüren C. oblongifolia Mut. in der Nachkur, um Rück-fälle zu vermeiden, die mildere C. cordifolia Mut. anzuwenden ist.2) In den Schriften der Botaniker werden ganz heterogene Cinchona-Arten unter dem Namen C. officinalis beschrieben. Hätten wir die Chinavon Uritusinga mit demselben Namen belegt, so hätte man sie mit dergelben C. cordifolia Mut., mit der weißen C. macrocarpa Vahl, odergar mit C. nitida Ruiz, welche drei Species zu verschiedenen ZeitenC. officinalis geheißen haben, verwechselt.
Dieser letztere für die botanische Synonymie und die Materia me-dica gleich wichtige Punkt verdient eine genauere Erläuterung. Manfrägt: welches Gewächs hat Linné in der 12ten Ausgabe des Systema Na-turae C. officinalis genannt? Vahl behauptet, es sei seine C. macro-carpa *) aus dem Königreich Neu-Grenada, die ihm Ortega mittheilte.Da nun aber C. macrocarpa Vahl nichts anders als unsere weiße groß-blüthige China von S. Fe, C. ovalifolia Mut. ist, und laut Herrn Mutis eigenem Zeugniß diese nie von Linné gesehen ward, so darf C. macro-carpa Vahl nicht als Synonym von C. officinalis Linn. Syst. Nat. ed. 12.aufgeführt werden. Der große Kopenhagner Botaniker, dessen frühzei-tigen Tod alle Freunde der Pflanzenkunde mit Recht betrauern, ward zueiner irrigen Synonymie dadurch verleitet, daß er 1) wußte, Linné habeim spätern Zeitraum seine Beschreibung der C. officinalis auf Exemplaregegründet, welche er von S. Fe erhielt, und 2) daß er fälschlich voraussetzte, alle um S. Fe von Mutis entdeckten Chinawälder beständen ausweißer Fieberrinde, oder C. macrocarpa. Linné vereinigte, wie schon oben bemerkt worden ist, zwei ganzverschiedene Pflanzen unter der Benennung C. officinalis. Das getrock-nete Exemplar, welches er zur selbst entworfenen Diagnose benutzte,war (wie mich Herr Mutis wiederholt mündlich versichert hat) gelbeChina, C. cordifolia Mut., und dieselbe Species, welche Vahl C. pubescens nennt, von der aber eine Varietät völlig glatte Blätter, folia utrinque gla-bra, hat. Als Synonym führte Linné die von la Condamine in denMém. de l’Academie 1738 beschriebene Art an. Er vereinigte demnacheine Species von S. Fe mit einer andern, welche ausschließlich in derGegend von Loxa wächst.
*) Act. Havn I. p. 19. Lambert p. 22.
|114| Ruiz nennt in der Quinologia *) C. officinalis eine Art, welche erspäterhin in der Flora Peruviana unter dem Namen C. nitida beschreibt.Er behauptete damals, daß dieser Baum, welcher in den Wäldern vonHuamalies und Xauxa, also fern von Loxa unter dem 10°—12° südl. Br.wächst, die von La Condamine beschriebene China sei. Im Supplementà la Quinologia, p. 68, einer gegen Herrn Zea, Mutis und Cavanilles er-schienenen botanischen Streitschrift, wird diese Behauptung mit Rechtzurückgenommen. In der That ist C. nitida oder C. officinalis Ruiz keineandere als die Cascarilla naranjanda von S. Fe, oder C. lancifolia Mut. Weil demnach bereits vier verschiedene Arten, die Cascarilla finade Uritusinga, die La Condamine gezeichnet, C. pubescens Vahl, C. ni-tida Ruiz und C. macrocarpa Vahl, mit dem Namen C. officinalis belegtworden sind, so haben wir zum Andenken an die ersten Beschreiber,jene China von Uritusinga C. Condaminea genannt. Zwar äußert Herr Ruiz im Supplemento à la Quinologia die Meinung, daß die Pflanze,welche man jetzt in Loxa Cascarilla fina nennt, nicht die von dem fran-zösischen Astronomen beschriebene Pflanze sei; aber dagegen zeugtnicht bloß das einstimmige Zeugniß aller Einwohner von Loxa, Caxa-numa und Uritusinga, sondern auch das Jussieusche Herbarium zu Paris. Herr Bonpland hat unsere C. Condaminea sorgfältig mit den Exem-plaren verglichen, welche von Joseph de Jussieu und La Condamine gesammelt wurden. Es blieb kein Zweifel über die Identität der Speciesübrig. Da die C. Condaminea wie Myristica, Caryocar amygdaliferum, undviele kostbare Produkte der Tropenwelt auf einen sehr kleinen Raumbeschränkt ist, so hat man sie auch bisher am unvollständigsten beschrie-ben. Kein Botaniker, weder Ruiz und Pavon, noch Tafalla oder Nee,oder Hänke oder Mutis hat sie vor uns an ihrem Standorte beobachtet.Als unvollständige Abbildungen der C. Condaminea darf man betrachten1) Mém. de l’Acad. de 1738, p. 114. 2) Lamark Encyclopédie pl. 164. fig. 1.3) Vahl Skrivt. af Naturh. Selſkabet I. tab. 1. und Lambert Monogr. Tab. 1.Überall ist der wahre Charakter der Blätter verfehlt und es würde gewagtseyn diese Synonymie anzuführen, wäre man nicht durch Untersuchungder Exemplare gesichert, welche zu den Abbildungen gedient haben. Unsere C. Condaminea wächst unter dem 4ten Grade südlicher Breiteam Gebirgsabhange in der mittlern Höhe zwischen 900 und 1200 Toi-sen. Sie liebt ein etwas milderes Klima als die orangenfarbige China,C. lancifolia Mut. von S. Fe. Sie ist einer mittlern Temperatur von 15bis 16° R. ausgesetzt, welches ungefähr die mittlere Wärme der Kana-rischen Inseln ist.
*) Cascarilla officinal. Quinologia Act. II. p. 56.
|115| Ich schalte hier eine genaue Diagnose der C. Condaminea ein, welcheich zu Gonzanama entworfen, und die (da sie unter astronomischen Ma-nuskripten vergraben blieb) von Herrn Bonpland bei Herausgabe des2ten Fasciculs der Plant. équinoxiales nicht hat benutzt werden können. Calyx tubulosus basi angustatus sub 5-gonus subhirtus ore 5-dentato,dentibus ovatis acuminatis patentibus. Cor. hypocrateriformis tubo cy-lindrico rubro laevissime hirto 5-gono (ad basin persaepe fisso) limbo 5-fido saepissime 4 fido, laciniis ovatis acutis apice et margine ciliatis, veltomentosis ciliis albis. Faux Corollae et totius tubi pars interior rubraglabra, nec ciliata. Stamina quinque, rarius tria et quatuor. In Corolla4 fida saepius stamina quinque numeravi. Filamenta ex rubro albescentia,imo tubo adnata, cum eo cohaerentia, tertiam tubi partem aequantia, ea-demque tantum tertia sui longitudinis parte libera. Antherae flavae linea-res, parte libera filamenti duplo longiores. Germen rotundum subdepres-sum rubescens, saepe punctatum et 5-sulcatum. Stylus fere longitudinetubi crassus teres. Stigma tubum vix superans viridescens, compressum,bifidum saepe bipartitum, Capsula calyce coronata, oblonga flore tertiaparte longior, bipartibilis, striato-costata, de medio hiscens, dissepi-mento parallelo. Semina plura compressa ala membranacea crenulatacincta. — Rami cicatrisati post casum foliorum, sub 4 goni juniores gla-berrimi, subpulverulenti. Folia petiolata decussatim opposita lanceolataobtusa acuta, integerrima, utrinque viridia, nullis venis rubris picta, ferelaurina, glaberrima, in axillis nervorum inferne scrobiculata. Glandulae nullis pilis obsitae, convexitate in pagina superiori folii conspicua, venasaltitudine superantes. Pagina folii inferior scrobiculum demonstrat. Petioli, saepe rubescentes superne plani inferne teretes. Stipulae deciduae ob-longae carinatae. Panicula axillaris et terminalis folio longior floribusbreve pedicellatis. Größe der Theile bei einem Baume, der zum erstenmale blüht:Kelch, 1\( \frac{7}{10} \) Linien lang; Blumenkrone, 5\( \frac{4}{10} \) Linien; Capsel 8 Linien lang,3\( \frac{1}{2} \) Lin. breit; stets Par. Maaß. Blätter ohne Blattstiel, die recht aus-gewachsen, 4 Z. 3. Lin. lang und 1 Z. 9 Lin. breit. Die jungen Blätterhaben oft eine Länge von 5 Zoll und dabei die große Breite von 4 Z. 7 Lin. Die C. Condaminea variirt außerordentlich in den Blättern, ehe derBaum zur Blüthe kommt. In den Schößlingen und sehr jungen Bäumenbemerkt man oft folia lato ovata und ovato-lanceolata. Je älter der Baumwird, desto schmälere Blätter trägt er. Bei großer Geilheit des Wuchsesverschwinden oft die Grübchen, welche auf der obern Blattseite als convexeGlandeln erscheinen. Auf sehr breiten Blättern, in denen das Paren-chyma beträchtlich ausgedehnt ist, fehlen sie fast ganz. Doch trifft manselbst dann auf demselben Zweige immer einzelne folia scrobiculata. |116| 2. C. lancifolia foliis lanceolatis acutis utrinque glaberrimis. Mutis Period. de St. Fe, p. 465. (et Flor. Bogot. Mss.) In Santa Fe un-ter dem Namen Quina naranjanda, Quinquina orangé oder pommeran-zenfarbige China bekannt. Nächst der C. Condaminea die fieberheilend-ste aller China-Arten, die Species, welche Herr Mutis in seiner Quino-logia die Quina primitiva directamente febrifuga nennt, weil er sie denfolgenden drei Arten vorzieht und weil er glaubt, was freilich unrichtigist, die feine China von Uritusinga sei, mit der Quina naranjada vonNeu-Grenada identisch. Die C. lancifolia hat kleinere Blätter als alleandere Arten corollis tomentosis. Auch sind dieselben stets glatt, dahingegen bei der gelben und weißen Fieberrinde der Standort Varietätenmit haarigen Blättern erzeugt. Die Quina naranjada liebt ein rauhes Klima. Sie wächst zwischendem 4ten und 5ten Grade N. Br. auf Gebirgsabhängen, die 700 bis 1500Toisen hoch sind. Die mittlere Temperatur dieses Standorts ist ohnge-fähr der von Rom gleich. Sie beträgt 13° R., doch sind die Fieber-rindenbäume, welche am höchsten gegen den Gipfel der Gebirge auf-steigen, meist eine Temperatur von 8 bis 9° ausgesetzt. Bei nächtlicherKälte sinkt das Thermometer in diesen Alpenwäldern stundenlang biszum Gefrierpunkt herab, doch fällt bis 1500 Toisen Höhe kein Schneein dieser Breite. Die Quina naranjada gehört mit der C. Condaminea zu den seltenenChina-Arten. Die Natur hat sie selbst im Königreich Neu-Grenada inviel geringerer Menge als die rothe und gelbe Fieberrinde hervorge-bracht, welche letztere hie und da fast zusammenhängende Gebüschebilden. C. lancifolia dagegen steht immer einzeln, und was bei einemso kostbaren Erzeugniß sehr zu bedauern ist, sie vermehrt sich minderleicht durch Wurzelsprößlinge als C. cordifolia und C. oblongifolia. In Vahls und Lamberts Monographien ist der Art naranjada von S. Fenicht erwähnt. Ein unbestreitbares Synonymum hingegen ist Cinchonaangustifolia Ruiz, Suppl. à la Quinologia, p. 21., wo eine vortrefflicheAbbildung gegeben wird. Es ist in der That zu verwundern, daß einso genauer Botaniker als Herr Ruiz den alten Mutisischen Namen C.lancifolia in C. angustifolia umändert, da derselbe bis jetzt von Swartz *) einer bekannten Insel-Cinchone cor. glabris staminibus longe exsertis ge-geben worden ist. Herr Professor Zea glaubt, und wie mir scheint mit vollem Recht,daß mehrere Species der Flora Peruviana bloß verschiedene Zuständeder Quina naranjada bezeichnen, Zustände, welche von Alter, Klima und
*) Flor. Ind. occ. I. p. 380. Lambert p. 29. Pl. 9.
|117| Standort abhängen. So scheinen Varietäten der C. lancifolia Mut. zuseyn: 1) C. nitida Flor. Peruv. II. Icon. t. 191. (Ruiz Quinol. II. p. 56.) Ruizens Cascarilla officinal. 2) C. lanceolata Flor. Per. II. p. 51. und C.glabra Ruiz Quin. II. p. 64., Cascarilla lampina, von der keine Abbildunggeliefert wird. Herr Zea glaubt auch hieher rechnen zu dürfen C. rosea Flor. Per. II. Ic. 199. eine Art, welche in Peru die seltenste seyn soll,und (was mit der Natur der C. lancifolia wenig übereinstimmt) in dietiefsten Gegenden *) vom Gebirge herabsteigt.
Die Fieberrinde, welche in Cadiz unter dem Namen Calisaya be-rühmt und von vorzüglicher Heilkraft ist, gehört nach Mutis unbezweifeltder C. lancifolia zu. Ruiz hält sie in der Quinologia für synonym mitseiner C. glabra. In der Streitschrift gegen Zea nimmt er aber dieseMeinung zurück, und versichert, daß um Huanuco keine Species wachse,welche eine der Calisaya ähnliche Rinde gebe **). Der Name Calysajaist übrigens der der Provinz, welche diese Fieberrinde liefert und welcheim südlichsten Peru in der Intendencia de la Paz liegt. Von der orangefarbenen China, wie überhaupt von den drei nächst-folgenden Mutisischen Arten, der gelben, rothen und weißen, enthälteine neuere französische Schrift, Aliberts Traité des fièvres ataxiques,zweite Auflage, sehr genaue Abbildungen. Dieselben sind nach trocknenExemplaren entworfen, welche durch Herrn Mutis bestimmt waren undHerr Zea während seines Aufenthalts in Paris aus seinem Herbarium lieferte. 3. C. cordifolia fol. orbiculato-ovatis saepe subcordatis subtustomentosis supra pubescentibus Mutis, MSS. Quina amarilla, Quinquinajaune, gelbe China von S. Fe, wie oben entwickelt die von Linné inSyst. Nat. T. II. ed. 12. p. 64 unter dem Namen C. officinalis beschrie-bene Species. Bei der C. cordifolia und C. lancifolia reichen die An-theren bis in die obern Theile der Blumenröhre, dagegen sie bei derrothen China (C. oblongifolia) tief in der Mitte der Röhre verborgen sind.C. cordifolia hat zwei Varietäten. Var. β. foliis vix cordatis utrin-que glabris. γ. foliis utrinque hirsutis, tertio. Sammet-China vomgemeinen Volk im Königreich Neu-Grenada genannt. Unter dem 4°N. Br. zwischen 900 und 1440 Toisen Höhe. Herzförmige Blätter sindselten, doch bietet jeder Zweig meist einige dar. C. cordifolia Mut. istnach Bonplands Untersuchung identisch mit C. pubescens Vahl, wie das Jussieusche Herbarium beweist, aus welchem Vahl sein Exemplar erhielt. Joseph de Jussieu hatte nemlich 1738 diese China-Art und unsere C. Condaminea in den Wäldern von Loxa gesammelt. Eben so gewiß ist auch C. ovata Flor. Per. II. t. 195., Cascarilla
*) Ruiz Supplem. à la Quinologia p. 54.**) a. a. O. p. 73 und 95.
|118| Pallido Ruiz, Quinol. Art. 7. p. 74, um Pozuzo Pata de Guallerata ge-nannt, ein Synonym von C. cordifolia Mut. Ruiz und Pavon haben dieseIdentität neuerlichst selbst eingestanden *).
Nach Zea ist eine Varietät von C. cordifolia Mut. die C. hirsuta Flor. Per. II. Ic. 192. Cascarillo delgado oder C. tenuis Ruiz, Quinol.II. p. 56. Gehört auch hieher C. purpurea Flor. Per. II. t. 193 oder Cas-carillo morado Ruiz Quinol. Art. V. p. 67? Diese Species variirt wun-derbar in den Blättern und zwar auf demselben Baume. 4. C. oblongifolia foliis oblongis acuminatis glabris, filamentisbrevissimis, antheris infra medium tubi latentibus. Mut. MSS. Quina roxa, Quinquina rouge de S. Fe. Differt. a C. lancifolia 1) foliis latioribus majoribus oblongis nec lanceolatis, 2) antheris haudin summo tubo latentibus. Sie wächst unter dem 5° N. Br. zwischen 600 und 1300 Toisen Höhe und ist im Königreich Neu-Grenada vorzüglich gemein um das StädtchenMariquita, wo so lange der Sitz von Herrn Mutis botanischer Expeditionwar. Sie trägt oft weit größere Frucht als die weiße China, C. ovali-folia, daher sie mit mehrerem Rechte als diese den Namen macrocarpa verdiente. Ihre Rinde ist weniger fieberheilend als C. Condaminea undC. lancifolia, mehr als die gelbe China (C. cordifolia). Sie ist sehr rei-zend, für schwache Constitutionen erhitzend, in sthenischen inflammato-rischen Krankheiten oft gefährlich, um so wohlthätiger äußerlich ange-wandt, in Muskelkrankheiten, eiternden und brandigen Geschwüren. Nach Ruizens eigenen neueren Geständnissen ist mit C. oblongifolia Mut. oder mit der rothen China von S. Fe identisch die gelbe China,Cascarilla amarilla Quinol. Art. 6. p. 71. oder C. magnifolia Flor. Per.II. Ic. 196, welche in Peru wegen des schönen orangenartigen Geruchsder Blüthe flor. de Azahar, in Popayan Palo de requeson **) genannt wird. 5. C. ovalifolia fol. elipticis supra glaberrimis subtus pubescen-tibus, antheris in parte tubi superiori latentibus, filamentis vix ullis. Mut. MSS. Quina blanca, Quinquina blanc. Weiße China von St. Fe. Var. β. fol. utrinque pubescentibus. γ. fol. utrinque laevibus. Beide Varietäten, besonders die erstere, hat oft corollam 6—7 lo-bam, stamina 6—7. Unter dem 3ten bis 6ten Grade N. Br. zwischen 700 und 1400 Toi-sen Höhe. Die Var. mit glatten Blättern ist bei S. Martha häufig. Einsicheres, selbst von Mutis und Ruiz ***) anerkanntes Synonym ist C. ma-
*) Suppl. a la Quinol. p. 18.**) Period. de St Fe, p. 335.***) Suppl. p. 18.
|119| crocarpa Vahl. (Lambert p. 22. pl. 3). Unter den Cinchonen mit haa-rigen Blumenkronen ist sie die großblüthigste von allen. Sie muß indeßmit C. grandiflora Flor. Per. II. p. 54. (Cosmibuena obtusifolia Flor. Per.III. t. 198.) die eine völlig glatte corolla hat, nicht verwechselt werden.
6. C. brasiliensis foliis oblongis acuminatis, venis subtus pubes-centibus panicula terminali, tubo calycis longitudine Willd. MSS. Eine sehr kleinblüthige Species, welche wir, wie schon oben er-wähnt, dem Gr. Hoffmansegg verdanken, mit Aublets und Lamberts C. longiflora aus der französischen Guayana, die einzige Fieberrinde, welchean der östlichen Küste des südamerikanischen Continents wächst. Manweiß nichts bestimmtes über die Höhe ihres Standorts, da sie aber ausder Nähe der Stadt Gran Para, am Ausfluß des Amazonenstromes, einge-sandt worden ist, und da sich in dieser Gegend nur niedrige Hügel be-finden, so darf man vermuthen, daß C. brasiliensis den heißen Regio-nen zugehört. Der von Herrn Willdenow aufgefundene Charakter tubus corollaelongitudine calycis, unterscheidet diese Cinchone von allen bisher be-schriebenen. Faux corollae hirsuta; Pili rari breves in laciniarum corollaeinteriori superficie adpressi. 7. C. excelsa corolla pubescente, filamentis e medio tubi nascen-tibus, antheris exsertis, foliis oblongis acutis subtus pubescentibus. Roxb. Plant. of the Coast of Coromandel II. t. 106. Die einzige bisher auf dem Continent der alten Welt entdeckte Fie-berrinde, über deren medizinischen Gebrauch indeß bei ihrer Bitterkeitnoch keine Versuche angestellt worden sind. Sie hat grünlich weißesehr kleine Blüthen und unter allen Cinchonen die größten bisweilen1 Fuß lange und 5 Zoll breite Blätter. Die Staubfäden sind achtmalkürzer als der Staubbeutel. Die C. excelsa, Bundaroo der Telinga-Indianer, wächst in der Berg-reihe der Circars, welche an der nordöstlichen Küste der großen Halb-insel von Hindostan hinläuft. Retzius *) hat früher aus Nachrichten, dieihm König mittheilte, einer Cinchona erwähnt, welche der Küste vonCoromandel gegenüber, in Malacca wächst, und von welcher die ächteterra Japonica, Cottu Cambar genannt, geliefert wird, ein Pflanzenpro-dukt, welches man lange der Mimosa spicata Pluk fälschlich zuschrieb.Sollte diese Cinchone aus Malacca eine von C. excelsa verschiedeneSpecies seyn? B. Cinchonae corollis glaberrimis. a. staminibus inclusis.
*) Fasc. observ. bot. IV. p. 6.
|120| 8. C. grandiflora tubo corollae longissimo, fol. lanceolato ob-longis utrinque glabris. Ich habe den älteren Namen der Flor. Per. beibehalten. Gegenwär-tig nennt Herr Ruiz diese Species Cosmibuena obtusifolia (Flor. Per.Vol. III.) Sie ist identisch mit C. longiflora Mut., ein Name, welcherVerwirrung erregte, da Lambert die im Journ. de Phys. Oct. 1790 als C. caribaea beschriebene Insel-Fieberrinde stam. longe exsertis als C.longiflora aufführt. Unsere C. grandiflora hat überaus wohlriechendeBlüthen. Sie liebt die warmen Regionen und steigt bis zwei- und dreihundertToisen Höhe vom Gebirge herab. Sie wächst in Gegenden, deren mitt-lere Temperatur 18—19 Grad ist. 9. C. parviflora fol. ovatis glabris filamentis basi dilatatis etpubescentibus. Mut. MSS. Sie hat die kleinsten Früchte unter allen Cinchonen. b. Staminibus exsertis. 10. C. dissimiliflora foliis cordato-oblongis glaberrimis, limbocorollae tubo longiori, capsulis sublinearibus augustissimis. Mut. MSS. Nächst der C. longiflora Lamb., der einzigen Species des Conti-nents, welche stamina exserta hat. Zwischen 200—700 Toisen Höhe inwarmen Gegenden. 11. C. caribaea Swartz. 12. C. longiflora Lamb. 13. C. lineata Vahl. 14. C. floribunda Swartz. 15. C. angustifolia Swartz. 16. C. brachycarpa Vahl. Diese letztern sechs Species wachsen alle in den westindischen In-seln und lieben eine Temperatur von 17—22° R. 17. C. corymbifera Forster. Auf den Gesellschaftsinseln in der Südsee. 18. C. philippica Cav. von Nee bei Manilla entdeckt. Ich wage die Behauptung nicht, daß alle bisher bekannte Cinchonenunter den von mir aufgestellten 18 Arten begriffen sind. Ich habe bloßdie aufzählen wollen, welche mir theils aus der Natur theils aus gutenAbbildungen bekannt sind, und welche mir unbezweifelt specifisch voneinander verschieden scheinen. Eine nähere Untersuchung verdienen C.acutifolia, C. micrantha, C. glanduliſera, C. dichotoma, Cosmibuenaacuminata und C. spinosa. Vielleicht dürfte das genus zu 24 Arten an-schwellen. (Die Fortsetzung künftig.)