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Alexander von Humboldt: „[Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika]“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1826-Ueber_die_kuenftigen-2-neu> [abgerufen am 26.04.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1826-Ueber_die_kuenftigen-2-neu
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel [Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika]
Jahr 1826
Ort Speyer
Nachweis
in: Neue Speyerer Zeitung 22 (21. Februar 1826), [o. S.].
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Spaltensatz; Auszeichnung: Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.69
Dateiname: 1826-Ueber_die_kuenftigen-2-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 1
Spaltenanzahl: 2
Zeichenanzahl: 3686

Weitere Fassungen
Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika (Stuttgart; Tübingen, 1826, Deutsch)
[Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika] (Speyer, 1826, Deutsch)
Blicke in die Zukunft (Nürnberg, 1826, Deutsch)
Blik i fremtiden (Oslo, 1826, Norwegisch)
Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika (Schwerin, 1826, Deutsch)
Ueber die künftigen Verhältnisse von Europa und America (Oldenburg, 1827, Deutsch)
Amerika und Europa (München, 1828, Deutsch)
|Seitenumbruch|
|Spaltenumbruch| Aus Sachſen. vom 6. Febr. Freilich muß, ſagt Alexander v. Humbold, nach großen Umwälzungender menſchlichen Geſellſchaften das Staatsvermögen, wel-ches ein Gemeingut der Geſittung iſt, zwiſchen den Völ-kerſchaften beider Halbkugeln ſich ungleich vertheilt finden;allein nach und nach ſtellt das Gleichgewicht ſich wiederher, und es wäre ein verderbliches, ich möchte beinahe ſa-gen gottloſes Vorurtheil, im zunehmenden Wohlſtande ir-gend einer andern Gegend unſers Planeten den Untergangoder das Verderben des alten Europa erblicken zu wollen.Die Unabhängigkeit der Colonien wird keineswegs ihreTrennung und Abſonderung befördern, ſondern vielmehr ſieden Völkern früherer Geſittung annähern. Der Handels-verkehr ſtrebt dasjenige zu vereinbaren, was eine eiferſüch-tige Staatskunſt lange Zeit getrennt hielt. Und mehr noch:es liegt in der Natur der Geſittung, daß ſie vorwärtsſchreitet, ohne darum da zu erlöſchen, wo ſie zuerſt entſtan-den war. Ihre fortſchreitende Bewegung von Oſt nachWeſt, von Aſien nach Europa, beweist nichts gegen dieſe Be-hauptung. Eine helle Lichtflamme behält ihren Glanz auchwenn ſie einen größeren Raum erleuchtet. Die intellektuelleBildung, dieſe fruchtbare Quelle des Nationalreichthums,theilt ſich überall hin mit und dehnt ſich aus, ohne deß-halb den Ort zu ändern. Ihre Bewegung iſt nicht eineWanderung: wenn ſie uns im Orient alſo vorkam, ſo ge- |Spaltenumbruch| ſchah es, weil barbariſche Horden ſich Aegyptens, Kleinaſiensund jenes vormals freien Griechenlands, dieſer verlaſſenenWiege der Geſittung unſrer Altvordern, bemächtigt hatten.Die Verwilderung und Verſunkenheit der Völker iſt eineFolge erlittener Bedrückung, ſey es nun, daß einheimiſcherDespotismus oder ein fremder Eroberer dieſelbe ausübt:der Despotismus iſt allzeit von fortſchreitender Verarmungund Abnahme des öffentlichen Wohlſtandes begleitet. Freieund kräftige, dem Vortheile Aller entſprechende Staatsein-richtungen wenden dieſe Gefahr ab; und die wachſende Ge-ſittung der Welt, die Conkurrenz von Arbeit und Tauſch-verkehr richten diejenigen Staaten nicht zu Grund, derenWohlſtand aus natürlicher Quelle herfließt. Das gewerb-fleißige und handeltreibende Europa wird von der im ſpa-niſchen Amerika ſich entwickelnden neuen Ordnung derDinge Vortheil ziehen, wie ihm ſolcher hinwieder auchdurch vermehrten Verbrauch und Abſatz aus Ereigniſſen zu-fließen würde, welche in Griechenland, auf den NordküſtenAfrika’s und in andern der Tyranney der Osmanen unter-worfenen Landſchaften, der Barbarey ein Ziel ſetzen möchten.Was den Wohlſtand des alten Feſtlandes bedrohen kann, iſteinzig nur die Verlängerung jener innern Kämpfe, welche dieErzeugnisse hemmen und zugleich Zahl und Bedürfniſſe derConſumenten vermindern. Im ſpan. Amerika nähert ſichnun dieſer, 6 Jahre nach meiner Abreiſe begonnene Kampfſeinem Ende. In kurzer Zeit werden wir unabhängige Völ-kerſchaften an beiden Ufergeſtaden des atlantiſchen Welt-meeres erblicken, die bey ſehr abweichenden Regierungsfor-men, hinwieder durch die Erinnerung an die gemeinſameHerkunft, durch die gleiche Sprache und durch gleichartigeBedürfniſſe, wie ſie aus der Geſittung überall hervorgehen,vereinbart erſcheinen. Durch die unermeßlichen Fortſchritte,welche die Kunſt des Seefahrers gemacht hat, ſind, mögteman ſagen, die Waſſerbecken der Meere verengert worden.Der atlantiſche Ocean ſtellt ſich uns in Geſtalt eines ſchma-len Kanales dar, welcher die europäiſchen Handelsſtaatenvon der neuen Welt nicht weiter entfernt, als in der Kind-heit der Schifffahrtskunde das Waſſerbecken vom Mittel-meere die Griechen des Peloponneſes von den BewohnernJoniens, Siciliens, Cyrenea’s entfernt hielt.