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Alexander von Humboldt: „[Sur le Guano]“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1805-xxx_Sur_le_Guano-4> [abgerufen am 26.04.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1805-xxx_Sur_le_Guano-4
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Titel [Sur le Guano]
Jahr 1807
Ort Posen; Berlin
Nachweis
in: Martin Heinrich Klaproth, Beiträge zur chemischen Kenntniss der Mineralkörper, 6 Bände, Posen/Berlin: Decker/Heinrich August Rottmann 1795–1815, Band 4 (1807), S. 299–306.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Sperrung; Schmuck: Initialen; Besonderes: Paragraphenzählung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.38
Dateiname: 1805-xxx_Sur_le_Guano-4
Statistiken
Seitenanzahl: 8
Zeichenanzahl: 7916

Weitere Fassungen
[Sur le Guano] (Paris, 1805, Französisch)
[Sur le Guano] (Paris, 1806, Französisch)
Abhandlung über den Guano, oder den natürlichen Dünger der Südseeinseln nahe bey den Küsten von Peru. (Vorgelesen den 5. Frimaire 13.) von Fourcroy und Vauquelin. Uebersetzt von Dr. Meineke (Berlin, 1806, Deutsch)
[Sur le Guano] (Posen; Berlin, 1807, Deutsch)
|299|

Chemische UntersuchungdesGuano, aus den Inseln der Peruanischen Küste


Guano ist eine gelblichbraune, erdige Sub-stanz eigener Art, ohne sonderlichen Geschmack,und mit einem dem Bibergeil ähnlichen Geruchebegleitet; deren sich die Peruaner seit Jahrhun-derten als eines Düngungsmittels bedienen. DieVorrathskammern desselben sind benachbarte fel-sige Inseln der Südsee, von welchen solcher jähr-lich in großer Menge nach dem festen Lande ge-holet wird; da in dessen Ermangelung der größteTheil des, obschon an unterirdischen Natur-schätzen so reichen, Peru’s nur eine unfrucht-bare Sandwüste sein würde. Obgleich frühere Schriftsteller über Südame-rika schon des Guano’s erwähnt haben, mit der |300| Nachricht, daß man solchen für animalischenUrsprungs, und zwar für Vogelmist halte; sohat doch noch Niemand die Neugierde gehabt,ihn nach Europa kommen zu lassen; und seit Ulloa, also seit 1745, ist dieser merkwürdigenSubstanz nie mehr gedacht worden. Um so dankenswerther ist es, daß Hr. Alex.v. Humboldt, während seines Aufenthalts injenen Ländern, auch auf diesen Gegenstand seineAufmerksamkeit gerichtet, und einen, für diechemische Untersuchung bestimmten, Vorrathdesselben mitgebracht hat. Die Inseln, auf de-nen der Guano gegraben wird, hat Hr. v. Hum-boldt nicht selbst besucht; er hat aber vondenen, die damit handeln, genaue Erkundigungdarüber eingezogen. Das Wesentlichste davonenthält ein, in Mémoires de l’Institut dessciences, lettres et arts. Tom. VI. Paris.1806. S. 369. befindlicher Aufsatz von Four-croy und Vauquelin, über das Guano, mitder Nachricht, daß man bei der chemischenPrüfung concrete Harnsäure als dessenHauptbestandtheil gefunden habe. So seltsam das Vorkommen dieses Stoffs imGuano auch scheinen mag, so hat sich dochdessen Dasein in den von mir angestellten Un- |301| tersuchungen völlig bestätigt; an deren Darle-gung ich ein mehreres Interesse zu knüpfen be-absichtige, indem ich folgenden, vom Hrn. von Humboldt gefälligst mir mitgetheilten Beitragzur Geschichte des Guano voranschicke. „Der Name: Huanu, (die Europäer ver-„wechseln immer Hua mit Gua, und u mit o)„bedeutet in der Inka-Sprache Mist, mit dem„man düngt. Das Verbum Düngen heißt hua-„nunchani. Die ursprünglichen Einwohner„von Peru glauben alle, daß der Guano Vo-„gelmist sei; nur von den Spaniern bezweifeln„es viele. Sonderbar genug, daß sich die Gua-„no-Inseln und Klippen alle zwischen dem 13ten„und 21ten Grade südlicher geograph. Breite„befinden; da doch südlicher und nördlicher die„Schaar von Cormoranen, Flamingo’s und Kra-„nichen gleich zahlreich zu sein scheint. Bei„der Stadt Arica verbreitet die kleine Isla di„Guano einen solchen fürchterlichen Gestank,„daß die Schiffe deshalb sich der Stadt nicht„ganz zu nähern wagen, wie schon Feuillé „(Journal Vol. II. p. 598.) bemerkt. In Arica sind längst dem Ufer große Magazine„gebauet, in denen der Guano aufbewahrt wird.„Wenn man bedenkt, daß, seit dem 12ten oder |302| „13ten Jahrhunderte wenigstens, schon die Ge-„wohnheit herrscht, mit Guano zu düngen, daß„viele Millionen Kubikfuß davon auf dem san-„digen Theile von Peru verstreuet worden sind,„(da die Möglichkeit des Ackerbaues längst der„Seeküste ja bloß auf diesem köstlichen Mittel„beruhet,) wenn man bedenkt, daß der Guano„noch immer in gleicher Menge geliefert wird,„ja daß, nach jetzigen Erfahrungen, die Vögel„auf einer Insel in vielen Jahren nicht ein Paar„Schiffsladungen hervorzubringen scheinen, „so erstaunt man über die lange Reihe von Jahr-„hunderten, oder über die Menge von Vögeln,„welche dazu gehörten, jene Guano-Schichten„aufzuhäufen. „Der frische Vogelmist, den man auf den„Felsen um Huaura, und an andern Orten der„Südseeküste siehet, bildet eine dünne weiß-„liche Kruste, welche sogar dem braungelben„Guano ganz unähnlich siehet. „Ich zweifle zwar keinesweges, daß der„Guano ebenfalls Vogelmist sei; aber es fragt„sich: ist er auf denselben Inseln entstanden, in„denen man ihn jetzt gräbt, oder haben ihn„Naturrevolutionen dahin zusammengehäuft?„Deutet er auf eine Epoche, in der es auf dem |303| „überschwemmten Erdkörper eine noch größere„Menge Wasservögel gab, als jetzt; gleichsam„wie die Steinkohlen-Formation auf eine un-„geheure Ueppigkeit alter Vegetation hinweiset?„Oder ist der Guano in einem Zustande der Din-„ge entstanden, welcher ganz dem jetzigen ähn-„lich ist, und haben nur viele Jahrtausende dazu„gehört, um ihn stratum super stratum zu sol-„chen Schichten anschwellen zu lassen? Wenn„man auf den Peruanischen Aeckern Massen von„300 bis 400 Kubikfuß Guano aufgehäuft sie-„het, fühlt man sich von allen diesen Fragen„gleichzeitig bestürmt. Ich wage keine bestimmte„Meinung darüber zu äußern. Langer Aufenthalt„auf den Klippen und Inseln der Peruanischen„Küste, aufmerksame Beobachtung der Menge„Unrath, welche viele tausend Cormorane und„Flamingo’s gegenwärtig in Einem Jahre liefern,„wird künftig einmal zur Entscheidung dieser„Fragen leiten. Was aber wird aus dem Perua-„nischen Ackerbau, was aus der Bevölkerung„der Küste werden, wenn die Guano-Inseln er-„schöpft sind? Ein dortiger Landmann tröstete„sich mit der Idee, daß Lehmgruben und Gyps-„brüche in Europa ja auch nicht erschöpft wür-„den; eben als dürfe man den Guano, wie |304| „Gyps und Lehm, als etwas unorganisches „betrachten. Ohnerachtet man auf dem Meere nie-„set, und von dem fürchterlichsten Gestanke„beängstigt wird, wenn man einem Guanero „(Guano-Fahrzeuge) begegnet, so leidet die„Gesundheit der Matrosen auf dem Guanero,„doch gar nicht dabei. Ich habe die meisten„von sehr schöner blühender Gesichtsfarbe gese-„hen, und noch dazu reitzbarere weiße Men-„schen, die aber schon 10 bis 12 Jahre in ei-„nem so unreinlichen, als einträglichen Han-„del, an diesen Geruch gewöhnt waren. Sonder-„bar genug, daß man, trotz dieser Erfahrungen,„in Arica die häufigen Wechselfieber dem„Guano-Geruche zuschreibt. „Warum findet man nicht Guano auf der„Insel S. Lorenzo, dem Callao gegenüber,„an der Küste von Lima, oder auf andern In-„seln, nördlich von Lima, welche doch alle„auch von zahllosen Vögeln bewohnt sind? Ul-„loa (Relacion del Viage a la America „Merid. T. 3 p. 127 §. 219.) sagt, daß wenn„man die Tiefe betrachte, in der der Guano„gegraben werde, (er spricht als Augenzeuge,„da er die Guano-Inseln selbst besucht hat,)„so müsse man glauben, es sei eine Erde; aber |305| „der Geruch spreche dagegen. Doch glaube er,„daß viele Erde mit dem Vogelmiste im Gua-„no gemengt sei; (und darin spricht die Ana-„lyse für ihn.) Frezier, der die Peruanische Küste im„Jahr 1712 bis 1714 bereisete, war im Hafen„von Arica und auf der Insel Iquique, süd-„lich von Arica. Auf dieser Insel wurde der„Guano durch Neger gegraben. Er erstaunte„ebenfalls, wie die Vögel solche Massen hätten„hervorbringen können, doch versichert er, daß„man in großer Tiefe Vogelfedern gefunden„habe. ( Frezier Voyage dans la Mer du„Sud p. 133.) „Um Arica, wo man für 3 bis 400000 Thlr.„Pfeffer (Capsicum baccatum) baut, düngt„man jede Pflanze dreimal mit Guano; beim„Anwurzeln, beim Blühen, und Fruchtan-„setzen. „Unter der Regierung der Inkas wurde der„Guano als ein wichtiges Object der Staatswirth-„schaft betrachtet. Es war bei Todesstrafe ver-„boten, die jungen Vögel auf den Guano-In-„seln zu tödten. Jede Insel hatte ihren Aufse-„her, jede war unter gewisse Provinzen ver-„theilt; denn, von Arica bis Chaucay, auf 200 |306| „Seemeilen Länge, düngte man bloß mit Guano.„( Garcilasso Historie de los Yncas. Vol.„I. p. 134.) Aus dieser Vorsorge wird begreif-„lich, wie der Guano so beträchtlich habe zu-„nehmen können. Alle diese schöne Ordnung„ist umgestürzt. Man gräbt jetzt zu jeder Jah-„reszeit. Aber der Guano ist nicht das einzige„Beispiel eines sonderbaren Peruanischen Dün-„gers. Bei Villacori düngten die alten Peru-„aner gar mit vom Meere ausgeworfenen Sar-„dellen. l. c. p. 135.”