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Alexander von Humboldt: „Ueber die Temperatur der verschiedenen Theile der heißen Zone am Meeresspiegel“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1826-De_la_Temperature-5-neu> [abgerufen am 01.05.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1826-De_la_Temperature-5-neu
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Titel Ueber die Temperatur der verschiedenen Theile der heißen Zone am Meeresspiegel
Jahr 1827
Ort Erfurt; Weimar; Leipzig
Nachweis
in: Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde 16:16/346 (Februar 1827), Sp. [241]–250.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Asterisken und Kreuzen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.61
Dateiname: 1826-De_la_Temperature-5-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 5
Spaltenanzahl: 10
Zeichenanzahl: 33701
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Weitere Fassungen
De la Température des différentes parties de la zone torride au niveau des mers (Paris, 1826, Französisch)
De la température des différentes parties de la zone torride au niveau de la mer (Genf, 1826, Französisch)
Von der in verschiedenen Theilen der heißen Zone am Spiegel des Meeres Statt findenden Temperatur. (Mitgetheilt von dem Hrn. Verfasser) (Leipzig, 1826, Deutsch)
Observations on the Mean Temperature of the Equatorial Regions (Edinburgh; London, 1827, Englisch)
Ueber die Temperatur der verschiedenen Theile der heißen Zone am Meeresspiegel (Erfurt; Weimar; Leipzig, 1827, Deutsch)
O temperaturze w róźnych ezęściach strefy gorącey, na morzu (Vilnius, 1827, Polnisch)
Ueber die Temperatur der verschiedenen Theile der heißen Zone am Meeresspiegel (Weimar, 1827, Deutsch)
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Ueber die Temperatur der verſchiedenen Theile derheißen Zone am Meeresſpiegel.*)

Man iſt ſeit langer Zeit gewohnt, unter dem Namen derheißen Zone die Region zu begreifen, welche zwiſchen dem Ae-quator und den Wendekreiſen liegt, und allen Theilen dieſesausgebreiteten Erdſtrichs eine Gleichheit der Temperatur beizu-meſſen, welche ſich aus der Unterſuchung der meteorologiſchenBeobachtungen keineswegs ergiebt. Um die Ideen zu berichtigen,werde ich mit dem nördlichſten Theile der heißen Zone beginnen. Das Clima von Havannah**) iſt dasjenige, welches der äu-ßerſten Gränze der heißen Zone entſpricht. Es iſt ein tropiſchesClima, in welchem eine ungleichmäßigere Vertheilung der Wär-me zwiſchen den verſchiedenen Theilen des Jahres den Ueber-gang zu den Climaten der gemäßigten Zone ankündigt. Calcut-ta (unter 22° 34′ nördl. Breite), Canton (unter 22° 8″ nörd-licher Breite), Macao (unter 23° 12′ nördl. Br.), Havannah(unter 23° 9′ nördl. Br.) und Rio Janeiro (unter 22° 54′ſüdl. Br.) ſind die Orte, welchen ihre Lage am Meeresſpiegelund an den Wendekreiſen des Krebſes und des Steinbocks, folg-lich ihr gleicher Abſtand vom Aequator, eine große Wichtigkeitfür das Studium der Meteorologie verleihen. Dieſes Studiumkann nur durch die Beſtimmung gewiſſer numeriſcher Ele-mente fortſchreiten, welche die unerläßliche Baſis der Geſetzeſind, welche man zu entdecken ſucht. Da der Anblick der Ve-getation gegen die Gränzen der heißen Zone hin und unter demAequator identiſch iſt, ſo gewöhnt man ſich, die Climate derbeiden Zonen zwiſchen 0° und 10° und zwiſchen 15° und 23°der Breite untereinander zu werfen. Die Region der Palmen,der Bananen und der baumartigen Gramineen erſtreckt ſich ſelbſtweit über die beiden Wendekreiſe hinaus; aber es würde gefähr-lich ſeyn (wie man es neuerdings ſeit dem Tode des Dr. Oud-ney gethan hat, als man die Elevation des Bodens unterſuchte,in welcher ſich im Königreich Bornu hat Eis bilden können),dasjenige, was man an der Gränze der tropiſchen Zone beob-achtet hat, anzuwenden auf das, was in den Ebenen des Ae-quators ſtattfinden kann. Um dieſe Irrthümer zu berichtigen,iſt es wichtig, die mittlern Temperaturen des Jahres und derMonate, wie auch die Oscillationen des Thermometers in ver-ſchiedenen Jahreszeiten unter dem Parallelkreis von Havannahkennen zu lehren und durch eine genaue Vergleichung mit an-dern, gleich weit vom Aequator entfernten Puncten, z. B.mit Rio Janeiro und Macao, darzuthun, daß das große Fallender Temperatur, welches man auf der Inſel Cuba beobachtethat, von dem Zuſtrömen kalter Luftſchichten herrührt, welche |242| in ſchräger Richtung aus den gemäßigten Zonen gegen die Wen-dekreiſe des Krebſes und des Steinbocks ſich bewegen. Die mitt-lere Temperatur von Havannah iſt nach vierjährigen guten Be-obachtungen 25°, 7 C. (20°, 6 R.), alſo blos 2° C. niedriger,als in den Regionen Amerika’s, welche dem Aequator am näch-ſten liegen.*) Die Nähe des Meeres erhöht die mittlere Tem-peratur des Jahres an den Küſten, aber im Innern der Inſel,wohin die Nordwinde mit derſelben Gewalt dringen, und woſich der Boden bis zu der unbeträchtlichen Höhe von 40 Toi-ſen**) erhebt, erreicht die mittlere Temperatur nur 23° (18°,4 R.) und iſt nicht höher, als in Cairo und in ganz Nieder-Aegypten. Die Differenzen zwiſchen der mittleren Temperaturdes heißeſten und kälteſten Monats betragen im Innern der In-ſel wohl an 12°; zu Havannah an der Küſte gegen 8°; zu Cu-mana kaum 3°. In den heißeſten Monaten, Julius und Auguſt,erreicht die mittlere Temperatur auf der Inſel Cuba 28°, 8,vielleicht ſogar 29°, 5, wie unter dem Aequator. Die kälteſtenMonate ſind der December und der Januar: ihre mittlere Tem-peratur beträgt im Innern der Inſel 17°; zu Havannah 21°,d. h. 5°–8° weniger, als unter dem Aequator in denſelbenMonaten, aber noch 3° mehr, als zu Paris in dem heißeſtenMonat. Was die äußerſten Temperaturgränzen***) anlangt,welche das hunderttheilige Thermometer im Schatten erreicht,ſo macht man gegen die Gränze der heißen Zone hin eine Be-merkung, welche die dem Aequator am nächſten liegenden Re-gionen (zwiſchen 0° und 10° nördlicher und ſüdlicher Breite)characteriſirt. Das Thermometer, welches zu Paris ſchon 38°,4 (30°, 7 R.) erreicht hat, ſteigt zu Cumana nur bis 33°; zuVera-Cruz iſt es in 13 Jahren nur ein einziges Mal bis auf32° (25°, 6 R.) geſtiegen; zu Havannah hat es Hr. Ferrer binnen 3 Jahren (1810 bis 1812) nur zwiſchen 16° und 30° os-cilliren ſehen. Hr. Robredo führt in den geſchriebenen Be-markungen, welche ich von ihm beſitze, als eine merkwürdigeErſcheinung an, daß im Jahr 1801 die Temperatur auf 34°, 4(27°, 5 R.) geſtiegen ſey, während zu Paris, den intereſſantenBeobachtungen des Hrn. Arago zufolge, das Temperaturextrem
*) Aus dem XI. u. XII. Theile der Voyage aux RégionsEquinoxiales du Nouveau Continent par MM. deHumboldt et Bonpland. **) T. XI. p. 247.*) Mittlere Temperatur von Cumana (unter 10° 27′ derBreite) 27°, 7 C. Man verſichert, daß ſelbſt auf den klei-nen Antillen unter 13° und 16° der Breite die mittlere Tem-peratur für Guadeloupe 27°, 5; für Martinique 27°, 2;und für Barbados 26°, 3 C. betrage.**) Kaum 6 Toiſen höher, als Paris (das erſte Stockwerkder königlichen Sternwarte) über dem Meeresſpiegel.***) Hr. Lachenaie verſichert, daß das hunderttheilige Ther-mometer im Jahr 1800 im Scharten zu Santa Roſa aufder Inſel Guadeloupe auf 39°, 3 geſtiegen ſey. Man weißaber nicht, ob ſein Inſtrument ganz genau und frei vonden Wirkungen der Wärmeausſtrahlung war. Auf Marti-nique ſind die Temperaturextreme 20° und 35°.
|Seitenumbruch| |243| zwiſchen 36°, 7 und 38° (29°, 4 und 30°, 7 R.) in 10Jahren (von 1793 bis 1803) viermal erreicht ſind. Die großeNähe der beiden Zeiten, wo die Sonne durch den Zenith derOrte geht, welche an der Gränze der heißen Zone liegen, machtoft die Wärme an der Meeresküſte von Cuba und an allen Or-ten, welche zwiſchen den Parallelkreiſen von 20 und 23½° lie-gen, ſehr intenſiv und weniger für ganze Monate, als für we-nige aufeinander folgende Tage. In einem gewöhnlichen Jahreſteigt das Thermometer im Auguſt nicht über 28° bis 30°.Ich weiß, daß man über außerordentliche Hitze klagte, wenn esbis auf 31° (24°, 8 R.) ſtieg. Das Herabſinken der Tempera-tur im Winter bis auf 10° oder 12° iſt ſchon ziemlich ſelten;wenn aber der Nordwind einige Wochen lang weht und die kalteLuft aus Canada herbeiführt, ſo hat man manchmal im Innernder Inſel, in der Ebene und in geringer Entfernung von Ha-vannah die Erſcheinung, daß ſich des Nachts Eis bildet.*) Den Beobachtungen der HH. Wells und Wilſon zufolge,kann man annehmen, daß die Ausſtrahlung der Wärme dieſeWirkung hervorbringe, wenn ſelbſt das Thermometer noch auf5° und ſelbſt auf 9° über dem Gefrierpuncte ſteht; aber Hr. Robredo hat mir verſichert, daß er das Thermometer ſelbſtauf 0° gefunden habe. Die Bildung eines dicken Eiſes faſt amMeeresſpiegel an einem Orte, welcher der heißen Zone angehört,muß den Naturforſcher um ſo mehr in Verwunderung ſetzen,als zu Caracas (unter 10° 31′) und in einer Höhe von 477Toiſen die Atmoſphäre nicht unter 11° erkaltet, und als manin größerer Nähe des Aequators nur in einer Höhe von 1400Toiſen Eis findet.**) Ja noch mehr: zwiſchen Havannah undSt. Domingo, zwiſchen Batabano und Jamaica findet nur eineDifferenz von 4 bis 5 Breitengraden ſtatt; und auf St. Do-mingo, auf Jamaica, auf Martinique und auf Guadeloupe be-trägt die geringſte Temperatur in den Ebenen ***) 18°, 5 bis20°, 5.
Es würde intereſſant ſeyn, das Clima von Havannah mitdemjenigen von Macao und Rio Janeiro zu vergleichen, weilvon dieſen beiden Orten der eine eben ſo nahe an der Gränzeder nördlichen heißen Zone, aber an der öſtlichen Küſte Aſien’sund der andere an der öſtlichen Küſte Amerika’s an der Gränzeder ſüdlichen heißen Zone liegt. Die mittleren Temperaturenvon Rio Janeiro ſind abgeleitet aus 3500 Beobachtungen, wel-che Hr. Benito Sanchez Dorta angeſtellt hat; die vonMacao aus 1200 Beobachtungen, welche der Abbé Richenet die Gefälligkeit gehabt hat, mir mitzutheilen.
Ort der BeobachtungHavan-nah.Macao.Rio Ja-neiro.
Geogr. Breitenördl. Br.23° 9′nördl. Br.22° 12′ſüdl. Br.22° 54′
Mittlere Temper. des Jahres25° 7′28° 3′23°, 5
Temp. des heißeſten Monats†)28,828,427,2
Temp. des kälteſten Monats21,116,620,0
|244| Das Clima der Havannah iſt, ungeachtet der Häufigkeitder Nord- und Nordweſtwinde, weit wärmer, als dasjenige vonMacao und Rio Janeiro. Der erſtere dieſer beiden Ortenimmt nur an der Kälte Antheil wegen der häufigen Weſt-winde, welche im Winter auf allen öſtlichen Küſten eines gro-ßen Feſtlandes zu herrſchen pflegen. Die Nähe des ſehr breitenmit Bergen und Plateau’s bedeckten Landes macht die Verthei-lung der Wärme zwiſchen den verſchiedenen Monaten des Jahrsweit ungleichmäßiger zu Macao und zu Canton, als auf einerInſel, welche gegen Weſten und gegen Norden von den warmenGewäſſern des Golfſtromes beſpült wird. Zu Canton und Ma-cao ſind auch die Winter weit kälter, als zu Havannah. Diemittleren Temperaturen des Decembers, Januars, Februarsund Märzes betrugen zu Canton im Jahr 1801 zwiſchen 15°und 17°, 3 C.; zu Macao zwiſchen 16°, 6 und 20°, währendſie zu Havannah in der Regel zwiſchen 21° und 24°, 3 betra-gen. Indeſſen liegt Macao um einen Breitengtad ſüdlicher, alsHavannah. Letztere Stadt und Canton liegen, bis auf denUnterſchied einer Minute, in demſelben Paralellkreis. Ob nungleich die Iſothermallinien gegen den Pol im Syſteme der Cli-mate des öſtlichen Aſiens, wie im Syſteme der Climate desöſtlichen Anterika’s einen concaven Gipfel haben, ſo iſt doch dieErkältung auf demſelben geographiſchen Paralellkreiſe weit be-trächtlicher noch an der Seite von Aſien*). Während 9 Jah-ren (von 1806 bis 1814) hat der Abbé Richenet an demvortrefflichen Thermometer, welches der Engländer Six fürdie höchſten und niedrigſten Temperaturſtände erſunden hat, einFallen des Queckſilbers bis auf 3°, 3 und 5° (38° und 41°F.) beobachtet. Zu Canton fällt das Thermometer manchmalbis faſt auf 0; und in Folge der Wärmeausſtrahlung findetman daſelbſt Eis auf den Terraſſen der Häuſer. Obgleich dieſegroße Kälte niemals über einen Tag dauert, ſo pflegen doch dieengliſchen Kaufleute, welche zu Canton wohnen, vom Novem-ber bis zum Januar gern Kaminfeuer zu unterhalten, währendman zu Havannah nicht einmal dann die Nothwendigkeit derFeuerwärme fühlt, wenn der Brazero weht. Der Hagel iſt indem aſiatiſchen Clima von Canton und Macao häufig und äu-ßerſt groß, während man ihn in Havannah kaum alle 15 Jahreeinmal beobachtet. An den drei Orten ſteht das Thermometermanchmal mehrere Stunden lang zwiſchen 0° und 4° C.; unddennoch hat man, was mir äußerſt merkwürdig vorkommt, nieSchnee fallen geſehen. Trotz der niedrigen Temperaturſtändebieten die Bananen und die Palmen in der Umgegend vonCanton, Macao und Havannah eine eben ſo ſchöne Vegeta-tion dar, als in den dem Aequator am nächſten gelegenenEbenen. Für das tiefere Studium der Meteorologie iſt es ein glück-licher Umſtand, daß man beim gegenwärtigen Zuſtande der Ci-viliſation ſchon ſo viele numeriſche Elemente über das Clima
ſchichte, hat einen einzigen Jahrgang (1825) meteorologi-ſcher Beobachtungen bekannt gemacht, welche er im botani-ſchen Garten von Havannah angeſtellt hat. Er beſtimmtdie mittlere jährliche Temperatur auf 24°, 9; die des hei-ßeſten Monats auf 28°, 5; die des kälteſten Monats auf21°, 4. Dieſe Reſultate bieten eine ſehr merkwürdige Ue-bereinſtimmung derer dar, welche Hr. Ferrer aus ſeinendreijährigen Beobachtungen (1810 bis 1812) abgeleitet undbekannt gemacht hat.*) Dieſe zufällige Kälte hatte ſchon die Verwunderung dererſten Reiſenden erregt. „En Cuba, ſagt Gomara, al-go se siente el frio.“ (Hist. de l’Ind. fol. XXVII.) **) Nicht einmal zu Quito, welches 1490 Toiſen über demMeer in einem tiefen Thale liegt, und wo der oft nebeligeHimmel die Ausſtrahlung vermindert, findet man Eis.***) 18°, 5 hat Hr. Hapel-Lachenai beobachtet. Hr. LeDru verſichert auch, daß er das Thermometer zu Porto-Rico nur bis auf 18°, 7 habe fallen ſehen; aber er glaubt,daß auf den Gebirgen von Loquillo, auf derſelben Inſel,Schnee falle.†) Don Ramon de la Sagra, Profeſſor der Naturge-*) Die Verſchiedenheit des Clima’s an den öſtlichen und weſt-lichen Küſten der alten Welt iſt ſo groß, daß zu Can-ton (unter 23° 8′ der Breite) die mittlere Temperaturdes Jahres 22°, 9 beträgt, während ſie zu Santa Cruzauf Teneriffa (unter 28° 28′ der Breite) nach den Beob-achtungen der HHn. von Buch und Escolar 23°, 8 be-trägt. Canton, auf einer öſtlichen Küſte gelegen, nimmtan dem Clima des Feſtlandes Theil. Teneriffa iſt eineInſel, welche in der Nähe der weſtlichen Küſte von Afrikaliegt.
|Seitenumbruch| |245| der Orte zuſammenbringen kann, welche faſt unmittelbar unterden beiden Wendekreiſen liegen. Fünf der größten Handels-ſädte der Welt: Canton, Macao, Calcutta, Havannah undRio Janeiro befinden ſich in dieſer Lage. Ferner auf der nörd-lichen Halbkugel ſind Mascate, Syene, Nuevo Santander, Du-rango und die nördlichſten Sandwichinſeln; auf der ſüdlichenHalbkugel, Bourbon, Ile-de-France und der Hafen Cobija,zwiſchen Copiapo und Arica, die von den Europäern beſuchtenOrte, und bieten den Naturforſchern die nämlichen Vortheileder Lage, wie Rio Janeiro und Havannah dar. Die Climato-logie macht langſame Fortſchritte, weil man nur zufällig dieReſultate ſammelt, welche an den Punkten der Erdkugel erhal-ten ſind, wo ſich die menſchliche Civiliſation erſt zu entwickelnbeginnt. Dieſe Punkte bilden kleine, durch unermeßliche Räumefür den Meteorologen unbekannter Länder, abgeſonderte Grup-pen. Um die Geſetze der Natur in der Vertheilung der Wärmeauf der Erdkugel zu erkennen, muß man den Beobachtungeneine Richtung geben, wie ſie den Bedürfniſſen einer aufkeimen-den Wiſſenſchaft entſpricht, und wiſſen, welche numeriſchen An-gaben die wichtigſten ſind. Nuevo-Santander, auf der öſtlichenKüſte des amerikaniſchen Meerbuſens, hat wahrſcheinlich eine ge-ringere mittlere Temperatur, als die Inſel Cuba. Die Atmo-ſphäre muß hier von der Winterkälte eines großen Feſtlandes,welches ſich gegen Nordweſt ausbreitet, influencirt werden.Verlaſſen wir dagegen das Syſtem der Climate des öſtlichenAmerika’s, und wenden uns über das Becken, oder vielmehrüber das Thal hinweg, welches vom atlantiſchen Meere bedecktwird, nach den Küſten von Afrika, ſo werden wir in dem Sy-ſeme der Climate dieſſeits des atlantiſchen Meeres auf demweſtlichen Littorale des alten Feſtlandes Iſothermallinien finden,deren Convexität gegen den Pol gewendet iſt. Der Wendekreisdes Krebſes läuft hier zwiſchen das Cap Bojador und das CapBlanc in der Nähe von Rio do Ouro auf die unwirthlichenGeſtade der Wüſte Sahara, und die mittlere Temperatur dieſerGegenden muß weit höher, als diejenlge von Havannah ſeyn,nämlich einmal, weil ſie auf einer weſtlichen Küſte liegen, undzum andern, wegen der Nähe der Wüſte, welche Wärme aus-ſtrahlt und die Atmoſphäre mit den Maſſentheilchen des San-des erfüllt*).
Die genaue Kenntniß des Klima’s von Havannah und vonRio Janeiro, welche unter dem Wendekreiſe des Krebſes unddes Steinbocks liegen, vervollſtändigt die Kenntniſſe, welche wirvon den mittlern Temperaturen der verſchiedenen Theile derAequinoxialregion erlangt haben. Dieſe Region bietet ohne Zwei-fel das Maximum der mittlern jährlichen Wärme unter demAequator ſelbſt dar; aber die Wärme nimmt faſt unmerkbarvom Aequator bis zum 10° der Breite ab; raſcher nimmtſie vom Parallelkreis des 15ten Grades bis zum 23. Grad ab.Was dem Reiſenden, welcher vom Aequator gegen die Wende-kreiſe hier ſeine Richtung nimmt, auffällt, iſt weniger die Ab-nahme der mittlern jährlichen Temperatur, als die ungleichmä-ßige Vertheilung der Wärme an die verſchiedenen Theile desJahres. Man kann nicht zweifeln, daß die numeriſchen Ele-mente der tropiſchen Climatologie noch lange nicht mit gleicherGenauigkeit beſtimmt ſind; man muß deßhalb beſtändig dahinarbeiten, ſie zu vervollkommnen; aber ſchon bei dem gegenwärti-gen Zuſtande der Wiſſenſchaft kann man dieſen Elementen ge-wiſſe Gränzen des Irrthums ziehen, welche durch neue Beob-achtungen wahrſcheinlich nicht überſchritten werden dürften. Wirhaben ſchon erkannt, daß die mittlern Temperaturen von Ha-vannah, von Macao und von Rio Janeiro, dreier Orte am Mee-resſpiegel und an der Gränze der Zone des Aequators auf denbeiden Halbkugeln gelegen, 25°, 7; 23°, 3; und 23°, 5 C. be-tragen, und daß dieſe Verſchiedenheiten von der ungleichen Ver-theilung der Länder und der angränzenden Meere herrühren.Weichen Temperaturgrad hat man für den Aequator anzuneh-men? Dieſe Frage iſt allerdings in einer Abhandlung aufgewor-fen, welche Herr Atkinſon im zweiten Bande der Memoirs |246| of the Astronomical Society of London p. 137–183 be-kannt gemacht hat, und welche ſehr richtige Bemerkungen übermehrere wichtige Punkte der Meteorologie enthält. Der gelehrteVerfaſſer bemüht ſich, aus meinen eigenen Beobachtungen, mit-telſt der Kunſtgriffe einer ſehr genauen Rechnung, darzuthun,daß die mittlere Temperatur des Aequators wenigſtens 29°, 2 C.(84°, 5 F.) und nicht 27°, 5 C. betragen müſſe, wie ich inmeinem Essai sur les Lignes isothermes angenommen habe. Kirwan hatte ſie auf 28°, 8 und Brewſter in ſeinen klima-tiſchen Formeln auf 28°, 2 beſtimmt. (Edinb. Journ. ofScience, 1826. No. VII. p. 180). Wenn es in dieſer Unterſuchung die Frage war, welches diemittlere Temperatur einer Aequatorzone ſey, welche um dieganze Erdkugel läuft und durch die Parallelkreiſe von 3° nörd-licher und 3° ſüdlicher Breite begränzt wird, ſo mußte man vorallen Dingen die Temperatur des Oceans unter dem Aequatorunterſuchen, denn nur der ſechſte Theil des Umfanges der Erd-kugel gehört in dieſer Zone zum feſten Lande. Die mittlereTemperatur des Oceans ſchwankt nun zwiſchen den eben beſtimm-ten Gränzen, in der Regel, zwiſchen 26°, 8 und 23. Ich ſagein der Regel, denn man findet manchmal innerhalb derſelbenGränzen Maxima auf Zonen beſchränkt, welche kaum die Breiteeines Grades haben und deren Temperatur unter verſchiedenenLängengraden von 28°, 7 bis auf 29°, 3 ſteigt. Ich habe letz-tere Temperatur, welche in der Südſee für äußerſt hoch gilt,öſtlich von den Galapagosinſeln beobachtet und neuerdings derBaron Dirckinck von Holmfeldt, ein ſehr unterrichteterdäniſcher Marineofficier, welcher auf mein Erſuchen eine großeMenge Thermometer-Beobachtungen angeſtellt hat. Er fand unter2° 5′ nördl. Br. und 81° 54′ weſtl. L., faſt im Parallelkreisvon la Punta Guascama, die Oberfläche des Waſſers 30°, 6.Dieſe Maxima gehören nicht dem Aequator ſelbſt an; man trifftſie bald nördlich, bald ſüdlich vom Aequator und oft zwiſchen2½° und 6° der Breite. Der größte Kreis, welcher durch diePunkte läuft, wo das Meerwaſſer am heißeſten iſt, ſchneidetden Aequator unter einem Winkel, welcher mit der Deklinationder Sonne ſich zu verändern ſcheint. Im atlantiſchen Meer iſtman ſelbſt mehrmals aus der nördlichen gemäßigten Zone in dieſüdliche gemäßigte Zone gekommen, ohne zu bemerken, daß indem Striche, wo die Waſſer am heißeſten ſeyn ſollen, das hun-derttheilige Thermometer über 28° geſtiegen ſey. Die Maxima,welche verſchiedene Reiſende hier angetroffen haben, ſind folgende: Perkins 28°, 2; Churruca 28°, 7; Quevedo 28°, 6; Rodman 28°, 8; John Davy 28°, 1. Die Luft über dieſenGewäſſern unter dem Aequator iſt um 1 bis 1½ kälter, alsder Ocean. Aus dieſen Thatumſtänden ergiebt ſich, daß auf \( \frac{5}{6} \) des Umfanges der Erdkugel die Aequatorzone, ſo weit ſie dasMeer betrifft, ſchwerlich eine mittlere Temperatur von 29°, 2(84°, 5 F.), ja wahrſcheinlich nicht einmal von 28°, 5 habendürfte. Hr. Atkinſon räumt ſelbſt ein (S. 171), daß dieMiſchung von Meer und Feſtland dazu beitragen müſſe, die mitt-lere Temperatur des Aequators herabzuſtimmen. Er beſchränktſich indeſſen bloß auf die Ebenen des ſüdlichen amerikaniſchenFeſtlandes und beſtimmt die mittlere Temperatur der Aequator-zone (von 1° n. Br. bis zu 1° ſ. Br.) nach verſchiedenen theo-retiſchen Annahmen auf 29°, 2 bis 31°. Er ſtützt dieſe Folge-rung auf die Thatſache, daß ſchon unter der Breite von Cumana(10° 27′) die mittlere Temperatur 27°, 6 betrage, und daßnach dem Geſetze der Zunahme der Wärme vom Pol nach dem Aequatorhin (letzteres iſt immer gleich dem Quadrat des Coſinus derBreite) die mittlere Temperatur des Aequators zum wenigſtenüber 29°, 2 betragen müſſe. Hr. Atkinſon findet die Beſtä-tigung dieſes Reſultates, indem er mehrere, von mir an denCordilleren bis zu einer Höhe von 500 Toiſen beobachtete, Tem-peraturen auf den Meeresſpiegel unter dem Aequator reducirt.Dabei wendet er die Correctionen an, welche er für die Breiteund für die allmählige Abnahme der Wärme in einer vertikalenEbene in Anſatz bringen zu müſſen glaubt; er verhehlt ſich auchnicht, wie ſehr die Lage der Orte auf den ausgebreiteten Pla-
*) Zumal da der Paſſatwind dieſe erwärmte Luft der Küſte zu weht.
|Seitenumbruch| |247| teaux, oder in den tiefen Thälern einen Theil dieſer Correktio-nen unzuverläſſig macht. (Mem. of the Astr. Soc., Tom.II. p. 143, 158, 171, 172, 182, 189).
Wenn man das Problem der Vertheilung der Wärme aufder Oberfläche der Erdkugel in ſeiner ganzen Allgemeinheit ſtu-dirt und ſich dabei aller, auf die Oertlichkeit Bezug habendenBetrachtungen enthält (z. B. die Wirkungen der Geſtalt, derFarbe, der geognoſtiſchen Beſchaffenheit des Bodens, gewiſſervorherrſchenden Winde, der Nähe des Meeres, häufiger Wolkenund Nebel, der nächtlichen Wärmeausſtrahlung bei einem mehroder weniger heitern Himmel ꝛc. anlangend), ſo wird man fin-den, daß die mittlere Temperatur einer Station hauptſächlichvon den verſchiedenen Arten abhängt, wie ſich der Einfluß derMittagshöhe der Sonne kund giebt. Dieſe Höhe beſtimmt zu-gleich die Dauer der halben Tagkreiſe; die Länge und die Durch-ſichtigkeit des Theiles der Atmoſphäre, durch welchen die Strah-len fallen müſſen, bevor ſie den Horizont erreichen; die Quan-tität der abſorbirten, oder der erwärmenden Strahlen (ſie nimmtſehr raſch zu, wenn der Einfallswinkel, vom Niveau der Ober-fläche gerechnet, wächſt); endlich die Zahl der Sonnenſtrahlen,die ein gegebener Horizont umfaßt. Mayer’s Geſetz mit al-len Modificationen, welche es ſeit 30 Jahren erfahren hat, iſtein empiriſches Geſetz, welches die meiſten Erſcheinungen durchApproximation darſtellt und oft auf eine befriedigende Weiſe,welches man aber nicht anwenden ſollte, um das Zeugniß un-mittelbarer Beobachtungen zu bekämpfen. Wenn die Oberflächeder Erdkugel vom Aequator an bis zum Parallelkreis von Cu-mana eine Wüſte, ungefähr wie die Sahara, oder eine Savannewäre, gleichförmig mit Gramineen bedeckt, wie die Llanos deCalabozo und de l’Apure, ſo würde ohne Zweifel eine Zunahmeder mittlern Temperatur von 10½° der Breite bis zum Aequa-tor ſtattfinden; aber es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe Zunah-me nicht \( \frac{5}{4} \) Grade am hunderttheiligen Thermometer betragenwürde. Hr Arago, deſſen wichtige und ſcharfſinnige Unterſu-chungen ſich über alle Zweige der Meteorologie verbreiten, hatdurch direkte Verſuche ausgemittelt, daß vom ſenkrechten Einfallbis zu 20° Abſtand vom Zenith die Quantität des zurückgewor-fenen Lichtes ungefähr dieſelbe ſey. Er hat auch gefunden, daßdie photometriſche Wirkung des Sonnenlichtes im Monat Auguſtzu Paris, vom Mittag an, bis gegen 3 Uhr Nachmittags, un-geachtet der Veränderungen in der Länge des Weges, welchendie Sonnenſtrahlen durch die Atmoſphäre zu machen haben, ſehrwenig verſchieden ſey. Wenn ich die mittlere Temperatur des Aequators in run-den Zahlen auf 27°, 5 beſtimmt habe, ſo geſchah dieß, um dereigentlichen Aequatorzone (von 30° nördl. Breite bis zu 30°ſüdl. Br.) die mittlere Temperatur von Cumana (27°, 7) bei-zulegen. Dieſe Stadt, von dürrem Sand umgeben, undunter einem ewig heitern Himmel gelegen, deſſen leichte Dün-ſte faſt nie als Regen niedergeſchlagen werden, hat ein hei-ßeres Clima als alle benachbarten, ebenfalls am Meeresſpiegelgelegenen Orte. Schreitet man im ſüdlichen Amerika auf demOronoco und dem Rio Negro gegen den Aequator vor, ſo nimmtdie Wärme nicht wegen der Elevation des Bodens (die von demkleinen Fort San Carlos an ſehr beträchtlich iſt) ſondern wegender Wälder, der häufigen Regen und der Undurchſichtigkeit derAtmoſphäre ab. Es iſt zu bedauern, daß ſelbſt die thätigſtenReiſenden ſo wenig im Stande ſind, unſere Kenntniß der mitt-lern Temperaturen zu vermehren und dadurch die Fortſchritteder Meteorologie zu befördern. Sie halten ſich nicht lange ge-nug in den Ländern auf, deren Clima wir kennen lernen möch-ten; ſie können für die jährliche mittlere Temperatur nur dieBeobachtungen ſammeln, welche Andere gemacht haben und oftin Stunden und mit Inſtrumenten, von denen ſich keine richti-gen Reſultate erwarten laſſen. Wegen der Stätigkeit der at-moſphäriſchen Erſcheinungen unter der, dem Aequator am näch-ſten gelegenen Zone iſt ſchon ohne Zweifel ein kurzer Aufent-halt ausreichend, um approximativ die mittleren Temperaturen,in verſchiedenen Höhen über dem Meeresſpiegel zu beſtimmen.Ich habe überall dieſe Art von Forſchungen angeſtellt, aber das |248| einzige ganz ſichere Reſultat, welches ich erlangt habe, und wel-ches aus Beobachtungen hergeleitet iſt, die ich des Tags zwei-mal anſtellte, iſt dasjenige von Cumana (hinſichtlich des Zutrau-ens, walches die mittleren Temperaturen verdienen, vergleicheman Rel. hist. T. I. p. 411, 547, 631–637, 584; T. II.p. 73, 418, 468; T. III. p. 314–320, 371–382). Diewahren numeriſchen Elemente der Climatologie können nur vonunterrichteten Perſonen feſtgeſtellt werden, die an den verſchie-denen Orten der Erde eine große Reihe von Jahren wohnhaft ſind;und in dieſer Hinſicht wird die intellectuelle Generation, welchegegenwärtig im freien Amerika unter dem Aequator vom Litto-rale bis zu 2000 Toiſen Höhe auf dem Rücken und an dem Ab-hange der Cordilleren, zwiſchen den Parallelkreiſen der InſelChiloe und San Francisco in Neu-Californien, ſich bildet, denglücklichſten Einfluß auf die Naturwiſſenſchaften äußern. Vergleicht man dasjenige, was man ſchon vor 40 Jahrenüber die mittlere Temperatur der Regionen des Aequators wußte,mit dem, was man gegenwärtig weiß, ſo muß man über dieLangſamkeit der Fortſchritte in der poſitiven Climatologie er-ſtaunen. Ich kenne bis auf den heutigen Tag nur eine einzigemittlere Temperatur, welche, mit dem Anſchein von Genauig-keit, zwiſchen 3° nördlicher und 3° ſüdl. Breite beobachtet wor-den iſt; es iſt diejenige von S. Luis de Maranham (unter 2°29′ ſüdlicher Breite) in Braſilien, welche der Oberſt AnconioPereira Lago nach im Jahr 1821 täglich dreimal angeſtell-ten Beobachtungen (um 20, um 4 und um 11 Uhr) auf 27°4 C. beſtimmt. (Annaes das Sciencies, das Artes e dasLetras 1822. T. XVI. pl. 2. p. 55–80). Sie beträgtnoch 0°, 3 weniger, als die mittlere Temperatur von Cumana.Unterhalb 10⅓° der Breite kennen wir nur die mittleren Tem-peraturen von
Batavia(unter 60° 12′ ſüdl. Br.)26°, 9 C.
Cumana(unter 10° 27, nördl. Br.)27°, 7 —
Zwiſchen 10½° der Breits und der Gränze der heißen Zoneſolgen:
Pondichery(11° 55′ nördl. Br.)29°, 6 —
Madras(13° 4′ nördl. Br.)26°, 9 —
Manilla(14° 36′ — —)25°, 6 —
Senegal(15° 53′ — —)26°, 5 —
Bombay(18° 56′ — —)26°, 7 —
Macas(22° 12′ — —)23°, 8 —
Rio Janeiro(22° 54′ ſüdl. Br.)23°, 5 —
Havannah(23° 9′ nördl. Br.)25°, 7 —
Ferner den Beobachtungen des Oberſten Pereira zufolge:
Maranham(2° 29′ ſüdl. Br.)27°, 4 —
Aus dieſen Angaben ſcheint hervorzugehen, daß der einzigeOrt in der Aequinoxialregion, deſſen mittlere Temperatur über27°, 7 beträgt, unter 12° der Breite liegt. Dieß iſt Pondi-chery, deſſen Clima eben ſo wenig dazu dienen kann, die ganzeAequatorregion zu charakteriſiren, als die Oaſe von Murzuck,wo der unglückliche Ritchie und der Capitain Lyon das Ther-mometer, ihrer Verſicherung nach, ganze Monate lang (vielleichtwegen der in der Luft ſchwebenden Sandtheilchen) zwiſchen 38°und 48° R. beobachtet haben wollen, – das Clima der gemä-ßigten Zone im nördlichen Afrika zu charakteriſiren vermag. Diegrößte Maſſe der Tropenländer liegt zwiſchen 18° u. 28° nördl. Br.,und in Bezug auf dieſe Zone beſitzen wir auch, wegen ihrer vielenreichen und handeltreibenden Städte, die meiſten meteorologiſchenKenntniſſe. Die drei oder vier dem Aequator am nächſten lie-genden Grade ſind für die Climatologie eine terra incognita. Wir kennen noch nicht die mittleren Temperaturen von Groß-Para, von Guayaquil und ſelbſt von Cayenne. Wenn man weiter nichts berückſichtiget, als die Wärme,welche in einem gewiſſen Theile des Jahres entſteht, ſo findetman auf der nördlichen Halbkugel die heißeſten Climate unterdem Wendekreis ſelbſt und etwas darüber hinaus. Zu Abuſheerz. B. (unter 28½ der Breite) beträgt die mittlere Temperaturdes Monates Julius 34°. Im rothen Meer ſteht das hundert-theilige Thermometer Mittags auf 44° und des Nachts auf34½°. Zu Benares (unter 25° 20′ der Breite) ſteigt die Wär-me im Sommer bis auf 44° und fällt im Winter bis auf 7°, |Seitenumbruch| |249|2. Dieſe Beobachtungen ſind mit einem vortrefflichen Ther-mometrographen, von Six verfertigt, angeſtellt worden.Die mittlere Temperatur von Benares beträgt 25°, 2. Die höchſte Wärme, welche man in dem ſüdlichen Theileder gemäßigten Zone zwiſchen Aegypten, Arabien und dem per-ßſchen Meerbuſen beobachtet hat, iſt die vereinigte Wirkung derGeſtalt der umliegenden Länder, des Zuſtandes ihrer Oberflächeund der beſtändigen Durchſichtigkeit der Luft, welche von wäſſe-rigen Dünſten ganz frei iſt und der Länge der Tage, welche mitden Breitengraden zunimmt. Zwiſchen den Wendekreiſen ſelbſtiſt die große Hitze ſelten und ſteigt in der Regel zu Cumanaund Bombay nicht über 32°, 8; zu Vera Cruz nicht über 35°,1. Es braucht faſt nicht bemerkt zu werden, daß hier nur Be-obachtungen angenommen worden ſind, die im Schatten undgeſichert gegen die Zurückwerfung der Wärme von Seiten desBodens angeſtellt wurden. Unter dem Aequator, wo die beidenSolſtitialhöhen 66° 32′ erreichen, ſind die Durchgänge der Sonnedurch den Zenith um 186 Tage von einander entfernt. Zu Cu-mana beträgt die Solſtitialhöhe des Sommers 76° 59′, die desWinters 56° 5′ und die Durchgänge durch den Zenith (der 17.April und der 26. Auguſt) ſind 131 Tage von einander entfernt.Nördlicher, zu Havannah, beträgt die Solſtitialhöhe des Som-mers 89° 41′, die des Winters 43° 23′ und der Abſtand derZenithdurchgänge (12. Junius und 1. Julius) 19 Tage. Wennman dieſe Durchgänge in der Monatscurve nicht immer gleichdeutlich erkennt, ſo liegt die Schuld daran, daß ihr Einfluß aneinigen Orten durch den Eintritt der Regenzeit und anderer ele-ktriſcher Erſcheinungen verdeckt wird. Die Sonne ſteht zu Cu-mana 109 Tage lang, oder genauer 1275 Stunden lang (vom28. October bis zum 14. Februar des nächſten Jahres) weit tie-fer als unter dem Aequator; aber in dieſem Zeitraum beträgtihr größter Abſtand vom Zenith noch nicht 33° 55′. Der lang-ſamere Gang der Sonne, während ſie ſich den Wendekreiſennähert, vermehrt die Wärme der, von dem Aequator entfernterliegenden Orte, hauptſachlich gegen die Gränzen der heißen undgemäſtigten Zone hin. An den Wendekreiſen, z. B. in Havan-nah (23° 9 Breite) braucht die Sonne 24 Tage, um auf je-der Seite des Zeniths einen Grad zu durchlaufen, unter demAequator dagegen nur 5 Tage. Zu Paris (48° 50′ Breite),wo die Sonne im Winter-Solſtitium bis auf 17° 42′ herab-ſteigt, beträgt die Höhe des Sommer-Solſtitiums 64° 38′.Dieſer wärmeſpendende Fixſtern ſteht folglich zu Paris vom 1.Mai bis zum 12. Auguſt, alſo 103 Tage oder 1422 Stundenlang, eben ſo hoch, als zu Cumana in einer andern Jahreszeit.Vergleicht man Paris mit Havannah, ſo findet man an erſtermOrt vom 26. März bis zum 17. September, alſo 175 Tageoder 2407 Stunden lang, die Sonne eben ſo hoch, als zu einerandern Jahreszeit unter dem Wendekreis des Krebſes. In die-ſem Zeitraume von 175 Tagen beträgt nun die mittlere Tempe-ratur des heißeſten Monats (des Julius) nach den Regiſtern derPariſer Königlichen Sternwarte, von 1806′ bis 1820, 18°, 6,während zu Cumana und zu Havannah, wenn die Sonne amerſtern Ort bis auf 56° 5′ und am zweiten bis auf 43° 23′ſinkt, der kälteſte Monat, trotz der langen Nächte zu Cumana,noch eine mittlere Temperatur von 26°, 2 und zu Havannahvon 21°, 2 beſitzt. Unter allen Zonen wird die Temperatureines Theiles des Jahres durch die Temperatur der vorherge-gangenen Jahreszeiten modificirt. Unter den Wendekreiſen iſtdas Fallen der Temperatur nicht ſehr beträchtlich, weil die Erde |250| in den vorhergegangenen Monaten eine Menge mittlere Wärmeempfangen hat, welche zu Cumana 27° und zu Havannah 25°,5 C. geſchätzt werden kann. Nach allen dieſen Betrachtungen, welche ich ſo eben mitge-theilt habe, ſcheint es mir keineswegs wahrſcheinlich zu ſeyn,daß die Temperatur des Aequators 29°, 2 erreichen könne, wiees der gelehrte und geſchätzte Verfaſſer der Abhandlung überdie aſtronomiſchen Refractionen annimmt. Schon derPater de Bèze, der erſte unter den Reiſenden, welcher denRath gab, in den kälteſten und wärmſten Stunden des Tagszu beobachten, glaubte in den Jahren 1686 und 1699 gefundenzu haben, indem er Siam, Malacca und Batavia mit einanderverglich, daß die Wärme unter dem Aequator nichtgrößer ſey, als unter dem 14° der Breite. Ich glaube,daß eine Verſchiedenheit beſteht, daß ſie aber ſehr klein iſt unddurch die Wirkung ſo vieler Urſachen verdeckt wird, welche zu-gleich auf die mittlere Temperatur eines Ortes wirken. Diebis jetzt geſammelten Beobachtungen geben uns nicht den Maaß-ſtab für den fortſchreitenden Anwachs der Wärme zwiſchen demAequator und der Breite von Cumana.