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Alexander von Humboldt: „[Ein neuer Versuch über die grösste Tiefe des Meeres]“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1853-xxx_Ein_neuer_Versuch_ueber-1> [abgerufen am 19.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1853-xxx_Ein_neuer_Versuch_ueber-1
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Titel [Ein neuer Versuch über die grösste Tiefe des Meeres]
Jahr 1853
Ort Berlin
Nachweis
in: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 18 (1853), S. 140–142.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Ziffern.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VII.66
Dateiname: 1853-xxx_Ein_neuer_Versuch_ueber-1
Statistiken
Seitenanzahl: 3
Zeichenanzahl: 4451
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
[Ein neuer Versuch über die grösste Tiefe des Meeres] (Berlin, 1853, Deutsch)
Ein neuer Versuch über die grösste Tiefe des Meeres (Prag, 1854, Deutsch)
Новая попытка измѣрить глубину моря [Novaja popytka izměritʹ glubinu morja] (Moskau, 1854, Russisch)
|140| Der vorsitzende Sekretar trug darauf folgende Mittheilung desHrn. v. Humboldt vor, betreffend einen neuen Versuchüber die größte Tiefe des Meeres. Das Problem des Verhältnisses der Erhöhungen der Conti-nente zu den Tiefen des Meeres ist von Laplace in dem 5ten Bandeder Mécanique céleste behandelt worden. Es hat die Lösung dessel-ben ihn bei Annahme von mittleren Werthen auf Resultate ge-führt, die ich in einem Mémoire „sur le centre de gravité duvolume des terres élevées au-dessus du niveau actuel des eaux dela mer” im Jahre 1843 mit einer großen Zahl wirklicher geodäti-scher Messungen verglichen und zum Theil bestritten habe. Ichhabe geglaubt erweisen zu können, daß die mittlere Höhe der Con-tinente über dem jetzigen Meere als obere Grenze wahrschein-lich nicht viel mehr als 948 Pariser Fuß beträgt, wenn der ebengenannte große Geometer die mittlere Continental-Höhe mehr alsdreimal größer, genau zu 3078 Fuß, annahm. Die Masse der Ge-birgsketten ist so gering, daß z. B. die Kette der Pyrenäen, derenVolum wir mit mehr Sicherheit als das vieler anderen Ketten ange-ben können, auf die ganze Area von Frankreich verstreut, die mitt-lere Höhe des Landes nur um 18 Toisen erhöhen würde. Mehr Sicherheit als diese, theilweise auf Theorien gegründe-ten Betrachtungen gewähren directe Bestimmungen einzelner Maxima von Höhen der Berge und von Tiefen des Oceans. Wennwir uns die Erde, wie den Mond, ohne eine flüssige Umhüllungdenken, so erscheinen uns Bergmassen und Gipfel, ja die ganzeOberfläche der Erde dann erst in ihrer wahren Gestalt. Die neueBestimmung einer ungeheuren Meerestiefe, welche mir der OberstSabine vor wenigen Tagen in einem Briefe aus Woolwich mitge-theilt hat, ist vielleicht würdig die Aufmerksamkeit der Akademieauf sich zu ziehen. Die größte Meerestiefe, die bisher erreicht wor-den war, ist die auf der antarctischen Expediton von Sir JamesRoß(1) gemessene zu
  • 4600 engl. fathoms (27600 feet.) oder25896 Pariser Fuß;
  • lat. austr. 15° 3′, long. 23° 14′ westl. von Greenwich.

(1) Voyage to the Antarctic Regions Vol. II. p. 382.
|141| Am 30 October 1852 hat Capitän Denham of the Royal Navy,commanding the Herald, statt in 4600, in einer Tiefe von
  • 7706 fa-thoms (46236 feet), oder 7230 Toisen, oder
  • 43380 Pariser Fuß,
erst den Meeresboden (Grund) gefunden. Es wurden besondereVorsichtsmittel angewandt, um ein genaues Resultat zu erhalten.Der Versuch geschah im südlichen atlantischen Ocean (lat. austr. 36° 49′, long. 37° 6′ westlich von Greenwich). Das Herabsinkendes Bleis dauerte 9 Stunden 25 Minuten. Ich erinnere mich, daßvor 2 Jahren, ebenfalls im südlichen atlantischen Ocean, aber 9°nördlicher und 8° östlicher, der Lieut. Goldsborough, in Dienstender Vereinigten Staaten, auf einer Überfahrt von Rio Janeiro nachdem Vorgebirge der guten Hoffnung auch tiefe Sonden bis 3100 fathoms oder 18600 feet geworfen hatte.(1) Die Meerestiefe von mehr als 43000 Par. Fuß, welche Cap.Denham vorigen Herbst erreicht hat, ist fast 17000 Par. Fuß größerals die Höhe des Kintschindjinga, des höchsten wohlgemessenenGipfels des Himalaya-Gebirges, den wir seit meines Freundes,Joseph Hooker’s, tibetanischer Reise kennen. Der Kintschindjingahat 4406 Toisen (26438 Par. Fuß). Der Gipfel ist also über diesemtiefsten Punkte der Erdoberfläche 11636 Toisen (69816 Par. Fuß),etwas über drei geographische Meilen, erhaben. Auf der Mond-Oberfläche ist in den zwei höchsten Bergen, Dörfel und Leibnitz, dieser Unterschied zwischen dem Maximum der Erhebung und denMondebenen, sogenannten Meeren, nur 3800 Toisen oder eine geo-graphische Meile. Die Anschwellung der Äquatorial-Gegend desErdsphäroids beträgt kaum das Doppelte der eben angegebenen ab-soluten Höhe (11636 Toisen) eines Gipfelpunktes des Kintschin-djinga über dem niedrigsten jetzt bekannten Punkte des Meeresbo-dens. Der Unterschied der Äquatorial- und Polar-Durchmesserist nämlich 1718,9—1713,1 geogr. Meilen (jede zu 3807,23 Toisenoder 22843 Par. Fuß Länge gerechnet). Vergleichungen positiver und negativer Höhen stellten auchschon die alexandrinischen Philosophen an, wie Cleomedes (Cyclica
(1) Athenaeum 1851 No. 1226 p. 460.
|142| Theor, lib. I cap. 10) und Plutarch uns lehren. Der Letztere sagtausdrücklich im Leben des Aemilius Paulus (cap. 25), wo er derBergmessung des Olympus durch Xenagoras und der von ihm dorteingegrabenen Inschrift erwähnt: „die Geometer glauben, daß keinBerg höher und kein Meer tiefer als 10 Stadien sei.”