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Alexander von Humboldt: „Alexander von Humboldt in Göttingen 1837“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1837-Alexander_von_Humboldt-3-neu> [abgerufen am 26.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1837-Alexander_von_Humboldt-3-neu
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Titel Alexander von Humboldt in Göttingen 1837
Jahr 1843
Ort Leipzig
Nachweis
in: Karl August Varnhagen von Ense, Denkwürdigkeiten und Vermischte Schriften, 2. Auflage, 9 Bände, Leipzig: Brockhaus 1843–1859, Band 5 (1843), S. [173]–176.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: V.57
Dateiname: 1837-Alexander_von_Humboldt-3-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 4
Zeichenanzahl: 5352

Weitere Fassungen
Alexander von Humboldt (Leipzig, 1837, Deutsch)
[Alexander von Humboldt] (Göttingen, 1838, Deutsch)
Alexander von Humboldt in Göttingen 1837 (Leipzig, 1843, Deutsch)
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Alexander von Humboldt in Göttingen 1837.


Das Jubiläum der Univerſität Göttingen iſt durch dieAnweſenheit Alexanders von Humboldt verherrlicht wor-den. Die wiſſenſchaftliche Jugend wußte wohl, was die-ſer Name der Welt bedeutet, aber ſie fühlte zugleich,wie er ihr insbeſondere theuer und werth ſein muß.Denn Humboldt, an Jahren und Verhältniſſen wie durchRang und Stellung dem Kreiſe der Jugend ſchon fern,hat doch nie aufgehört, durch Sinn und Geiſt ihr zuge-wendet und verbündet zu ſein, und mit Vertrauen undLiebe dieſe Zukunft des Vaterlandes zu pflegen und zufördern. In einer Zeit und unter Umſtänden, wo äl-teres Verdienſt und jüngerer Eifer einander ſo leicht ent-gegenſtehen, und neue Richtungen und Formen altenGewöhnungen nur ſtörend werden, hat Humboldt ſtetsdem jüngeren Geſchlecht, auch wo er ihm nicht geradebeiſtimmte, doch die Gerechtigkeit widerfahren laſſen, welchebei ihm aus eigner fortdauernder Geiſtesfriſche und da-mit verbundener höherer Einſicht hervorging. Die Göt-tinger Studirenden haben dies ihr Verhältniß zu dem |174| berühmten Manne richtig gefühlt, und kaum war ſeineAnkunft bekannt geworden, ſo wurde ihm ein Fackelzugund tauſendſtimmig wiederholtes Lebehoch dargebracht,wovon die Zeitungen das Nähere berichtet haben. DieWorte jedoch, mit welchem der Ueberraſchte dieſe Ehren-auszeichnung erwiederte, ſind in öffentlichen Blättern ſehrungenau mitgetheilt worden, und wir glauben daher un-ſern Leſern einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen dieſeImproviſation, wie ſie wirklich Statt gefunden hat, ineiner authentiſchen Auffaſſung hier darlegen. Humboldtſprach, ſobald er nur die eigne Bewegung bemeiſterthatte, und einige Stille geworden war, dieſe würdigeund bedeutungsvolle Anrede: „Unter den verſchiedenartigen Freuden, die mir ineinem vielbewegten Leben geworden ſind, iſt es eine derſüßeſten und erhebendſten, dieſen ehrenvollen AusdruckIhres Wohlwollens zu empfangen.“ „Faſt ein halbes Jahrhundert iſt verfloſſen, ſeit demich in dieſer berühmten Hochſchule, Georgia Auguſta,den edleren Theil meiner Bildung empfing.“ „Viele und tiefeingreifende Wechſel der Weltgeſtal-tungen haben ſeitdem die Erdtheile getroffen, die ich,nach wiſſenſchaftlichen Zwecken ſtrebend, durchwanderte;aber die Bande der Zuneigung, welche die alternden,hinſchwindenden Geſchlechter an die jüngeren, kraft-voll aufſtrebenden dadurch knüpft, daß alle, im aka-demiſchen Leben, aus Einer Quelle geſchöpft, ſind indem raſchen Wechſel der Begebenheiten ungeſchwächt ge-blieben.“ „Deutſchlands Hochſchulen üben noch jetzt, wie vorJahrhunderten, ihren wohlthätigen Einfluß auf die freie |175| Entwickelung geiſtiger Kräfte, auf die ernſten Richtungendes Volkslebens aus.“ „In der Anerkennung dieſes mächtigen Einfluſſes,der dem hochherzigen Gründer dieſer Univerſität, demedlen Vorfahren Ihres Königs, im Geiſte vorſchwebte,bringe ich Ihnen, theure Freunde, tiefbewegt, die Hul-digung meiner liebevollen Dankgefühle dar.“ Das Feuer, mit dem dieſe edlen Worte geſprochenwurden, machte den lebendigſten Eindruck, ſo wie dasMaß, in welchem ſie gehalten ſind, Bewunderung ver-dient. Eine „Feſtgabe zur Säkularfeier der UniverſitätGöttingen“, beſtehend aus Gedichten dreier jungen Dich-ter, Theodor Creizenach, Moritz Carriere, und KarlBölſche, iſt ebenfalls eine Huldigung für Humboldt;das durch ſeinen Inhalt werthvolle und auch im Aeu-ßern zierliche Heft iſt ihm „dem höchſten Gaſte bei die-ſer Jubelfeier“ zugeeignet, und, wir geſtehen es, dieſeBezeichnung hat uns durch ihre innere, mit jugendlichemFreimuth ausgeſprochene Wahrheit, beſonders wohlgefal-len. Von den Gedichten ſelbſt reden wir vielleicht ſpä-ter einmal. Wir begnügen uns, hier anzumerken, daßein Sonettenkranz von Moritz Carriere und TheodorCreizenach ſehr glücklich die bedeutendſten Namen beſingt,welche mit der Erinnerung an Göttingen ſich verflechten.Haller, Lichtenberg, Bürger, Voß, Friedrich AuguſtWolf, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Blumen-bach, Gauß, Jakob und Wilhelm Grimm, und mancheAndere, werden hier in verdientem Ruhme vorgeführt,zuletzt auch Heinrich Heine, der ebenfalls in Göttingenſtudirt hat und Doktor der Rechte geworden iſt. Dieſen |176| Namen hier nicht vergeſſen zu haben, dünkt uns eben-falls ſo löblich als nothwendig, und in welch gutemSinne die Jünglinge hier ihren Lieblingsdichter beurthei-len, ja gewiſſermaßen ſtrafen und warnen, bezeuge dasihn betreffende Sonett ſelber: Heinrich Heine. Von edlen Bluͤthen melden uns die Sagen,Die aus dem beſten Herzblut aufgeſchoſſen,Die aus dem Grab verſunkner Freuden ſproſſen,Und auf den Blaͤttern Schmerzenslaute tragen. So mahnen mich, o Dichter, Deine Klagen,Die aus dem tiefſten Weh der Bruſt ergoſſen,Bald hold und zart, bald ſtark und wild entfloſſen,In ſchlaͤfrigen und duͤſter bangen Tagen. Der Du den Schleier wagteſt aufzuhebenVon bunten Lappen und geſchminkten Leichen,Du haſt gethan, was Dir der Geiſt geboten. Auf aus dem Schlummer, dem Du Dich ergeben!Nun gilt’s, mit Ernſt das Hoͤchſte zu erreichen!Sonſt ſei hinweggeworfen zu den Todten. — Von einem andern, ſehr ſonderbaren poetiſchen Er-zeugniß: „Die Botſchaft aus Elyſium an alle Freundeund Genoſſen der Georgia Auguſta, von Iſidorus; Göt-tingen, bei Vandenhoeck und Ruprecht, 1837“, behaltenwir uns vor, bei nächſter Gelegenheit ein Wort zuſagen. —