Digitale Ausgabe

Download
TEI-XML (Ansicht)
Text (Ansicht)
Text normalisiert (Ansicht)
Ansicht
Textgröße
Originalzeilenfall ein/aus
Zeichen original/normiert
Abbildungen
Zitierempfehlung

Alexander von Humboldt: „Die vollständigste aller bisherigen Beobachtungen über den Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel; angestellt von Herrn Alexander von Humboldt zu Berlin am 20sten Dec. 1806“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1808-Die_vollstaendigste_aller-1> [abgerufen am 26.04.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1808-Die_vollstaendigste_aller-1
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel Die vollständigste aller bisherigen Beobachtungen über den Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel; angestellt von Herrn Alexander von Humboldt zu Berlin am 20sten Dec. 1806
Jahr 1808
Ort Halle
Nachweis
in: Annalen der Physik 29:4 (1808), S. 425–429, Tafel (Tafel 4, Figur 1).
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: II.66
Dateiname: 1808-Die_vollstaendigste_aller-1
Statistiken
Seitenanzahl: 5
Zeichenanzahl: 6005
Bilddigitalisate

Weitere Fassungen
Die vollständigste aller bisherigen Beobachtungen über den Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel; angestellt von Herrn Alexander von Humboldt zu Berlin am 20sten Dec. 1806 (Halle, 1808, Deutsch)
Alexander von Humboldt liefert die Vollständigste aller bisherigen Beobachtungen über den Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel (Rudolstadt, 1809, Deutsch)
|425|

Die vollſtändigſte aller bisherigen Beob-achtungen über den Einfluß des Nord-lichts auf die Magnetnadel;angeſtellt von Herrn Alexander von Hum-boldt zu Berlin am 20ſten Dec. 1806.

Der Leſer dieſer Annalen kennt aus Band XXVI,S. 275, (1807, St. 7,) das Inſtrument, welchesHerr Prony in Paris angegeben hat, um damitdie täglichen Veränderungen in der Abweichungder Magnetnadel mit Bequemlichkeit und großerGenauigkeit zu meſſen. Statt daß Wilke, Cou-lomb, Caſſini, Hällſtröm *) und Gilpin ſich eines Mikroſkops bedienten, unter welchemdie Spitze der Magnetnadel hin und her ſpielte, ver-einte Herr Prony einen parallelepipedariſchenMagnetſtab mit einem Fernrohre von 20 ZollBrennweite, ſo, daß beide horizontal, in paralle-ler Lage, in einem doppelten Gehäuſe mit Glasfen-ſtern, an einem langen Faden ſchwebten, der ausmehrern einfachen Seidenfäden beſtand; das Fern-rohr ließe ſich über und unter den Magnetſtab dre-hen, und an einer 200 Toiſen entfernten Mauerwar eine Eintheilung aufgetragen, an welcher durch
*) Siehe Annalen, XIX, 282.
|426| die Fäden des Fernrohrs die Lage des Magnetſtabesbeſtimmt wurde.
Als ich das Vergnügen hatte, Oſtern 1806 zuBerlin die perſönliche Bekanntſchaft des HerrnFreiherrn von Humboldt zu machen, fandich dieſen unermüdlichen Beobachter eben damitbeſchäftigt, ein Inſtrument dieſer Art auf einem ſo-liden Poſtamente von Mauerwerk in einem Garten-ſaale des Hauſes aufzurichten, welches er bewohn-te, und das für dieſe Gattung von Beobachtungeneine ausgeſuchte Lage hat. Die Reſultate der fort-laufenden Beobachtungen, die hier von ihm in Ge-meinſchaft mit Herrn Oltmanns angeſtellt find,machen einen Theil der noch unbenutzten Schätzeaus, welche die Papiere des Herrn von Hum-boldt in ſo großer Menge in ſich ſchließen. Auchwährend ſeiner Reiſe hatte er an mehrern OrtenBeobachtungen über die ſtündliche Abweichung derMagnetnadel angeſtellt, zum Beiſpiel unweit Li-ma, (Annalen, XVI, 475,) und zu Rom; wasvon den letztern durch Herrn Oberbergrath Kar-ſten in Berlin in das Publicum gekommen iſt, hatdie Erwartung der Naturforſcher auf ſie auf dashöchſte geſpannt. „Ich bin hier mit neuen Verſu-„chen über die ſtündliche Variation vermittelſt ei-„ner Lunette aimentée, die an einem Faden hängt,„beſchäftigt,“ (ſchrieb Herr von Humboldt am22ſten Junius 1805 zu Rom.) „Dieſes Prony’- „ſche Inſtrument giebt eine Genauigkeit von 20 Se-„cunden, und ich habe damit ſtatt der v. Caſſini |427| „beobachteten beiden täglichen Bewegungen, vier „regelmäßige magnetiſche Ebben und Fluthen ent-„deckt, faſt wie die ſtündlichen Oscillationen des„Barometers, über welche Sie in meinem Natur-„gemählde der Tropen viel leſen werden.“ Ein Brief, den Herr Freiherr von Hum-boldt, unmittelbar nach der Beobachtung, vonder darin die Rede iſt, an Herrn Prof. Erman inBerlin ſchrieb, paßt durch ſeinen Inhalt ſo ganz andieſe Stelle, daß ich nicht Gefahr zu laufen glaube,mich der Mißbilligung dieſer eifrigen Naturforſcherauszuſetzen, wenn ich eine Ueberſetzung deſſelbenhier einſchalte. Herr von Humboldt beſtimm-te ihn nicht für eine öffentliche Bekanntmachung;wer indeß ſtets ſo mittheilend mit den Früchten ſei-ner Anſtrengung und ſeines genialiſchen Blicks ge-weſen iſt, als er, würde ſchwerlich dem, der Be-lehrung über dieſe dunkeln Gegenſtände ſuchte, ei-ne ſo ſeltene und doch ſo wichtige Beobachtungvorenthalten, die von ihm mit ſo großer Vollſtän-digkeit und Schärfe gemacht iſt.
„Ich weiß nicht, ob Sie das ſeltene Phänomenbeobachtet haben, das ſich in der vergangenen Nachtgezeigt hat. Ich muß es Ihnen beſchreiben, eheich mich niederlege; denn für dieſe Nacht war diemagnetiſche Wache an mir. Gegen 10 Uhr be-merkten wir, (Herr Oltmanns und ich,) inNNO einen Lichtbogen, der 2° 38′ Breite, und |428| eine gelblich-rothe Farbe hatte. Der ganze Him-mel war wolkenlos und azurblau. Der Stand desMondes hatte keinen Einfluß auf das Phänomen;es war weder ein Hof noch ein Regenbogen. Manerkannte durch das gelbe Licht des Bogens hin-durch Sterne 6ter Größe. Das Maximum der Con-vexität c, (Taf. IV, Fig. 1,) war etwas weſtlicherals die Verticalebene durch die magnetiſche Abwei-chung. Wir haben Beobachtungen angeſtellt, umaus ihnen das Azimuth und die Höhe dieſes Punk-tes zu berechnen, welche 9° ſeyn wird. Die Oeff-nung des Bogens, ab, war 74° 40′. Dieſes ſel-tene Nordlicht dauerte bis 14 Uhr, und verändertewährend dieſer Zeit ein wenig ſeine Stelle. Es wur-de als ſolches von mehrern Perſonen auf der Stra-ße erkannt, auch von dem Herzoge von Weimar,der einen Theil der Nacht in meinem Garten zu-brachte. Das Thermometer ſtand auf 3° R., dasBarometer auf 27″ 8‴,2, ohne ſich zu verändern;erſt um 15 Uhr fing es an zu fallen.“ „Höchſt merkwürdig war der Einfluß dieſesLichtmeteors auf die Magnetnadel. Die Verände-rungen in der Abweichung, welche Nachts ge-wöhnlich nur 2′ 27″ bis 3′ 0″ betragen, ſtiegenwährend des Nordlichts auf 26′ 29″; dieſes iſt inunſern Beobachtungen ohne Beiſpiel. Dabei fandkein magnetiſches Ungewitter Statt; die Schwan-kungen waren nicht beſonders ſtark; und, wasſehr auffallend iſt, das Nordlicht, welches in NNWſtand, ſtieß den Nordpol der Nadel ab; denn ſtatt |429| nach Weſten fortzuſchreiten, ging die Nadel vielmehrnach Oſt zurück. Die Abweichung war am klein-ſten um 9u 12′, ungefähr um die Zeit, als der Bo-gen am helleſten war; die Unregelmäßigkeiten inihr fingen aber ſchon um 6u an, und hörten auf um12u. Die übrigen 8 Stunden der Nacht hindurchverhielt ſich die Abweichung wie gewöhnlich, dasheißt, ſie hatte die verlornen 26′ 29″ wieder ge-wonnen.“ „Die Intenſität der magnetiſchen Kraft war wäh-rend des Nordlichts kleiner als nachher. Es wur-den 21 Schwingungen vollendet:
während des Nordlichtsin 1′ 38″,0 1 37,5 1 37,7 1′ 37″,73
dieſen Morgen unter glei-chen Umſtänden 1′ 37″,3 1 37,0 1 37,2 1′ 37″,17
Ich bin zu müde, um Herrn Tralles zuſchreiben. Haben Sie die Güte, ihm dieſe Zeilenmitzutheilen.“

Abbildungen