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Alexander von Humboldt: „Sammlung einiger Aktenstücke, die vom Herrn Ober-Bergrath von Humboldt entdeckte polarisirende Gebirgsart betreffend“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1797-xxx_Erklaerung-2> [abgerufen am 27.04.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1797-xxx_Erklaerung-2
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Titel Sammlung einiger Aktenstücke, die vom Herrn Ober-Bergrath von Humboldt entdeckte polarisirende Gebirgsart betreffend
Jahr 1797
Ort Freiberg
Nachweis
in: Neues Bergmännisches Journal 1:5/6 (1797), S. 542–548, 553–561.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Schwabacher; Fußnoten mit Asterisken.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: I.60
Dateiname: 1797-xxx_Erklaerung-2
Statistiken
Seitenanzahl: 16
Zeichenanzahl: 16893

Weitere Fassungen
[Erklärung] (Jena; Leipzig, 1797, Deutsch)
Sammlung einiger Aktenstücke, die vom Herrn Ober-Bergrath von Humboldt entdeckte polarisirende Gebirgsart betreffend (Freiberg, 1797, Deutsch)
|542|

Sammlung einiger Aktenſtuͤcke, die vomHerrn Ober-Bergrath von Humboldtentdeckte polariſirende Gebirgsartbetreffend.(S. Neues Bergm. Journal B. 1, S. 257.)

1.Zweite Erklaͤrung des Herrn Ober-Berg-raths von Humboldt *).

In dem 169 Stuͤck des Intelligenzblattsder A. L. Z. 1796 habe ich eine vorlaͤufige Nach-richt von dem großen Magnetberge, den ich imverfloſſenen Herbſte im mittleren Deutſchlandeentdeckt, bekannt gemacht **). Die Lebhaftig-keit, mit welcher vaterlaͤndiſche Naturforſcher ſichſeitdem mit dieſer und andern verwandten Er-
*) Aus dem Intelligenzblatte der Allgem. Litteratur-Zeitung, 1797. N. 38.**) Sie iſt mit der oben angefuͤhrten Nachricht imN. Bergm. Journale, die wir durch die Guͤte einesFreundes vom Herrn Ober-Bergrath von Hum-boldt erhielten, der Hauptſache nach faſt ganzgleichlautend. Anm. d. Herausg.
|543| ſcheinungen beſchaͤftigt haben, beweiſet, wie ſehrder Geiſt der Nachforſchung unter uns rege iſt.Wichtigere chemiſche und phyſiologiſche Arbeiten,die ich unablaͤſſig zu vervollkommnen ſtrebe, hin-dern mich, jenem geologiſchen Phaͤnomene einegroͤßere Muße zu widmen. Doch halte ich esfuͤr meine Pflicht in einer Sache, wo apodiktiſcheEndſcheidung unmoͤglich iſt, und wo der wahreGeſichtspunkt daher um ſo leichter verruͤckt wer-den kann, einige Fragen, welche achtungswertheMaͤnner an mich gethan, hiermit oͤffentlich zubeantworten.
1. „Iſt das Foſſil, welchem jene auffal-lende bis zu den kleinſten Atomen ſichtbare Po-laritaͤt adhaͤrirt, wirklicher Serpentinſtein?“ —Der magnetiſche Gebirgsruͤcken gehoͤrt zu derSerpentinſtein-Formazion. Er enthaͤlt ſehr ver-ſchiedene Lager von reinem, lauchgruͤnem, auf derOberflaͤche verwittertem Serpentinſteine, von Chlo-ritſchiefer, Hornblendſchiefer und Mittelgattungen,die an Sienitſchiefer und Topfſtein grenzen.Geognoſten, welche die Gebirge in der freyen Na-tur beobachtet haben, werden ſich uͤber das Zu-ſammenſeyn (Zuſammenbrechen) dieſer Foſſiliennicht wundern. Auch ſind die oryktognoſtiſchen Unterſchiede hier ganz gleichguͤltig, da es eine |544| Thatſache iſt, daß ſich von zwey Stuͤcken, welcheneben einander brechen, und in denen ſowohldurch die Luppe, als nach kleinen chemiſchen Ver-ſuchen kein Unterſchied der Miſchung zu bemer-ken iſt, das eine wirkſam das andere unwirkſambezeigt. Dagegen uͤben oft zwey andere ganzheterogene Stuͤcke, von denen das eine reinerSerpentinſtein, das andere wahres Hornblend-geſtein iſt, eine gleich ſtarke magnetiſche Kraftaus. Hieraus folgt von ſelbſt, daß ſo noth-wendig die chemiſche Unterſuchung jener Gebirgs-art auf reguliniſches, nicht oxydirtes Eiſen iſt,ſo fruchtloß jede Bemuͤhung einer voͤlligen Zer-legung ſeyn wird. Jede Felskuppe jenes Magnet-berges wuͤrde andere Reſultate geben. 2) "Hat das Foſſil oder vielmehr haben dieGebirgsarten, aus welchen der Magnetberg be-ſteht, einen betraͤchtlichen Eiſengehalt?“ —Bey der großen Verſchiedenheit der Miſchungiſt dieſe Frage weder zu bejahen, noch zu vernei-nen. Sollten auch Stuͤcke entdeckt werden, die40 — 60 p. C. Eiſen enthielten, ſo koͤnnte dieſeEntdeckung doch nur wenig Aufklaͤrung geben,da mehrere uͤberaus wirkſame Stuͤcke, die ichauf Nicholſon’s Wage gewogen, kaum ein ſpez.Gewicht von 1,91 (Waſſer = 1) haben. Ein |545| großer Chemiſt, deſſen Anſehen beſonders in deranalytiſchen Chemie allgemein anerkannt iſt,meldet mir, daß er wirkſame Stuͤcke, in denendie Luppe nichts metalliſches zeigte, unterſucht,und, wie ich, nur hoͤchſt oxydirtes Eiſen gefun-den habe. Hierdurch wird demnach beſtaͤtigt,was ich vor fuͤnf Monaten, wenige Tage nachder erſten Entdeckung aͤußerte; daß man ſich diemagnetiſche Kraft entweder dem vollkommenenEiſenkalke, womit das Foſſil tingirt iſt, oderden erdigen Stoffen adhaͤrirend denken muͤſſe.Der Umſtand, daß man bisher nur reguliniſchesoder hoͤchſt ſchwach oxydirtes Eiſen magnetiſchbefunden hat, und die Erfahrung, daß dieWirkſamkeit der Stuͤcke oft in umgekehrtemVerhaͤltniſſe zu ihrem Gewichte ſteht, ſpricht ſo-gar fuͤr den letztern Satz jener Alternative. 3) „Iſt fein eingeſprengter Magnet Eiſen-ſtein die Urſache jener magnetiſchen Polaritaͤt?“— Unter den vielen Stuͤcken, welche ſeit denletzten Monaten zerſchlagen und unterſucht wor-den ſind, haben ſich allerdings einige gezeigt, indenen Talk, Glimmer, gemeine Hornblende,dichter Feldſpath, Schwefelkies und ſelbſt Ma-gnet-Eiſenſtein eingeſprengt iſt. Herr Ober-Bergrath Karſten aͤußert ſich hieruͤber in einem |546| Briefe an mich auf eine Art, welche den Ge-ſichtspunkt der Streitfrage ſehr richtig beſtimmt:„Ich ſehe mit bloßen Augen hier und da ſehr„fein eingeſprengten Magnet-Eiſenſtein, andere„ſehen ihn wenigſtens mit dem Mikroſcop. Ich„halte dieſen Magnet-Eiſenſtein aber fuͤr ganz„zufaͤllig und ſchlechterdings fuͤr unzuſammen-„haͤngend mit dem Hauptphaͤnomen des Ge-„birgsruͤckens. Ich glaube, daß er wenig oder„gar keinen Einfluß auf die phyſikaliſchen Eigen-„ſchaften der einzelnen Stuͤcke hat, denn ſein„quantitatives Verhaͤltniß iſt ſehr unbedeutend,„und ich habe, wie Sie, geſehen, daß jedes„Staͤubchen des erdigen zerriebenen Pulvers des„Foſſils ohne alle Schwierigkeit vom Magnete„gezogen wird. Wie kann man nun glauben,„daß der ſparſam eingeſprengte Magnet-Eiſen-„ſtein (der in ſo vielen Stuͤcken ohnedies ganz„fehlt,) die Urſache jener intereſſanten Erſchei-„nung ſeyn ſollte?“ — Wie aber, wenn außerdieſem hier und da ſichtbaren Magnet-Eiſenſteineein anderer unſichtbarer ſo fein in dem Foſſilezertheilt waͤre, daß er ſich in jedem zerpulvertenStaͤubchen gleich gegenwaͤrtig und wirkſam zeig-te? Wer die Moͤglichkeit dieſer Annahme mitder Erfahrung von dem geringen ſpez. Gewichteder wirkſamſten Stuͤcke und mit den chemiſchen |547| Erfahrungen, welche nur hoͤchſt oxydirtes Eiſenverkuͤndigen, zuſammenreimen kann, der frey-lich iſt fuͤr mich unwiderleglich! 4) „Beſitzt nicht aller Serpentinſtein ineinem ſchwaͤcheren Grade einige magnetiſcheKraft?“ — Nicht nur einige Serpentine, ſon-dern auch einige Abaͤnderungen von Jade, Pech-ſtein und Feldſpath beunruhigen die Magnetna-del, da hingegen vieler faſriger Braun-Eiſenſteinſie nicht afficirt. Die Urſache dieſes Phaͤnomensverdient die genaueſte Pruͤfung. Einer meinermineralogiſchen Freunde, Herr von Schlottheim,hat hieruͤber eine ſchoͤne Experimentalunterſu-chung angefangen *). Eigenthuͤmliche Polaritaͤthabe ich bisher in jenen Foſſilien noch gar nichtgefunden, doch halte ich das Daſeyn dieſer Eigen-ſchaft fuͤr ſehr wahrſcheinlich. Dagegen habeich Gelegenhelt gehabt, in Deutſchland und Ita-lien ſehr viele, weit verbreitete Lager von Ser-pentinſteine und anderen dieſer Formation unter-geordneten Gebirgsarten zu beobachten, welchedie Bouſſole gar nicht afficirten. Gaͤbe es Con-
*) Herr von Schlottheim giebt davon in einemSchreiben, welches ſich im 2ten Stuͤcke der Che-miſchen Annalen von 1797 befindet, Nachricht. A. d. H.
|548| denſatoren und Duplicatoren des Magnetismus,wie man ſie fuͤr die Elektricitaͤt hat, ſo zweifleich nicht, daß auch jene Gebirgsarten einigeEinwuͤrkung geaͤußert haͤtten. Aber welch einUnterſchied zwiſchen einer ſolchen Kraftaͤußerungund der eines Huͤgels, welcher in 22 Fuß Ent-fernung den Pol der Magnetnadel invertirt? —
5) „Iſt der von dem verewigten Fichtel be-ſchriebene Magnetſerpentin vom Paß Vulkan mit dem von mir beſchriebenen identiſch?“ Nach Fichtels eigner Ausſage ſind beide bis jetzt voneinander zu unterſcheiden, da jener allemalMagnet-Eiſenſtein in Koͤrnern eingeſprengt ent-haͤlt. Neue Unterſuchungen werden indes leh-ren, ob jene ſiebenbuͤrgiſchen Felsmaſſen nichtauch beſtimmte Magnetaxen haben, ob dieſeAxen nicht unter ſich parallel ſind oder einen be-ſtimmten Winkel mit der Magnetaxe des Erd-ſphaͤroids halten? Kein Phaͤnomen ſteht einzelnin der Natur da, und die ſchoͤnſte Frucht phyſi-kaliſcher Entdeckungen iſt die, aͤhnliche aberwichtigere zu veranlaſſen.

F. A. v. Humboldt.


|553|

3.Dritte Erklaͤrung des Herrn Ober-Berg-raths von Humboldt *).

Mit vorzuͤglicher Freude erſehe ich aus demIntelligenzblatt der Allgem. Litteratur-ZeitungNo. 59, daß meine Entdeckung eines großenMagnetberges im mittlern Deutſchland denHerrn von Charpentier zu intereſſanten Verſu-chen uͤber den Magnetismus veranlaßt hat. Die
*) Aus dem Intelligenzblatte der Allgem. Litteratur-Zeitung. 1797. No. 68.
|554| Frage, ob das neue polariſirende Foſſil Serpen-tinſtein oder Hornblendſchiefer ſey, habe ich be-reits in meiner zweiten Anzeige (IntelligenzblattNo. 38, S. 323) beruͤhrt. Es heißt dort aus-druͤcklich: „der magnetiſche Gebirgsruͤcken ge-„hoͤrt zu der Serpentinſteinformation. Er ent-„haͤlt ſehr verſchiedene Lagen von reinem lauch-„gruͤnen, an der Oberflaͤche verwitterten Ser-„pentinſtein, von Chloritſchiefer, Hornblend-„ſchiefer und Mittelgattungen, die an Sienit-„ſchiefer und Topfſtein grenzen. — Foſſilien,„deren Zuſammenbrechen dem praktiſchen Geo-„gnoſten nicht auffallend ſeyn kann.“ Ver-muthlich war aber Herrn von Charpentier, alser ſeine Anzeige abfaßte, die meinige noch nichtzu Geſichte gekommen, und jenes kleine Mißver-ſtaͤndniß iſt alſo von ſelbſt gehoben. Allerdingshaͤtte ich in den Nachrichten, welche ich in denerſten Tagen nach der Entdeckung bekannt mach-te, die oryktognoſtiſchen Verhaͤltniſſe genauerbeſtimmen ſollen; aber ich hielt es fuͤr wichtiger,den Magnethuͤgel mit ſeinen invertirten Polen,mit ſeinen parallelen Magnetaxen, mit ſeinemſich 22 Fuß weit erſtreckenden Wirkungskreiſe,als ein großes geologiſches Phaͤnomen zu ſchil-dern. — Wenn jener vortrefliche MineralogStuͤcke meines Foſſils fand, welche keine Pola- |555| ritaͤt zeigten, (die Stuͤcke wurden doch an derNadel einer Bouſſole, oder mittelſt Kork aufdem Waſſer ſchwimmend unterſucht?) ſo ſcheintmir daraus zu folgen, daß wie im ganzen Ge-birge, ſo auch im kleinen wirkſame und unwirk-ſame Maſſen gemengt ſind. Durch ſorgfaͤltigeVergleichungen habe ich zwiſchen beiden, wiezwiſchen den mehr oder minder wirkſamen, nochkeine Verſchiedenheit der Miſchung finden koͤn-nen. Im Ganzen ſind nach Nicholſon’s Wage,die ſpezifiſch leichtern Stuͤcke die wirkſamſten.Wenn man ausdruͤcklich ſolche auswaͤhlt, indenen Magneteiſen eingeſprengt iſt, und dieſel-ben, jedoch nicht allzufein, zerpuͤlvert, ſo ziehtein ſchwacher Magnet, nicht etwa blos die ſchwar-zen Magneteiſenkoͤrner, ſondern auch jedes an-dere Staͤubchen an. Splitterchen von \( \frac{1}{2} \) LinieLaͤnge und \( \frac{1}{16} \) Linie Breite, welche unter dem Hofmanniſchen Mikroſkope (bei 312400 maligerFlaͤchenvergroͤßerung) als vollkommen durchſchei-nende graulichweiße Schuppen erſcheinen, indenen alſo von Magneteiſen nichts ſinnlich wahr-genommen werden kann, zeigen deutliche Pola-ritaͤt, da ſie dem genaͤherten N. Pol einesMagnetſtabes das eine, dem S. Pol das andereEnde zukehren. Dieſe Thatſache iſt mir vonvielen Phyſikern, die meine Verſuche wieder- |556| holten, beſtaͤtigt worden. Ich kann mich des-halb auch beſonders auf das Zeugnis der HerrenHofraͤthe Lichtenberg und Blumenbach zu Goͤt-tingen, auch des Herrn Prof. Voigt zu Jena berufen, welcher letztere ruͤhmlich bemuͤht iſt, dieStaͤrke jener magnetiſchen Ziehkraft mathema-tiſch zu beſtimmen. — Da gegenwaͤrtig dasIntereſſe der Naturforſcher fuͤr den Magnetis-mus von neuem rege gemacht worden iſt, derAusdruck: magnetiſche Eigenſchaft aber ſo oftmißverſtanden wird, ſo nuͤtze ich dieſe Gelegen-heit, um auf folgenden Unterſchied der Erſchei-nungen aufmerkſam zu machen. Es giebt 1)Stoffe welche den N. und S. Pol einer Magnet-nadel gleich ſtark anziehen, alſo die Bouſſolebeunruhigen, ohne ſelbſt Polaritaͤt zu zeigen undohne Eiſen anzuziehen. Dahin gehoͤren (wieein ſcharfſinniger Mineraloge, Herr von Schlott-heim mir bereits am 6 Jan. meldete) Gruͤn-Erde von Monte Baldo; dichter Feldſpath von Roßwein, Serpentin und Talkerde (auch Ami-anth) von Koſemuͤtz, Bol von Strigau, unddie von Herrn Freiesleben beſchriebene, raͤthſel-hafte Gebirgsart, in welcher der Harzer Schil-lerſpath liegt. Dahin gehoͤren viele Abaͤnderun-gen der Jade, des Pechſteins, und des Granitsvom Drachenfels bey Bonn, dahin gehoͤren die |557| Gebirgsarten, welche Herr von Charpentier auf-fuͤhrt. In mehreren dieſer Foſſilien (im gepuͤl-verten Serpentine von Zoͤblitz und im Pechſteine)habe ich durch den Magnet betraͤchtlich vielMagneteiſen entdeckt. Doch entſcheide ich nicht,ob gerade dies jenes Beunruhigen der Bouſſolehervorbringt, da ſchwach oxydirtes Eiſen eben-falls auf dieſelbe wirkt, und Brugmanns ſelbſtungefaͤrbte waſſerhelle Demante, angebranntenKork, Kirſchkerne, vom Magnet gezogen ſah.(Dem Demant konnte ſogar auf eine Zeitlangeine eigene Polaritaͤt kuͤnſtlich mitgetheilt wer-den.) 2) Stoffe, welche die Bouſſole beunru-higen, keine Polaritaͤt zeigen, aber Eiſen anzie-hen. Dahin gehoͤren einige Abaͤnderungen vonſchwach wirkendem, aber ſehr reinem Magnet-eiſenſteine aus Schweden. 3) Stoffe, welchePolaritaͤt zeigen und Eiſen anziehen. Magnet-eiſen, Kobold. 4) Stoffe, welche eine ſtarkePolaritaͤt zeigen, aber kein Eiſen anziehen.Dieſe Eigenſchaft zeigen am auffallendſten meinpolariſirendes Foſſil, in ungleich minderem Grade(in Hinſicht auf Ausdehnung des Wirkungskrei-ſes und Erhaltung der Polaritaͤt bey mechani-ſcher Zerkleinung) der Fichtelſche Serpentin vomPaß Vulkan, von dem ich mehrere Stuͤcke un-terſucht habe, der Ingermannlaͤndiſche Labrador |558| nach Brugmanns, der Topfſtein von Wallis nach Herrn von Schlottheim, und einige abge-ſchlagene Stuͤcke vom Granit der Harzer Schnar-cher und Feuerſteinklippe nach Herrn Blumen-bach. — Wenn man eingeſprengtes Magnet-eiſen fuͤr die Urſache der Polaritaͤt in dem neuenMagnetiſchen Hornblendegeſteine haͤlt, ſo mußman, bey dem geringen ſpezifiſchen Gewichte,nach logiſchen Regeln annehmen, daß in demFoſſile eine uͤberaus geringe Maſſe mit eineruͤberaus großen Kraft, und zwar mit einer Kraftenthalten ſey, welche von der des uns bisher be-kannten Magneteiſens verſchieden iſt. Wahr-ſcheinlicher moͤchte demnach (falls man es fuͤrunmoͤglich haͤlt, daß die magnetiſche Kraft annicht eiſenhaltige, wie die elektriſche an nichtbernſteinhaltige Stoffe gebunden ſeyn kann), wahrſcheinlicher moͤchte jene polariſirende Eigen-ſchaft in dem oxydirten Eiſen zu ſuchen ſeyn, wo-mit das neue Foſſil tingirt iſt. Wir ſehen, daßwenn die Theile einer Eiſenſtange erſchuͤttert wer-den, der ewig geladene magnetiſche Erdball imStande iſt, ſeine Kraft in die Eiſenſtange uͤber-zutragen. Wie wenn jener große Magnetbergſeine polariſirende Eigenſchaft einer Erſchuͤtterungverdankte? Dieſe Vermuthung, welche einerunſerer erſten Phyſiker geaͤußert hat, gewinnt |559| noch dadurch an Wahrſcheinlichkeit, daß Erd-ſtoͤſſe am Fichtelgebirge gar nicht ſo uͤberaus ſel-ten und ungewoͤhnlich ſind. Wurden nicht alleTheile der Gebirgsmaſſe gleich ſtark erſchuͤttert,ſo mußte die Kraft ſich ungleich mittheilen. KeinWunder daher, daß Stuͤcke unwirkſam blieben,die mit den wirkſamen gleiche Beſtandtheile ha-ben. — Moͤgen doch mehrere Phyſiker undGeognoſten ſich mit mir vereinigen, die magne-tiſchen Erſcheinungen, wie die elektriſchen, imGroßen, und zwar in der freyen Natur zu beob-achten. Wie wichtige Entdeckungen laſſen ſichauf dem Wege nicht, beſonders im noͤrdlichenEuropa uͤber die Magnetaxen einzelner Gebirgeund uͤber die Unabhaͤngigkeit ganzer Bergkettenvon dem allgemeinen Magnetismus des Erd-ſphaͤroids erwarten.

F. A. v. Humboldt.


|560|

4.Vierte Erklaͤrung des Herrn Ober-Berg-raths von Humboldt *).

In meiner letzten Anzeige uͤber den großenMagnetberg am Fichtelgebirge (IntelligenzblattNo. 65, S. 565) habe ich bereits angefuͤhrt, daßStuͤcke, in denen kein eingeſprengtes Magnet-eiſen bey den ſtaͤrkſten, mikroſcopiſchen Ver-groͤßerungen ſinnlich wahrgenommen werdenkann, vollkommene Polaritaͤt zeigen. Neuer-lichſt habe ich einen Verſuch angeſtellt, welchernoch deutlicher beweiſet, wie wenig jenes zufaͤlligeingemengte Magneteiſen als Urſache des großenPhaͤnomens betrachtet werden kann. Von derwirkſamſten Kuppe des Magnetberges wurden,in geringer Entfernung, zwey Stuͤcke abgeſchla-gen, welche der große Freyberger Mineralog,Herr Werner, beyde fuͤr Serpentinſtein und,nach aͤußeren Kennzeichen, fuͤr voͤllig uͤberein-ſtimmend erkannte. Das eine derſelben iſtſtark polariſirend, das andere iſt ſo unwirkſam,daß es die Bouſſole auch nicht einmal beunruhi-get. Von beiden Stuͤcken habe ich 470 Gr.
*) Aus dem Intelligenzblatt der Allgem. Litteratur-Zeitung 1797. No. 87.
|561| gepuͤlvert, und mittelſt eines Magnetſtabes undoͤftmaligen Schlemmens, nicht nur in beidenwirkſamen Magnet-Eiſenſtaub entdeckt, ſondernauch gefunden, daß die Menge deſſelben im wirk-ſamen Stuͤcke nur 1,5 im unwirkſamen faſt 5 pro Cent des ganzen betrug.

F. A. v. Humboldt.