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Alexander von Humboldt: „Schichtung der Gebirgsarten am südlichen Abfall der Küstenkette von Venezuela gegen das grosse Becken der Ebenen (Llanos). Aus einem Briefe des Herrn Alexander v. Humboldt an Herrn Ewald“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1853-Schichtung_der_Gebirgsarten-1> [abgerufen am 27.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1853-Schichtung_der_Gebirgsarten-1
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Titel Schichtung der Gebirgsarten am südlichen Abfall der Küstenkette von Venezuela gegen das grosse Becken der Ebenen (Llanos). Aus einem Briefe des Herrn Alexander v. Humboldt an Herrn Ewald
Jahr 1853
Ort Berlin
Nachweis
in: Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft 5 (1853), S. 18–20, Tafel.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua; Auszeichnung: Kursivierung, Kapitälchen, Schriftgradverkleinerung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VII.53
Dateiname: 1853-Schichtung_der_Gebirgsarten-1
Statistiken
Seitenanzahl: 3
Zeichenanzahl: 5845
Bilddigitalisate

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Schichtung der Gebirgsarten am südlichen Abfallder Küstenkette von Venezuela gegen das grosse Beckender Ebenen (Llanos).Aus einem Briefe des Herrn Alexander v. Humboldt anHerrn Ewald.

(Hierzu Taf. II.) Es wird mir angenehm sein, wenn Sie es übernehmenwollten, unserer Societät ein Blatt vorzulegen, das vor mehrals dreiundfunfzig Jahren gezeichnet ist. Die verdienstvollenBemühungen von Hermann Karsten und der combinirendeScharfsinn unseres grossen, dahingeschiedenen Geognosten,des theuern Leopold v. Buch, haben ganz neuerlichst dieAufmerksamkeit auf die Sedimentformationen, besonders aufdie Kreideformation von Venezuela und Neu-Granada geleitet.Vielleicht hat es einiges Interesse, die periodisch wechseln-den älteren Formationen von grünen Schiefern, Serpentin undGrünstein, wie die plutonischen Eruptivmassen (Mandelsteinund Porphyrschiefer) ins Auge zu fassen, die das ehemaligeUfer des neptunischen grossen Seebodens (der Llanos deCaracas) bilden. Die Ränder solcher Becken konnten leichterzu Ausbrüchen Anlass geben. Diese Verhältnisse sind vonmir sehr sorgfältig im Voyage aux régions équinoxiales (kleineAusgabe Vol. VI. p. 30 bis 38, Vol. X. p. 261 bis 275 und305) beschrieben, aber in Deutschland wenig beachtet, wahr-scheinlich wegen der Schlechtigkeit der deutschen Ueber-setzung, die mir übrigens ganz unbekannt geblieben ist. Eswäre sehr zu wünschen, dass das Alter des Kalksteins derMorros von San Juan, die ich nicht habe besuchen können,genauer bestimmt würde. Nach meinen astronomischen Orts-bestimmungen und barometrischen Höhenmessungen liegen |19| die Küste bei dem Hafen Puerto Cabello Breite 10° 28′ 22″,Länge 70° 37′ 3″; Nueva Valencia in den Valles de Ara-gua Breite 10° 9′ 56″, Höhe 234 Toisen; Villa de Cura Breite 10° 2′ 47″, Höhe 266 Toisen; das Dorf San Juan Breite 9° 55′ 4″, Höhe 194 Toisen.
In Betreff der vorliegenden, im Jahre 1800 ausgeführten, jedoch hierzum ersten Male publicirten Profilzeichnung, in welcher die erste geo-gnostische Kunde der Küstengebirge von Venezuela und die schon da-mals vollkommen erkannte Struktur derselben sich vergegenwärtigt, mö-gen aus den im obigen Briefe des Herrn v. Humboldt citirten Stellendes Voyage aux régions équinoxiales folgende Daten, die sich auf dieGesteine sowie auf die horizontalen und vertikalen Dimensionen jenesGebirges beziehen, angeführt werden: Die Gneiss- und Glimmerschieferzone, welche den nördlichen Theildes Küstengebirges von Venezuela einnimmt, hat vom Meere bis zu der Villa de Cura eine Breite von zehn Stunden. Sie besteht da, wo dasProfil hindurchgelegt ist, nämlich unter 70° 5′ westlicher Länge von Paris, aus zwei Parallelketten, von denen die südliche ausschliesslichvon Gneiss und Glimmerschiefer gebildet wird, während in der nördli-chen ausserdem auch noch Granit zu Tage tritt. Zwischen beiden Ket-ten bilden die Hochebenen von Aragua ein Längenthal, in welchem Nueva Valencia 234 und der See von Tacarigua 222 Toisen über demMeere liegen. Der südliche Abfall des Küstengebirges, vom Plateau von Cura (266 Toisen über dem Meere) bis zu den Llanos, hat noch eine Breitevon acht Stunden. In diesem Theile des Profils ist es, wo jener Wechsel von grünenSchiefern, Grünsteinen und Serpentinen eintritt, der immer bestimmtersich als eine an den entferntesten Punkten der Erde wiederkehrendeGesteins-Association zu erkennen giebt. Schwärzlichgrüne, kleinkörnige,quarzfreie Grünsteine bilden in diesem Theile des Profils die Hauptmasseder Gesteine; dunkelolivengrüne Serpentine von unebenem Bruche tretenuntergeordnet dazwischen auf; die grünen Schiefer sind stellenweise aus-gezeichnet talkig und enthalten Hornblende, jedoch weder Glimmer nochQuarz. Südlich von Malpasso, wo der grüne Schiefer seine Hornblendeverliert, geht er in die blauschwarzen Schiefer von Piedras azules über. Mitten aus diesem Wechsel von Gesteinen erheben sich wie Schloss-ruinen die Kalkfelsen, welche die Morros von S. Juan bilden. Der Kalkder Morros ist krystallinisch, theils sehr dicht, theils löcherig und vongrünlichgrauer Farbe; einzelne Glimmerblättchen sind darin eingemengt;er enthält Bänke eines dunkeln schiefrigen Gesteins, worin man eineAnnäherung an Uebergangsthonschiefer oder Kieselschiefer erkennt; erbildet vielleicht ein untergeordnetes Lager innerhalb der aus grünenSchiefern, Grünsteinen und Serpentinen bestehenden Gesteinsreihe und |20| gehört ohne Zweifel einer der alten paläozoischen Formationen an. Allediese Gesteine haben ein ziemlich regelmässiges Einfallen gegen dieKüste hin. An den Kalk der Morros sind andere versteinerungsführendeKalke von offenbar jüngerem Ursprunge angelehnt. Wenn man südlich gegen die Llanos fortschreitet, so ist es zwischen Parapara, Ortiz und dem Cerro de Flores, wo man auf augithaltigeMandelsteine und auf Phonolithe gelangt. Letztere stimmen genau mitden bekannten des böhmischen Mittelgebirges überein und sind durcheingestreute Krystalle von glasigem Feldspath porphyrartig. Sie liefernden sichersten Beweis, dass es Gesteine von evident eruptiver Natur undverhältnissmässig neuer Entstehung sind, welche am Rande der Llanos,an der Grenze zwischen diesen und dem Küstengebirge hervortreten.Die Mandelsteine haben eine bläulichgraue Farbe, sind blasig, enthaltengeborstene Augitkrystalle und Mesotyp, und sondern sich zu concentrischschaligen Kugeln ab. Sie schliessen sich eng an die Phonolithe an undgreifen zwischen die Grünsteine so hindurch, dass sie mit denselben inWechsellagerung angetroffen werden. Diese Phonolithe und Mandelsteine bilden kegelförmige Berge, diesich nur 30 bis 40 Toisen über die Llanos erheben. Die Llanos selbstliegen hier in der Regel nur 40 bis 90 Toisen über dem Meere, in ihrerMitte die kleine Stadt Calabozo (Breite 8° 56′ 8″, Länge 70° 10′ 40″)in einer Höhe von 94 Toisen. Ewald.

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