Digitale Ausgabe – Übersetzung

Auszug aus dem Brief von Humboldt

Paris, den 1. Juli 1831. … „Ich nehme mir die Freiheit, Sie an meinen Wunsch zu erinnern, in Havanna eine regelmäßige Reihe stündlicher magnetischer Beobachtungen eingerichtet zu sehen. Für den Fortschritt der Wissenschaften wäre es überaus nützlich, wenn wir unsere Beobachtungen der stündlichen Variationen von Peking über Irkutsk, Kasan, Berlin, Freiberg und Paris bis nach Havanna ausdehnen könnten. Bisher haben wir noch keinen festen Punkt in den Tropen, noch dazu in einer Region, in der die Abweichung östlich sein wird. Es handelt sich dabei lediglich um vier Beobachtungen im Jahr, während der Solstitien und der Äquinoktien (Abstand 24 bis 36 Stunden), und zwar stündlich. So gehen wir hier an allen Orten vor. Damit die Arbeiten miteinander in Einklang stehen, möchten wir, daß Sie das Instrument für die stündlichen Abweichungen, das sich sehr von dem zur Messung der absoluten magnetischen Variation unterscheidet, bei Herrn Gambey in Paris, rue Pierre Levec, Faubourg du Temple Nr. 17 in Auftrag geben. Es kostet nicht viel und ist in den physikalischen Lehrwerken von Pouillet und Despretz (ebendieser, 1827, Seite 476) beschrieben. Um eine breitere Aufmerksamkeit für die Ergebnisse zu gewinnen, die ich schon durch die Einrichtung solcher magnetischer Stationen von Peking bis Berlin gesammelt habe, empfehle ich Ihnen, daß Sie meine kleine deutsche Einleitung, die der Abhandlung von Herrn Dove vorangestellt ist, übersetzen lassen und in einer Zeitschrift in Havanna publizieren. Ich bezweifle nicht, daß auf einer Insel, auf der die Patriotische Gesellschaft schon so viele Beweise ihres edlen Bestrebens geliefert hat, dem Fortschritt alles Nützlichen und Ehrenwerten zu dienen, meine Wünsche auf Zustimmung treffen werden. Ich möchte Sie bitten, die Beobachtungen, die Sie zu den oben bezeichneten Zeitpunkten machen (natürlich wären Beobachtungen an anderen Tagen auch sehr wünschenswert), an das Institut de France und an die Akademie zu Berlin zu übermitteln. Wir veröffentlichen dann alle Arbeiten gesammelt in Poggendorffs Annalen. Sie werden, mein Freund, bei sich selbst, unter der großen Zahl gut ausgebildeter Offiziere, deren sich die spanische Marine zu allen Zeiten rühmen konnte, und unter den Lehrern der höheren Schulen alle Voraussetzungen und den notwendigen Sachverstand vorfinden, um das Instrument richtig aufzustellen und seinen Gang an Orten zu beobachten, an denen keine äußeren Umstände oder zufälligen Vorkommnisse die Ergebnisse verfälschen. Es ist sehr wichtig, sorgfältig aufzuzeichnen, mit welcher Nadelspitze beobachtet wurde (mit der für Nord oder der für Süd), und ob die Abweichung dieser Spitze nach Ost oder West weist. Die Vernachlässigung dieser Angaben führt regelmäßig zu erheblichen Fehlern. Die Mikroskope, mit denen die Abweichungen gemessen werden, könnten über viele Monate hinweg unbewegt an derselben Stelle bleiben, besonders in den Tropen, wo die Amplitude der stündlichen Abweichungen besonders klein ist. Der Gang der Nadel soll nicht an den eingravierten Unterteilungen am Rand gemessen werden, sondern an den Linien im Elfenbein, welches unmittelbar unter den Faden des Mikroskops zu legen ist. Sie werden die Bedeutung dieser Ratschläge verstehen, wenn Sie beginnen, das Instrument zu benutzen. Für die Wissenschaft wäre es ein Glück, wenn die korrespondierenden Beobachtungen bereits am 21. Dezember 1831 oder am 20. März 1832 beginnen könnten. (Siehe meine Abhandlung, Seite. 5.) In einem Seehafen, so berühmt für die Reichweite seines Handels und die schönen Baulichkeiten der königlichen Marine, ist es sicher ein Leichtes, die Aufmerksamkeit (vor allem einiger einflußreicher oder gebildeter Persönlichkeiten) auf das gesamte Phänomen des Magnetismus zu lenken. Und zwar auf Folgendes: 1° Die absolute Variation und die Veränderungen über eine große Anzahl von Jahren. (Im Januar 1801 habe ich 6° 22’ 15’’ Ost gemessen.) 2° Die stündlichen Variationen zu verschiedenen Jahreszeiten, Veränderungen durch Störungen im Inneren der Erde oder durch das Nordlicht, auch dann, wenn es vom Beobachtungspunkt aus nicht zu sehen ist. 3° Die magnetische Inklination (nach der Boussole von Borda) und ihre jährlichen Veränderungen. Ich habe in Havanna im Dezember 1800 53° 22’ gemessen, Sabine im Jahr 1822 51° 55’, bei jeder Messung die Pole wechselnd. Herr Gambey kann auch ein Instrument beschaffen zur Untersuchung der verschiedenen stündlichen Abweichungen der Inklination, die Herr Arago entdeckt hat. 4° Die Intensität der Magnetkräfte, gemessen durch die Oszillationen einer horizontalen Nadel. Diese vier Instrumente würden bei Gambey (und ich bestehe darauf, daß er es sein muß, der sie baut) nicht mehr als hundert Louis kosten. Wie löblich wäre es also, wenn die Königliche Marine, die Patriotische Gesellschaft oder irgendeine andere Körperschaft sich der Theorie des Erdmagnetismus durch so kräftige Unterstützung annehmen würde! Wenn es Ihnen aber nicht gelingen sollte, alsbald alle genannten Instrumente zu beschaffen, dann bemühen Sie sich, mein Freund, jedenfalls zumindest den Apparat für die stündlichen Abweichungen zu bekommen. Ich verbleibe Ihr etc. A. H.