Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. October 1857. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberreichung folgender Geschenke: 1) J. M. Ziegler, Neue Karte der Schweiz. Winterthur 1857. 2) J. M. Ziegler, Erläuterungen zur Neuen Karte der Schweiz sammt Register für diese und die Hypsometrie der Schweiz. Winterthur 1857. 3) Zweites Ergänzungsheft für die Besitzer des Schul-Atlas in 29 Karten. Schul-Atlas von Theodor Freih. v. Liechtenstern und Henry Lange. Dritte Section, 7 Special- Karten enthaltend. 4) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. F. III, 2. 5) Vier- und dreißigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Enthält: Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im J. 1856. Breslau. 6) 1856—1857 Victoria. Second Meteorological Report, with Diagrams of Barometric Pressure etc. 7) Deutschland und die angrenzenden Länder. Eine orographisch-geognostische Skizze von Daniel Völter. Mit einer geognostisch-colorirten Karte. Zweite Aufl. Eßlingen 1857. 8) Die Münzen Australiens. 9) Om Dodeligheden i Norge. Bidrag til Kundskab om Folkets Kaar. Af Eilert Sundt. Christiania 1855. 10) Om Giftermaal i Norge. Bidrag til Kundskab om Folkets Kaar og Saeder. Af Eilert Sundt. Christiania 1855. 11) Om Saedeligheds-Tilstanden i Norge. Af Eilert Sundt. Christiania 1857. 12) Beretning om Fanteeller Landstrygerfolket i Norge. Bidrag til Kundskab om de laveste Samfundsforholde. Af Eilert Sundt. Andet Oplag. Christiania 1852. Herr Prof. Ehrenberg theilte zuerst der Gesellschaft mit, daß Herr G. Neumayer ihm aus Neu-Holland zwei Blätter einer deutschen Zeitung in Folio-Format übersandt habe, welche in Melbourne jetzt erscheint. Ein in einer wissenschaftlichen deutschen Gesellschaft daselbst gehaltener Vortrag des Herrn Neumayer, welcher von der Königl. Bairischen Regierung mit physikalischen Instrumenten und sonstigen Mitteln versehen, daselbst sich niedergelassen hat, ist darin abgedruckt. Uebrigens bemerkte der Vortragende, daß in No. 268 der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 25. Sept. d. J. in der Beilage von einer wichtigen geographischen Entdeckung desselben Herrn Neumayer Nachricht gegeben wird, wonach er auf der Hinreise in 53° 4′ S. Br. und 72° 24′ O. L. eine neue Inselgruppe berührt und mit dem Namen „König Max-Inseln“ bezeichnet hat. Die Lage dieser Inseln würde demnach zwischen die Meridiane der Crozet-Inseln und Kerguelens-Land fallen. Sie erstrecken sich bis 53° 47′ S. Br. und 73° 40′ O. L und haben bis 1000 Fuß hohe Berge und bis zum Meere abfallende Eismassen. Eine Landung unterblieb. Von Vegetation ist nicht die Rede. Hierauf theilte derselbe aus einem an ihn gerichteten Schreiben Herrn Alexander von Humboldt’s, vom gestrigen Tage, mehrere sehr interessante Nachrichten mit, deren Veröffentlichung gestattet ist. Herr von Humboldt schreibt: „Ich besitze zwei deutsche Kansas-Blätter, die ich beilege, in deren eine Nachricht von einer neugegründeten Humboldtstadt enthalten ist, — nicht zu verwechseln mit der älteren Stadt Humboldt etwas nördlich vom Cap Mendocino, in der seit mehreren Jahren ein in Californien vielgelesenes Blatt unter dem Titel Humboldt-Times herauskommt.“ Ueber die Humboldt-Bai und Humboldt-City in Californien haben wir in dieser Zeitschrift (N. F. I, S. 256) bereits berichtet. Ueber die Humboldt-City in Kansas veröffentlichen wir unter den Miscellen dieses Heftes die Angaben der oben erwähnten Kansas-Blätter, denen auch die Notiz über den Besuch bei den Cherokee-Indianern entlehnt ist. „Mehr, glaube ich, wird die geographische Gesellschaft Prof. Burmeisters Aufnahme einer Ansicht der Cordilleren von Chile interessiren, von Mendoza aus, also von Osten gesehen. Ich habe die Rolle über Buenos Aires erhalten, ohne weitere Beschreibung. Es ist ein Werk rühmlichen Fleißes und großer Genauigkeit in den Umrissen .... Später werde ich die Zeichnung dem Archive der geographischen Gesellschaft übergeben, damit Prof. Burmeister selbst nach seiner Rückkehr darüber disponiren kann.“ Diese Aufnahme besteht in einer colorirten Handzeichnung auf zwei zusammengehörigen Blättern, und ist dieselbe, die Burmeister in seinem Schreiben an Herrn A. v. Humboldt, d. d. Mendoza 16. April 1857 (abgedruckt in diesem Bande der Zeitschrift S. 73) in Aussicht stellte. Er hatte sich damals durch die trübe Witterung verhindert gesehen, die Zeichnung sofort zu entwerfen. Ferner theilt Herr von Humboldt folgende interessante Nachrichten über Bonpland mit: „Von meinem theuern Freunde Bonpland, der in bester Gesundheit am 28. August sein vier und achtzigstes Geburtsfest zu feiern gedachte, habe ich durch Herrn General-Consul v. Gülich angenehme und lehrreiche Briefe aus Corrientes vom 7. Juni 1857. Er hatte, ganz mit wissenschaftlichen Unternehmungen lebhaft beschäftigt, einem jungen deutschen Reisenden, Herrn Julius Fischer, seine Herbarien gezeigt. Er suchte alle Doubletten zusammen für das neue Museum zu Corrientes, dessen Leitung ihm von der Regierung übertragen ist. „J’ai promis,“ heißt es in dem Briefe, à Mr. le Gouverneur de la Province de Corrientes, Don Juan Pujol, homme très éclairé, les doubles de toutes mes collections pour le Musée Public et je remplirai ma promesse. Ce travail terminé je devrais parcourir les différentes provinces de la Confédération Argentine, mais s’il m’est possible je préférerais porter moi-même mes collections à Paris pour les déposer au Musée ainsi que mes manuscrits et prendre les mesures necessaires pour la publication de ce qu’il y a d’important dans mes herbiers qui ne laissent pas d’avoir de l’intérêt. Mon voyage en Europe doit être de courte durée, car je veux revenir à St. Ana où je suis tranquille et heureux. Je veux être enterré sous les arbres que j’ai plantés. Diese Stelle des Briefes ist sehr beruhigend. Sie giebt die Bürgschaft, daß mein Freund nie daran gedacht hat, seine botanischen, unedirten Schätze in einem unbesuchten Provinzial-Museum zu vergraben, sondern daß er diese Schätze noch immer den Botanikern Europa’s bestimmt. Sollte er die Reise nach Paris und Berlin, von der er so oft in früheren Briefen gesprochen, nicht ausführen können, so wird er Vorkehrungen treffen, seine Herbarien und Manuscripte (letztere sind von großer Wichtigkeit für die Geographie der Pflanzen) auf sicherem Wege an die Professoren des Jardin des plantes zu Paris zu senden. Dort im Jardin des plantes werden schon aufbewahrt alle botanischen Tagebücher, welche Bonpland und ich (er zu drei Vierteln des Ganzen) in der gemeinschaftlichen Reise vom Juni 1799 bis August 1804 gehalten haben.“ „Am Ende des Briefes heißt es noch: „Je compte bientôt aller d’ici à San Borja et je serai de retour à Corrientes dans le courant de Septembre. Je travaillerai alors sans relâche aux herbiers et je mettrai à part pour la Prusse et de préférence pour l’Université de Greifswalde qui m’a donné tant de marques de son souvenir bienveillant, le plus de plantes possible propres à cette partie de l’Amérique si peu visitée jusqu’ici.“ Demnächst legte Herr Prof. Dove mehrere neue Schriften vor und besprach in Kürze den Inhalt derselben. Aus dem Report of the British Association in Cheltenham for 1856 (London 1857) theilte derselbe die abweichende Behauptung eines Herrn Clibburn mit, daß die europäische Race in Amerika aussterbe, während die chinesischen Einwanderer das Klima vortrefflich ertrügen. — Die „Grundzüge der Schlesischen Klimatologie von Dr. J. G. Galle, Breslau 1857“ wurden als eine Arbeit bezeichnet, wie sie sonst keine Provinz des preußischen Staates besäße. — Außerdem wurde auf die Wichtigkeit vorgelegter meteorologischer Beobachtungen vom Cap der Guten Hoffnung (First Number of Meteorological Papers published by Authority of the Board of Trade. London 1857) hingewiesen, indem dieselben bestätigten, daß, wenn im Sommer die Luft sich über Asien auflockere und sich in Folge dessen der Luftdruck daselbst bedeutend vermindere, die dort aufsteigende Luft nicht der südlichen Erdhälfte zuströme, sondern seitlich abfließe, wodurch eines Theils der Luftdruck in Amerika erhöhet, anderen Theils aber der obere Passat gehemmt und gezwungen würde, sich zu früh auf die Erde herabzusenken, woraus dann weiter die bekannten Wirbelstürme in West- Indien und im chinesischen Meere entsprängen. Herr Dir. August legte der Gesellschaft eine neue Sonnenuhr seiner Erfindung vor, die an jedem Orte sofort aufgestellt werden kann und die Zeit richtig angiebt, und besprach das Princip, nach welchem sie construirt ist. Herr Geh. Reg. R. Prof. Schubert aus Königsberg sprach über die wichtigen Kataster-Karten Baierns und Würtembergs. In Baiern hatte man 1826 mit der Katastrirung des Landes begonnen und dieselbe mit einem Kostenaufwande von 20 Mill. Gulden ausgeführt. Gleichzeitig wurden die Ergebnisse chartographisch verzeichnet, und auch diese große Unternehmung ist 1856 beendet worden. Jetzt besitzt Baiern eine Landeskarte im Maßstabe von 1:5000 auf 26,000 Steinen; von allen Steinen sind Abzüge angefertigt und zu 12 Kreuzern für das Blatt verkäuflich; in jeder Gemeinde sind Originalblätter ausgelegt, auf welchen jede Veränderung der Flur verzeichnet und so das Material zu einer alljährlichen Revision der Karte gewonnen wird. Nach diesen Katasterkarten ist denn auch die militärische Karte bearbeitet worden. — Würtemberg faßte beinahe gleichzeitig denselben Gedanken, wählte für seine Katasterkarte aber einen doppelt so großen Maßstab, 1:2500, der für die Stadtpläne abermals auf 1:1250 erhöht wurde. Auch in diesem Lande hat man von den Karten, die zu demselben billigen Preise wie in Baiern käuflich sind, für die verschiedenen Zwecke der Landes-Cultur den mannichfaltigsten Gebrauch gemacht. Herr Prof. Wolfers verglich den eben verstrichenen Sommer mit den Sommern der Jahre 1842 und 1846 in Berlin und legte eine graphische Darstellung vor, welche die Temperatur-Verhältnisse derselben zur Anschauung brachte. Wenn man hiernach als Anfang und Ende des Sommers denjenigen Tag annimmt, an welchem die mittlere tägliche Temperatur wenigstens +15° R. beträgt, so hat der Sommer 1842 vom 28. Mai bis 9. Sept., der Sommer 1846 vom 22. Mai bis 12. Sept., der Sommer 1857 vom 21. Mai bis 18. Sept. gedauert. Der letzte Sommer unterscheidet sich von den beiden andern hauptsächlich dadurch, daß er ein Extrem der Temperatur von +27°,2 R. hervorgebracht hat, während die Extreme der Sommer von 1842 und 1846 beziehungsweise nur +25°,6 und +24°,9 R. betrugen. In der durchschnittlichen, mittleren Temperatur überwiegt er nicht erheblich, denn die durchschnittliche Temperatur dieser drei Sommer beläuft sich auf beziehungsweise +14°,8, +15°,1 und +15°,6 R. In allen drei Jahren war übrigens der August der heißeste Monat. Die Zahl der Sommertage (mit mindestens +15° R.) belief sich 1842 auf 53, 1846 auf 67, 1857 auf 74. Gewitter- und Regentage gab es 19 im Sommer 1842, 21 im Sommer 1846 und 26 im Sommer 1857. Herr Prof. Dove fügte hinzu, daß das Extrem der Wärme im preußischen Staate innerhalb des letzten Augustmonats zwischen +25° und +29° schwanke. Nur in Hela sei das Maximum nicht über +20°,5 hinausgegangen. Uebrigens sei das Maximum der Wärme nach Osten hin etwas später eingetreten. Eine viel größere Verschiedenheit zeige die im Laufe dieses Monats gefallene Regenmenge. Herr Prof. Mahlmann überreichte seine „Politisch-statistische Karte vom Oesterreichischen Staate, Berlin 1857“ und besprach die dabei benutzten Materialien. Schließlich legte Herr Prof. Dove seine Schrift „über das Gesetz der Stürme. Mit einer Karte. Berlin 1857“ vor, und indem er sich über die Entstehung der Stürme ausführlicher äußerte, bezeichnete er es namentlich als eine irrige Vorstellung, daß alle Stürme Wirbelstürme (Cyclonen, wie sie Piddington genannt hat) wären.