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Alexander von Humboldt: „Möllhausen’s Reise in den westlichen Theilen der Vereinigten Staaten“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1857-Alexander_von_Humboldt_ueber_Moellhausen-3> [abgerufen am 16.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1857-Alexander_von_Humboldt_ueber_Moellhausen-3
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Titel Möllhausen’s Reise in den westlichen Theilen der Vereinigten Staaten
Jahr 1857
Ort Berlin
Nachweis
in: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde 3 (1857), S. 260–262.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua; Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VII.126
Dateiname: 1857-Alexander_von_Humboldt_ueber_Moellhausen-3
Statistiken
Seitenanzahl: 3
Zeichenanzahl: 7877

Weitere Fassungen
Alexander v. Humboldt über Möllhausens Reise nach der Südsee (Stuttgart; Augsburg, 1857, Deutsch)
[Alexander v. Humboldt über Möllhausens Reise nach der Südsee] (Haarlem; Den Haag, 1857, Niederländisch)
Möllhausen’s Reise in den westlichen Theilen der Vereinigten Staaten (Berlin, 1857, Deutsch)
Tagebuch (Zürich, 1858, Deutsch)
Preface by Alexander von Humboldt (London, 1858, Englisch)
Vorwort (Leipzig, 1858, Deutsch)
Voorrede van Alexander von Humboldt (Zutphen, 1858, Niederländisch)
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Möllhausen’s Reise in den westlichen Theilen derVereinigten Staaten.

Die Verlagsbuchhandlung von H. Mendelssohn in Leipzig legt dem Publicumden Prospect eines Prachtwerkes vor, welches unter dem Titel: „Tagebuch einerReise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee. Von Balduin Möllhau-sen. Nebst einem Vorwort von Alexander von Humboldt“ demnächst er-scheinen wird. Der Verfasser hatte schon vor der Reise, deren Resultate in demangekündigten Werke niedergelegt werden sollen, Gelegenheit gehabt, das Gebiet,dessen Erforschung er sich mit Vorliebe gewidmet hat, kennen zu lernen, da eran dem Reise-Unternehmen, welches S. K. H. der Herzog Paul Wilhelm vonWürtemberg nach den Rocky Mountains veranstaltete, Theil genommen und vomFort Laramie ab, wo sich diese Expedition durch die Unwegsamkeit des Bodens,durch starken, den Augen verderblichen Schneefall und das Hinsterben der Pferdezur Umkehr veranlaßt fand, theils mit Ottoe-Indianern, theils mit Omahas dreiMonate hindurch die nördlichen Landschaften als Jäger durchstrichen hat. DerEifer des jungen Reisenden und sein schönes Talent, Scenen aus der Natur unddem Volksleben der Indianerstämme in charakteristischer Auffassung durch Zeich-nungen wiederzugeben, verschafften ihm die Gunst Alexander v. Humboldt’s, derdem lebhaften Wunsche Möllhausen’s, die von ihm besuchten Gegenden genauerdurchforschen zu können, durch warme Empfehlungen bei den Behörden der Ver-einigten Staaten und bei der Smithsonian Institution gern förderlich war. DieseEmpfehlungen hatten den gewünschten Erfolg: Möllhausen wurde als Zeichnerund Topograph bei der Expedition angestellt, die unter Leitung des LieutenantsWhipple im Auftrage der Regierung zur Bestimmung der südlichen Eisenbahn-richtung nach dem Stillen Ocean abgesandt wurde. Nach einer Abwesenheit voneinem Jahre und fünf Monaten kehrte Möllhausen im März 1854 nach Europazurück und legte seine Beobachtungen in dem Werke nieder, dessen Publicationwir nun in Kurzem erwarten dürfen. Im gegenwärtigen Moment ist der Verf.auf einer dritten Forschungsreise begriffen, da er sich der Expedition zur Erkun-dung des R. Colorado und R. Gila unter Lieut. Ives angeschlossen hat.Möllhausen’s „Tagebuch“ bezieht sich demnach auf das Gebiet zwischen demMississippi und den Rocky Mountains, — ein Gebiet, welches in Folge der immerdringlicher hervortretenden Nothwendigkeit, eine bequeme Communication zwischenden pacifischen und atlantischen Staaten der nordamerikanischen Union herzu-stellen, einer großen Bedeutung und einer schnellen Entwickelung entgegengeht.Aber das erwähnte Gebiet ist noch in einer anderen, in ethnographischer Hinsichtvon hervorragender Wichtigkeit. A. v. Humboldt hat sie in seinem Vorwort zuMöllhausen’s Werke so meisterhaft hervorgehoben, daß wir es uns nicht versagenkönnen, die betreffende Stelle unsern Lesern vollständig mitzutheilen.„Die Horden“, sagt A. v. Humboldt, „welche zwischen Neu-Mexico unddem Rio Gila leben, ziehen aus örtlichen Ursachen noch darum die Aufmerksam-keit auf sich, weil sie auf der Straße der großen Völkerzüge zerstreut sind, die,von Norden gegen Süden gerichtet, vom sechsten bis zum zwölften Jahrhundertunter den Namen der Tolteken, der Chichimeken, der Nahuatlaken und der Az-teken das südliche tropische Mexico durchwandert und theilweise bevölkert haben.|261| Bauwerke und Reste des Kunstfleißes dieser, zu einer Art höherer Cultur ge-langten, Nationen sind übrig geblieben. Man bezeichnet noch, durch alte Tradi-tionen und historische Malereien geleitet, die verschiedenen Stationen, d. h.das Verweilen der Azteken am Rio Gila und an mehreren süd-süd-östlichenPunkten. Es sind dieselben in meinem mexicanischen Atlas angegeben; unddie 1846 vom Ingenieur-Lieutenant W. Abert und später von Möllhausengesehene, vielstöckige Bauart großer Familienhäuser (Casas grandes), zu denenman durch, nächtlich eingezogene, Leitern aufstieg, bietet noch jetzt Analogiender Construction bei einzelnen Stämmen.“„Da die übrig gebliebenen, zum Theil gigantesken Sculpturen, wie die Unzahlreligiöser und historischer Malereien der pyramidenbauenden, der Jahrescyclenkundigen Tolteken und Azteken sehr übereinstimmend menschliche Gestalten dar-stellen, deren physiognomischer Charakter besonders in Hinsicht der Stirn undder außerordentlich großen, weit hervortretenden Habichtsnasen von der Bildungder jetzt Mexico, Guatemala und Nicaragua in der Zahl vieler Millionen bewoh-nenden, ackerbautreibenden Eingeborenen abweicht: so ist von großer ethno-graphischer Wichtigkeit die Lösung des, schon von dem geistreichen Catlin be-handelten, Problems, ob und wo unter den nördlichen Stämmen sich Gestaltenund Gesichtsbildungen finden lassen, die nicht bloß als Individuen, sondern raçen-weise mit den älteren monumentalen übereinstimmen. Sollten nicht bei der ame-rikanischen nord-südlichen Völkerwanderung, wie bei der asiatischen ost-west-lichen, zu welcher der Anfall der Hiungnu auf die blonden Yueti und Usünden frühesten Anstoß gab, nördlich vom Gila, wie dort im Caucasus (auf dempontischen Isthmus), einzelne Stämme zurückgeblieben sein? Alles, was in demNeuen Continent mit den gewagten Vermuthungen über die Quelle eines gewissenGrades erlangter Civilisation, was mit den Ursitzen der wandernden Völker(Huehuetlapallan, Aztlan und Quivira) zusammenhängt, fällt bisher wiein den Abgrund der historischen Mythen. Unglaube an eine befriedigende Lö-sung des Problems bei dem bisherigen, noch so bedauernswürdigen Mangel vonMaterialien, darf aber nicht dem fortgesetzten Bestreben nach muthiger ForschungSchranken setzen. Die Frage nach solchen Ueberbleibseln der wandernden Völkerim Norden findet in Catlin’s, auf dem Berliner Museum auf bewahrten Oelbil-dern, wie in Möllhausen’s Zeichnungen mannichfaltige Befriedigung. Auch hatsie eine werthvolle Arbeit auf dem Felde der Sprachen veranlaßt, welche dieSpuren des Azteken-Idioms (nahuatl) auf der Westseite des nördlichen Amerika’sverfolgt. Professor Buschmann, mein talentvoller, vieljähriger Freund, hat ineinem von ihm unternommenen Werke einige vor einem halben Jahrhundert vonmir geäußerte Ueberzeugungen bekräftigt und in Arbeiten, die er gemeinschaftlicheinst mit meinem Bruder, Wilhelm von Humboldt, unternommen, seine tie-fen Kenntnisse der alten Azteken-Sprache historisch nutzbar gemacht.“Wir dürfen also in Möllhausen’s Werke mannichfacher Belehrung entgegen-sehen, wie sie ein unbefangener, an Auffassung des Charakteristischen geübterBeobachter zu bieten vermag. Die Verlagshandlung hat das Ihrige gethan, durchelegante Ausstattung, Druck und Papier das Werk in einer wohlgefälligen Formvorzulegen, die mit gutem Recht als ein Zeugniß für die Fortschritte der Typo-graphie in Deutschland betrachtet werden darf. Die zahlreichen Illustrationen in|262| Farben- und Tondruck, welche dem Werke beigegeben werden sollen, sind,sämmtlich nach den im Besitze Sr. Majestät des Königs befindlichen Original-Aquarellen des Verfassers, theils von Winckelmann und Söhne, theils von Storchund Kramer ausgeführt worden; das dem Prospect beigegebene Blatt, ein Jagd-trupp von Ottoe-Indianern, verspricht lebhafte, höchst anschauliche Darstellungen.Ein von Prof. E. Hildebrandt gemaltes Titelblatt: Colorado River und Bill Wil-liams Fork soll von Kretzschmar’s Meisterhand in Holzschnitt ausgeführt werden;demselben Künstler ist auch die Ausführung der anderen Holzschnitt-Illustrationenübertragen worden. Den Entwurf und die Zeichnung einer speciellen Karte hatHerr Lange in Leipzig übernommen. So verspricht das Werk, für dessen in-nern Werth Humboldt’s Vorwort bürgt, auch in seiner äußern Ausstattung einejeder Bibliothek zur Zierde gereichende Erscheinung zu werden und wir könnennur wünschen, daß die Bemühungen der Verlagshandlung bei dem Publicum dieverdiente Anerkennung und Aufmunterung finden.