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— Alexander v. Humboldt erhielt am 24. Jan. vom Berliner Stadtmagi-ſtrate das
Ehrenbürgerrecht mittelſt folgenden „Ehrenbürger-Briefes:„Wir, der Magiſtrat der königl. Haupt- und Reſidenzſtadt Berlin,
ur-kunden und bekennen hiermit, daß wir, im
Einverſtändniſſe mit der
Stadt-verordneten-Verſammlung, Seine Excellenz den königlichen Geheimen
Rath,Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften ꝛc.,
Ritter des ſchwarzen Adler-Ordens Herrn Freiherrn Friedrich Wilhelm
Heinrich Alexander von Hum-boldt, den Ehrenmann des Deutſchen Volkes,
dem Er eine reiche Quelle derFortbildung, Belehrung und ſittlichen
Erhebung geworden iſt; — der imDienſte der
Wiſſenſchaft während eines langen mühevollen Lebens mit
ſelte-ner Geiſtesklarheit und Herzenswärme die
ausgezeichnetſten Erfolge erreichteund Sich Selbſt einen
unſterblichen Ruhm und Namen errang; — der ins-beſondere
den Geſetzen der Natur in dem organiſchen Leben in allen
Erd-theilen nachforſchte, dieſe Geſetze mit
Scharfſinn erkannte und da zur Klar-heit brachte, wo bisher Verwirrung
herrſchte; deſſen ſcharfem Blicke dasInnere der
Erde und das Geheimniß der Geſtaltung der Erdoberfläche
ſicherſchloß, und der in allen Gebieten der
Naturwiſſenſchaft neue Erkenntnißgefördert und neue
allſeitig bereits anerkannte Syſteme geſchaffen hat unddie
Einheit der Welt-Erſcheinungen zur Anſchauung brachte; im
Anerkennt-niſſe dieſer Seiner hervorragenden Stellung in
der Wiſſenſchaft, und im An-erkenntniſſe
Seiner ſeltenen Eigenſchaften als Menſch und Bürger
unſererStadt, der Er ſeit 84 Jahren angehört und in der Er bis
auf dieſen Tagin ungeſchwächter Kraſt und voller
Geiſtesfriſche fortwirkt, zum Ehren-bürger der Stadt Berlin ernannt haben.
Deſſen zur Urkunde und alsein Zeichen der ganz beſonderen
und aufrichtigen Verehrung iſt dieſer „Eh-ren-Bürger-Brief“ unter unſerer Unterſchrift
und unter Anhängungunſeres großen Stadt-Inſiegels ausgefertigt
worden.“ (Folgen die Unter-ſchriften)Alexander v. Humboldt erwiderte auf dieſe Zuſchrift:„Sie haben mir, hochverehrte Männer, durch den lebendigen und bered-ten Ausdruck des
Wohlwollens dieſer großen Stadt, die ich heute mit erhöh-tem Stolze
meine Vaterſtadt nenne, eine Ehre erwieſen, die von keiner
dererübertroffen wird, welche mir durch die frühe Aufmunterung meiner
Zeitge-noſſen in einem langen und vielbewegten Leben zu Theil
geworden ſind.Was von den ruhmvollen und großen
ſcientifiſchen Vereinen ausgeht, beziehtſich auf den Anbau
des Wiſſens, des Erkennens, des Forſchens; auf
diemühevollen, nicht immer gefahrloſen Beſtrebungen die
phyſiſche Welt derErſcheinungen, und das was wir von ihren
ewigen Geſetzen zu verſtehenglauben, vernunſtmäßig zu
deuten. Sie dagegen berühren durch das, wasSie mir ſo liebevoll
darbieten, eine andere Region: die der Gefühle, derheiligen Pflichten und
zarten Bande des Bürgerlebens. Sie ſchenken mirdurch Ihre Gabe das
ehrenvolle Zeugniß, daß Sie Ihre Billigung nichtverſagen den Richtungen
meiner Geſinnung und Wünſche als Bürgers undGliedes des
gemeinſamen Vaterlandes; nicht der Wärme und Ausdauer, mitwelcher ich
(ſeit mehr als einem halben Jahrhundert) in allen meinen Schrif-ten
dieſe Richtungen unwandelbar zu vertheidigen ſtrebe. Worte fehlen
mir,um dieſer großen, durch Kunſtliebe und Gewerbefleiß
verherrlichten Stadt,die das Centrum der Monarchie bildet, und mich zu ihrem
Ehrenbürger er-nannt hat, meinen tiefgefühlten Dank darzubieten. Dieſer
Dank empfängthier noch eine höhere Weihe in der Erinnerung an die immer
fortwachſendeSorgfalt, mit der die Väter der Stadt, zur Freude eines
hochbegabten, meinAlter durch ſeine Huld verſchönernden
Monarchen, die Mittel vervielfältigen,durch welche zwanglos Erhöhung der
Intelligenz und veredelnde Sittlichkeitauch in die ärmeren arbeitenden und
ſchon deßhalb um ſo beachtungs-wertheren Schichten des
Volkslebens dringen. Die edelſte und eine unver- welkliche Blüthe des
Wohlſtandes iſt die, welche ſich im Schooße
fortſchrei-tender geiſtiger Cultur entfaltet.“