Grossbritannien.
Einem Briefe Alexander von Humboldt’s
an Berth. Seemann entnehmen wir Folgendes:
„Es ist mir eine grosse, grosse Freude, aus demMunde eines so viel begabten und viel gereisten Natur-forschers freundliche Worte der Zufriedenheit über meineSchilderungen der Tropen-Vegetation zu vernehmen.Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Ihren liebens-würdigen Brief, für Ihr ehrenvolles Anerbieten, meinemNamen einen so schönen Platz in Ihrem wichtigenWerke: „Reise um die Welt und drei Fahrtennach dem Nördlichen Polarmeere“ zu schenken.Unser gemeinschaftlicher Freund Ritter, der mir so vielErfreuliches über Ihre Persönlichkeit gesagt, hatte zuerstmeine Aufmerksamkeit auf Ihre „Botany of theVoyage of H. M. S. Herald“ geleitet und ich hattevolle Befriedigung in dem gefunden, was mich schonwegen der Geographie der Pflanzen und der Localitätenvon Örtern interessirte, die wegen der oceanischenKanalverbindung mich schon über ein halbes Jahrhun-dert beschäftigen. Ich hörte zuerst, als ich im Mai 1801in Cartagena de Indias war, im Hause eines sehr gebil-deten Kaufmannes, Don Ignazio Pombo, von demglücklichen Unternehmen des Piloten Gogueneche,
den Cacao von Guayaquil über Cupica, den Naipipi undAtrato nach Europa zu bringen, und seit der Zeit habeich Cupica und den Golf von San Miguel mir als diegeeignetsten Punkte zu einem Kanal ohne Schleusenvergebens vorgestellt. So sehr ich mich des Ernstesfreue, mit dem Sir Charles Fox den einen Punkt(Golf von San Miguel und Puerto Escoces) einer Ac-tiengesellschaft vorschlägt, so sehr bedaure ich, das
dem Publikum keine gründlichern und ausführlichernMessungen vorgelegt worden sind, als die Schriften derHerren Dr. Cullen, Gisborne und Dunlop enthalten.Der jetzige Zustand wissenschaftlicher Kultur und dieVervollkommnung aller Mittel der Erforschung erheischeneine bessere Befriedigung. — Da Sie, verehrter Mann,wie ich hoffe, noch das schöne Kew bewohnen, dassich in vorsündfluthlicher Zeit 1790 mit GeorgeForster zum ersten Male besuchte, um von dort ausdas noch nicht begrabene Riesenfernrohr und den ein-fachen und auch darum so grossen William Herschel
in Slough zu sehen, so bitte ich Sie, zwei meiner theuer-sten, besten Freunde, Sir William Hooker und denSüdpoler und tibetanischen Sohn, innigst zu grüssen.Diese Beiden, Sie, der Sie schon einen so grossen Theilder Erde durchwandert sind, ich, welcher diese unleser-liche Handschrift und schiefen Linien einer Lähmung desArmes verdanke, die ein dreimonatlicher Schlaf auf einerfeuchten Lage Laubes bei Nacht und hier und da phos-phorescirender Blätter in den Orinocco-Wäldern veran-lasste, — wir alle haben ein meist frohes, freies, beiweitem etwas lästiges Handwerk getrieben und machendarum eine eng verbundene Genossenschaft aus. Diesererfreue ich mich, der Ergrauteste unter Ihnen, der aberan dem Ruhme der Jüngern, des neuen, reichlicher mitKenntnissen ausgestatteten Geschlechts, den wärmstenund ungeheucheltsten Antheil nimmt. Mit den freund-
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|Spaltenumbruch| schaftlichsten Gesinnungen, deren Motive ich einemtheuern Landsmanne nicht zu entwickeln brauche,zeichne ich mich
Ihr anhänglichster
Alexander v. Humboldt.
Sanssouci, den 30. Juli 1853.“