Die Auffindung der Nordwest-Passage durch Capitain M'Clure. (Hierzu Tafel VI.) a. Aus einer Zuschrift Al. von Humboldt's an C. Ritter. .... Anbei übersende ich Ihnen die neue Admiralitäts-Karte der North- West-Passage , über welche die Zeitungen so widersprechende, mit keiner Karte übereinstimmende Nachrichten gegeben hatten. Alles mußte unverständlich bleiben, so lange man ignorirte, daß das ehemalige, die Barrows- Straße schließende Banks-Land in zwei Inseln, Barings-Insel (nach einem der Chefs der Admiralität, Sir Alexander Baring, also genannt) und Prince-Albert's-Land, gespalten ist. Der Kanal, der beide Inseln trennt, und den M'Clure auf dem Investigator durchsegelt ist, um von den Wassern, die Kotzebue's-Sund und das westliche Nord-Amerika bespülen, in die Banks- und Melvilles-Sunde zu gelangen, ist das eigentliche Theater der Durchfahrt. Der Mann der Durchfahrt blieb aber im Eise stecken und die Nachricht gelangte durch den Capitain der Travelling-Parties, die längs der nördlichen Küste der Banks-Melvilles-Barrow-Lancaster-Straße sich an Inglefield's Expedition anschlossen, nach England . Der Titel dieser am 11. April d. J. in London erschienenen Karte ist: Chart shewing the North West Passage discovered by H. M. Ship Investigator, also the Coast explored in Search of Sir J. Franklin, by Sir James Ross 1848--49, Capt. Mc Clure 1850, Capt. Austh 1850, Mr. Penny 1850, Mr. Rae 1851, Mr. Kennedy 1852, Capt. Inglefield 1852--53, by E. A. Inglefield Commander H. M. S. Phoenix. Hydrogr. office Admiralty 11. Oct. 1853. Die zu dieser Notiz gehörende Tafel ist ein verkleinertes Stück derselben. Al. von Humboldt. M'Clure, der Entdecker der Nordwest-Passage, wurde im December 1849 mit dem Investigator nach der Behringsstraße gesandt, und folgte vom Juli bis September 1850 der Küste Nord-Amerika's vom Cap Barrow (156° w. L. von Gr.) an bis Cap Bathurst (127°). Hierauf segelte er in nordwestlicher Richtung nach dem sogenannten Bankslande und fand dasselbe aus 2 großen Inseln, einer westlichen, von ihm Baringsinsel genannten, und einer östlichen, dem Prinz Alberts-Land, bestehend. Die beide Inseln trennende Meerenge nannte M'Clure Prince of Wales Strait. Jetzt heißt sie North West Passage, und sie wurde durch M'Clure im Sommer 1850 untersucht. Dieser ging dann zurück in die Straße und überwinterte von 1850--1851 an deren Nordmündung. Nachdem er endlich um die ganze südliche und westliche Seite der Baringsinsel herumgegangen war, blieb er den zweiten Winter 1851--1852 in der Mercy-Bai am Nordrande der Insel, wo die letzte durch Banks- Strait von Melville-Island getrennt wird. Die Travelling Parties waren ihrerseits über Banks-Strait nach der Melville-Insel gegangen und hatten im Sommer 1853 bis August die ganze Küste der letzten Insel und die Fortsetzung der Barrowsstraße bis Wellington-Channel verfolgt, wo Capitain Inglefield mit seinem Schiff Phönix den Lieut. Creswell vom Investigator aufnahm und nach England mit seinen Depeschen brachte. Die Nordwest-Passage geht von 114--120° L. G. in SSW--NNO.- Richtung; die Nordostspitze von Prinz Alberts-Land liegt im 73° 5'. Al. von Humboldt. M'Clure ist, gleich dem Nordfahrer Capitain Kellet, nach einer Notiz des Northern Whig, ein Irländer und zwar aus der Provinz Ulster gebürtig. Ueber seine Entdeckungen spricht sich neuerlichst A. Petermann in folgender ehrenvollen Weise aus (Athenäum vom 22. October 1853 Nr. 1356): "Unter den geographischen Resultaten, die bis jetzt in den arctischen Regionen erzielt wurden, ist die Entdeckung der Nordwest-Passage eine der augezeichnetsten. Es ist ein ehrenvoller Triumph für England, durchgeführt zu haben, was fast unmöglich schien. M'Clure nimmt eine der ersten Stellen im Range der arctischen Entdecker ein. Dem wahren Geographen wird seine Entdeckung für mehr als eine geographische Curiosität, viel mehr für eine geographische Hauptformation der Erdoberfläche (Geographish feature) gelten müssen. Denn die Passage ist unzweifelhaft nur einer der unzähligen Canäle und Passagen, die für die arctischen Regionen so characteristisch sind. -- Wellingtons Channel, welcher das östlich gelegene North Devon nebst Albert-Land von dem westlichen Cornwallis-Land, Bathurst-Land und The Queens-Land im Westen trennt, wurde nebst seiner nördlichen Fortsetzung, dem The Queens-Channel, bekanntlich durch Capit. Penny's zur Aufsuchung Sir John Franklin's ausgesandten Expedition im Jahre 1850--1851 sehr gründlich untersucht, indem Capit. Pennys Travelling parties besonders dem Westrande der Straße bis Steward-Point und Sir Robert Inglis-Bai, also bis 76° 25' n. Br. folgten, während Sutherland den Ostrand erforschte. Die ganze Folge der wichtigen Untersuchungen von Penny's Expedition findet sich sehr anschaulich dargestellt in A. Petermann's, unter dem Titel: A Chart of Arctic Regions shewing the recent discoveries and illustrating Dr. Sutherlands account of a voyage performed by an expedition under the command of Capitain Penny in search of Sir John Franklin 1850--1851 zu London vor Kurzem erschienenen Uebersicht. -- Banks-Land galt bisher als der nördlichste, durch die von Capit. Perry entdeckte Mellville-Strait von Melville-Island getrennte Rand eines ununterbrochenen, ungeheuern, von Ost nach Westen fortsetzenden Landstrichs, welcher durch das Nord-Polarmeer von der Nordküste des Continents geschieden wurde, und dessen südlichste Ränder man Wollaston- und Victoria-Land genannt hatte. Gumprecht. b. Weiterer Bericht über M'Clure's Entdeckungen . Der nachfolgende Bericht ist im Original von einer Skizze begleitet, die weniger vollständig und genau ist, als die unserem Aufsatz beigefügte Karte. Gumprecht. Die Rückkehr des Dampfschiffs Phönix, welches der zur Aufsuchung Sir James Franklin's bestimmten Expedition Sir E. Belcher's neuen Proviant zuführen sollte, hat uns die interessanteste Kunde aus den Nord-Polargegenden, gleichzeitig aber auch Nachrichten der betrübendsten Art gebracht. Das Athenäum vom 15. October Nr. 1355 S. 1224--1227 giebt einen sichtlich aus officiellen Quellen geflossenen Bericht über den ganzen Gang dieser Untersuchungen, welche endlich zu der Lösung eines Problems führte, das drei Jahrhunderte hindurch den Unternehmungsgeist der seefahrenden Nationen, namentlich aber der britischen, beschäftigte. Mit der M'Clure gelungenen Auffindung der Nordwest-Passage zwischen dem Atlantischen und Stillen Ocean ist so die lange Reihe der Forschungen rund um den Continent von Amerika endlich zum Abschlusse gekommen. M'Clure gelang es nämlich, von der Behrings-Straße im Westen bis auf 60 engl. Meilen von der Melville- Straße vorzudringen. Nach den letzten Nachrichten erwartete er dort nur den Aufbruch des Eises, um durch diese Straße auf dem Ostwege nach England zurückzukehren. Zwar hatte dieses Problem hinsichtlich der früher von seiner Lösung erwarteten Handelsvortheile bereits längst alles Interesse verloren. Doch ist die endliche Lösung dieser schwierigen Aufgabe ein wissenschaftlicher Triumph, welcher der englischen Flagge zu neuer Ehre gereicht. Zu der Einsicht in die Nutzlosigkeit der Nordwest-Passage für Handelsverhältnisse kam noch die Trauerbotschaft über das spurlose Verschwinden der Franklin'schen Expedition. In der That wurde das glänzende Resultat der wirklichen Auffindung der NW.-Passage der wissenschaftlichen Welt dadurch bitter getrübt, daß keine Aufklärung über das Schicksal Franklin's und seiner Unglücksgefährten hatte erlangt werden können. Als M'Clure England verlies, erklärte er mit Zuversicht, er werde Sir J. Franklin mit Capit. Crozier wiederfinden oder die NW.-Passage entdecken. Das letzte ist ihm gelungen, das erste nicht. Das Schicksal Franklin's und seiner Unglücksgenossen ist in dem früheren Dunkel verblieben. M'Clure war erst Lieutenant in Sir James Roß Expeditionsschiff Enterprise. Nach seiner Beförderung ging er als Volontair mit der zweiten Expedition zur Behrings-Straße. Indem er mit dem Commando des Investigator unter dem Ober-Commando des Capit. Collinson von der Enterprise betraut wurde, folgte er diesem Führer Anfang des Jahres 1850 nach der Behrings-Straße. Da Capit. Collinson das Packeis nicht durchbrechen konnte, trennte er sich von M'Clure und segelte nach Hong-kong, wo er überwinterte. M'Clure gehorchte jedoch dem von Capit. Kellet, Befehlshaber des Herald, gegebenen Signal zur Rückkehr nicht und beharrte kühn auf seinem Entschluß, nach NO. zu schiffen. Er nahm so die ganze Verantwortlichkeit seines Ungehorsams auf sich. Glücklicher Weise wurde seine Kühnheit mit Erfolg gekrönt, und merkwürdig ist es, daß Capit. Kellet, der letzte Mann, den er bei seiner Einfahrt in das Eis im Westen gesehen, auch derjenige war, der nach Verlauf von 3 Jahren ihn im Osten der Melville's-Insel wieder aus dem Eise erretten sollte. Capit. M'Clure's sehr voluminöse Berichte vom 5. August 1850 lehren uns zuvörderst, daß er die Barrow-Spitze am NO.-Ende der Behrings- Straße umschiffte, daß er dann zuerst nach Osten zu immer dicht am Ufer fortfuhr und so dem nordamerikanischen Continente folgte. Den 9. August passirte er die Mündung des Colville. Den 11. desselben Monats wurde eine Notiz auf dem ganz mit Treibholz überlagerten Jones Island niedergelegt. Hier trat man in Verkehr mit den Eingebornen. Einer von ihnen hatte eine Flinte mit dem Namen Barnett und der Jahreszahl 1840 auf dem Schloß. Die diebische Art dieses Volkes fand auch M'Clure bestätigt. Für Taback tauschte man Lachse und Enten ein. Von da wand man sich weiter durch enge Wasserstraßen bis zu den Pelly-Inseln an der Mündung des Mackenzie, die am 21. August erreicht wurden, worauf man dann am 24. August bis Warren, nahe Cap Bathurst, gelangte. Hier trug sich ein Umstand zu, der näher untersucht zu werden verdiente. Indem man nämlich zu landen versuchte, wiesen zwei Eingeborne mit drohenden Geberden die Fremdlinge zurück. Nur mit großer Mühe konnte man sie beschwichtigen, worauf sie erzählten, daß ihr ganzer Stamm, mit Ausnahme ihres Häuptlings und dessen kranken Sohnes, beim Anblick des Schiffes entflohen sei; als Ursache gaben sie an, das Schiff möchte vielleicht den Tod eines Weißen rächen wollen, den sie vor einiger Zeit ermordet hätten. Durch den am Bord des Investigator befindlichen Dolmetscher berichteten sie, daß einige weiße Männer in einem Boote dahin gekommen und sich ein Haus gebaut hätten, worin sie lebten. Zuletzt ermordeten die Eingeborenen einen von diesen; die anderen seien entflohen, wohin, das wußten sie nicht. Der Ermordete ward in ein Grab gelegt, das sie zeigten. Capit. M'Clure sagt, daß ein dicker Nebel ihn in der Untersuchung des Grabes verhindert habe, und daß er zu seinem Schiffe zurückkehren mußte. Es ist sehr zu bedauern, daß die Richtigkeit dieser Erzählung nicht ermittelt werden konnte. Die Fabeleien Adam Beck's von der Ermordung weißer Männer durch Eskimo's und die bekannte Uebertreibung dieser letzten in allen Erzählungen muß freilich solche Angaben verdächtig machen. Doch lag hier die Möglichkeit der Berichtigung ganz nahe. Schwerlich werden sich die Eingeborenen eines Mordes selbst anklagen, wenn sie ihn nicht begangen hätten. Eine ähnliche Aussage wurde schon einmal mitgetheilt (im Jahre 1848, Nr. 1094 S. 1029 des Athenäums) und erweckte zu ihrer Zeit große Theilnahme. Ein Brief wurde deshalb am 1. März 1848 vom Chief-Factor Macpherson an die Admiralität gerichtet, worin es heißt: "Eine Nachricht vom Peels-Fluß sagt, die Eskimo's erblickten zwei große Boote (Erforschungsschiffe?) im Osten des Mackenzie-Flusses, voll weißer Männer. Diese Eskimo's zeigten den Peels-Fluß-Indianern allerlei Messer, Draht u. a., die sie von den Weißen erhalten hätten. -- Konnten diese von Franklin oder von Rae erhalten sein? Der Peels-Fluß ist ein von Süden kommender und fast genau unter dem 135° w. L. Gr. nach Norden fließender Strom, der sich unterhalb Fort Macpherson in seinem untersten Lauf mit dem Mackenzie nahe an dessen Delta verbindet und mit ihm vereinigt das Nord-Polarmeer erreicht. Gumprecht. Von Rae konnten sie nicht herstammen; die Localität würde aber der Route vollkommen entsprechen, welche ein zurückkehrendes Boot der Franklin-Expedition über den Mackenzie genommen haben dürfte. Die Uebereinstimmung der Localitäten ist überraschend. Da M'Clure selbst hierüber keine nähere Untersuchung anstellen konnte, so ist zu erwarten, daß die Hudsons-Bai-Compagnie nachträglich eine genauere Erforschung dieser Angaben sich angelegen sein lassen wird. Bei Fortsetzung von M'Clure's Küstenfahrt gegen Osten ward das Meer sehr seicht, doch blieb die Fahrt sicher, und so erreichte man am 6. Septbr. das Cap Parry. Von hier aus erblickte M'Clure ein Hochland gegen ONO.; er nahm davon Besitz und nannte es Baring-Insel. Zwei Tage später sah er in NNO. wieder Land, das er Prince Alberts-Land nannte. Dieses steht im Zusammenhange mit dem Wollaston- und Victoria-Land, und dehnt sich nordwärts bis 73° 71' n. Br. und 112° 48' w. L. aus. Hier befand sich M'Clure nahe an Rae's Entdeckungen vom Jahre 1851. Der Investigator wurde nun durch den Prince of Wales-Straße genannten Canal gesteuert, welcher die Baring-Insel von Prince Alberts-Land scheidet. Er zieht nach NO. und zeigte sich höchst günstig, um die See im Süden von der Melville-Insel zu erreichen. In der Mitte der Straße entdeckte man eine Menge Inseln, die man Prinzeß-Royal-Inseln nannte. Auf einer derselben wurde ein Magazin mit dreimonatlichem Proviant für 60 Mann angelegt, wobei man zugleich ein Boot und Munition zurücklies. Weiter den Canal aufwärts schiffend, gelang dies wieder bei sehr sicherer Fahrt bis zum 11. Sept., wo das Schiff von Eisschollen umlagert, mehrmals kaum der Zerstörung entging. Dies dauerte bis zum 8. Octbr. An diesem Tage fror das Schiff nahe am Nordost-Ausgange der Straße ein. Während der hier verbrachten Winterstation wurden mehrere Excursionen in die Umgebung gemacht, welche bald zu der Erkenntniß führten, daß die Straße in die Barrow-Straße einlaufe, und daß die NW.-Passage bestimmt ermittelt worden sei. Wäre die See nur wenige Tage länger offen geblieben, so hätte die Fahrt in Einem Sommer und in nicht längerer Zeit, als 2 [Formel] Monat, zurückgelegt werden können. Aengstlich wurde auf den Sommer 1851 gewartet. Im Frühlinge erforschte man die Küste in NO. undSO. in der Richtung gegen Banks-Land und Wollaston-Land, wobei man Eskimo's-Stämmen begegnete, die niemals einen Weißen gesehen hatten. Sie waren völlig harmlos. Mehrere Moschus-Ochsen wurden auf Prince Alberts-Land geschossen und gaben guten Proviant. Endlich brach das Eis am 14. Juli 1851, ohne Druck auszuüben, auf, und der Investigator wurde wieder flott. Viele Versuche wurden jetzt weiter zu schiffen, aber vergeblich, bis zum 16. August gemacht, wo heftige Nordostwinde große Eismassen gegen Süden trieben. Damals stand das Schiff unter 73° 14' n. Br. und 115° 32' w. L. Dies zwang Capitain M'Clure gegen Süden zu gehen und in nördlicher Richtung die Westseite der Baring- Insel zu umschiffen. Mit unsäglichen Hindernissen kämpfend gelang dies endlich, und am 24. Sept. erreichte man die NO.-Seite der Baring-Insel. Wäre dort das Meer frei gewesen, so hätte man leicht durch die bekannte Barrow-Straße gegen Osten bis zum Lancaster-Sunde schiffen können. Aber in der Nacht zum 24. fror das Schiff unglücklicher Weise ein und blieb bis zum 10. April 1853 festsitzen, von welchem Tage die letzten von Capitain M'Clure eingelaufenen Depeschen datiren. Die Station war 74° 6' n. Br. und 117° 54' w. L. Gr. . Capit. M'Clure beschreibt die Localität als vortrefflich; das Schiff war vor den schweren Eismassen durch den Vorsprung eines Riffs, welches dasselbe Schiff bis 600 Yards weit freihielt, gut geschützt. Es ist dies die Mercy-Bai. Siehe hier S. 322. Gumprecht. Im April 1852 setzte eine Partei nach der Melville-Insel über und legte daselbst einen Bericht über die Fahrt des Investigator und seine damalige Stellung nieder. Dies Document wurde glücklicher Weise von Capit. Kellet's Officieren entdeckt, nur wenige Tage zuvor, ehe Capit. M'Clure seine Vorbereitung zur Verlassung des eingefrornen Schiffes begonnen hatte. Sogleich traf man Anstalt, die im Eise eingefrorenen Gefangenen aufzusuchen. Lieut. Pim, im Dienste des Capit. Kellet, ward dazu beordert, und welche hohe Freude den sich Begegnenden in dieser Eiswüste zu Theil ward, ist leicht begreiflich, zumal da die im Eise Eingeschlossenen sich schon mit dem verzweifelten Entschlusse vertraut gemacht hatten, auf irgend eine Weise ihrem eisigen Gefängnisse zu entfliehen. Ob der Investigator noch in demselben Jahre vom Eise befreit wurde, ist unbekannt; wahrscheinlich schien dies nicht, da die Barrow-Straße und die SW.-Seite von Melville-Insel von zahllosen Eismassen auf ungewöhnliche Weise gesperrt waren. Welche Gefahren die polare Schifffahrt hat, geht aus der kühnen, aber auf allen Ausgang der Dinge gefaßten Instruction hervor, die Capit. M'Clure das Jahr vorher in folgenden Worten gab: "Es ist meine Absicht in diesem Jahre (1852) nach England zurückzukehren, indem ich bei Melville-Insel und Port Leopold anlege; sollte aber nicht wieder etwas von uns gehört werden, so sind wir am wahrscheinlichsten in das Polarpackeis oder auf die Westseite von Melville-Insel gerathen. In beiden Fällen würde das Nachsenden von Hülfe nur das Uebel vergrößern, da jedes Schiff, welches in das Polarpackeis geräth, unwiderruflich zerdrückt wird. Daher müßte eine Niederlage von Vorräthen oder ein Schiff zu Winter Harbour (Winterhafen) das beste sein und das einzige Rettungsmittel für die etwa noch überlebende Schiffsmannschaft." Die in dieser Instruction angegebenen Maßregeln waren glücklicher Weise die, welche man befolgte, und durch sie wurden M'Clure und seine Gefährten gerettet. Hinsichtlich der Beschiffung der NW.-Passage bemerkt Capit. M'Clure: Ein Schiff, das von Osten her in die Polarsee eindringt, um gegen Westen zu gehen, findet nur enge Straßen, Gegenwind und Packeis, das undurchdringlich ist; aber durch Prince of Wales-Straße und entlang der amerikanischen Küste, also von Westen her, würde die Beschiffung zu Stande kommen können. Treibholz giebt es hier in Ueberfluß, sowohl an der Prince of Wales-Straße, wie an der continentalen Küste Amerika's, selbst Wildpret. Auf den Anhöhen in der Nähe sind Rennthiere und Hasen in Menge, die den ganzen Winter über bleiben. Wir haben uns über 4000 Pfd. davon verschafft. Aus den von uns gemachten Beobachtungen ergiebt sich klar, daß die Strömung entschieden nach Osten zu geht. Einmal, sagt M'Clure, fanden wir doch bei völliger Windstille die Strömung von 2 Knoten, und daß die Fluthen ebenfalls von Westen kommen, davon haben wir uns bei unserem langen Aufenthalte an den Westküsten vollkommen überzeugt. Das sind wichtige Resultate, welche für künftige Schifffahrten von der Behrings- Straße aus sprechen. Bis zum April 1852 war die Mannschaft des Investigator vollkommen gesund; im letzten Winter zeigte sich einiger Scorbut, und im Frühjahre starben daran 3 Individuen. Nach den letzten von C. Kellet erhaltenen Nachrichten hatte dieser seinen Chirurgen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes der Mannschaft des Investigator mit dem Befehle abgeschickt, daß wenn sich nicht 20 völlig Gesunde, die freiwillig noch einen Winter dort überwintern wollten, vorfänden, Capit. M'Clure sein Schiff verlassen solle. Es scheint, daß man diese Anweisung befolgt habe, denn Capit. Inglefield berichtet, daß der Intreprid steam tender (Dampf-Schleppschiff) zu Beechey-Insel mit der Mannschaft erwartet werde, und Sir E. Belcher hatte den Nord-Star zur Rückfahrt nach England vorzubereiten befohlen, dagegen den Intrepid an seiner Stelle auf Beechey-Island stationiren zu lassen. Beechey's-Insel liegt im südlichen Eingange zu dem Wellington-Channel (S. 322). Gumprecht. Sir E. Belcher's Depeschen, welche den Schluß des Berichts im Athenäum bilden, haben nicht dasselbe geographische Interesse, wie die von M'Clure, doch enthalten sie manches Wichtige. Erstlich setzen sie über allen Zweifel fest, daß es eine Polar-See (kein bloßes Eiscontinuum) daselbst giebt, und zweitens geben sie die Hoffnung nicht auf, noch fernerhin Spuren von Franklin's Expedition aufzufinden. In einem der nächstfolgenden Hefte der Zeitschrift soll ihr Inhalt mitgetheilt werden. C. Ritter. Abbildungen