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Alexander von Humboldt: „[A. v. Humboldt bei Lichtensteins Jubelfeier]“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1852-A_v_Humboldt_bei_Lichtensteins-2-neu> [abgerufen am 02.10.2023].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1852-A_v_Humboldt_bei_Lichtensteins-2-neu
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Titel [A. v. Humboldt bei Lichtensteins Jubelfeier]
Jahr 1852
Ort Leipzig
Nachweis
in: Akademische Monatsschrift 4 (August–September 1852), S. 453–454.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua; Auszeichnung: Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VII.27
Dateiname: 1852-A_v_Humboldt_bei_Lichtensteins-2-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 2
Zeichenanzahl: 5714

Weitere Fassungen
A. v. Humboldt bei Lichtensteins Jubelfeier (Augsburg, 1852, Deutsch)
[A. v. Humboldt bei Lichtensteins Jubelfeier] (Leipzig, 1852, Deutsch)
|453| Das Maiheft der A. M. S. berichtet Seite 257 über das DoctorjubiläumLichtensteins in Berlin. Die Rede, welche Humboldt vor der Büstedes Gefeierten hielt, lautete: „Die stille und einfache Feier, zu der wir unshier bei Einweihung eines kleinen Denkmals versammeln, würde von ihremeigenthümlichen Charakter verlieren, wenn ich versuchte, durch den Schmuckder Rede den Ausdruck des Gefühls zu beleben, welches die Freunde undVerehrer eines edeln, vielseitig begabten Mannes heute hier vereinigt hat.Den Vorzug, das Wort zu nehmen, verdanke ich nicht meinem Uralter;nicht der Gemeinschaft allein, die mir mit ihm geworden ist in der Aka-demie der Wissenschaften, auf der Universität, an welcher auch ich einmalzu lehren versucht habe, oder durch gleiche Bestrebungen als Reisender.Ich verdanke den Vorzug der Freundschaft und innigen Achtung, welcheich dem leider heute von uns Entfernten seit meiner ersten Rückkehr in dasdeutsche Vaterland gewidmet habe. Martin Heinrich Karl Lichtenstein, dessenclassisch gebildeter Vater auch mir als Jüngling aufmunterndes Wohlwollenbezeigte, war im Jahr 1780 zu Hamburg geboren, und erhielt (was dieFeier des heutigen Tags bezeichnet) im Jahr 1802, also in demselben Jahr,in welchem er seine denkwürdige südafrikanische Reise antrat, die medi-cinische Doctorwürde. Ein Erdraum, in welchem die mannigfaltigsten unddabei auch die mächtigsten und gefürchtetsten Thiergestalten wundersamund mehr als in irgend einem andern zusammengedrängt sind, bot demjungen, lebensfrischen, sorgsam vorbereiteten Naturforscher ein herrlichesund damals noch minder ausgebeutetes Feld der Bearbeitung dar. Nebender Form und den specifischen Kennzeichen, neben der Lebensweise undden Sitten der grössern Thiere wurden von ihm auch die kleinern Orga-nismen wissenschaftlich beobachtet, ja schätzbare entomologische und bota-nische Sammlungen heimgebracht. Für ein erregbares Gemüth hat der un-mittelbare Contact mit der freien und dazu noch mit einer so mächtigenNatur einen Werth, welcher nicht allein nach der Zahl der neuentdecktenoder aufbewahrten Gegenstände geschätzt werden darf; es wohnt diesemVerkehr inne eine treibende Kraft, die den ganzen Menschen (ihm selbst fastunbewusst) durchdringt, im Lehrer sich auf die Hörenden reflectirt, so dassmitgetheilt wird, da wo Empfänglichkeit ist, mehr als Unterricht, eine inneredauernde Belebung. Zum ordentlichen Professor der Zoologie an dieserHochschule befördert, schon fünf Jahre nach seiner Landung in Holland undnur ein Jahr nach seiner Ankunft in Berlin, wurde Lichtenstein später beidem Tode des scharfsinnigen und verdienstvollen Illigers 1813 Director deszoologischen Museums, einer Anstalt, die, damals bloss reich an den einstin der Kunstkammer aufbewahrten Corallen, keineswegs einen solchen Namenverdiente. Der Gründer des Berliner zoologischen Museums darf Lichten-stein genannt werden, wenn man die ältesten Zustände mit den folgendenvergleicht. Die Sammlungen, welche diese Räume schmücken, sind aberausgezeichnet nicht bloss durch Seltenheit und Fülle der Gegenstände, diegrossentheils mit eingeschränkten Mitteln erworben wurden, und unter denendie entomologischen, von einem tiefen Kenner, meinem vieljährigen Freund,dem geheimen Obermedicinalrath Klug, geordnet, einen europäischen Rufhaben; sie sind es eben so sehr durch die systematische und geographische|454| Übersicht, die sie gewähren, durch die treffliche naturgetreue Präparationder aufgestellten Thierarten, einen Vorzug, welcher dem unermüdlichenFleiss und dem erfinderischen technischen Kunstgeschick des InspectorsRammelsberg verdankt wird. Die bewundernswürdig vielseitige ThätigkeitDessen, den wir hier feiern, wird bezeugt durch die anspruchlose, lehrreiche,auch für die Form- und Sittenverschiedenheit der Völkerstämme wichtigeBeschreibung seiner Cap-Reise, durch eine Reihe schöner zoologischer Ab-handlungen in den Schriften der Akademie, durch die Sorgfalt, die er vier-zig Jahre lang diesen dem freiesten Gebrauch geöffneten Sammlungen undseinem Lehramt an der Universität gewidmet hat. Ich würde Tadel verdienen,wenn ich eines andern Instituts, das er unter den schwierigsten Verhält-nissen ins Leben gerufen und für dessen Entwicklung und Erhaltung er mitso ausdauernder Anstrengung gekämpft, hier nicht erwähnte. In innigemZusammenhang mit den Zwecken des Museums bietet der zoologische Garten,der dieser Hauptstadt bisher fehlte, durch seine kleine Thierwelt wie durchseine geschmackvollen und anmuthigen Pflanzungen dem Naturforscher Stoffzur Beobachtung, allen, und (was am meisten erfreut) selbst den ärmernVolksclassen, eine erheiternde Belehrung dar. Das anspruchlose Denkmal,welches wir einweihen, ist das gelungene Werk eines sinnigen Künstlers,Albert Wolf, dem sein von unserm grossen Meister geehrtes Talent eineglänzende Zukunft verheisst. Möge es bleibend und für späte Zeiten einedankbare Erinnerung an Den sein, der, selbst noch so kräftig, aber nichtungeprüft von harten tief erschütternden Schlägen des Schicksals, auf einreiches, rühmlich angewandtes, Vielen hülfreiches Leben zurückblickt! Durchdie persönliche Huld zweier Könige geehrt, hat er, immer mässig, zuvor-kommend und milde, in den weitesten Lebenskreisen eines liebevollen Ver-trauens genossen. Durch die Ehre, welche unbestritten dem Einzelnen gezolltwird, erneuert und belebt sich das Gefühl von der ernsten Würde des Stu-diums der Natur. Es erhöht und veredelt in erregbaren Gemüthern und beiglücklichen Anlagen die geistige Existenz des Menschen; es offenbart, woes im stillen Frieden des Innern gepflegt wird, seinen wohlthätigen Einflussauf Erweiterung und Verschönerung der freien Gedankenwelt.“