Man glaubte der Versammlung auch Mittheilung schuldig zu sein über die Aussichten und Hoffnungen, die sich dem Göthevereine zu der beabsichtigten Stiftung eröffnet. Es ergriff deshalb Direktor August das Wort und äußerte sich folgendermaßen: "Ein Verein, der aus der Zeit deutscher Erhebung in den Befreiungskriegen zu uns herüberreicht und welchem seit seiner Begründung anzugehören ich das Glück habe, die Berlinische Gesellschaft für deutsche Sprache, Kunst und Alterthum, hat schon bei Lebezeiten des großen Dichters seiner alljährlich an dem Tage seiner Geburt in festlichem Vereine gedacht und nach dem Tode desselben den 28. August zu einem stehenden Festtage erhoben . Die diesjährige Wiederkehr forderte vor allen zu größerer Feier auf und so entstand der Wunsch, im ganzen deutschen Lande eine Anerkennung des großen Mannes hervorzurufen und ein dauerndes Denkmal seiner Wirkung auf die Geisteswelt zu stiften. Der Aufruf der Gesellschaft an einige der bekanntesten Verehrer des Gefeierten fand freundliche Aufnahme. Der Verein für eine deutsche Göthestiftung trat zusammen und sein Ruf an alle Deutsche, die Göthe zu würdigen wissen, fand den erfreulichsten Anklang in ganz Deutschland. Der Verein dankt zunächst allen verehrten Anwesenden für die Verherrlichung dieses gemüthlichen Festes, dann für die dadurch ausgesprochene Theilnahme an der deutschen Göthestiftung. Der Zweck derselben konnte bis jetzt nur allgemein hingestellt werden. Er gilt der deutschen Kunst. Nicht ein todtes Monument, vielmehr ein lebendiges fortwirkendes Schaffen in Götheschem Geiste soll aus dieser Stiftung hervorgehen. Den rechten Weg dazu wird der Rath der erfahrensten Verehrer des Gefeierten finden, die Mittel mögen die eingelieferten Sammlungen reichlich gewähren. Wir haben dabei das freudige Bewußtsein, im Einverständnisse mit den edlen Fürsten zu handeln, die in dem echt deutschen Dichter früh den hohen Einfluß erkannten und förderten, der ihm auf deutsche Kunst gebührte, und die sein Andenken im Volke in ehrendster Weise erhalten. In Weimars Schlosse sind besondere Säle dem Andenken Göthe's, Schiller's und Herder's geweiht. Eine hohe geistvolle Fürstin, die Frau Prinzessin von Preußen, welche auch für unsere Stiftung die erste und reichliche Spende darbot, hat in jenen Sälen ein schönes Gedenkbuch an die geistige Blüthezeit Weimars, die ihre eigene frühe Jugend erfrischte, niedergelegt, zu welchem der Nestor deutscher Wissenschaft, Alexander von Humboldt, ein gehaltvolles Vorwort geschrieben hat. Da unserer Gesellschaft das Glück zu Theil geworden, diesen Alexandros, den großen Kosmosfahrer in ihrer Mitte zu sehen, so glaube ich den Wunsch aller zu treffen, wenn ich ihn um freundliche Mittheilung jenes Vorworts im Namen der ganzen Gesellschaft ersuche." Auf einem dieser Feste brachte am 81. Geburtstage des Gefeierten der Direktor August folgenden Trinkspruch aus, den der Erfolg zur Frende Deutschlands bewährte: Hellas Geist, Thuiskons Muth, Hafts' rasche Lebensgluth! Diese drei, das andre macht sich. Es bleibt noch nicht bei, ein und achtzig! Eine Stille, so feierlich wie in einem Gotteshause, nicht wie bei einer rauschenden Festmahlsversammlung, trat ein, als der verehrte Mann sich erhob. Alles erhob sich mit ihm. Mit klangvoller, noch männlich kräftiger Stimme las er, der Achtzigjährige, folgende Worte: "Wie das Leben der Natur den periodischen Wechsel üppigen Gedeihens und gehemmter Entwickelung darbietet, so wechseln auch die Geschicke im geistigen Leben der Menschheit. Bald stehen vereinzelt, durch Zeit und Raum getrennt, die großen Gestalten, welchen die späteste Nachwelt Bewunderung zollt; bald zeigt uns die Geschichte dieselben an einander gedrängt, in befruchtender Nähe Licht und Wärme um sich verbreitend. Was diese ungleiche Vertheilung wohlthätiger Elemente, was ein gleichzeitiges Aufkeimen edler Geistesblüthe begründet, bleibt unserer Forschung fast gänzlich verhüllt. Zufall nennt es die frevelnde Menge. Es mahnt vielmehr die Erscheinung an jene ewigen Lichter der Himmelsräume, von denen die größeren bald einsam zerstreut, wie Sporaden im ungemessenen Meere, bald anmuthig in Gruppen vereinigt den frommen Sinn des Menschen anregen, ahndungsvoll ihn auf des Ewigen unerkannten Weltplan, auf noch unergründete Weltgesetze hinleiten. Liegt aber das gleichzeitige Auftreten großer Geister außerhalb des Bereiches jeglicher irdischen Macht, so ist dem nicht so in der räumlichen Vereinigung und dem Zusammenwirken der Kräfte. Es gewährt einen erhebenden Anblick, ein edles Herrschergeschlecht mehrere Generationen hindurch, hochherzig, von dem Gedanken beseelt zu sehen, durch jene Annäherung nicht bloß den Ruhm der Heimath oder den eigenen Genuß des Lebens zu erhöhen, sondern auch, durch eine der Annäherung inwohnende begeisternde Macht, den schaffenden Genius zu einem kühneren Fluge anzuregen. Dem Andenken an einen solchen Einfluß auf Erweiterung und Verschönerung der freien Gedankenwelt, auf den Ausdruck zarter Empfindung, auf die Bereicherung der Sprache (eines Productes des Geistes, in welchem der Volkscharakter, das Zeitbedürfniß und die individuelle Färbung sich spiegeln) sind sinnig diese Blätter gewidmet. Sie vergegenwärtigen, wie der künstlerische Schmuck der umgebenden Räume, einen Glanzpunkt in der Geschichte des geistigen Lebens der Deutschen. Sie mögen erhalten und nähren, was die Völker veredelt; neben der Bewunderung intellectueller Größe ein lebendiges Dankgefühl, dem Andenken derer gezollt, die gastlich in milder, freundlicher Einfachheit der Sitte Fürstengröße in dem Zauber fanden, welchen sie in so reichem Maaße selbst hervorgerufen. Wenn, nach vielen Jahrhunderten, die hier heimischen Gesänge wie Stimmen aus der Vorwelt ertönen, wird ihre ungeschwächte Kraft noch erfrischend, belebend und bessernd auf die spätesten Geschlechter wirken!"