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Alexander von Humboldt: „Vom hohen Alter der Bäume“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1849-Vom_hohen_Alter-02-neu> [abgerufen am 24.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1849-Vom_hohen_Alter-02-neu
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Titel Vom hohen Alter der Bäume
Jahr 1849
Ort Wien
Nachweis
in: Beilage zum Morgenblatte der Wiener Zeitung 265 (6. November 1849), S. [3085–3086].
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Asterisken.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VI.126
Dateiname: 1849-Vom_hohen_Alter-02-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 2
Spaltenanzahl: 3
Zeichenanzahl: 15197

Weitere Fassungen
Vom hohen Alter der Bäume (Stuttgart; Tübingen, 1849, Deutsch)
Vom hohen Alter der Bäume (Wien, 1849, Deutsch)
An Aged and Enormous Oak (Waterford, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (London, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Canterbury, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Canterbury, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Leicester, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Northampton, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Dumfries, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Derby, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Kendal, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (London, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Blackburn, 1850, Englisch)
Curious Rose Tree (Lincoln, 1850, Englisch)
Curious Rose Tree (London, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Exeter, 1850, Englisch)
Old yew-trees (Edinburgh; London, 1850, Englisch)
Ancient Rose Tree (Hereford, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Hertford, 1850, Englisch)
Le dragonier d’Orotava (Liège, 1852, Französisch)
Old Yew Trees (Bradford, 1850, Englisch)
A Curious Rose Tree (London, 1854, Englisch)
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Vom hohen Alter der Bäume *).Aus der dritten Auflage von A. v. Humboldt’s„Anſichten der Natur.“

In einem Garten der Stadt Orotava auf Teneriffaſteht ein koloſſaler Drachenbaum, Dracaena draco. Wirfanden den Umfang desſelben im Junius 1799, alswir den Pic von Teneriffa beſtiegen, 45 Pariſer Fuß.Unſere Meſſung geſchah mehrere Fuß über der Wurzel.Noch tiefer, dem Boden näher, gibt Le Dru dem Rie-ſenbaume 74 Fuß Umfang. Nach George Staunton hatin 10 Fuß Höhe der Stamm noch 12 Fuß Durchmeſ-ſer. Die Höhe iſt nicht viel über 65 Fuß. Die Sagegeht, daß dieſer Drachenbaum von den Guanchen (wiedie Eſche zu Epheſus von den Hellenen, die von Xer-xes geſchmückte Platane in Lydien, oder der heilige Ba-nyanen-Feigenbaum auf Ceylon) verehrt wurde, und daßer 1402, bei der erſten Expedition der Béthencourts,ſchon ſo dick und ſo hohl als jetzt gefunden ward. Be-denkt man, daß die Dracaena überaus langſam wächſt,ſo kann man auf das hohe Alter des Baumes von Oro-tava ſchließen. Berthelot ſagt in ſeiner Beſchreibungvon Teneriffa: „en comparant les jeunes dragonniers,voisins de l’arbre gigantesque, les calculs qu’on faitsur l’âge de ce dernier, effraient l’imagination.“ DerDrachenbaum wird auf den canariſchen Inſeln, auf Maderaund Porto Santo ſeit den älteſten Zeiten cultivirt und eingenauer Beobachter, Leopold von Buch, hat ihn auf Tene-riffa bei Igueſta ſelbſt wild gefunden. Sein urſprünglichesVaterland iſt daher nicht Oſtindien, wie man lange ge-glaubt hat, und ſeine Erſcheinung widerſpricht der Be-hauptung derer nicht, welche die Guanchen als ein völ-lig iſolirtes, atlantiſches Stammvolk, ohne Verkehr mitden afrikaniſchen und aſiatiſchen Nationen, betrachten.Die Form der Dracänen iſt wiederholt an der Südſpitzevon Afrika, auf Bourbon, in China und Neu-Seeland.In dieſen entlegenen Weltgegenden findet man Artendesſelben Geſchlechts, keine aber im neuen Continente,wo ihre Form durch die Yucca erſetzt wird. Man be-hauptet, daß im fünfzehnten Jahrhundert, in den frühe-ſten Zeiten der normänniſchen und ſpaniſchen Conquiſta,in dem hohlen Stamme des Drachenbaums von Orotavaan einem dort aufgerichteten kleinen Altar Meſſe geleſenwurde. Leider hat derſelbe in dem Sturm vom 21. Juli1819 eine Seite ſeiner Krone (des Gipfels) eingebüßt.Es gibt einen ſchönen und großen engliſchen Kupferſtich,der den gegenwärtigen Zuſtand des Baumes überaus na-turgetreu darſtellt. Das Monumentale jener koloſſalen Lebensgeſtalten,der Eindruck der Ehrwürdigkeit, den ſie bei allen Völkernerzeugen, haben Veranlaſſung dazu gegeben, daß man inneuern Zeiten mehr Sorgfalt auf die nummeriſche Be-ſtimmung des Alters und der Stammgröße verwandt hat.Die Reſultate dieſer Unterſuchungen haben es dem Ver-faſſer der wichtigen Abhandlung: „de la longé vité desarbres,“ dem älteren Decandolle, Endlicher, Unger undandern geiſtreichen Botanikern nicht unwahrſcheinlich ge-macht, daß das Alter mehrerer noch lebenden Individuenbis zu den früheſten hiſtoriſchen Zeiten, wenn auch nichtdes Nillandes, doch von Griechenland und Italien hin-aufreicht. „Plusieurs exemples,“ ſagt Decandolle, „sem-blent confirmer l’idée qu’il existe encore sur le globedes arbres d’une antiquité prodigieuse et peut-êtretémoins de ses dernières révolutions physiques. Lors-qu’on regarde un arbre comme un agrégat d’autantd’individus soudés ensemble qu’il s’est développé debourgeons à sa surface, on ne peut pas s’étonner si,de nouveaux bourgeons s’ajoutant sans cesse aux an-eiens, l’agrégat qui en résulte, n’a point de terme né-cessaire à son existence.“ Eben ſo ſagt Agardh: „Wennin der Pflanze mit jedem Sonnenjahre ſich neue Theileerzeugen, und die älteren, erhärteten durch neue, derSaftführung fähige erſetzt werden, ſo entſteht das Bildeines Wachsthums, welchen nur äußere Urſachen begren- |Spaltenumbruch| zen.“ Die kurze Lebensdauer der Kräuter ſchreibt er „demUebergewicht des Blühens und Fruchtanſetzens über dieBlattbildung“ zu. Unfruchtbarkeit iſt für die Pflanzeeine Lebensverlängerung. Endlicher führt das Beiſpieleines Exemplars von Medicago sativa an, welches 80Jahre lebte, weil es keine Früchte trug. Mit den Drachenbäumen, die trotz der rieſenhaftenEntwicklung ihrer geſchloſſenen Gefäßbündel, nach ihren Blüthentheilen in eine und dieſelbe natürlicheFamilie mit dem Spargel und den Gartenzwiebeln ge-ſetzt werden müſſen, gehört die Adansonia (der Affen-brotbaum, Baobab) gewiß zu den größten und älteſtenBewohnern unſeres Planeten. Schon auf den erſtenEntdeckungsreiſen der Catalanen und Portugieſen hattendie Seefahrer die Gewohnheit in dieſe beiden Baumartenihre Namen einzuſchneiden: nicht immer blos zu rühm-licher Erinnerung, ſondern auch als marcos, d. h. alsZeichen des Beſitzes, des Rechts, das ſich eine Nationdurch frühere Auffindung zuſchreibt. Die portugieſiſchenSeefahrer zogen oft als marco oder Beſitzzeichen das Einſchneiden jenes ſchönen franzöſiſchen Denkſpruchesvor, deſſen ſich der Infant Don Henrique der Entdeckerhäufig zu bedienen pflegte: talent de bien faire. Soſagt Manuel de Fariay Souſa ausdrücklich in ſei-ner Asia Portuguesa: „era uso de los primerosNavegantes de dexar inscrito el Motto del Infante,talent de bien faire, en la corteza de los arboles.“ Die älteſte Beſchreibung des Baobab (Adansonia di-gitata) iſt die des Venetianers Aloiſius Cadamoſto(der eigentliche Name war Alviſe da Ca da Moſto)von dem Jahre 1454. Er fand an der Mündung desSenegal, wo er ſich mit Antoniotto Uſodimare ver-band, Stämme, deren Umfang er 17 Klafter, alſo un-gefähr 102 Fuß, ſchätzte. Er hatte ſich mit dem frü-her geſehenen Drachenbäumen vergleichen können. Pe-rottet ſagt in ſeiner Flore de Sénégambie, daß er Affenbrotbäume geſehen, die bei nur 70 bis 80Fuß Höhe 30 Fuß Durchmeſſer hatten. Dieſelben Dimen-ſionen waren von Adanſon in ſeiner Reiſe 1748 angege-ben worden. Die größten Stämme des Affenbrotbaumes,welche er ſelbſt ſah (1749), theils auf einer der kleinenMagdaleneninſeln nahe am grünen Vorgebirge, theils ander Mündung des Senegal, hatten 25 bis 27 Fuß Durch-meſſer bei 70 Fuß Höhe, mit einer 170 Fuß breitenKrone. Adanſon ſetzt aber ſeiner Angabe hinzu, daß an-dere Reiſende Stämme von 30 Fuß Durchmeſſer gefun-den haben. Holländiſche und franzöſiſche Seefahrer hattenmit 6 Zoll langen Buchſtaben ihre Namen in die Bäumeeingeſchnitten. Eine dieſer Inſchriften war aus dem fünf-zehnten, die andern alle aus dem ſechzehnten Jahrhun-dert. Aus der Tiefe der Einſchnitte, welche mit neuenHolzſchichten überzogen ſind, und aus der Vergleichungder Dicke ſolcher Stämme, deren verſchiedenes Alter be-kannt war, hat Adanſon das Alter berechnet, und für30 Fuß Durchmeſſer eine Lebensdauer von 5150 Jah-ren gefunden. Er ſetzt vorſichtig hinzu (ich ändere nichtſeine bizarre Orthographie): le calcul de l’aje de chakeeouche n’a pas dexactitude géométrike. In dem DorfeGrand Galarques, ebenfalls in Senegambien, habendie Neger in einem hohlen Baobab den Eingang mitSculpturen, welche aus dem noch friſchen Holze ge-ſchnitten ſind, verziert. Der innere Raum dient zu denGemeinde-Verſammlungen, die dort über ihre Intereſ-ſen kämpfen. Dieſer Saal erinnert an die Höhle (spe-cus) im Innern einer Platane in Lycien, in welcherder Conſul Lucinius Mutianus mit 21 Fremden ſpeiſte. Plinius (XII, 3) gibt einer ſolchen Baumaushöhlungetwas reichlich die Weite von achtzig römiſchen Fußen. René-Caillié hat den Baobab im Nigerthale bei Jenne,Cailliaub in Nubien, Wilhelm Peters an der ganzenöſtlichen Küſte von Afrika gefunden, wo er Mulapa, d. i. Nlapa-Baum (eigentlich muti-nlapa), heißt und bis Lou-renzo Marques, faſt bis 26° ſüdlicher Breite reicht. Dieälteſten und dickſten Bäume, die Peters ſah, „hatten 60bis 70 Fuß im Umfang.“ Wenn Cadamoſto im fünfzehn-ten Jahrhunderte ſagte: eminentia non quadrat magni-tudini; wenn auch Golberry in der Vallée des deuxGegnacks Stämme, welche an der Wurzel 34 Fuß Durch-meſſer hatten, nur 60 Fuß hoch fand, ſo muß dies Miß-verhältniß von Dicke und Höhe doch nicht für allgemeinangenommen werden. „Sehr alte Bäume verlieren,“ ſagtder gelehrte Reiſende Peters, „durch allmäliges Abſterbendie Krone, und fahren fort an Umfang zuzunehmen. Oftgenug ſieht man am Littoral von Oſt-Afrika 10 Fußdicke Stämme bis 65 Fuß Höhe erreichen.“ Wenn demnach die kühnen Schätzungen von Adanſonund Perrottet den von ihnen gemeſſenen Adanſonien |Spaltenumbruch| ein Alter von 5150 bis 6000 Jahren geben, was ſiefreilich in die Zeiten der Pyramidenbauer oder gar indie des Menes, d. i. in eine Epoche hinauf rückt, inwelcher das ſüdliche Kreuz noch im nördlichen Deutſch-land ſichtbar war (Kosmos Bd. II. S. 402 und 487),ſo bieten uns dagegen für unſere gemäßigte nördlicheZone die ſichereren Schätzungen nach Jahresringen undnach dem aufgefundenen Verhältniß der Dicke der Holz-ſchichte zur Dauer des Wachsthums kürzere Periodendar. Decandolle findet, daß unter allen europäiſchenBaumarten die Taxusſtämme das höchſte Alter erreichen.Für den Stamm der Taxus baccata von Braburn inder Grafſchaft Kent ergeben ſich 30, für den ſchottiſchenvon Fotheringall 25 bis 26, für die von Crow-hurſtin Surrey und Rippon in Yorkſhire 14 ½ und 12Jahrhunderte. Endlicher erinnert, „daß ein andererEibenbaum, auf dem Kirchhofe zu Grasford in Nord-Wales, der unter den Aeſten 49 Fuß im Umkreiſemißt, über 1400 Jahre alt iſt, und einer in Derbyſhireauf 2096 Jahre geſchätzt wird. In Litthauen ſindLinden gefällt worden von 82 Fuß Umfang und 815gezählten Jahresringen.“ In der gemäßigten Zoneder ſüdlichen Hemiſphäre erreichen die Eucalyptusarteneinen ungeheuren Umfang; und da ſie dabei über 230Pariſer Fuß Höhe erreichen, ſo contraſtiren ſie ſonder-bar mit unſern, nur in der Dicke koloſſalen Elbenbäu-men (Taxus baccata). Herr Backhouſe fand in Emu-Bai am Littoral von Van Dimens Land Eucalyptus-ſtämme, welche am Fuß 66, in 5 Fuß Höhe überdem Boden noch 47 Fuß Umfang hatten. Nicht Malpighi, wie man gewöhnlich behauptet, ſon-dern der geiſtreiche Michel Montaigne hat das Verdienſtgehabt, 1581, in ſeinem Voyage en Italie, zuerſt desVerhältniſſes der Jahresringe zur Lebensdauer erwähntzu haben. Ein geſchickter Künſtler, der mit Anfertigungaſtronomiſcher Inſtrumente beſchäftigt war, hatte Mon-taigne auf die Bedeutung der Jahresringe aufmerkſamgemacht, auch behauptet, daß der gegen Norden gerich-tete Theil des Stammes engere Ringe zeige. Jean Jac-ques Rouſſeau hatte denſelben Glauben, und ſein Emil,wenn er ſich im Walde verirrt, ſoll ſich nach den Ab-lagerungen der Holzſchichten orientiren. Neue pflanzen-anatomiſche Beobachtungen lehren aber, daß, wie dieBeſchleunigung der Vegetation, ſo auch der Stillſtand(die Remiſſionen) im Wachsthum, die ſo verſchiedenar-tige Erzeugung der Holzbündelkreiſe (Jahreslagen) ausden Cambiumzellen von ganz andern Einwirkungen alsvon der Stellung gegen die Himmelsgegend abhangen. Bäume, von denen einzelne Individuen zu mehr als20 Fuß Durchmeſſer und zu einer Lebensdauer vonvielen Jahrhunderten gelangen, gehören den verſchieden-ſten natürlichen Familien an. Wir nennen hier: Bao-bab, Drachenbäume, Eucalyptusarten, Taxodium di-stichum Rich., Pinus Lambertiana Douglas, Hy-menaea Courbaril, Cäſalpinien, Bombax, SwieteniaMahagoni, den Banyanenbaum (Ficus religiosa), Li-riodendron tulipifera (?), Platanus orientalis, unſereLinden, Eichen und Eibenbäume. Das berühmte Taxodium distichon, der Ahuahuete der Mexikaner(Cupressus disticha Linn., Schubertia disticha Mirbel)von Santa Maria del Tule im Staate Oaxaca hatnicht, wie Decandolle ſagt, 57, ſondern genau 38 Pa-riſer Fuß Durchmeſſer. Die beiden ſchönen Ahuahuetesbei Chapoltepec (wahrſcheinlich aus einer alten Garten-anlage von Montezuma), die ich oft geſehen, meſſennach der inhaltreichen Reiſe von Burkart nur 34 und36 Fuß im Umkreiſe, nicht im Durchmeſſer, wie manirrthümlich oft behauptet hat. Die Buddhiſten aufCeylon verehren den Rieſenſtamm des heiligen Feigen-baums von Anurahdepura. Die durch ihre Zweige wur-zelnden Banyanen erreichen oft eine Dicke von 28 FußDurchmeſſer und bilden, wie ſchon Oneſikritus ſich na-turwahr ausdrückt, ein Laubdach, gleich einem vielſäu-ligen Zelte. Unter den Eichenſtämmen iſt von den ſehr genau ge-meſſenen wohl der mächtigſte in Europa der bei Sain-tes im Departement de la Charente inférieure, aufdem Wege nach Cozes. Der Baum hat, bei 60 FußHöhe, nahe am Boden 27 Fuß 8½ Zoll, 5 Fuß höhernoch 21½ Fuß, wo die Hauptzweige anfangen, 6 FußDurchmeſſer. In dem abgeſtorbenen Theile des Stammesiſt ein Kämmerchen vorgerichtet, 10 bis 12 Fuß weitund 9 Fuß hoch, mit einer halbrunden Bank, im fri-ſchen Holze ausgeſchnitten. Ein Fenſter gibt dem In-nern Licht, daher die Wände des, durch eine Thür ver-ſchloſſenen Kämmerchens mit Farrenkräutern und Liche-nen anmuthig bekleidet ſind. Nach der Größe eines klei-
*) Wir glaubten im Abdruck dieſes Abſchnitts die zahlrei-chen Citate weglaſſen zu dürfen. D. Red.
|3086| nen Holzſtückes, das man ober der Thüre ausſchnittund in dem man 200 Holzringe zählte, war das Alterder Eiche von Saintes auf 1800 bis 2000 Jahre zuſchätzen.
Von dem ſogenannten tauſendjährigen Roſenbaume (Rosa canina) an der Gruftcapelle des Doms zu Hil-desheim iſt nach genauen urkundlichen Nachrichten, dieich der Güte des Herrn Stadtgerichtsaſſeſſors Römerverdanke, nur der Wurzelſtock von achthundertjäh-rigem Alter. Eine Legende ſetzt den Roſenſtock mit einemGelübde des erſten Gründers des Domes, Ludwigs desFrommen, in Verbindung, und eine Urkunde aus demeilften Jahrhundert meldet, „daß, als Biſchof Heziloden damals abgebrannten Dom wieder aufgebaut, erdie Wurzeln des Roſenſtockes mit einem, noch vorhan-denen, Gewölbe umgeben, auf dieſem Gewölbe dieMauer der 1061 wieder eingeweihten Gruftcapelle auf-geführt und an derſelben die Zweige des Roſenſtocksausgebreitet habe.“ Der jetzt lebende, nur zwei Zolldicke Stamm iſt 25 Fuß hoch, und etwa 30 Fuß weitan der Außenwand der öſtlichen Gruftkirche ausgebrei-tet, gewiß auch von bedeutend hohem Alter, und desalten Rufes werth, der ihm in ganz Deutſchland zuTheil geworden iſt. Wenn übermäßige Größe der organiſchen Entwickelungim Allgemeinen für einen Beweis langer Lebensdauergehalten werden kann, ſo verdient aus den Thalaſſo-phyten der unterſeeiſchen Vegetation die Tang-art Macrocystis pyrifera Agardh (Fucus giganteus) eine beſondere Aufmerkſamkeit. Dieſe Meerpflanze er-reicht nach Capitän Cook und Georg Forſter bis360 engliſche oder 338 Pariſer Fuß Länge undübertrifft alſo die Länge der höchſten Coniferen, ſelbſtdie der Sequoia gigantea aus Californien. CapitänFitz-Roy hat dieſe Angabe beſtätigt. Macrocystispyrifera vegetirt von 64° ſüdlicher bis 45° nördlicherBreite, bis zur Bahia de San Francisco an der Nord-weſt-Küſte des Neuen Continents. Joſeph Hookerglaubt ſogar, daß dieſe Fucusart bis Kamtſchaka hin-aufſteige. In den Gewäſſern des Südpols ſieht manſie ſchwimmen bis zwiſchen loſen Eisſchollen, pack-ice. Die zelligen, band- und fadenförmigen Gebilde derMacrocyſtis, welche durch ein klauenähnliches Haft-organ am Meeresboden befeſtigt ſind, ſcheinen in ihrerVerlängerung nur durch zufällige Zerſtörung begränztzu werden. (Morgenblatt.)