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Alexander von Humboldt: „Vom hohen Alter der Bäume“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1849-Vom_hohen_Alter-01-neu> [abgerufen am 13.10.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1849-Vom_hohen_Alter-01-neu
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Titel Vom hohen Alter der Bäume
Jahr 1849
Ort Stuttgart; Tübingen
Nachweis
in: Morgenblatt für gebildete Leser 232 (27. September 1849), S. 925–926; 233 (28. September 1849), S. 930–932.
Entsprechungen in Buchwerken
Alexander von Humboldt, Ansichten der Natur, Dritte verbesserte und vermehrte Ausgabe, 2 Bände, Stuttgart und Tübingen: Cotta 1849, Band 2, S. 104–118.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VI.126
Dateiname: 1849-Vom_hohen_Alter-01-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 5
Spaltenanzahl: 9
Zeichenanzahl: 15214

Weitere Fassungen
Vom hohen Alter der Bäume (Stuttgart; Tübingen, 1849, Deutsch)
Vom hohen Alter der Bäume (Wien, 1849, Deutsch)
An Aged and Enormous Oak (Waterford, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (London, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Canterbury, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Canterbury, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Leicester, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Northampton, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Dumfries, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Derby, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Kendal, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (London, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Blackburn, 1850, Englisch)
Curious Rose Tree (Lincoln, 1850, Englisch)
Curious Rose Tree (London, 1850, Englisch)
Old Yew Trees (Exeter, 1850, Englisch)
Old yew-trees (Edinburgh; London, 1850, Englisch)
Ancient Rose Tree (Hereford, 1850, Englisch)
A Curious Rose-tree (Hertford, 1850, Englisch)
Le dragonier d’Orotava (Liège, 1852, Französisch)
Old Yew Trees (Bradford, 1850, Englisch)
A Curious Rose Tree (London, 1854, Englisch)
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Vom hohen Alter der Bäume. * Aus der dritten Auflage von A. v. Humboldts „Anſichten der Natur.“(ſ. Nr. 225—228.)

In einem Garten der Stadt Orotava auf Teneriffaſteht ein koloſſaler Drachenbaum, Dracaena draco. Wirfanden den Umfang deſſelben im Junius 1799, alswir den Pic von Teneriffa beſtiegen, 45 Pariſer Fuß.Unſere Meſſung geſchah mehrere Fuß über der Wurzel.Noch tiefer, dem Boden näher, gibt Le Dru dem Rie-ſenbaume 74 Fuß Umfang. Nach George Stauntonhat in 10 Fuß Höhe der Stamm noch 12 Fuß Durch-meſſer. Die Höhe iſt nicht viel über 65 Fuß. DieSage geht, daß dieſer Drachenbaum von den Guan-chen (wie die Eſche zu Epheſus von den Hellenen,die von Xerxes geſchmückte Platane in Lydien, oderder heilige Banyanen-Feigenbaum auf Ceylon) verehrtwurde, und daß er 1402, bei der erſten Expeditionder Béthencourts, ſchon ſo dick und ſo hohl als jeztgefunden ward. Bedenkt man, daß die Dracaena über-aus langſam wächst, ſo kann man auf das hohe Alterdes Baums von Orotava ſchließen. Berthelot ſagtin ſeiner Beſchreibung von Teneriffa: »en comparantles jeunes dragonniers, voisins de l’arbre gigantesque,les calculs qu’on fait sur l’âge de ce dernier, effraientl’imagination.« Der Drachenbaum wird auf den cana-riſchen Inſeln, auf Madera und Porto Santo ſeitden älteſten Zeiten kultivirt, und ein genauer Beobach-ter, Leopold von Buch, hat ihn auf Teneriffa beiIgueſte ſelbſt wild gefunden. Sein urſprüngliches |Spaltenumbruch| Vaterland iſt daher nicht Oſtindien, wie man langegeglaubt hat, und ſeine Erſcheinung widerſpricht derBehauptung derer nicht, welche die Guanchen als einvöllig iſolirtes, atlantiſches Stammvolk, ohne Ver-kehr mit den afrikaniſchen und aſiatiſchen Nationen,betrachten. Die Form der Dracänen iſt wiederholtan der Südſpitze von Afrika, auf Bourbon, in Chinaund Neu-Seeland. In dieſen entlegenen Weltgegen-den findet man Arten deſſelben Geſchlechts, keine aberim Neuen Continent, wo ihre Form durch die Yuccaerſezt wird. Man behauptet, daß im fünfzehntenJahrhundert, in den früheſten Zeiten der normänni-ſchen und ſpaniſchen Conquiſta, in dem hohlen Stammedes Drachenbaums von Orotava an einem dort auf-gerichteten kleinen Altar Meſſe geleſen wurde. Leiderhat derſelbe in dem Sturm vom 21. Julius 1819eine Seite ſeiner Krone (des Gipfels) eingebüßt. Esgibt einen ſchönen und großen engliſchen Kupferſtich,der den gegenwärtigen Zuſtand des Baumes überausnaturgetreu darſtellt. Das Monumentale jener koloſſalen Lebensgeſtal-ten, der Eindruck der Ehrwürdigkeit, den ſie bei allenVölkern erzeugen, haben Veranlaſſung dazu gegeben,daß man in neuern Zeiten mehr Sorgfalt auf dienumeriſche Beſtimmung des Alters und der Stamm-größe verwandt hat. Die Reſultate dieſer Unter-ſuchungen haben es dem Verfaſſer der wichtigen Ab-handlung: »de la longévité des arbres.« dem älteren Decandolle, Endlicher, Unger und andern geiſt-reichen Botanikern nicht unwahrſcheinlich gemacht, daßdas Alter mehrerer noch lebenden Individuen bis zuden früheſten hiſtoriſchen Zeiten, wenn auch nicht desNillandes, doch von Griechenland und Italien hinauf-
* Wir glaubten im Abdruck dieſes Abſchnitts die zahlreichenCitate weglaſſen zu dürfen. D. Red.
|926| |Spaltenumbruch| reicht. »Plusieurs exemples,« ſagt Decandolle, »sem-blent confirmer l’idée qu’il existe encore sur le globedes arbres d’une antiquité prodigieuse et peut-êtretémoins de ses dernières révolutions physiques.Lorsqu’on regarde un arbre comme un agrégat d’au-tant d’individus soudés ensemble qu’il s’est développéde bourgeons à sa surface, on ne peut pas s’éton-ner si, de nouveaux bourgeons s’ajoutant sans cesseaux anciens, l’agrégat qui en résulte, n’a point determe nécessaire à son existence.« Eben ſo ſagtAgardh: „Wenn in der Pflanze mit jedem Sonnen-jahre ſich neue Theile erzeugen, und die älteren, er-härteten durch neue, der Saftführung fähige erſeztwerden, ſo entſteht das Bild eines Wachsthums, wel-chen nur äußere Urſachen begrenzen.“ Die kurze Le-bensdauer der Kräuter ſchreibt er „dem Uebergewichtdes Blühens und Fruchtanſetzens über die Blattbildung“zu. Unfruchtbarkeit iſt für die Pflanze eine Lebens-verlängerung. Endlicher führt das Beiſpiel einesExemplars von Medicago sativa an, welches 80 Jahrelebte, weil es keine Früchte trug.
Mit den Drachenbäumen, die trotz der rieſen-haften Entwicklung ihrer geſchloſſenen Gefäß-bündel, nach ihren Blüthentheilen in eine und die-ſelbe natürliche Familie mit dem Spargel und denGartenzwiebeln geſezt werden müſſen, gehört die Adansonia (der Affenbrodtbaum, Baobab) gewiß zuden größten und älteſten Bewohnern unſeres Planeten.Schon auf den erſten Entdeckungsreiſen der Catalanenund Portugieſen hatten die Seefahrer die Gewohn-heit in dieſe beiden Baumarten ihre Namen einzu-ſchneiden: nicht immer bloß zu rühmlicher Erinnerung,ſondern auch als marcos, d. h. als Zeichen des Be-ſitzes, des Rechts, das ſich eine Nation durch frühereAuffindung zuſchreibt. Die portugieſiſchen Seefahrerzogen oft als marco oder Beſitzzeichen das Ein-ſchneiden jenes ſchönen franzöſiſchen Denkſpruches vor,deſſen ſich der Infant Don Henrique der Entdeckerhäufig zu bedienen pflegte: talent de bien faire. Soſagt Manuel de Faria y Souſa ausdrücklich inſeiner Asia Portuguesa: »era uso de los prime-ros Navegantes de dexar inscrito el Motto del In-fante, talent de bien faire, en la corteza de losarboles.« Die älteſte Beſchreibung des Baobab (Adansoniadigitata) iſt die des Venetianers Aloyſius Cadamoſto(der eigentliche Name war Alviſe da Ca da Moſto)von dem Jahre 1454. Er fand an der Mündung desSenegal, wo er ſich mit Antoniotto Uſodimare ver-band, Stämme, deren Umfang er 17 Klafter, alſoohngefähr 102 Fuß, ſchäzte. Er hatte ſich mit denfrüher geſehenen Drachenbäumen vergleichen können. Perrottet ſagt in ſeiner Flore de Sénégambie, |Spaltenumbruch| daß er Affenbrodtbäume geſehen, die bei nur 70 bis80 Fuß Höhe 30 Fuß Durchmeſſer hatten. DieſelbenDimenſionen waren von Adanſon in ſeiner Reiſe1748 angegeben worden. Die größten Stämme desAffenbrodtbaums, welche er ſelbſt ſah (1749), theilsauf einer der kleinen Magdaleneninſeln nahe amgrünen Vorgebirge, theils an der Mündung des Se-negal, hatten 25 bis 27 Fuß Durchmeſſer bei 70 FußHöhe, mit einer 170 Fuß breiten Krone. Adanſonſezt aber ſeiner Angabe hinzu, daß andere ReiſendeStämme von 30 Fuß Durchmeſſer gefunden haben.Holländiſche und franzöſiſche Seefahrer hatten mit 6Zoll langen Buchſtaben ihre Namen in die Bäumeeingeſchnitten. Eine dieſer Inſchriften war aus demfünfzehnten, die andern alle aus dem ſechzehnten Jahr-hundert. Aus der Tiefe der Einſchnitte, welche mitneuen Holzſchichten überzogen ſind, und aus der Ver-gleichung der Dicke ſolcher Stämme, deren verſchiede-nes Alter bekannt war, hat Adanſon das Alter be-rechnet, und für 30 Fuß Durchmeſſer eine Lebens-dauer von 5150 Jahren gefunden. Er ſezt vorſichtighinzu (ich ändere nicht ſeine bizarre Orthographie): le calcul de l’aje de chake couche n’a pas d’exacti-tude géométrike. In dem Dorfe Grand Galarques,ebenfalls in Senegambien, haben die Neger in einemhohlen Baobab den Eingang mit Sculpturen, welcheaus dem noch friſchen Holze geſchnitten ſind, verziert.Der innere Raum dient zu den Gemeindeverſamm-lungen, die dort über ihre Intereſſen kämpfen. DieſerSaal erinnert an die Höhle (specus) im Innern einerPlatane in Lycien, in welcher der Conſul LuciniusMutianus mit 21 Fremden ſpeiste. Plinius (XII, 3)gibt einer ſolchen Baumaushöhlung etwas reichlichdie Weite von achtzig römiſchen Fußen. (Schluß folgt.) |930| |Spaltenumbruch| |Spaltenumbruch|

Vom hohen Alter der Bäume.

(Schluß.)

René Caillié hat den Baobab im Nigerthale beiJenne, Cailliaud in Nubien, Wilhelm Peters an derganzen öſtlichen Küſte von Afrika gefunden, wo er Mulapa, d. i. Nlapa-Baum (eigentlich muti-nlapa),heißt und bis Lourenzo Marques, faſt bis 26° ſüd-licher Breite, reicht. Die älteſten und dickſten Bäume,die Peters ſah, „hatten 60 bis 70 Fuß im Umfang.“Wenn Cadamoſto im fünfzehnten Jahrhunderte ſagte: eminentia non quadrat magnitudini; wenn auch Gol-berry in der Vallée des deux Gagnacks Stämme,welche an der Wurzel 34 Fuß Durchmeſſer hatten, nur60 Fuß hoch fand, ſo muß dieß Mißverhältniß vonDicke und Höhe doch nicht für allgemein angenommenwerden. „Sehr alte Bäume verlieren,“ ſagt der gelehrteReiſende Peters, „durch allmähliges Abſterben dieKrone, und fahren fort an Umfang zuzunehmen.Oft genug ſieht man am Littoral von Oſt-Afrika 10Fuß dicke Stämme bis 65 Fuß Höhe erreichen.“ Wenn demnach die kühnen Schätzungen von Adanſonund Perrottet den von ihnen gemeſſenen Adanſonienein Alter von 5150 bis 6000 Jahren geben, was ſiefreilich in die Zeiten der Pyramidenbauer oder gar indie des Menes, d. i. in eine Epoche hinauf rückt, inwelcher das ſüdliche Kreuz noch im nördlichen Deutſch-land ſichtbar war (Kosmos Bd. II. S. 402 und 487),ſo bieten uns dagegen für unſere gemäßigte nördliche |931| Zone die ſichereren Schätzungen nach Jahresringen undnach dem aufgefundenen Verhältniß der Dicke der Holz-ſchichte zur Dauer des Wachsthums kürzere Periodendar. Decandolle findet, daß unter allen europäiſchenBaumarten die Taxusſtämme das höchſte Alter erreichen.Für den Stamm der Taxus baccata von Braburn inder Grafſchaft Kent ergeben ſich 30, für den ſchottiſchenvon Fotheringall 25 bis 26, für die von Crow-hurſtin Surrey und Rippon in Yorkſhire 14½ und 12Jahrhunderte. Endlicher erinnert, „daß ein andererEibenbaum, auf dem Kirchhofe zu Grasford in Nord-Wales, der unter den Aeſten 49 Fuß im Umkreiſemißt, über 1400 Jahr alt iſt, und einer in Derbyſhireauf 2096 Jahre geſchäzt wird. In Litthauen ſindLinden gefällt worden von 82 Fuß Umfang und 815gezählten Jahresringen.“ In der gemäßigten Zoneder ſüdlichen Hemiſphäre erreichen die Eucalyptusarteneinen ungeheuren Umfang; und da ſie dabei über 230Pariſer Fuß Höhe erreichen, ſo contraſtiren ſie ſon-derbar mit unſern, nur in der Dicke coloſſalen Eiben-bäumen (Taxus baccata). Herr Backhouſe fand inEmu-Bai am Littoral von Van Dimens Land Euca-lyptusſtämme, welche am Fuß 66, in 5 Fuß Höheüber dem Boden noch 47 Fuß Umfang hatten. Nicht Malpighi, wie man gewöhnlich behauptet,ſondern der geiſtreiche Michel Montaigne hat das Ver-dienſt gehabt, 1581, in ſeinem Voyage en Italie, zuerſt des Verhältniſſes der Jahresringe zur Lebens-dauer erwähnt zu haben. Ein geſchickter Künſtler,der mit Anfertigung aſtronomiſcher Inſtrumente be-ſchäftigt war, hatte Montaigne auf die Bedeutungder Jahresringe aufmerkſam gemacht, auch behauptet,daß der gegen Norden gerichtete Theil des Stammesengere Ringe zeige. Jean Jacques Rouſſeau hattedenſelben Glauben, und ſein Emil, wenn er ſich imWalde verirrt, ſoll ſich nach den Ablagerungen derHolzſchichten orientiren. Neue pflanzen-anatomiſcheBeobachtungen lehren aber, daß, wie die Beſchleuni-gung der Vegetation, ſo auch der Stillſtand (die Re-miſſionen) im Wachsthum, die ſo verſchiedenartigeErzeugung der Holzbündelkreiſe (Jahreslagen) aus denCambiumzellen von ganz andern Einwirkungen als vonder Stellung gegen die Himmelsgegend abhangen. Bäume, von denen einzelne Individuen zu mehrals 20 Fuß Durchmeſſer und zu einer Lebensdauer vonvielen Jahrhunderten gelangen, gehören den verſchie-denſten natürlichen Familien an. Wir nennen hier:Baobab, Drachenbäume, Eucalyptusarten, Taxodiumdistichum Rich., Pinus Lambertiana Douglas, Hy-menaea Courbaril, Cäſalpinien, Bombax, SwieteniaMahagoni, den Banyanenbaum (Ficus religiosa), Li-riodendron tulipifera (?), Platanus orientalis, unſereLinden, Eichen und Eibenbäume. Das berühmte |Spaltenumbruch| Taxodium distichon, der Ahuahuete der Mexikaner(Cupressus disticha Linn., Schubertia disticha Mirbel)von Santa Maria del Tule im Staate Oaxaca hatnicht, wie Decandolle ſagt, 57, ſondern genau 38Pariſer Fuß Durchmeſſer. Die beiden ſchönen Ahua-huetes bei Chapoltepec (wahrſcheinlich aus einer altenGartenanlage von Montezuma), die ich oft geſehen,meſſen nach der inhaltreichen Reiſe von Burkart nur34 und 36 Fuß im Umkreiſe, nicht im Durchmeſſer,wie man irrthümlich oft behauptet hat. Die Buddhi-ſten auf Ceylon verehren den Rieſenſtamm des heiligenFeigenbaums von Anurahdepura. Die durch ihre Zweigewurzelnden Banyanen erreichen oft eine Dicke von 28Fuß Durchmeſſer und bilden, wie ſchon Oneſikritusſich naturwahr ausdrückt, ein Laubdach, gleich einemvielſäuligen Zelte. Unter den Eichenſtämmen iſt von den ſehr genaugemeſſenen wohl der mächtigſte in Europa der bei Saintesim Departement de la Charente inférieure, auf demWege nach Cozes. Der Baum hat, bei 60 Fuß Höhe,nahe am Boden 27 Fuß 8½ Zoll, 5 Fuß höher noch21½ Fuß, wo die Hauptzweige anfangen, 6 Fuß Durch-meſſer. In dem abgeſtorbenen Theile des Stammes iſtein Kämmerchen vorgerichtet, 10 bis 12 Fuß weit und9 Fuß hoch, mit einer halbrunden Bank, im friſchenHolze ausgeſchnitten. Ein Fenſter gibt dem InnernLicht, daher die Wände des, durch eine Thür verſchloſſe-nen Kämmerchens mit Farrenkräutern und Lichenen an-muthig bekleidet ſind. Nach der Größe eines kleinenHolzſtückes, das man über der Thüre ausſchnitt und indem man 200 Holzringe zählte, war das Alter der Eichevon Saintes auf 1800 bis 2000 Jahre zu ſchätzen. Von dem ſogenannten tauſendjährigen Roſen-baume (Rosa canina) an der Gruftkapelle des Domszu Hildesheim iſt nach genauen urkundlichen Nach-richten, die ich der Güte des Herrn Stadtgerichts-aſſeſſors Römer verdanke, nur der Wurzelſtock vonachthundertjährigem Alter. Eine Legende ſezt den Ro-ſenſtock mit einem Gelübde des erſten Gründers desDomes, Ludwigs des Frommen, in Verbindung; undeine Urkunde aus dem eilften Jahrhundert meldet,„daß, als Biſchof Hezilo den damals abgebranntenDom wieder aufgebaut, er die Wurzeln des Roſen-ſtockes mit einem, noch vorhandenen, Gewölbe umge-ben, auf dieſem Gewölbe die Mauer der 1061 wiedereingeweihten Gruftkapelle aufgeführt und an derſelbendie Zweige des Roſenſtocks ausgebreitet habe.“ Derjezt lebende, nur zwei Zoll dicke Stamm iſt 25 Fußhoch, und etwa 30 Fuß weit an der Außenwand deröſtlichen Gruftkirche ausgebreitet; gewiß auch vonbedeutend hohem Alter, und des alten Rufes werth,der ihm in ganz Deutſchland zu Theil geworden iſt. |932| |Spaltenumbruch| Wenn übermäßige Größe der organiſchen Ent-wickelung im allgemeinen für einen Beweis langerLebensdauer gehalten werden kann, ſo verdient ausden Thalaſſophyten der unterſeeiſchen Vegeta-tion die Tangart Macrocystis pyrifera Agardh (Fucusgiganteus) eine beſondere Aufmerkſamkeit. Dieſe Meer-pflanze erreicht nach Capitän Cook und Georg Forſterbis 360 engliſche oder 338 Pariſer Fuß Länge undübertrifft alſo die Länge der höchſten Coniferen, ſelbſtdie der Sequoia gigantea aus Californien. CapitänFitz-Roy hat dieſe Angabe beſtätigt. Macrocystis |Spaltenumbruch| pyrifera vegetirt von 64° ſüdlicher bis 45° nörd-licher Breite, bis zur Bahia de San Francisco an derNordweſt-Küſte des Neuen Continents. Joſeph Hookerglaubt ſogar, daß dieſe Fucusart bis Kamtſchatka hin-aufſteige. In den Gewäſſern des Südpols ſieht manſie ſchwimmen bis zwiſchen loſen Eisſchollen, pack-ice. Die zelligen, band- und fadenförmigen Gebilde derMacrocyſtis, welche durch ein klauenähnliches Haft-organ am Meeresboden befeſtigt ſind, ſcheinen in ihrerVerlängerung nur durch zufällige Zerſtörung begrenztzu werden.