Vergleichung der höchsten Gebirgsgipfel des alten und neuen Continents. * Die höchsten Gebirgsgipfel von Indien sind 70 bis 80 Jahre später gemessen worden als die der amerikanischen Cordilleren. Erst in den Jahren 1819 bis 1825 wurde durch die vereinten rühmlichen Arbeiten englischer Reisenden: Hodgson, Webb, Herbert, William Lloyd und der Gebrüder Gerard ergründet daß in dem Theile der Himalaja-Kette welcher von Osten gegen Westen streicht, als zwei Culminationspunkte der Dhawalagiri (weiße Berg) und der Jawahir (Djawahir) gelten müßten. Dem ersten wurden 26,345 Pariser, oder 28,077 englische Fuß, dem zweiten 24,160 Pariser oder 25,749 englische Fuß zugeschrieben. Die Messung des Dhawalagiri war ungewisser, und von dem berühmten Colebrooke ganz bezweifelt worden. Aus Briefen die vor wenigen Wochen der kenntnißvolle Botaniker der letzten Südpolexpedition, Dr. Joseph Hooker, aus Dorjuling im Himalaja (25 Jul. 1848) an Alexander v. Humboldt gerichtet hat, geht hervor daß im Meridian von Sikhim zwischen dem Dhawalagiri und Chamalari (Schamalari), zwischen Butan und Nepal, soeben ein Berg, der Kinchinjinga, genau trigonometrisch gemessen worden ist, ein Berg, dessen Gipfel die ungeheure Höhe von 26,438 Pariser oder 28,178 englische Fuß über der Meeresfläche erreicht. Da es nun auch in demselben Briefe heißt, "eine ebenfalls neue Messung des Dhawalagiri lasse diesem den ersten Rang unter allen Schneebergen des Himalaja", so muß der Dhawalagiri nothwendig eine größere Höhe haben als die 4391 Toisen oder 26,345 Pariser Fuß welche man ihm bisher mit einiger Ungewißheit zuschrieb. Für die zwei culminirenden höchsten Punkte der Cordilleren des neuen Continents sind achtzehn Jahre lang, von 1830 bis 1848, gehalten worden: der Nevado de Sorata, der südliche Pik des Schneeberges (südliche Breite 15° 52'), etwas südlich von dem Dorfe Sorata oder Esquibel, in der östlichen Kette von Bolivia, hoch 3948 Toisen, oder 23,688 Pariser Fuß; der Nevado de Illimani, westlich von der Mission Yrupana (südliche Breite 16° 38'), 3753 Toisen oder 22,518 Pariser Fuß, ebenfalls in der östlichen Kette von Bolivia. Diese hypsometrischen Bestimmungen hat der kenntnißreiche Geologe Pentland, welcher lange politischer Agent des englischen Gouvernements in dem Freistaat Bolivia war, im Jahr 1827 gemacht und sie Hrn. Arago dem Vater (dem Freunde von Alexander v. Humboldt) mitgetheilt, um sie in dem "Annuaire du Bureau des Longitudes pour 1830" (p. 323) zu veröffentlichen. Sie sind seitdem durch alle Schriften die von Berghöhen handeln, wie in vielen hypsometrischen Gebirgsprofilen verbreitet worden. Seit dem Erscheinen der großen und schönen Karte von dem Becken der Laguna de Titicaca, die Hr. Pentland im Junius dieses Jahres zu London herausgegeben, haben wir aber gelernt daß die obigen Angaben der Höhen des Sorata und Illimani um 3716 und 2675 Pariser Fuß zu groß sind. Die Karte gibt dem Sorata 21,286, dem Illimani 21,149 englische Fuß, d. i. nur 19,972 und 19,843 Pariser Fuß (3328 und 3307 Toisen). Eine genaue Berechnung der trigonometrischen Operationen von 1838, bei einem zweiten Aufenthalte in Bolivia, hat Hrn. Pentland diese neuen Resultate gewährt. Der Chimborazo (nach Humboldts trigonometrischer Messung 21,424 englische oder 20,100 Pariser Fuß hoch) bleibt also wiederum für jetzt der höchste gemessene Berg des neuen Continents. Er übertrifft den Montblanc an Höhe um 5340 Pariser Fuß, steht aber dem in diesem Sommer zuerst gemessenen Kinchinjinga im Himalaja von Sikhim um 6338 Pariser Fuß nach. Die dritte sehr vermehrte und gänzlich umgearbeitete Ausgabe von Humboldts Ansichten der Natur, welche in wenigen Wochen in der Cotta'schen Buchhandlung erscheinen soll, wird die erste Kunde von den hier berührten Verhältnissen der höchsten Gebirgsgipfel der Andes- und Himalaja-Kette darbieten.