115. Aus Humboldt’s “Kosmos.” Die Wirkung eines feuerſpeienden Berges, ſo furchtbar maleriſch auch das Bild iſt, welches ſie den Sinnen darbietet, iſt doch nur immer auf einen ſehr kleinen Raum eingeſchränkt. Ganz anders iſt es mit den Erdſtößen, die, dem Auge kaum bemerkbar, bisweilen gleichzeitig in tauſend Meilen Entſernung ihre Wellen fortpflanzen. Das große Erdbeben, welches am erſten November ſiebzehn hundert fünf und fünfzig Liſſabon zerſtörte und deſſen Wirkungen der große Weltweiſe, Immanuel Kant, ſo trefflich nachgeſpürt hat, wurde in den Alpen, an den ſchwediſchen Küſten, in den antilliſchen Inſeln (Antigua, Barbados und Martinique), in den großen Seen von Canada, wie in Thüringen und in dem nördlichen Flachlande von Deutſchland in kleinen Binnenwaſſern der baltiſchen Ebenen, empfunden. Ferne Quellen wurden in ihrem Lauf unterbrochen, eine Erſcheinung bei Erdſtößen, auf die im Alterthume ſchon Demetrius der Kallatianer aufmerkſam gemacht hatte. Die Teplizer Thermen verſiegten und kamen, Alles überſchwemmend, mit vielem Eiſen-Ocher gefärbt, zurück. In Cadix erhob ſich das Meer zu ſechzig Fuß Höhe, während in den kleinen Antillen die gewöhnlich nur ſechs und zwanzig bis acht und zwanzig Zoll hohe Fluth urplötzlich tintenſchwarz zwanzig Fuß hoch ſtieg. Man hat berechnet, daß am erſten November ſiebzehn hundert fünf und fünfzig ein Erdraum gleichzeitig erbebte, welcher an Größe viermal die Oberfläche von Europa übertraf. Auch iſt noch keine andere Aeußerung einer Kraft bekannt geworden (die mörderiſchen Erfindungen unſres eignen Geſchlechtes mit eingerechnet), durch welche in dem kurzen Zeitraum von wenigen Secunden oder Minuten eine größere Zahl von Menſchen (ſechzig taufend in Sicilien 1693, dreißig bis vierzig tauſend im Erdbeben von Riobamba 1797, vielleicht fünfmal ſo viel in Kleinaſien und Syrien unter Tiber und Juſtin dem Aeltern um die Jahre 19 und 526) getödtet wurden. § 16@. 5. 7. L. 39. 1. § 158. 5. L. 26. 4. § 559. 2. L. 39. 5. § 65. 2. L. 28. 7. § 131. L. 50. 6. § 123. 2. L. 47. 2. §§ 84. 85. L. 45. § 26. L. 23. 12. § 148. L. 27. 4. § 86. L. 43. 3. § 123. 1. L. 47. 3. Man hat Beiſpiele in der Andeskette von Südamerika, daß die Erde mehrere Tage hinter einander ununterbrochen erbebte; Erſchütterungen aber, die faſt zu jeder Stunde Monate lang gefühlt wurden, kenne ich nur fern von allen Vulkanen, am öſtlichen Abfall der Alpenkette des Mont Cenis bei Feneſtrelles und Pignerol ſeit April 1808; in den Vereinigten Staaten von Nordamerika zwiſchen Neu-Madrid und Little Prairie (nördlich von Cincinnati) im Dezember 1811 wie den ganzen Winter 1812; im Paſchalik von Aleppo in den Monaten Auguſt und September 1822. Da der Volksglaube ſich nie zu allgemeinen Anſichten erheben kann und daher immer große Erſcheinungen localen Erd- und Luft-Proceſſen zuſchreibt, ſo entſteht überall, wo die Erſchütterungen lange dauern, die Beſorgniß vor dem Ausbrechen eines neuen Vulkans. In einzelnen, ſeltenen Fällen hat ſich allerdings dieſe Beſorgniß begründet gezeigt; ſo bei plötzlicher Erhebung vulkaniſcher Eilande, ſo in der Entſtehung des Vulkans von Jorullo (eines neuen Berges von 1580 Fuß Höhe über der alten benachbarten Ebene) am 29. September 1759, nach 90 Tagen Erdbebens und unterirdiſchen Donners. § 137. 5. L. 26. 2. § 34. 3. L. 18. 5. § 159. f. L. 39. 2. § 146. 3. L. 35. 3. Wenn man Nachricht von dem täglichen Zuſtande der geſammten Erdoberfläche haben könnte, ſo würde man ſich ſehr wahrſcheinlich davon überzeugen, daß faſt immerdar, an irgend einem Punkte, dieſe Oberfläche erbebt, daß ſie ununterbrochen der Reaction des Innern gegen das Aeußere unterworfen iſt. § 144. L. 42. L. 44. 5. L. 39. 6. § 129. L. 59. § 34. 5. L. 23.