* Berlin, 5 Aug. (Zufällig verſpätet.) Bei der akademiſchen Feier zur Erinnerung an die vor vierzig Jahren geſchehene Landung Alexanders v. Humboldt aus Amerika an der franzöſiſchen Küſte hielt derſelbe folgende Rede: „Die Freundſchaft hat ein Gedächtniß für Zeitepochen die uns ſelbſt am ſpäten Lebensabend wie in fernem Nebel gehüllt erſcheinen. Die Freundſchaft hat auch ihre Mythen, die ſie ſinnig zu deuten verſteht, denen ſie unvorſichtig und liebevoll ihren Glauben ſchenkt. Sie nimmt Beſtrebungen für Thaten, rohe Entwürfe für Vollendung: ſie ſchreibt dem Einzelnen zu was dem Ganzen gehört, und der mächtigen Zeit die den Einzelnen getragen; was den begabteren Mitkämpfern gehört die, wie Sie meine theuren Collegen und Freunde, nach ſo vielen Richtungen hin die Bahn dem Forſchenden bezeichnet haben. Das Gefühl eines ſolchen Gemeinguts der Intelligenz durchdringt mit belebender Kraft. Es knüpft feſter und feſter die Bande welche im hoffenden Alter dem Univerſitätsleben, ſpäter den Akademien, jenen ernſten freien Inſtitutionen die dem wiſſenſchaftlichen Streben ausſchließlich gewidmet ſind, einen ſo eigenthümlichen Reiz gewähren. Der Tag an dem ich ein unerwartetes Zeichen der Erinnerung und eines liebevollen Sinnes von Ihnen empfange, erneuert in mir ein frohes Bewußtſeyn, eine alte Ueberzeugung. Da wo ungetrübt die Quelle der Erkenntniß fließt, werden auch die Regungen des Gefühls ein Bedürfniß geiſtiger Exiſtenz. Durch die ſtille Macht dieſer Ueberzeugung angetrieben, biete ich Ihnen dar was auf allen Stufen des Lebens und ſeiner vielfachen Enttäuſchungen im Menſchen das Menſchlichſte iſt, den Ausdruck tiefempfundenen Dankes.“