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Alexander von Humboldt: „Tropische Thiere in hohen nördlichen und südlichen Breiten“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1843-Tropische_Thiere_in-3-neu> [abgerufen am 29.03.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1843-Tropische_Thiere_in-3-neu
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Titel Tropische Thiere in hohen nördlichen und südlichen Breiten
Jahr 1843
Ort Graz
Nachweis
in: Stiria, ein Blatt des Nützlichen und Schönen 1:107 (7. September 1843), S. 428.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: VI.38
Dateiname: 1843-Tropische_Thiere_in-3-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 1
Spaltenanzahl: 2
Zeichenanzahl: 2728

Weitere Fassungen
Tropische Thiere in hohen nördlichen und südlichen Breiten (Berlin, 1843, Deutsch)
Tropische Thiere in hohen nördlichen und südlichen Breiten (Bamberg, 1843, Deutsch)
Tropische Thiere in hohen nördlichen und südlichen Breiten (Graz, 1843, Deutsch)
|428| |Spaltenumbruch|

(Tropiſche Thiere in hohen nördlichen undſüdlichen Breiten.)

»Das Studium der foſſilen Kno-chen« — ſagt A. v. Humboldt in ſeinem großen Werke überCentral-Aſien — »führt uns dahin, die Vertheilung verſchie-dener Typen von Formen mit den Veränderungen zu verglei-chen, welche die Klimate ſeit den letzten Umwälzungen desErdballs erfahren haben können. Der Königstiger, dieſelbeGattung, welche die tropiſchen Regionen Indiens und derInſel Ceylon bewohnt, haust in den zum Altai gehörendenBergen Kurtſchum und Narym. Er zeigt ſich heutzutage nichtbloß auf den Ebenen der Dſungarei, er rückt ſogar nordwärtszwiſchen dem Schlangenberg und der Stadt Barnaul, bis zuden Breiten von Berlin und Hamburg vor. Dieß iſt ohneZweifel eine der merkwürdigſten Phänomene, wenn man esnur aus dem Geſichtspuncte der Geographie der Thiere be-trachtet, ein Phänomen, demjenigen analog, welches in Süd-Amerika der Jaguar (amerikaniſche Tiger) bis zum 42ten, derPuma-Löwe und der Vogel Colibri bis zum 53ten Gradeſüdlicher Breite, d. h. bis zu den an die Magellan-Straße |Spaltenumbruch| gränzenden Ländern zeigen. (Die ſüdſüdweſtlich von Neuſeelandliegende Inſel Marquarrie beſitzt ſogar eine Art Papagei unter55° ſüdlicher Breite.) Im nördlichen Aſien aber wird derSüden des Altai-Gebirges während des Sommers gleichzeitigvon dem Elendthier und dem Königstiger, vom Rennthier undder Panther-Gattung Irbiß bewohnt. Dieſes nahe Zuſammen-ſeyn großer thieriſcher Bewohner der heutigen Welt, von denenman gewöhnlich annimmt, daß ſie den entgegengeſetzteſtenKlimaten angehören, iſt eine der am beſten beglaubigten That-ſachen. Das Rennthier (Cervus tarandus) findet ſich amwilden Zuſtande an den Ufern des oberen Tſchuliſchman, wel-cher in den See Telezk mündet, wahrſcheinlich auch zwiſchendem Jaſſaten und der Alaſcha, zwei Zuflüſſen des Argut. Nunaber iſt in oſtſüdoſt-weſtſüdweſtlicher Richtung nur eine Streckevon 40 bis 50 Meilen von dieſen Wohnſitzen der Rennthiereund Elendthiere bis zum Narym und dem nördlichen Hangedes Kurtſchum, wo der Königs-Tiger von Zeit zu Zeit erſcheint,um noch viel nördlichere Excurſionen zu machen. Skelettedieſer ſo verſchiedenen Typen angehörenden Thiere könnten alſounter dem Einfluſſe der klimatiſchen Umſtände der heutigenWelt auf der Oberfläche des Bodens ſehr nahe an einanderliegen. Ohne das hier mitgetheilte Factum der zoologiſchenGeographie würden foſſile Gebeine von Rennthieren nebenfoſſilen Gebeinen des Königstigers leicht dahin führen, daßman in der Vertheilung der Temperaturen und ihrer raſchenAufeinanderfolge eine jener großen Umwandlungen annähme,mit welchen vormahls das Phänomen der im eiſigen BodenSibiriens verſcharrten Gebeine von Pachydermen erklärt wor-den iſt.