Die ehemalige Betriebsweise der Goldbergwerke auf den Antillen. Mehrere der vorhin erwähnten Umstände, die Trockenheit der meisten Thäler, in denen zahlreiche Bergwerksüberreste liegen, die Höhe derselben über solchen Thälern, welche stets wasserführend sind, der Haldensturz, der großen Theils neben den Bingen aufgestapelt ist, und der Rückstand an Gold in den Halden, könnten zu dem Schlusse führen, daß damals dieses Metall nur auf trockenem Wege gewonnen worden sei, wenn nicht historische Nachrichten diese Ansicht als unhaltbar nachwiesen. Herr von Humboldt hatte, da ich in den mir zu Gebot stehenden ältern Werken nichts Brauchbares über die frühere Goldgewinnungsmethode fand, die außerordentliche Güte, mir über den ehemaligen Goldbergwerksbetrieb im andern Welttheile im Allgemeinen, sowie auf Haiti insbesondere, höchst interessante schriftliche Notizen mit der Genehmigung mitzutheilen, dieselben im vorliegenden Aufsatz benutzen zu dürfen. "Ich glaube keinesweges, daß die Goldsande im Allgemeinen trocken versiebt werden können. Nach dem was ich in großem Maßstabe davon in der Andeskette (im Cauca-Thale) und auf der für den Kaiser von Rußland übernommenen Reise nach dem Ural und Altai gesehen, scheint es mir ganz unmöglich, auf solche Weise einen irgend vortheilhaften Betrieb vorzurichten. Selbst da, wo auf einem engen Raume, wie zu Alexandrowsk bei Miask im südlichen Ural, Goldstücke von 13, 19 ja 22 preuß. Pfunden in dem Schuttland wenige Zolle unter dem Rasen gefunden worden sind, enthalten die umgebenden Goldsandschichten fast nur dem bloßen Auge unsichtbare Goldlamellen; ja das Auffinden so großer Goldstücke ist keinesweges die Anzeige oder der Vorbote reichen Goldsandes. Ganz eben so ist es in den südlichen Theilen der Vereinigten Staaten, deren Verhältnisse und Lagerung auf Grünstein und Uebergangsthonschiefer ganz denen des Urals gleichen." "In dem Werke des berühmten Oviedo (Relacion summaria de la Historia natural de las Indias) geschrieben im Jahre 1526, haben wir den vollständigen Beweis, daß das Gold in den Inseln und in der Tierra firma (in der sogenannten Castilla de oro) eben so gewaschen wurde, als es noch heute in Choco in der Sonora (Nord-Mexico), am Ural und im Innern von Afrika geschieht. Oviedo bekleidete viele Jahre die Stelle als Aufseher des Goldschmelzens; er ließ selbst Goldwäschen betreiben, und beschreibt die Methode, deren die Eingebornen sich bedienten, um das Gold zu erlangen. Er war schon 1513 in der Insel Santo Domingo (Haiti), und kehrte 1535 wieder dahin zurück. Das 84ste Kapitel seiner Schrift beschreibt das Auffinden des Goldes und die Wäsche mit vieler praktischer Sachkenntniß. Das Gold, sagt er, findet man nahe an der Oberfläche entweder am Ufer, oder am Bette eines Flusses oder in trockenen Ebenen. Man hört auf in der lockeren Schicht zu graben, wenn man auf das feste Gestein gelangt. (Eben so am Ural, wo man bisweilen den reichsten Goldsand von dem festen Gestein, Thonschiefer, Grünsteinschiefer, Talkschiefer, Serpentin, selbst Uebergangskalksteine abkratzt, sicher daß in den Gesteinen selbst dort gangartig nichts zu finden sei)." "Wo das Gold, fährt Oviedo fort, in der dürren Ebene liegt, ist es nöthig in der Nähe einen Fluß, ein Bächlein, oder einen Wasserriß mit Regenwasser, oder wenigstens eine Quelle zu suchen, damit die Indianer die geförderte goldhaltige Erde dahin tragen können, wo das Wasser zu finden ist." "Die Arbeiter, welche den Goldsand bringen, waschen nicht selbst, sondern gehen nach der Grube zurück. Das Waschen des Goldes geschieht durch eigene Wäscher. Diese sitzen am Ufer, so daß das Wasser ihnen bis an das Knie reicht; sie bedienen sich einer kleinen concaven Schüssel (batea), welche einem Barbierbecken gleicht. Die Wäscher halten nur einen Theil der mit Golderde gefüllten Schüssel unter Wasser gegen die Strömung und drehen dieselbe so geschickt und so vorsichtig, daß das Wasser die erdigen Theile allein wegschwemmt, dagegen das Gold in dem concaven Boden der Schüssel (des Beckens) bleibt. Dies Gold wird dann auf einen besondern Haufen geschüttet und neue Erde in die Schüssel gethan. Zu 2 Wäschern sind nöthig 2 Arbeiter, die graben, und 2, die zutragen. Bisweilen verändert man auch den Lauf eines Baches und findet dort das Gold in dem Bette selbst, bisweilen liegt es fern von allen Flüssen und Bergen in der Ebene, aber die Stücke Holzkohle, welche der Golderde beigemengt sind, machen mich glauben, daß die Wasser von ferne her Alles zusammen geschwemmt haben, daß die Holz- und Kohlenstücke von den waldigen Bergen herrühren und daß mit der Zeit nach und nach immer mehr Erde das Gold und die Kohle bedeckt haben. Zu diesen Vermuthungen über Entstehung der goldhaltigen Alluvionen fügt Oviedo hinzu: je weiter das Gold gelaufen ist und sich von seiner ursprünglichen Lagerstätte im hohen Gebirge entfernt findet, um so glatter (abgeschliffener) und reiner ist es. Höher herauf im Gebirge ist das Gold von rauher Oberfläche und unreiner, von minderer Löthigkeit. Hier und da haben sich auch große Körner von vielem Gewicht ganz über der Erde gefunden, (oberhalb dem Rasen). Wenn man einwenden wollte, daß Oviedo mehr den Goldbetrieb, das ist die Goldwäschen in der Tierra Ferme, als in den Inseln beschreibt, so steht dem entgegen, daß er seit 1513 mehre Jahre lang sich selbst mit dem Golde in Haiti beschäftigte, und daß der Verkehr zwischen Haiti und der Tierra ferme so lebhaft und ununterbrochen war, daß man gewiß alle Methoden der Castilla de Oro in den Inseln würde benutzt haben. Aber es fehlt auch gar nicht an direkten Zeugnissen, daß die Eingebornen von Haiti selbst, die goldhaltige Erde eben so wuschen, als die Eingebornen in der Tierra ferme. Des Columbus Freund, P. M. de Anghiera sagt auf das Bestimmteste, daß der Bruder des Entdeckers in Haiti, tres menses ad instrumenta quibus aurum lavari et colligi possit conficienda consumpsit. (De rebus Oceanicis 1574. Decas I. lib. IV. p. 57.) Anghiera schrieb sein Werk zwischen 1494 und 1526. Er gab nemlich die einzelnen Bücher der Oceanica in verschiedenen Jahren heraus, ja die Stelle, die ich Ihnen citire (Vorrichtungen, um das Gold zu waschen) ist, wie das ganze 4te Buch der ersten Decade von 1501, also 9 Jahr nach der Entdeckung von Haiti geschrieben. Anghiera erzählt auch, wie die Eingebornen die beiden Hände mit Goldsand zu füllen und durch Uebergießen aus einer hohlen Hand in die andere das Gold von der Erde zu trennen wüßten. Sie bedienten sich dieser expeditiven Waschmethode, um den Fremden zu zeigen, wo Gold in den Flüssen war. (S. 25 und 339). Das Gold, sagt Anghiera, wird in Haiti nicht da erzeugt, wo es sich jetzt findet. Es ist durch Ueberschwemmung dahin gekommen: (Decas III. lib. 8. p. 297)." "Der erste Ursprung, sagt er, ist das Gebirge, wo die Gänge, wie Bäume mit ihren Zweigen, aus dem Innern der Erde aufsteigen. Er hatte also die richtige Ansicht, daß die Goldalluvionen nichts mit dem Gestein zu thun haben, welches dieselben zunächst umgiebt, daß sie vielmehr das zertrümmerte Ausgehende ferner goldführender Gänge ist." "Die Idee hydrostatischer Absonderung, der Anwendung des Wassers bei Goldsänden, war, (durch die goldführenden Flüsse erregt) wohl bei Völkern des verschiedenartigsten Culturzustandes zugleich entstanden. Die Alten, besonders Strabo, beschreiben das Goldwaschen sorgfältig, ja in Spanien selbst, im Lande der Turdotanier. Man bespült, sagt Strabo (Buch III. p. 146. Casaub), den wasserlosen Goldsand mit herbeigeführtem Wasser und gräbt deßhalb Brunnen." "In den Alpen führten die Salasser Kriege mit ihren Nachbarn, um den Besitz des Flusses Durias, der ihnen zur Gewinnung des (trocknen) Goldsandes nothwendig war. (Strabo Buch IV. p. 204). Im ganzen Mittelalter waren Goldwäschen im Gange, in Schlesien wie am Fichtelgebirge. Der Prozeß des Waschens war den erobernden Spaniern so bekannt, daß sie denselben würden gleich eingeführt haben, wenn sie nicht schon das Waschen des Goldsandes als den Eingebornen Amerika's bekannt gefunden hätten." "So groß war das Geschick und die Thätigkeit der Spanier damals, daß, (wie der Historiker Mundoz gezeigt hat) schon 1495 ein Bergmann Pablo Belvis nach Haiti geschickt wurde mit einem Vorrath Quecksilber, um das Goldwaschen durch Anquicken zu beschleunigen. Diese Methode war auch im Innern von Afrika sehr bekannt zwischen Abyssinien und Nubien im Wadi el Alaki. Der Geograph Edrisi spricht vom Anquicken des Goldsandes in der Mitte des 12ten Jahrhunderts, wie ich in dem vor Kurzem von Hrn. Amadee Jaubert zum ersten Male edirten Theile der Geographie des Edrisi aufgefunden." "Ich habe davon und über die größten in Haiti aufgefundenen Goldstücke, wie über die Ursachen des schnellen Verfalls der Goldgewinnung in Haiti umständlich gehandelt in der Abhandlung über die Schwankungen der Goldproduktion, (Deutsche Vierteljahrsschrift 1838. Heft 4. S. 11.), und im Examen critique de l'histoire de la Geographie du 15. siecle, T. III. p. 331." "Wenn uns gegenwärtig ein Theil der Antillen wasserarm scheint, so muß man nicht vergessen, daß bei geschickter Benutzung der tropischen Regenmenge es leicht war, sich Monate lang Wasservorrath zu schaffen. Dort fallen im Jahre (noch jetzt) 80 -- 105 Pariser Zoll Regenwasser, wenn wir kaum in Deutschland 20 -- 24 Zoll haben. Die 7jährigen Beobachtungen von Ramon de la Sagra 1821 -- 1827, gaben im Mittel für die Havana 85 Z. 9 Linien (Par. Maaß). In der Grenada fallen 105 Zoll. Dazu war die Regenmenge vor den unvorsichtigen Abholzungen der Europäer einst in den Antillen gewiß weit größer als jetzt. Haiti hatte mehr Quellen und Bäche die man leicht zum Goldwaschen benutzen konnte. Schon Columbus, als er sich über die üppige Vegetation von Jamaica freute, bemerkt sehr scharfsinnig: daß zu seiner Zeit (1492) die Canarischen Inseln , Madeira und die Azoren weniger Regen als sonst hätten, weil der Schatten der Bäume vermindert worden sei." "Ich zweifle nicht, daß in Haiti und in den südlichen Theilen der Vereinigten Staaten, wie am Ural, in Brasilien, Choco und Malacca, Platina mit Pallad und Osmium, Iridium im Goldsande existiren. Die Analogie macht es sehr wahrscheinlich, aber Gewißheit habe ich weder über Haiti noch über die Vereinigten Staaten von Nord Amerika." "Ihre Beobachtung von der Dissemination des Goldes im Grünstein des Cibao, wie in den goldhaltigen Conglomeraten, hat mich sehr interressirt. Wenn nicht Gänge in der Nähe sind, ist mir das Vorkommen ganz neu."