Versuch einer Bestimmung der mittleren Höhe der Continente. Von Alexander von Humboldt. (Auszug einer Abhandlung, welche der Herr Verfasser in der Sitzung der Berliner Akademie der Wissenschaften am 18. Juli vorgelesen hat.) Unter den numerischen Elementen, von deren genauer Erörterung die Fortschritte der physischen Erdbeschreibung abhangen, giebt es eines, dessen Bestimmung bisher fast gar nicht versucht worden ist. Der Unglaube an die Möglichkeit einer solchen Bestimmung ist vielleicht die Hauptursach dieser Vernachlässigung gewesen. Die Erweiterung aber unseres orographischen Wissens, wie die Vervollkommnung der Karten grosser Länderstrecken hat (sagt der Verfasser der Abhandlung) mir den Muth gegeben, mich seit Jahren einer mühevollen, sehr steril scheinenden Arbeit zu unterziehen, deren Zweck die genäherte Kenntniss der mittleren Höhe der Continente, die Bestimmung der Höhe des Schwerpunkts ihres Volums ist. Bei diesem Gegenstande, wie bei vielen anderen der Dimensionen des Weltbaues, der wahrscheinlichen Entfernung der Fixsterne, der mittleren Temperatur der Erdpole oder des ganzen Luftkreises im Meeres-Niveau, der Schätzung der allgemeinen Bevölkerung der Erde, kommt es darauf an, die Grenz-Zahlen (nombres limites) zu erlangen, zwischen welche die Resultate fallen müssen, von dem Bekannten aus einem einzigen Lande, z. B. von der genau geometrisch und auch hypsometrisch dargestellten Oberfläche von Frankreich, allmählich zu grösseren Theilen von Eüropa und Amerika, durch Analogien geleitet, überzugehen, zugleich aber allen numerischen Angaben nachzuspüren, die in neüeren Zeiten, besonders für Inner- und West-Asien, uns in so erfreülicher Fülle zugekommen sind. Astronomische Ortsbestimmungen, um die Grenzen zwischen den Gebirgs- Abfällen und den Rändern der Ebenen bis zu drei- oder vierhundert Meter absoluter Höhe auszumitteln, sind am sorgfältigsten zu sammeln. Die Möglichkeit einer solchen Ergründung der Grenzen und der davon abhängigen Vergleichung des Flächeninhalts der Ebenen und der Gebirgs- Grundflächen habe ich früher in geognostischen Untersuchungen über Süd-Amerika gezeigt, wo die lange, auf einer ungeheüeren Gangspalte mauerartig erhobene Cordillere der Andes und die Massen-Erhebungen der Parime und Brasiliens in allen älteren Karten so unrichtig umgrenzt waren. Es ist eine allgemeine Tendenz der graphischen Darstellungen, den Gebirgen mehr Breite zu geben, als sie in der Wirklichkeit haben, ja in den Ebenen die Plateaux verschiedener Ordnung mit einander zu vermengen.“ Herr von Humboldt hat zuerst im Jahr 1825 in zwei Abhandlungen, die er in der Akad. der Wiss. zu Paris verlesen, die mittlere Höhe der Continente berührt, „l’évaluation du volume des arêtes ou soulèvemens des montagnes comqaré à l’étendue de la surface des basses régione.“ Eine denkwürdige Behauptung von Laplace in der Mécanique céleste (T. V. livre XI. chap. 1. p. 3.) hatte Veranlassung zu dieser Unsersuchung gegeben. Der grosse Geometer hatte den Satz aufgestellt, dass der Einklang, welcher sich findet zwischen den Resultaten der Pendel-Versuche und der Erd- Abplattung, aus trigonometrischen Grad-Messungen und den Monds-Ungleichheiten hergeleitet, den Beweis davon liefert: „que la surface du sphéroide terrestre seroit à peu près celle de l’équilibre, si cette surface devenoit fluide. De là et de ce que la mer laisse à découvert de vastes continens, on conclut qu’elle doit être peu profonde et que sa profondeur mayenne est du même ordre que la hauteur moyenne des continens et des îles au-dessus de son niveau, hauteur qui ne surpasse pas mille mètres (3078 paris. Fuss, nur 463 F. weniger als der Brocken-Gipfel nach Gauss, oder mehr als die höchsten Bergspitzen in Thüringen). Cette hauteur, heisst es weiter, est donc une petite fraction de l’excès du rayon de l’équateur sur celui du pôle, excès qui surpasse 20,000 mètres. De même que les hautes montagnes recouvrent quelques parties des continens, de même il peut y avoir de grandes cavités dans le bassin de mers, mais il est naturel de penser que leur profondeur est plus petite que l’élévation des hautes montagnes, les dépôts des fleuves et les dépouilles des animaux marins devant remplir à la longue ces grandes cavités.“ Bei der Vielseitigkeit des gründlichen Wissens, welches den Gründer der Mécanique céleste in so hohem Grade auszeichnete, war eine solche Behauptung um so auffallender, als es ihm nicht entging, dass das höchste Plateau in Frankreich, das, auf welchem die ausgebrannten Vulkane von Auvergne ausgebrochen sind, nach Ramond nur 1044 F., die grosse iberische Hochebene, nach meinen Messungen, nur 2100 Fuss über dem Meeresspiegel liegen. Laplace hat die obere Grenze auf tausend Meter nur deshalb gesetzt, weil er den Umfang und die Masse der Gebirgs-Erhebungen für beträchtlicher hielt als sie ist, die Höhe einzelner Pies (culminirender Punkte) mit der mittleren Höhe der Gebirgs-Rücken verwechselte, die mittlere Meerestiefe zu gering anzunehmen besorgte, und zu seiner Zeit keine Data aufgeführt fand, aus denen sich das Verhältniss des Flächeninhalts (in Quadrat-Meilen) der ganzen Continente zu dem Flächeninhalte der Gebirgs-Grundflächen schliessen liess. Eine sorgfältige Rechnung ergab, dass die Masse der Andes- Kette von Süd-Amerika, auf den ganzen ebenen Theil der östlichen Gras- und Waldfluren pulverartig, aber gleichförmig zerstreut, diese Ebenen, deren Flächeninhalt genau ⅓ grösser ist als die Oberfläche von Eüropa, nur um 486 F. erhöhen würde. Herr von Humboldt schloss schon damals daraus: „que la hauteur moyenne des terres continentales dépend bien moins de ces chaînons ou arêtes longitudinales de peu de largeur, qui traversent les continens, de ces points culminans ou dômes qui attirent la curiosité du vulgaire, que de la configuration générale des plateaux de différens ordres et de leur série ascendante, de ces plaines doucement ondulées et à pentes alternantes qui influent par leur étendue et leur masse sur la position d’une surface moyenne, c’est-à-dire sur la hauteur d’un plan placé de manière que la somme des ordonnées positives soit égale à la somme des ordonnées négatives.“ Die Vergleichung, welche Laplace in der oben angeführten Stelle der Mécanique céleste zwischen der Tiefe des Meeres und der Höhe der Continente macht, erinnert an eine Stelle des Plutarch im 15ten Kapitel seiner Lebensbeschreibung des Aemilius Paulus (ed. Reiskii T. II. p. 276). Sie ist um so merkwürdiger, als sie uns eine unter den Physikern von Alexandrien allgemein herrschende Meinung kennen lehrt. Nachdem Plutarch den Inhalt einer Inschrift mitgetheilt hat, welche am Olympus gesetzt worden war und das Resultat der sorgfältigen Höhenmessung des Xenagoras angab, fügt er hinzu: „aber die Geometer (wahrscheinlich die alexandrinischen) glauben, man finde keinen Berg, der höher, kein Meer, das tiefer sei als 10 Stadien. Man setzte keinen Zweifel in die Richtigkeit der Messung des Xenagoras, aber man drückte aus, es müsse durch den Bau der Erde eine völlige Gleichheit geben zwischen den positiven und negativen Höhen. Hier ist freilich nur von dem Maximum der Höhe und Tiefe die Rede, nicht von einem mittleren Zustande, eine Betrachtung, welche überhaupt sich den alten Physikern wenig darbot und welche erst bei veränderlichen Grössen auf eine der Astronomie heilbringende Weise von den Arabern eingeführt ward. Auch in den Meteorologicis des Kleomedes (I. 10.) ist eine Meinung geaüssert, die mit der des Plutarchus gleich lautet, während in den Meteorologicis des Stagiriten (Aristot. met. II. 2.) nur der Einfluss der Inclination des Meeresbodens von Osten nach Westen auf die Strömung betrachtet wird. Wenn man versucht die mittlere Höhe der Continental- Erhebungen über dem jetzigen Niveau der Meere zu bestimmen, so heisst das, den Schwerpunkt des Volums der Continente über dem jetzigen Meeresspiegel aufzufinden, eine Untersuchung, die ganz von der verschieden ist, statt des centre de gravité du volume den Schwerpunkt der Continental-Masse, centre de gravité des masses, aufzufinden, da der sich über dem Meere erhebende Theil der festen Erdrinde keinesweges von homogener Dichtigkeit ist, wie die Geognosie und die Pendel-Versuche lehren. Der Gang der einfachen Rechnung ist der: man betrachtet jede Gebirgskette als ein dreiseitiges horizontal liegendes Prisma. Die mittlere Höhe der Gebirgspässe, welche die mittlere Höhe des Gebirgsrückens bestimmt, ist die Höhe der Seitenkante des liegenden dreiseitigen Prisma’s, senkrecht auf die Fläche gefällt, welche die Basis der Gebirgskette ausmacht. Die Hochebenen (Plateaux) sind als stehende Prismen ihrem Inhalte nach berechnet worden. Um ein eüropäisches Beispiel zu geben, erinnere ich, dass die Oberfläche von Frankreich 10,087 deütsche Q.-Meilen enthält. Nach Charpentier beträgt die Grundfläche der Pyrenäen 430 dieser Q.-Meilen. Obgleich die mittlere Höhe des Kammes der Pyrenäen 7500 F. beträgt, so habe ich doch eine kleinere Höhe angenommen, wegen der Erosionen des liegenden Prisma’s, welche die haüfigen tiefen Querthäler als volum-vermindernd bilden. Der Effekt der Pyrenäen auf ganz Frankreich ist nur 35 Meter oder 108 Fuss. Um diese Quantität nämlich würde die Normal-Oberfläche der Ebenen von ganz Frankreich, die sich durch Vergleichung vieler genau gemessener, wohlgelegener, d. h. dem Centrum angehöriger, Orte (Bourges, Chartres, Nevers, Tours etc.) ergiebt und 480 Fuss beträgt, erhöht werden. Die Rechnung, die ich mit Herrn Elie de Beaumont gemeinschaftlich angestellt, ergiebt nun folgendes allgemeine Resultat: 1) Effect der Pyrenäen ............... 18 Toisen 2) Die franz. Alpen, der Jura und die Vogesen einige Toisen mehr als die Pyrenäen; ihr gemeinsamer Effect ........ 20 — 3) Es bleiben übrig die Plateaux des Limousin, der Auvergne, der Cevennen, des Aveyron, des Forez, Morvant und der Côte d’or. Ihr gemeinsamer Effect, sehr nahe dem der Pyrenäen, gleich ....... 18 — Da nun die Normal-Höhe der Ebenen von Frankreich in der weitesten Erstreckung 80 — so ist die mittlere Höhe von Frankreich höchstens ...................... 136 Toisen oder 816 Fuss. Die baltischen, sarmatischen und russischen Ebenen sind nur durch die Meridian-Kette des Ural von den Ebenen von Nord-Asien getrennt; daher denn Herodot, dem der Zusammenhang um die südliche Extremität des Urals im Lande der Issidonen bekannt war, ganz Asien nördlich vom Altai Eüropa hiess. In dem cisuralischen Theile unserer baltischen Ebenen sind, dem Littoral der Ostsee nahe, partielle Massen-Erhebungen, die eine besondere Rücksicht verdienen. Westlich von Danzig, zwischen dieser Stadt und Bütow, wo das Seeufer weit gegen Norden vortritt, liegen viele Dörfer 400 Fuss hoch; ja der Thurmberg, dessen Messungen zu vielen hypsometrischen Streitigkeiten Anlass gegeben haben, erhebt sich nach Major Baeyer’s trigon. Operation zu 1024 Fuss, — vielleicht die grösste Berghöhe zwischen dem Harz und Ural. Sonderbar, dass nach Struve’s Messung der culminirende Punkt von Livland, der Munamaggi, bis auf 4 t. die Höhe des westpreüssischen Thurmberges erreicht, ja dass eben so übereinstimmend nach Schiffscap. Albrecht’s neüer Seekarte die grösste Tiefe der Ostsee zwischen Gothland und Windau 167 t. beträgt, wenn der Thurmberg 170 t. hat. Das Loch hat 4 Q.-Meilen. Das ausschliesslich eüropäische Flachland, dessen Normal- Höhe man nicht über 60 t. anschlagen kann, hat, genau gemessen, 9mal den Flächeninhalt von Frankreich. Die ungeheüre Ausdehnung dieser niederen Region ist die Ursach, warum die mittlere Continental-Höhe von ganz Eüropa mit seinen 170,000 deütschen Q.-Meilen um volle 30 t. kleiner ausfällt als das Resultat für Frankreich. Ohne länger durch Zahlen ermüden zu wollen, füge ich nur die, für eine allgemeine geognostische Ansicht nicht ganz unwichtige Betrachtung hinzu, dass Massen-Erhebungen von ganzen Ländern als Hochebenen einen ganz andern Effect auf Erhöhung der Schwerpunkte des Volums hervorbringen als Bergketten, wenn sie auch noch so beträchtlich an Länge und Höhe sind. Während die Pyrenäen auf ganz Eüropa kaum den Effect von einer Toise, das Alpensystem, dessen Grundfläche die der Pyrenäen fast viermal übertrifft, den Effect von 3½ t. hervorbringen, bewirkt die iberische Halbinsel mit ihrer compacten Plateau-Masse von 300 t. Höhe einen Effect von 12 t. Das iberische Plateau wirkt demnach auf ganz Eüropa viermal so viel als das Alpensystem. Das Resultat der Rechnungen ist meist so befremdend, dass es sich aller Vorausbestimmung zu entziehen scheint. Ueber die Gestaltung von Asien ist in den neüesten Zeiten viel Licht verbreitet worden. Der Effect der südlichen colossalen Erhebungs-Massen wird dadurch vermindert, dass ⅓ des ganzen Continents von Asien, ein Theil Sibiriens, der selbst um ⅓ den Flächeninhalt von Eüropa übertrifft, nicht 40 t. Normal-Höhe hat. Das ist selbst noch die Höhe von Orenburg an dem nördlichen Rande der caspischen und turanischen Senkung. Tobolsk hat nicht die Hälfte dieser Höhe; und Kasan, das 5mal entfernter von dem Littoral des Eismeeres liegt als Berlin von der Ostsee, hat kaum die Hälfte der Höhe unserer Stadt. Am oberen Irtysch zwischen Buchtarminsk und dem Saysan-See, an einem Punkte, wo man dem indischen Meere näher als dem Eismeere ist, fanden wir die Ebene noch nicht 800 Fuss hoch, ein sogenanntes Contral-Plateau Inner-Asiens, das noch nicht die Hälfte der Erhebung des Strassenpflasters von München über dem Niveau des Meeres hat. Das einst so berühmte Plateau zwischen dem Baikal-See und der chinesischen Mauer (die steinige Wüste Gobi oder Sha-mo), das die russischen Akademiker Bunge und Fuss barometrisch gemessen, hat nur die mittlere Höhe von 660 t. (3960 F.), als setze man die Müggelsberge auf den Gipfel des Brocken; ja das Plateau hat in seiner Mitte, wo Ergi liegt (Br. 45° 31′), eine muldenartige Vertiefung, wo der Boden bis 400 t. (2400 F.), fast bis zur Höhe von Madrid, herabsinkt. „Diese Senkung,“ sagt Herr Bunge in einem noch ungedruckten Aufsatze, den ich besitze, „ist mit Halophyten und Arundo-Arten bedeckt; und nach der Tradition der Mongolen, die uns begleiteten, war sie einst ein grosses Binnenmeer.“ Beide Extremitäten dieses alten Binnenmeeres sind durch flache Felsränder, ganz einem Seeufer gleich, bei Olonbaischan und Zukeldakan begrenzt. Das Areal der Gobi in seiner einförmigen Massen-Erhebung von SW. gegen NO. ist zweimal so gross als ganz Deütschland, und würde den Schwerpunkt von Asien um 20 t. erhöhen, während der Himalaya und das den Hindou Kho fortsetzende Kouen-lun sammt der tübetanischen Hochebene, die Himalaya und Kouen-lun verbindet, einen Effect von 56 t. hervorbringen würden. Bei der Berechnung des ungeheüren Reliefs zwischen den indischen Ebenen und dem niedrigen, von dem milden Kaschgar gegen den Lop-See östlich abfallenden Plateau des Tarim war der Punkt zu beachten nahe dem Meridian des Kaylasa und der zwei heiligen Seen Manasa und Ravanabrada, von wo an der Himalaya nicht mehr von Osten gen Westen dem Kouen-lun parallel laüft, sondern sich, vonSO.-NW. gerichtet, dem Bergknoten des Tsun-ling anschaart. Die Höhen der zahlreichen Bergpässe von Bamian bis zu dem Meridian des Tschamalari (24,400 F.), bei welchem Turner auf das tübetanische Plateau von H’Lassa gelangte, also in einer Ausdehnung von 21 Längegraden, sind bekannt. Der grössere Theil derselben hat sehr einförmig 14,000 engl. Fuss (2200 t.), eine in den Pässen der Andes- Kette gar nicht ungewöhnliche Höhe. Die grosse Landstrasse, der ich von Quito nach Cuenca gefolgt bin, hat z. B. am Assuay (Ladera de Cadlud) schneefrei die Höhe von 2428 t., das ist fast 1400 F. mehr als jene Himalaya-Uebergänge. Die Pässe, wie ich bereits früher bemerkt, bestimmen die mittlere Höhe der Gebirgskämme. In einer Abhandlung über das Verhältniss der höchsten Gipfel (culminirenden Punkte) zu der Höhe der Gebirgsrücken habe ich gezeigt, dass der Gebirgsrücken der Pyrenäen, aus 23 Pässen (cols, hourques) berechnet, 50 t. höher als der mittlere Gebirgsrücken der Alpen ist, obgleich die Culminationspunkte der Pyrenäen und Alpen sich wie 1 zu 1 [Formel] verhalten. Da einzelne Himalaya-Pässe, z. B. Niti Gate, durch das man in die Ebene der Schaal-Ziegen aufsteigt, 2629 t. hoch sind, so habe ich die mittlere Höhe des Himalaya-Rückens nicht zu 14,000 engl. Fuss, sondern, wenn gleich überschätzt, zu 15,500 F. (2432 t.) angeschlagen. Das Plateau der drei Tübets von Iscardo, Ladak und H’Lassa ist eine Intumescenz zwischen zwei anschaarenden Ketten (Himalaya und Kouen-lun). Vigne’s eben erschienene Reise nach Baltistan oder Klein-Tübet, die von Lloyd besorgte Ausgabe der Journale der Brüder Gerard, so wie neüe in Indien selbst angeregte Streitigkeiten über die relative Höhe der ewigen Schneegrenze an dem indischen und tübetanischen Abhange des Himalaya haben immer mehr gezeigt, dass die mittlere Höhe der tübetanischen Hochebene bisher ansehnlich überschätzt worden ist. In seinem Werke Asie centrale, von dessen dritten Bande nur noch wenige Bogen ungedruckt sind und welches von einer hypsometrischen Karte von Asien vom Phasis bis zum Golf Petcheli, vom Zusammenfluss des Ob und Irtysch bis zum Parallel von Delhi begleitet ist, glaubt Herr von Humboldt durch Zusammenstellung vieler Thatsachen zu beweisen, dass die Intumescens zwischen Himalaya und Kouen-lun (der südlichen und nördlichen Grenzkette von Tübet) nicht 1800 t. mittlerer Höhe übersteigt, also selbst 200 t. niedriger als die Hochebene des Sees Titicaca ist. Die hypsometrische Configuration des asiatischen Festlandes, in der die Ebenen und Senkungen vielleicht noch auffallender als die colossalen Hebungen sind, zeichnet sich durch zwei charakteristische Grundzüge aus: 1) durch die lange Reihe von Meridian-Ketten, die mit parallelen Axen, aber unter sich alternirend (vielleicht gangartig verworfen), vom Cap Comorin (Ceylon gegenüber) bis an die Küste des Eismeers) in gleichmässiger Richtung, SSO.-NNW., unter dem Namen der Ghates, der Soliman-Kette, des Paralasa, des Bolor und des Ural hinstreichen. Diese alternirende Lage der goldreichen Meridian-Ketten (Vigne hat neüerdings am östlichen Bolor-Abfall, im Basha-Thale des Baltistan, die vom tübetischen Murmelthiere, Herodots grossen Ameisen, durchwühlten Goldsandschichten besucht) offenbart das Gesetz, dass keine der eben genannten fünf Meridian-Ketten, zwischen 64° und 75° Länge, neben der nächsten gegen Osten und Westen vorbeistreicht, auch dass jede neüe longitudinale Erhebung erst in der geogr. Breite beginnt, welche die vorhergehende noch nicht erreicht hat. 2) Ein anderer, ebenfalls nicht genug beachteter, charakteristischer Zug der Configuration von Asien ist die Continuität einer ungeheüren ost-westlichen Hebung, zwischen Br. 35° und 36°½, vom Takhtalou-dagh an im alten Lycien bis zur chinesischen Provinz Houpih, eine Hebung, die dreimal von Meridian-Ketten (Zagros in West-Persien, Bolor in Afghanistan, Assam-Kette im Zangbo-Thale) durchschnitten wird. Von Westen gegen Osten heisst diese Kette, auf dem Parallel des Dicäarchus, welcher zugleich der Parallel von Rhodus ist: Taurus, Elbruz, Hindu Kho, und Kouen-lun oder A-neoutha. In dem dritten Buche der Geographie des Eratosthenes findet sich der erste Keim des Gedankens einer ununterbrochen fortlaufenden, ganz Asien theilenden Bergkette (Strabo XV. p. 689 Cas.). Dicäarchus sah den Zusammenhang ein zwischen dem kleinasiatischen Taurus und den indischen Schneebergen, denen die Erzählungen und Lügen der Begleiter des Macedoniers bei den Griechen so viel Ruf verschafft hatten. Man legte Wichtigkeit auf den Parallel von Rhodus und auf die Richtung dieser unermesslichen Bergkette. Die „Chlamyde“ von Asien sollte unter diesem Parallel am breitesten sein (Strabo XI. p. 519); ja weiter gegen Osten könnte (wie Strabo sagt) ein anderer Continent liegen. Sonderbare geognostische Traüme über eine Zone, einen Breitengrad, eine Spaltung der Erdoberfläche, in der vorzugsweise Continental- und Bergerhebungen statt gefunden haben, ja in der auch die Strasse und die Saülen des Hercules bei Gades (lat. 36°) liegen. Der Taurus und die Hochebenenen von Kleinasien hatten den Einfluss der Höhe uuf die Temperatur den griechischen Physikern zuerst recht merklich gemacht. „Auch in südlichen Erdstrichen,“ sagt der grosse Geograph von Amaseia (Strabo II. p. 73), indem er das Klima der nördlichen Küsten von Kappadocien mit der 3000 Stadien südlicheren Ebene um den Argaios vergleicht, „sind die Berge und jeder hohe Boden kalt, wenn er auch eine Ebene ist.“ Strabo allein unter allen griechischen Schriftstellern gebraucht das schön bezeichnende Wort ὀροπέδια, Berg-Ebenen. Nach dem Schlussresultat der ganzen Arbeit des Herrn v. Humboldt ist das von Laplace angegebene Maximum der mittleren Continental-Höhe um ⅔ zu gross. Der Verf. der Abhandlung findet für die drei Welttheile, die er berechnet (an Afrika würde zu früh sein sich zu wagen!), folgende numerische Elemente: Eüropa ........ 105 t. (205 met.) Nord-Amerika ... 117 t. (228 met.) Süd-Amerika .... 177 t. (345 met.) Asien ......... 180 t. (351 met.) Für den ganzen Neüen Continent ergeben sich 146 t. (285 m.), und für die Höhe des Schwerpunkts des Volums aller Continental-Massen (Afrika nicht eingerechnet) über dem heütigen Meeresspiegel 157t,8 oder 307 Meter. Herr von Hoff hat auf einer Landstrecke von 224 geogr. Q.-Meilen die Höhe von 1076 Punkten mit seltener Genauigkeit gemessen, und zwar in einem meist gebirgigen Theile Thüringens. Er bestimmte demnach fast 5 Höhen auf jeder Q-Meile; aber diese Höhen waren ungleich vertheilt. Herr von Humboldt forderte, wegen der Laplacischen Behauptung über die Continental-Massen, Herrn von Hoff auf, die mittlere Höhe seines hypsometrisch vermessenen Landstrichs zu berechnen. Dieser findet sie zu 166 t. (Höhen-Messungen in und um Thüringen 1833 p. 118), also nur 8 t. mehr als das Resultat des Herrn von Humboldt. Man darf daraus schliessen, dass, da eine sehr gebirgige Gegend Thüringens gemessen wurde, das Resultat von 157 t. oder 942 Fuss als Grenzwerth (nombre limite) noch eher zu gross als zu klein ist. Bei der Gewissheit eines progressiven, aber partiellen Aufsteigens von Schweden (eine für die physische Erdbeschreibung so wichtige Gewissheit, die wir Leop. von Buch verdanken) kann man glauben, dass diese Lage des Schwerpunkts nicht immer dieselbe bleiben wird; aber bei einzelnen herabsteigenden Massen und bei der Kleinheit der Raüme, auf welche die unterirdischen Kräfte zu wirken scheinen, wird die, sich grossentheils selbst compensirende Variation im Ganzen wenig störend auf den Schwerpunkt des Ueber-Oceanischen einwirken. In den numerischen Resultaten jener hypsometrischen Arbeit offenbart sich auf’s neüe: dass die geringsten Höhen in unserer Hemisphäre den Continental-Massen des Nordens zugehören. Eüropa gibt 105 t., Nord-Amerika 117 t. Die Intumescenz Asiens, zwischen 28° und 40° Breite, compensirt die mindernde Wirkung des sibirischen Tieflandes. Asien und Süd-Amerika geben 180 und 177 Toisen. Man liest gewissermassen in jenen Zahlen, in welchen Theilen unserer Erdoberfläche der Vulkanismus (die Reaction des Inneren gegen das Aeussere) durch uralte Hebungen am kräftigsten gewirkt hat.