Humboldt, über das Plateau von Bogota. Aus dem reichen unerschöpflichen Schatz seiner Beobachtungen und Erfahrungen hat A. von Humboldt ganz neüerlich wiederum eine der köstlichsten Perlen gehoben. In der Sitzung der Berliner Akademie der Wissenschaften vom 19. März 1838 las er eine Abhandlung über die Hochebene von Bogota, ihre Bewohnbarkeit, ihr Klima, die Physiognomik ihrer Vegetation, und die geognostischen Schichtungs-Verhältnisse. Ich entlehne daraus folgende Thatsachen : -- Bericht über die Verhandlungen der k. Preüßischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat März 1838, pp. 38--43. "Das Plateau von Bogota, die Clanura genannt, nach den alten Mythen der Urbewohner vom Stamme der Muyscas der Boden des ausgetrockneten Sees Funzha, hat die mittlere Höhe von 8130 Fuß. Es bietet in seiner 15 bis 18 deütsche Quadratmeilen großen, ganz söligen, fast baumlosen Fläche vier merkwürdige Erscheinungen dar: den prachtvollen Wasserfall des Tequendama, der von der Region immergrüner Eichen in eine Kluft stürzt, zu welcher Palmen und baumartige Farren bis an den Fuß der Katarakte hinaufgestiegen sind; das mit Mastodonten-Knochen überfüllte Riesenfeld, Campo de Gigantes, Steinkohlenflötze und mächtige Steinsalzschichten. Das Vorkommen der beiden letzten Formationen erregt um so mehr Befremdung, als sie eine Höhe erreichen, ungefähr der gleich, welche man erhält, wenn man sich unsern Brocken auf den Gipfel der Schneekoppe gethürmt denkt. Der Karakter der ganzen Landschaft ist großartig, aber melancholisch und öde. Die Stadt, von Alleen riesenmäßiger Daturen umgeben, liegt dicht an einer fast senkrecht abgestürzten Felswand, deren östlicher Abfall in die Ebenen des Meta und Orinoco führt. An dieser Felswand hangen, fast 2000 Fuß über der Stadt, nesterartig zwei Kapellen, besuchte Wallfahrtsorte, in absoluter Höhe fast dem Gipfel des Etna gleich. Gegen Südwesten sieht man ununterbrochen eine Dampfsaüle aufsteigen; sie bezeichnet den Punkt, wo der Wasserfall von Tequendama liegt. Die Vegetation der Hochebene kontrastirt mit der des Abhanges der Felswand, an der die Kapellen hangen, wo unter dem Schatten von Escallonia tubar, Vallea stipularis und Weinmannien, purpurblüthige Thibaudien, Passiflorien und Gaulterien von ewigem Nebel getränkt werden. Die mittlere Jahrestemperatur von Bogota (bei 8130 Fuß Höhe und unter Lat. 4° 36' N.) ist 14°,5 Cent., also gleich der Temperatur von Rom; aber in Rom sind die mittleren Grade der wärmsten und kältesten Monate um 16° verschieden (Jan. 7°,8; August 23°,7), während in der Hochebene von Bogota die Wärme so gleichmäßig vertheilt ist, daß oft sieben auf einander folgende Monate nur einen Unterschied von 0°,9 mittlerer Wärme darbieten. Im ganzen Jahr ist der wärmste Monat 16°,6, der kälteste 14°,7. Die Bergebene von Bogota hat, wie ihr individuelles Klima, so auch ihre eigene geognostische Mythe. Die Ebene bildet, wie die Bergebene von Mejiko, ein Becken, aus dem die Wasser nur in einem einzigen Punkte einen Ausweg finden. Beide enthalten in ihrem Schuttboden die fossilen Knochen elephantenartiger Thiere, aber die Öffnung im Thal von Mejiko ist eine künstliche, durch die spanischen Ansiedler seit 1607 begonnen: der Paß, durch welchen der Rio de Bogota oder Funzha, bei Tequendama, die Wasser der Hochebene ausführt, ist ein natürlicher. Mythische Traditionen des Urvolks, der Muyscas, schreiben die Öffnung dieses Passes und die Entstehung des großen Wasserfalles der mächtigen Hand eines Wundermannes, des Bochica zu, einem Heliaden, wie Manco-Capac, der die in roher Sitte lebenden Muyscas zum Ackerbau anregte, den Sonnendienst einführte, und, wie in Tübet und Japan, die Obergewalt unter einen weltlichen Herrscher (Zaque) und einen geistlichen, den Oberlama des Sonnentempels von Iraca (bei Sogamoso), theilte. Die Lokalfluth, Bildung und Anschwellung des Sees Funzha, wurde durch eine dem Heliaden feindliche weibliche Gestalt, Huythaca, verursacht. Was von dem Menschengeschlechte, d. h. dem Stamme der Muyscas, übrig blieb, rettete sich auf die nahen Berge. Der langbärtige Wundermann Bochica öffnete die Felsenwand bei Tequendama und Canoas: er trocknet die nun wieder bewohnte Ebene. Huythaca selbst wird der alle Feüchtigkeit anziehende Mond, welcher nun erst die Erde zu begleiten beginnt. Hier zeigt sich eine große Ähnlichkeit zwischen den drei mythischen Personen, Quelzalcoatl in Mejiko, Bochica in Neü-Granada und Manco-Capac in Peru. Die beiden erstern, nachdem sie ihr Missionsgeschäft vollbracht, enden auf einsamen Bergen, wie Buddha, in selbst aufgelegten strengen Büßungen. Überall hat sich die symbolisirende Menschheit Personificirungen, Repräsentanten der Gesittung, große historische Gestalten, gedacht, um ihnen, einfach und bequem, als plötzliche Erfindung, Fortschritte der Kultur, geistliche und bürgerliche Einrichtungen, technische Künste und Verbesserung der Mondjahre zuzuschreiben. Was sich allmälig entwickelt hat, wird gedacht als simultan, wie durch fremde Wundermänner oder Ankömmlinge hervorgerufen. Der Salto de Tequendama, um dessen Ursprung sich der geognostische Theil der Mythe dreht, verdankt seinen imponirenden Anblick dem Verhältnisse seiner Höhe (870 Fuß nach Roulin) zur herabstürzenden Wassermasse. Nahe bei dem Salto liegt das Steinkohlenflötz von Canoas, wol eines der höchsten in der bekannten Welt; aber eben so wenig, als die Steinsalzmassen von Zipaquira, am entgegengesetzten nordöstlichen Endpunkte der Hochebene, ein isolirtes Phänomen. Steinkohlen und Steinsalz wiederholen sich an beiden Abhängen der Cordilleren in sehr verschiedenen Höhen. Sie zeügen, wie die Sandstein-Formation, welche ununterbrochen vom Magdalena-Strom auf das Plateau von Bogota hinauf-, und dann gegen Osten in die Ebene des Meta und Orinoco hinabsteigt, für die Hebung der ganzen Andeskette." Buch, über die Formationen der Andes, nach Humboldt's Sammlung fossiler Muscheln. Seit dreißig Jahren hat Hr. von Humboldt auf dem königl. Mineralien-Kabinet zu Berlin eine Sammllung von Versteinerungen niedergelegt, die er auf der Höhe der Andesgebirge entdeckt und von dort mitgebracht hatte. Diese merkwürdige Sammlung ist, nachdem sie, weit über ein Vierteljahrhundert hinaus, ganz unbeachtet geblieben, von L. von Buch untersucht worden, und hat dadurch "eine schreiende Ungerechtigkeit gegen den berühmten Mann" wieder gut zu machen gesucht, daß dieses nicht schon längst geschehen ist. Indem er in diese Untersuchung zugleich auch die neüern Sammlungen von Degenhardt, Direktor der Bergwerke zu Marmato am Caucastrom, aufnahm, ist der gelehrte Haüptling der neüern Geologie durch das Studium der zoologischen Kennzeichen und karakterisirenden Fossilien zu den überraschendsten Resultaten, über die er in der Sitzung der