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Alexander von Humboldt: „A. v. Humboldt über die Schwankungen der Goldproduction, mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1838-Ueber_die_Schwankungen-02> [abgerufen am 19.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1838-Ueber_die_Schwankungen-02
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Titel A. v. Humboldt über die Schwankungen der Goldproduction, mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme
Jahr 1838
Ort Augsburg
Nachweis
in: Allgemeine Zeitung 290 (17. Oktober 1838), Außerordentliche Beilage 547–548, S. [2185]–2187 [Fortsetzung folgt]; 291 (18. Oktober 1838), Außerordentliche Beilage 549–550, S. 2194–2196; 292 (19. Oktober 1838), Außerordentliche Beilage 551–542 [= 551–552], S. 2202–2204.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Tabellensatz.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: V.79
Dateiname: 1838-Ueber_die_Schwankungen-02
Statistiken
Seitenanzahl: 9
Spaltenanzahl: 19
Zeichenanzahl: 43589

Weitere Fassungen
Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme (Stuttgart; Tübingen, 1838, Deutsch)
A. v. Humboldt über die Schwankungen der Goldproduction, mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme (Augsburg, 1838, Deutsch)
Menge der seit der Entdeckung Amerikas von dort nach Europa gebrachten edlen Metalle (Wien, 1838, Deutsch)
Alexander v. Humboldt om Svingingerne i Guldproductionen (Oslo, 1838, Norwegisch)
On the Fluctuations in the Production of Gold, considered with reference to the Problems of State Economy (London, 1839, Englisch)
Humboldt on the Precious Metals (Dublin, 1839, Englisch)
Humboldt on the Precious Metals (Cheltenham, 1839, Englisch)
Humbolt on the Precious Metals (Devizes, 1839, Englisch)
Fluctuations in the Production of Gold (London, 1839, Englisch)
An essay on the fluctuations in the supplies of gold, with relation to problems of political economy (London, 1840, Englisch)
Silber und Eisen (Berlin, 1842, Deutsch)
Zilver en ijzer (Utrecht, 1842, Niederländisch)
Zilver en IJzer (Vlissingen, 1842, Niederländisch)
Silber und Eisen (Graz, 1842, Deutsch)
Silber und Eisen (Brünn, 1842, Deutsch)
Silber und Eisen (Graz, 1842, Deutsch)
Un mémoire sur la production de l’or et de l’argent, considerée dans ses fluctuations (Paris, 1848, Französisch)
On the production of gold and silver and its fluctuations (Baltimore, Maryland, 1849, Englisch)
Sulla produzione dell’oro e dell’argento considerata nelle sue fluttuazioni (Turin, 1856, Italienisch)
|2185| |Spaltenumbruch|

A. v. Humboldt uͤber die Schwankungen derGoldproduction, mit Ruͤckſicht auf ſtaats-wirthſchaftliche Probleme. *)

Nach dem alten Ausſpruche Herodots (III, 106) ſind bei derungleichen Ausſpendung der Guͤter und der Schaͤtze des Bodens|Spaltenumbruch| die ſchoͤnſten Erzeugniſſe den Enden der Welt zu Theil geworden.Dieſer Ausſpruch war nicht bloß auf ein truͤbes, der Menſchheiteigenthuͤmliches Geſuͤhl gegruͤndet, daß das Gluͤck ſern von unswohne, er druͤckte auch die einfache Thatſache aus, daß durch denVerkehr der Voͤlker den Hellenen, als Bewohnern der gemaͤßigtenZone, Gold und Gewuͤrze, Bernſtein und Zinn aus weiter Fernezugefuͤhrt wuͤrden. So wie allmaͤhlich durch den Handel der Phoͤ-nizier, der Edomiter am Golf von Acaba, Aegyptens unter denPtolemaͤern und Roͤmern, die lange verſchleierten Kuͤſten des ſuͤd-lichen Aſiens ſich enthuͤllten, fing man an, die Erzeugniſſe derheißen Erdſtriche aus erſter Hand zu erhalten, und in der regenEinbildungskraft der Menſchen wurden die metalliſchen Schaͤtzeder Welt immer weiter und weiter gegen Oſten geruͤckt. Zwei-
*) Wir entlehnen dieſe Auszuͤge einer groͤßern Abhandlung, dieſich in dem eben erſchienenen 4ten Heft der deutſchen Vier-teljahrsſchrift findet. Ueberblickt man die Artikel die-ſes vierten Heftes, ſo wird ein erfreulicher Fortſchritt dieſerneuen Zeitſchrift ſichtbar, deren Plan, kaum bekannt, zwei bisdrei aͤhnliche Unternehmungen ins Leben lockte. Es kann hiernicht davon die Rede ſeyn, dieſe deutſchen Revuen gegen einan-der zu halten; jede muß erſt ihre Nachhaltigkeit darthun,jede muß erſt beweiſen, daß ſie in fortgehend ruhiger Beobach-tung und Deutung der Pulsſchlaͤge der Zeit die Stelle einzu-nehmen vermoͤge, die dieſer Claſſe der Preſſe angewieſen iſt inder Mitte zwiſchen der Buͤcher- und der Zeitungslitteratur Sieſoll von Vierteljahr zu Vierteljahr ruͤckblicken, recapituliren,Muſterung halten, review, was in den letzten Monden ge-than und was verſaͤumt wurde, womit ſich die Mitwelt be-ſchaͤftigt hatte, oder was, von der Menge unbeachtet, bedeu-tungsvoll erſchien fuͤr den, der unter den Schleier blickt,unter welchem ſchon in der Gegenwart die Zukunftruht. Dieß iſt der Standpunkt der großen engliſchen Re-views — des Quarterly, des Edinburgh und des Weſtminſter— und es wird wohl auch im Ganzen derjenige der deutſchenbleiben muͤſſen, wollen ſie nicht in die Luft ſich ſtellen, wo dernaͤchſte Wind ſie verweht, oder in Schachte ſich vergraben,wohin ihnen Niemand folgt. Wer in den engliſchen Reviewsetwas Anderes ſieht, wer z. B. das Quarterly eine „beſtimmtenationale Vertretung der wiſſenſchaftlichen Cultur“ nennenkann (wie die Berliner litterariſche Zeitung that) derkennt die Stellung dieſer Journale in der brittiſchen Weltund Litteratur nicht. Eben ſo wenig kennt er Deutſchland undſeine innerſten Lebensbeduͤrfniſſe, wenn er ſchwazt von einem„norddeutſchen Culturgeiſte, der dem ſuͤddeutſchen Culturgeiſtein ſo entſchiedener Oppoſition gegenuͤberſtehe, und ſich dieſemgegenuͤber ſtellen muͤſſe, weil er die tiefere Arbeit des philoſophi-ſchen Denkens uͤbernommen habe, daß an eine Einigung beidernicht zu denken ſey.“ Das Berliner Blatt ſcheint zu ver-geſſen, daß gerade die beiden Maͤnner ſchoͤpferiſchen Geiſtes,|Spaltenumbruch|in deren Formeln die Berliner Philoſophen ſeit dreißig Jahrenſo wohlgefaͤllig ſich gebettet — Schelling und Hegel — ihnenaus dem Suͤden, ja aus Schwaben zugekommen ſind. Werſind denn die Leute, die dort in der Mark, fuͤr ganz Deutſch-land, die „tiefere Arbeit des philoſophiſchen Denkens uͤbernom-men haben?“ Und was haben ſie denn ausgebruͤtet? DenSkandal des Streites Leo’s mit den juͤngern Ablegern der Schule,oder dieſe neue Scheidung in Nord- und Suͤddeutſchland, die laͤngſtvon jedem Verſtaͤndigen im Suͤden wie im Norden verworfen iſt?Mit ſolchen Redensarten, „unerquicklich wie der Nebelwind,“wird an die Aburtheilung der neuen deutſchen Vierteljahrsſchrif-ten gegangen, die zu ganz Deuſchland ſprechen ſollen! Je we-niger Halt in den meiſten unſerer litterariſchen wie politiſchenBlaͤtter iſt, wenn man von ihnen Beitraͤge zur tiefern Loͤſungirgend einer großen Frage erwartet, welche in der Wechſel-wirkung des Geiſtes der Nation und ihres oͤffentlichen Lebenshervortritt, je enger fuͤr die wenigen beſſern Tagesblaͤtter ein un-gluͤckliches Mißtrauen die Graͤnzen der Sprechfreiheit ab-ſteckt, deſto dankbarer muß es anerkannt werden, wenn in ei-nem den aͤngſtlichen Ruͤckſichten des Tags enthobenen Sprech-ſaal die Notabeln deutſcher Litteratur ſich vernehmen laſ-ſen. — Man hat der deutſchen Vierteljahrsſchrift nichtganz mit Unrecht den Vorwurf gemacht, daß ſich zuwenig ein einheitliches Reſultat aus den in ihr ſich kund-gebenden geiſtigen Richtungen ziehen laſſe. Aber es wirddoch — duͤnkt uns — an ergiebigen Reſultaten nicht feh-len, wenn fortwaͤhrend Maͤnner darin auftreten, wie Poͤp-pig (die Handelswege Amerika’s), Mebold (die juͤdiſcheFrage), Buͤlau (der Pauperismus) Leonhard (die Stein-kohlengebilde), H. Leo (die deutſche Alterthumswiſſenſchaft),Nebenius (der Zollverein), Grund (das Bankweſen),v. Streckfues (die preußiſche Municipalverfaſſung), Koͤlle(die Diplomatie), Prokeſch von Oſten (die Kriegs-kunſt) ꝛc. Dieſe und andere Aufſaͤtze ſind der Art, wie ſieein im oͤffentlichen Leben großgezogenes Volk, wie dasengliſche, als wuͤrdige Gegenſtaͤnde der Betrachtung bezeich-nen wuͤrde. Wenn dagegen der Freihafen ſich eine „Ga-lerie von Unterhaltungsbildern“ aus den Krei-ſen der Litteratur ꝛc. nennt, ſo ſtellt er ſich damit mehr aufden Standpunkt der franzoͤſiſchen Revuen, in denen zwarkeine Vertreter wie Carus, Varnhagen, Roſenkranz und aͤhn-liche tuͤchtige Maͤnner jenes Kreiſes ſich finden, die aber demFreihafen und den ihm vorangegangenen Dioskuren in demGrade aͤhneln, in welchem Theodor Mundts ſchoͤngeiſtig-philo-ſophiſche Gaukeleien verwandt ſind, heute mit Georges SandsIrrfahrten in den ſocialen Ideen, morgen mit Jules JaninsTheaterflitter. Doch ſind jene erſtgenannten Kraͤfte zu werth-voll, als daß aus dem gemeinſamen Streben einiger nach un-gefaͤhr gleichem Ziele ringenden Unternehmungen nicht jeden-falls erfreuliche Ergebniſſe fuͤr Hebung und Wahrung der pe-riodiſchen Litteratur Deutſchlands ſich ſollten erwarten laſſen.
|2186| |Spaltenumbruch| mal hat dasſelbe Volk, die Araber, in der fuͤr den Handel ſo wich-tigen Epoche der Lagiden und der Caͤſaren, wie am Ende des15ten Jahrhunderts, zur Zeit der portugieſiſchen Entdeckungen,dem Weſten den Weg nach Indien gezeigt. Aber in Beſtimmungder eigentlichen Heimath des Goldes und aller herrlichen Erzeug-niſſe der Erde vereinigte ſich mit der Idee der Ferne auch dieder tropiſchen Hitze. „So lange Ew. Herrlichkeit nicht ſchwarzeMenſchen finden werden,“ ſchreibt ein cataloniſcher Steinſchneider,Moſſen Jaime Ferrer, 1495 an den Admiral Chriſtoph Colum-bus, „koͤnnen Sie nicht große Dinge, wirkliche Schaͤtze, wie Spe-cereien, Diamanten und Gold erwarten.“ Der Brief iſt in einem1545 zu Barcelona gedruckten Buche, das den ſonderbaren Titel:Sentencias catholicas del Divi poeta Dant fuͤhrt, vor kurzemaufgefunden worden. Der Goldreichthum am Uralgebirge, derſich im woguliſchen Norden bis dahin erſtreckt, wo die Erde kaumin den Sommermonaten aufthauet, die Diamanten, welche waͤh-rend meiner, auf Befehl des Kaiſers Nikolaus im Jahr 1829gemachten ſibiriſchen Expedition von zweien meiner Begleiter,nahe bei dem 60ſten Breitengrade, auf dem europaͤiſchen Abfalldes Urals entdeckt worden ſind, ſprechen eben nicht fuͤr den Zu-ſammenhang des Goldes und der Diamanten mit tropiſcher Waͤrmeund farbigen Menſchen. Chriſtoph Columbus, der dem Gold ei-nen moraliſchen und religioͤſen Werth zuſchreibt, „weil,“ wie erſagt, „wer es beſitzt, in dieſer Welt erlangt, was er will, ja ſelbſt(durch Bezahlung von Meſſen?) viele Seelen dem Paradieſe zu-fuͤhrt,“ Chriſtoph Columbus war ganz dem Syſtem des Stein-ſchneiders Ferrer zugethan. Er ſuchte Zipangu (Japan), dasman fuͤr die Goldinſel Chryſe ausgab, und als er, am 14 No-vember 1492, laͤngs den Kuͤſten von Cuba, die er fuͤr Theile desContinents von Oſt-Aſien (Cathay) hielt, hinſegelte, ſchrieb er inſein Tagebuch nieder: „nach der vielen Hitze, die ich leide, mußdas Land reich an Gold ſeyn.“ So ließen falſche Analogien ver-geſſen, was das claſſiſche Alterthum von den Metallſchaͤtzen derMaſſageten und der Arimaſpen im hohen Norden von Europaerzaͤhlt hatte: ich ſage von Europa, denn das oͤde Flachland vonNord-Aſien, das heutige Sibirien, galt mit ſeinen Kiefernwaͤldernfuͤr eine langweilige Fortſetzung des belgiſchen, baltiſchen und ſar-matiſchen Flachlandes. Umfaſſen wir mit Einem Blicke die Ge-ſchichte des Handelsverkehrs von Europa, ſo finden wir die reich-ſten Quellen des Goldes im Alterthum von Aſien. Seit demAusgange des Mittelalters, und drei Jahrhunderte nachher, ge-hoͤren ſie dem neuen Welttheil an. Gegenwaͤrtig, ſeit dem An-fange des 19ten Jahrhunderts, ſtroͤmen die Quellen wieder amreichlichſten in Aſien, aber in andern Zonen desſelben Continents.Dieſer Wechſel in der Richtung der Stroͤmung, dieſer Erſatz, wel-chen zufaͤllige Entdeckungen im Norden darbieten, wenn im Suͤ-den die Goldausbeute ploͤtzlich ſchwindet, verdient eine ernſte Be-trachtung, eine Ergruͤndung nach numeriſchen Angaben; denn impolitiſchen Haushalte, wie bei Erforſchung von Naturerſcheinun-gen, ſind die Zahlen immer das Entſcheidende; ſie ſind die letzten,unerbittlichen Richter in den vielbeſtrittenen Verhaͤltniſſen derStaatswirthſchaft.... Daß der große aſiatiſche Goldreichthum, dernach Weſten uͤberſtroͤmte, aus Inner-Aſien, nordweſtlich von La-dakh, aus dem obern Laufe des Oxus (zwiſchen dem Hindu-Khuund den Hoͤhen von Pamer, am weſtlichen Abhange des Bolor)aus Baktrien und den oͤſtlichen Satrapien des Perſerreiches kam,iſt unzweifelhaft: doch iſt es leichter, die Richtung des Stromes,|Spaltenumbruch| als das Einzelne der Quellen und ihre relative Reichhaltigkeitanzugeben. Der Schauplatz der Mythe von den goldſuchendenAmeiſen bei dem Bergvolk der Derden iſt fern von den Greifender Arimaſpen zu ſuchen. Jene Mythe ſcheint dem Taſellandevon Kaſchgar und Akſu, zwiſchen den Parallelketten des Himmels-gebirges und des Kuenlun, wo der Fluß Tarim ſich in den Lopergießt, zuzugehoͤren. Der noͤrdlicheren Arimaſpen werden wirſpaͤter noch einmal erwaͤhnen, wenn wir großer, unmittelbarunter dem Raſen liegender Goldmaſſen des Urals gedenken.Der Ruf des indiſchen Reichthums erſcholl in oft mißverſtandenenToͤnen nach Perſien hin. Kteſias, aus dem Stamme der Aſkle-piaden, Leibarzt des Koͤnigs Artaxerres Mnemon, beſchreibt, faſtohne es ſelbſt zu ahnen, unter dem Bild einer Goldquelle, aufdas deutlichſte ein Huͤttenwerk, einen Schmelzofen, aus dem ſichdas fluͤſſige Metall in Kruͤge (thoͤnerne Formen) ergießt. DenHellenen naͤher waren Lydien, an den Fluͤſſen, die dem Tmolusentquellen, Phrygien und Kolchis goldreiche Laͤnder. Die Natur-ſchnell zu erſchoͤpfender Schichten von Goldſand (der ſogenanntenGoldwaͤſchen) macht dem praktiſchen Bergmanne begreiflich, war-um manche der eben genannten und neuerlichſt wiederbeſuchtenLaͤnder den Reiſenden goldarm erſchienen. Wie leicht wuͤrde mannicht, wenn man gegenwaͤrtig die Schluchten und Flußthaͤler derweſtindiſchen Inſeln Cuba und Santo Domingo oder gar die Kuͤſtevon Veragua durchforſchte, ohne die vorhandenen hiſtoriſchen Zeug-niſſe verleitet werden, an der reichen Goldausbeute jener Gegen-den am Ende des 15ten Jahrhunderts zu zweifeln? Dauernder,wenn ihn nicht aͤußere Verhaͤltniſſe ſtoͤren, iſt der eigentliche un-terirdiſche Bergbau auf anſtehende Golderze. Eben weil man dieganze Lagerſtaͤtte nicht auf einmal kennt, weil das Gebirge beimGangbergbau nur allmaͤhlich aufgeſchloſſen wird, iſt der menſch-lichen Thaͤtigkeit hier eine laͤngere Beſchaͤftigung dargeboten. Gold-haltiges Schuttland wird ſchnell durchwuͤhlt und der reicherenGeſchiebe beraubt. Wie wenige der vierzig Goldwaͤſchen, dieStrabo ſo ſorgſam beſchreibt, moͤgen jetzt noch zu erkennen ſeyn?Dieſe auf Analogien und bergmaͤnniſche Erfahrung gegruͤndete Be-merkung mußte hier um ſo mehr Platz finden, als leere Zweifel-ſucht gern die Ueberlieferungen des Alterthums erſchuͤttert. Derden Hellenen bekannte Theil von Europa ſtand in metalliſchemReichthume gegen Aſien eben ſo zuruͤck, als ſpaͤterhin ganz Europagegen die neue Welt. Das letzte Verhaͤltniß, naͤmlich die relativeProductivitaͤt von Europa und Amerika, war im Anfange des 19tenJahrhunderts, als die Bergwerke der ſpaniſchen Colonien amſchwunghafteſten betrieben wurden, fuͤr die Golderzeugung wie 1:13, fuͤr die Silbererzeugung wie 1:15. — Wenn auch in dem me-talliſchen Reichthum von Spanien Silber aus Baͤtika und aus derNaͤhe des von Hamilkar Barkas gegruͤndeten Neu-Carthago langeder Hauptgegenſtand des auswaͤrtigen Handels war, ſo liefertendoch auch manches Jahr Gallaͤcien, Luſitanien und beſonders Aſtu-rien 20,000 Pfund Gold, das iſt faſt ſo viel, als Braſilien in ſei-ner bluͤhendſten Epoche gegeben hat. Kein Wunder daher, daßdie fruͤh beſuchte ſpaniſche Halbinſel durch Phoͤnicier und Cartha-ger den Ruf eines weſtlichen El-Dorado’s erlangte. Gewiß waran vielen Punkten, die jetzt nur ſchwache Spuren von Metall-gehalt zeigen, die alte Erde einſt, ihrer Oberflaͤche nahe, mitSchichten von Goldſand bedeckt, oder in feſtem, anſtehendem Ge-ſteine mit Truͤmmern von Golderzen durchzogen. Die localeWichtigkeit jener Bergwerke in Suͤdeuropa iſt nicht zu laͤugnen,|2187| |Spaltenumbruch| aber im Vergleich mit Aſien war ihre Goldausbeute doch nur ge-ring zu nennen. Dieſer letztere Welttheil blieb lange der Haupt-quell des metalliſchen Reichthums, und die Richtung der Zuſtroͤ-mung des Goldes fuͤr Europa konnte nur als von Oſten nachWeſten bezeichnet werden. Aber Aſien ſelbſt, d. h. der durchLandreiſen im Mittelalter verbreitete Ruf von den unermeßlichenSchaͤtzen von Zipangu (Japan) und von dem ſuͤdlichen Archipela-gus veranlaßte eine ploͤtzliche Veraͤnderung in der Richtung jenesMetallſtromes. Amerika ward entdeckt, nicht weil Columbus, wieman ſo lange faͤlſchlich geſagt, einen andern Continent ahnete,ſondern weil er durch den Weſten einen kuͤrzeren Weg nach demgoldreichen Zipangu und den Gewuͤrzlaͤndern im Suͤdoſten vonAſien ſuchte. „Der groͤßte geographiſche Irrthum (die Idee derNaͤhe von Spanien und Indien) fuͤhrte zu der groͤßten geogra-phiſchen Entdeckung.“ Chriſtoph Columbus und Amerigo Ve-ſpucci ſind beide in der feſten Ueberzeugung geſtorben, Oſt-Aſien(das gangetiſche Indien, die Halbinſel, auf der Cattigara liegt) be-ruͤhrt zu haben. Um den Ruhm der Entdeckung eines neuenContinents konnte daher zwiſchen beiden kein Streit entſtehen.In Cuba wollte Columbus dem Gran Khan der Mongolen dieBriefe ſeines Monarchen abgeben. Er glaubt ſich in Mangi, demſuͤdlichen Theil von Cathay (China): er ſucht die von Marco-Polo beſchriebene Himmelsſtadt Quinſay, jetzt Hang-tſcheu-ſu.„Die Inſel Eſpañola (Hayti), ſchreibt Columbus an den PapſtAlexander VI, iſt Tarſis, Ophir und Zipangu. Auf meiner zweitenReiſe habe ich 1400 Inſeln und 333 Meilen des Continents von Aſien(de la tierra firme de Asia) entdeckt.“ Dieſes weſtindiſche Zi-pangu gab bald Goldgeſchiebe (pepitas de oro) von 8, 10, ja20 Pfund Gewicht. Das neu entdeckte Amerika wurde nun dieHauptquelle der edeln Metalle. Der neue Strom ging von We-ſten nach Oſten, ja er durchſchnitt bald Europa, weil bei zuney-mendem Verkehr ſeit der Umſchiffung von Afrika, dem ſuͤdlichenund oͤſtlichen Aſien mehr Erſatz fuͤr Specereien, Seide und Faͤrbe-ſtoff gegeben werden mußte. Da vor der Entdeckung der Silber-gruben von Tasco (1522) am weſtlichen Abfall der mexicaniſchenCordilleren Amerika nur Gold lieferte, ſo fand ſich ſchon die KoͤniginIſabella von Caſtilien von Jahr 1497 bewogen, das geſetzmaͤßigeVerhaͤltniß der beiden edeln Metalle zu einander betraͤchtlich zu aͤn-dern. Das fruͤhe und bisher ſo wenig beachtete Geldedict von Medinalaͤßt ſich nur durch dieſen Umſtand und durch die Anhaͤufung desGoldes auf wenige Punkte von Europa erklaͤren. Ich habe aneinem anderen Orte zu erweiſen geſucht, daß von 1492 bis 1500die ganze Goldeinfuhr aus den damals entdeckten Theilen derneuen Welt in Mitteljahren kaum 2000 Mark betrug. DerPapſt Alexander VI, welcher waͤhnte, den Spaniern eine Erd-haͤlfte gegeben zu haben, erhielt als Gegengeſchenk von Ferdinanddem Katholiſchen kleine Goldgeſchiebe aus Hayti, „als erſte Fruͤchtedes neuentdeckten Landes,“ zur Vergoldung der praͤchtigen Decke(Soffitto) der Baſilica von Santa Maria Maggiore. EineInſchrift erwaͤhnt des Metalls, quod primo Catholici Regesex India receperant. So groß war damals die Thaͤtigkeit derſpaniſchen Regierung, daß ſchon 1495, wie der Hiſtoriker Muñozgezeigt hat, ein Bergmann Pablo Belvis mit einem VorrathQueckſilber nach Hayti geſchickt wurde, um das Goldwaſchen durchAnquicken zu beſchleunigen. Sehr auffallend iſt es, in einem neuaufgefundenen und erſt vor kurzem publicirten Theile der Geo-graphie des Sherif Edriſi zu leſen, „daß die Neger im Innerndes weſtlichen Afrika, wie auch die Bewohner der fruchtbaren Nie-derung Wadi el Alaki (zwiſchen Abyſſinien, Bodja und Nubien)den Goldſand durch Queckſilber bearbeiteten.“ Davon ſpricht dernubiſche Geograph in der Mitte des zwoͤlften Jahrhunderts, alsvon einer laͤngſt bekannten Sache. Sollte ſich dieſe Kenntniß ausdem Orient durch Aegypten, dem ſchwarzen, der Scheidekunſtergebenen Lande (Chemi), nach Afrika verbreitet haben? Das|Spaltenumbruch| griechiſche und roͤmiſche Alterthum gedenkt wohl einer ſehr ge-braͤuchlichen Anwendung des Queckſilbers, um das Gold aus denFaͤden alter Treſſen aufzunehmen, nirgends aber einer techniſchenAnwendung im Großen bei den doch oft ſo umſtaͤndlich beſchriebe-nen Goldſeyffenwerken.
(Fortſetzung folgt.)|2194| |Spaltenumbruch| |Spaltenumbruch|

A. v. Humboldt uͤber die Schwankungen derGoldproduction, mit Ruͤckſicht auf ſtaats-wirthſchaftliche Probleme.(Fortſetzung.)

Mehr durch Eroͤffnung neuer reicher Quellen, als durch Ver-ſiegung der aͤlteren wird das jedesmalige Verhaͤltniß des Werthesvon Gold und Silber modificirt. Es ſtieg daher wiederum, ſeitEntdeckung der großen Antillen, der Preis des Goldes gegen dieMitte des 16ten Jahrhunderts, als die reichen Silbergruben vonPotoſi und Zacatecas in Peru und Nord-Mexico eroͤffnet wurden.Nach meinen ſorgfaͤltigen Unterſuchungen verhielt ſich, bis zu derEroͤffnung der braſiliſchen Goldwaͤſchen im Anfange des 18tenJahrhunderts, die Einfuhr des amerikaniſchen Goldes zu demdes amerikaniſchen Silbers dem Gewichte nach wie 1 zu 65.Gegenwaͤrtig iſt dieß Verhaͤltniß, wenn man den europaͤiſchen Me-tallhandel mit allen Welttheilen in einem Blick umfaßt,wohl nicht hoͤher als 1 zu 47. So ergibt es wenigſtens die Ver-gleichung der Maſſen beider Metalle, welche gleichzeitig in Europagemuͤnzt vorhanden ſind. Die Angaben, welche die ſonſt ſo vor-treffliche Schrift von Adam Smith enthaͤlt, ſind, wie der groͤßereTheil der darin aufgeſtellten numeriſchen Reſultate, uͤberaus un-richtig, ja in dem eben beruͤhrten Verhaͤltniß um mehr als dieHaͤlfte falſch. Im Geldhandel ſchwankte der relative Werth vonGold und Silber unter den gebildeten und alſo unmittelbar miteinander verkehrenden Voͤlkern Europa’s, in den erſten hundertJahren ſeit der Entdeckung des neuen Continents, zwiſchen 1:107/10 und 1: 12, in den letzten zweihundert Jahren zwiſchen 1:14 und 1: 16. Die Maſſe edler Metalle, welche ſeit der Ent-deckung von Amerika bis zum Ausbruch der mexicaniſchen Revo-lution nach Europa gekommen iſt, war an Gold 10,400,000 caſti-lianiſche Mark (2,381,600 Kil.), an Silber 533,700,000 Mark|2195| |Spaltenumbruch| oder 122,217,300 Kil., zuſammen an Werth 5940 Millionen Pia-ſter. Das in dieſer Zwiſchenzeit dem amerikaniſchen Boden ent-zogene Silber iſt in dieſer Evaluation nach dem Feingehalte derPiaſter, das iſt zu 0,903 berechnet worden, daher betragen jene122,217,300 Kil. Piaſterſilber nur 110,362,222 Kil. feines Silber.Sie wuͤrden eine Kugel von feinem Silber bilden,welche 837/10 Pariſer Fuß Durchmeſſer haͤtte. Eine ſolcheReduction auf Geſtalt und Groͤße verdient, glaube ich, ſo wenigals analoge graphiſche Darſtellungen getadelt zu werden. Wennman das Reſultat der dreihundert und achtzehnjaͤhrigenSilberproduction des ſpaniſchen Amerika mit dem Reſultat ein-jaͤhriger Eiſenproduction einzelner europaͤiſcher Staaten ver-gleicht, ſo erhaͤlt man nach der Angabe meines Freundes, desvortrefflichen Geognoſten H. v. Dechen, Kugeln von reinem (ge-ſchmiedetem) Eiſen fuͤr Großbritannien von 148, fuͤr Frankreichvon 111, fuͤr die preußiſche Monarchie von 76 Pariſer Fuß Durch-meſſer. So groß iſt der Unterſchied der Frequenz zweier Metalle,Silber und Eiſen, in dem den Menſchen zugaͤnglichen Theile derErdrinde. Eine genauere Kenntniß der Geſchichte der Metall-production oder der allmaͤhlichen Entdeckung großer erzfuͤhrenderLagerſtaͤtten in der neuen Welt lehrt uns, warum das Sinkendes Werthes der edeln Metalle oder (was dasſelbe iſt) das Stei-gen der Preiſe von Korn und anderen unentbehrlichen Erzeugniſſendes Bodens und des menſchlichen Kunſtfleißes erſt gegen dieMitte des 16ten Jahrhunderts, und beſonders zwiſchen 1570 und1595 am lebhafteſten gefuͤhlt wurde. Damals fing die Silber-menge der Bergwerke von Tasco, Zacatecas und Pachuca in Neu-ſpanien, von Potoſi, Porco und Oruro in der peruaniſchen Andes-kette erſt an, ſich in Europa gleichmaͤßiger zu verbreiten, und ih-ren Effect auf die Preiſe des Weizens, der rohen Wolle und derManufacturwaaren auszuuͤben... Die Beſorgniſſe uͤber die vermin-derte Einfuhr der edeln Metalle aus dem neuen Continent, welcheſich bei dem Erſcheinen des wichtigen und in Deutſchland nichtgenugſam beachteten Werkes von Jacob (on Precious Metals)verbreitet hatten, ſind nicht in Erfuͤllung gegangen. Die von1809 bis 1826 ſo tief geſunkene Metallproduction hat ſich, trotzdes unruhigen Zuſtandes des freien ſpaniſchen Amerika’s, dochwieder zu ¾ von dem gehoben, was ſie in der Epoche war, alsich jene Laͤnder verließ. In Mexico iſt ſogar, nach den neueſtenNachrichten, die ich dem thaͤtigen preußiſchen Geſchaͤftstraͤger,Hrn. v. Gerolt, verdanke, im Jahr 1837 die Ausbeute auf 20bis 22 Millionen Piaſter geſtiegen, wozu außer Zacatecas die neuaufgenommenen Gruben von Fresnillo, Chihuahua und Sonoraam meiſten beigetragen haben. In der letzten friedlichen Epocheder ſpaniſchen Oberherrſchaft konnte ich den Mittelertrag der mexi-caniſchen Bergwerke auch nur auf 23 Millionen Piaſter (etwa537,000 Kil. Silber und 1600 Kil. Gold) ſchaͤtzen. Die Controle wardamals leichter, da es nur Einen Centralmuͤnzhof gab und ſtrengeGeſetze den Handel auf eine kleinere Zahl von Haͤfen beſchraͤnkten.Die groͤßte Thaͤtigkeit der Welt war damals in jener Central-muͤnze von Mexico, die von 1690 bis 1803 aus inlaͤndiſchem Goldund Silber genau fuͤr 1353 Millionen Piaſter, aber von der Ent-deckung von Neuſpanien an bis zur Befreiung des Landes wahr-ſcheinlich 2028 Millionen Piaſter geliefert hat, das iſt ⅖ alleredeln Metalle, welche in dieſer Zeit das ganze Amerika nach demalten Continent hat fließen laſſen. Was man aus Mißmuth uͤbermißlungene Verſuche jetzt ſo oft von Erſchoͤpfung der mexicaniſchen|Spaltenumbruch| Erzmittel vorbringt, iſt im Widerſpruch mit der geognoſtiſchenKenntniß des Landes, ja ſelbſt mit den neueſten Erfahrungen.Die Muͤnzſtaͤtte von Zacatecas allein hat, in den unruhigen Zeitenvon 1811 bis 1833, uͤber 66,332,000 Piaſter aus 7,758,000 MarkSilber gepraͤgt, und in den letzten 11 Jahren (1822 bis 1833)ununterbrochen zwiſchen vier und ſuͤnf Millionen Piaſter. Gua-naxuato, das freilich zu meiner Zeit ſchon lange bis 755,000 MarkSilber jaͤhrlich lieferte, iſt dagegen in neueren Jahren bis unterdie Haͤlfte herabgeſunken. Wenn endlich einmal jene herrlichen,von der Natur mannichfaltig geſegneten Regionen, nach vieleminnerm Gaͤhren und Treiben, des Friedens genießen, ſo muͤſſenmit dem fortſchreitenden Anbau des Bodens nothwendig auchneue Lagerſtaͤtten entbloͤßt und eroͤffnet werden. In wel-cher Region der Erde außerhalb Amerika hat man Beiſpieleeines aͤhnlichen Silberreichthums aufzuweiſen? Man vergeſſe nicht,daß bei Sombrerete, wo einige Gruben ſchon 1555 eroͤffnet wur-den, die Familie Fagoaga (Marquès del Apartado) in 5 Mona-ten in einer Erſtreckung von 16 Lachtern (96 Fuß) Laͤnge ausAnbruͤchen von Rothgiltigerz der Veta Negra einen reinen Ge-winn von vier Millionen Piaſter gezogen hat, und daß in demBergdiſtrict von Catorce in 2½ Jahren (1781 — 1783) aus einerWeitung von Hornſilber und Colorados, welche das VolkGott des Vaters Geldſack (la Bolsa de Dios Padre)nannte, ein Geiſtlicher, Juan Flores, ebenfalls 3½ MillionenPiaſter erbeutete. Der Ertrag des Goldes im ſpaniſchen undportugieſiſchen Amerika hat betraͤchtlich mehr abgenommen, alsder Ertrag des Silbers, aber jene Abnahme iſt viel aͤlter als derAusbruch der politiſchen Revolutionen in den Tropenlaͤndern. Ichhabe an einem andern Orte bereits entwickelt, in welchem Irrthumman in Europa bis zum Anfange dieſes Jahrhunderts uͤber Aus-dauer des Reichthums der braſiliſchen Goldwaͤſchen geweſen iſt,wie man den glaͤnzenden Zuſtand dieſer Waͤſchen (von 1752 bis1773) mit dem ſpaͤtern Zuſtande verwechſelt hat. Zwiſchen 1752und 1761 oscillirte die den Quinto bezahlende Goldausbeute vonMinas Geraes zwiſchen 6400 und 8600 Kil. (eine portugieſiſcheArroba hat nach Franzini 14,656 Kilogrammen). Dieſe Aus-beute iſt allerdings ſehr betraͤchtlich, und die jetzigen Productionendes Ural und Altai weit uͤbertreffend; aber man muß gedenken,daß 1804 auch das ſpaniſche Amerika an 10,400 Kil. Gold gab.Die Production von Minas Geraes war in den Mitteljahrenvon 1785 bis 1794 ſchon auf 3300 Kil., zwiſchen 1810 und 1817auf 1600 Kil., zwiſchen 1818 und 1820 auf 428 Kil. geſunken.Seit dieſer Zeit ſcheint, durch die Induſtrie einiger engliſchen Ge-ſellſchaften, ſich der braſiliſche Goldbergbau wieder etwas gehobenzu haben: aber mehr noch als die Erſchoͤpfung der Lagerſtaͤttenhat der Hang zur Cultur von Colonial-Producten, welche die im-mer fortdauernde ſchaͤndliche Sklaveneinfuhr aus Afrika beguͤnſtigt,an dem Verfall der Goldwaͤſchen Schuld. Bei dem ungeheuernSchleichhandel, der jetzt in Braſilien getrieben wird, waͤre zuwuͤnſchen, daß ein der Verhaͤltniſſe des Landes recht kundigerEingeborner ſich bemuͤhen wollte, den allgemeinen Ertrag der jaͤhr-lichen Goldproduction ſeit 1822 zu ergruͤnden. Es iſt eine merk-wuͤrdige Erſcheinung in der Geſchichte des von Europaͤern getrie-benen Bergbaues, daß ſeitdem die Goldgewinnung in Braſilienſo tief geſunken iſt, dieſelbe im noͤrdlichen Aſien und (freilich faſtnur voruͤbergehend) in dem ſuͤdlichen Theile der Vereinigten Staa-ten von Nordamerika zu einer unerwarteten Hoͤhe empor ſtieg.|2196| |Spaltenumbruch| Das Bergſyſtem des Ural (eine Meridiankette, mauerartig hin-geſtreckt vom Uſt-Urt im noͤrdlichen Theile des Truchmenen-Iſth-mus bis gegen das Eismeer, ja nach des Botanikers AlexanderSchrenks und Hrn. v. Baers neueſten ſchoͤnen Beobachtungen bisnach Waigatz und Novaja-Semlja hin) iſt goldfuͤhrend erfundenin einer Laͤnge von faſt 17 Breitengraden. Wenn der Ural in denJahren 1821 und 1822 nur noch 27 bis 28 Pud Gold (440 bis456 Kil.) lieferte, ſo ſtieg der Ertrag des uraliſchen Goldſandesſchon in den drei folgenden Jahren: 1823, 1824 und 1825, ſtu-fenweiſe auf 105, 206 und 257 Pud. Nach der mir von dem ruſſi-ſchen Hrn. Finanzminiſter Grafen v. Cancrin handſchriftlich mit-getheilten Ueberſicht der edeln Metalle, die in demruſſiſchen Reiche gewonnen und in dem Muͤnzhofevon St. Petersburg aus den legirten Metallen reinerhalten worden ſind, war die Goldproduction:
  • 1828 .... 290 Pud 39 Pfund.
  • 1829 .... 289 — 25 —
  • 1830 .... 347 — 27 —
  • 1831 .... 352 — 2 —
  • 1832 .... 380 — 31 —
  • 1833 .... 368 — 27 —
  • 1834 .... 363 — 10 —
Als ich auf Befehl des Kaiſers Nikolaus mit meinen FreundenGuſtav Roſe und Ehrenberg die Expedition in dem noͤrdlichenAſien machte, waren die Goldwaͤſchen auf das europaͤiſche Graͤnz-gebirge des Urals beſchraͤnkt. Der Altai (mongoliſch: das Gold-gebirge, Altaiin Oola) gab nur das wenige Gold (an 1900Mark), welches aus den goldhaltigen Silbererzen (70,000 Mark)der reichen Gruben von Schlangenberg oder Smeïnogorsk, Rid-derski und Syrianowski ausgeſchieden werden konnte. Seit 1834iſt aber in dieſem mittleren Theile von Sibirien der Fleiß derGoldſucher unerwartet belohnt worden. Man hat Lager von Gold-ſand (Geroͤlle) entdeckt, ganz denen am Abhange des Urals gleich.Das durch ſeinen Einfluß auf die Belebung des Verkehrs vonInner-Aſien ſo verdiente Haus Popof hat auch hier ein ruͤhm-liches Beiſpiel gegeben. Unter den 398 Pud Gold (27,884 Mark),welche 1836 das ganze ruſſiſche Reich lieferte, waren 293 Pud26 Pſund vom Ural und 104 Pud 15 Pfund vom Altai. Imnaͤchſtfolgenden Jahr 1837 war die Ausbeute des oͤſtlichen Sibi-riens ſchon ſo geſtiegen, daß der Altai 130 Pud, der Ural (vonKron- und Privatwaͤſchen) 309 Pud Waſchgold gaben. Rechnetman zu dieſen Summen 30 Pud Gold, die aus den in anſtehen-dem Geſtein einbrechenden Erzen von Altai und Nertſchinsk aus-geſchieden wurden, ſo ergeben ſich fuͤr die geſammte ruſſiſche Gold-production des Jahres 1837 genau 469 Pud oder 7644 Kil. Gold.Die Goldwaͤſchen im Ural ſind daher in einem ſehr langſamenSinken, der Altai aber fuͤgt zur Totalmaſſe ſo viel hinzu, daßſeine Ausbeute zu der des Ural ſich ſchon wie 4: 9½ verhaͤlt.(Beſchluß folgt.)
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A. v. Humboldt uͤber die Schwankungen derGoldproduction, mit Ruͤckſicht auf ſtaats-wirthſchaftliche Probleme.(Beſchluß.)

Ueber die eigentliche Ablagerung des Goldſandes im Altai ſindwir erſt ganz neuerlichſt durch einen ſehr ausgezeichneten Geogno-ſten, meinen ehemaligen Reiſebegleiter im ſuͤdlichen Ural, Hrn. v.Helmerſen, belehrt worden. Das Waſchgold, welches ſeit einigenJahren in ſtets wachſender Menge im oͤſtlichſten Theile des Toms-kiſchen Gouvernements gewonnen wird, gehoͤrt nicht dem großen|Spaltenumbruch| Gebirgsſtock ſelbſt zu, den wir das altaiſche Erzgebirge *) nennen,den Ledebour, Bunge und Gebler erforſcht haben, und in demſich der Berg Belucha mit ſeinen unerſtiegenen Schneeſpitzen anden Quellen der Katunja bis zu 11,000 Fuß, bis zur Hoͤhe desWetterhorns und Pics von Teneriffa majeſtaͤtiſch erhebt. DieLager goldhaltigen Sandes zeigen ſich an beiden Abhaͤngen, beſon-ders aber an dem oͤſtlichen eines kleinen Gebirgsarmes, welchender von Oſten gegen Weſten ſtreichende Altai in dem Meridiandes Telezkiſchen Sees gegen Norden ausſendet, und der bis inden Parallel von Tomsk reicht. „Auf den Karten,“ ſagt meinFreund, Hr. v. Helmerſen, „wird dieſer waſchgoldfuͤhrende Ge-birgsarm durch die Namen des Abakanskiſchen, Kusnezkiſchen undAlatau-Gebirges bezeichnet. Seiner Richtung, ſeiner innern Zu-ſammenſetzung und ſeiner Form nach hat er mit dem Ural dieunverkennbarſte Aehnlichkeit; es iſt in der That eine Wiederho-lung des Urals, nur in geringerer Laͤnge. Die Analogie geht ſoweit, daß auch hier der Oſtabhang goldreich, der Weſtabhang aberviel aͤrmer iſt. Da gerade dieſer Weſtabhang der Krone zur Be-arbeitung vorbehalten wurde, ſo haben bisher faſt nur die Privat-unternehmer den Goldreichthum des Alatau (dieſes gegen Nordenauslaufenden Zweiges des Altai) benuͤtzt.“ Geognoſten, welchemit meinen Unterſuchungen uͤber die Richtung der Gebirgsſyſtemevon Inner-Aſien und mit den geiſtreichen Anſichten Elie de Beau-monts uͤber Parallelismus und relative Altersfolge der Gebirgs-ſpalten und Ketten vertraut ſind, kann die Wichtigkeit jener Be-obachtungen des Hrn. v. Helmerſen nicht entgehen. Ich ſelbſthabe die noͤrdliche Lagerſtaͤtte des altaiſchen (kusnezkiſchen) Gold-ſandes nicht geſehen, da meine Reiſe von Tobolsk uͤber Tara,durch die Barabinskiſche Steppe, nach dem weſtlichen und ſuͤdlichenAltai, und von da nach dem chineſiſchen Graͤnzpoſten Chunimailaͤchu(in der Provinz Ili, noͤrdlich vom Sayſanſee) gerichtet war. Dasaltaiſche Waſchgold iſt etwas ſilberhaltiger als das Gold des Ural.Die ſibiriſchen Kaufleute, von dem kaiſerlichen Bergdepartementkraͤftig beguͤnſtigt, haben jetzt ſelbſt Winterwaͤſchen angelegt, unddie Bearbeitung dieſes neuen Zweiges der aſiatiſchen Induſtrie iſtum ſo merkwuͤrdiger und erfreulicher, als die Arbeiter nur Frei-willige ſind und ſehr gut bezahlt werden. Nach neueren Nach-richten, die ich dem Hrn. Finanzminiſter, Grafen v. Cancrin,verdanke, ſind reiche Sandlager, wie im Salairskiſchen Gebirgs-zuge, ſo auch am Fluſſe Birtuſa entdeckt worden, der die Gouver-nements Jeniſeisk und Irkutsk von einander trennt. Fuͤr ganzSibirien ſind ſchon 240 Licenzen (Berechtigungen zu Benuͤtzung
*) Sehr uneigentlich wird er der kleine Altai genannt. AuchHr. v. Helmerſen theilt meinen Unglauben an die Exiſtenz desgroßen Altai (Fragmens asiatiques T. I. p. 28). „Einesjener großen Laͤngenthaͤler, ſagt Helmerſen, die das ErzgebirgeAltai durchziehen, iſt das Thal der oberen Buchtarma: es ſchei-det den noͤrdlichen ruſſiſchen Antheil des Gebirges von dem ſuͤd-lichen, chineſiſchen. Dieſer ſuͤdliche Theil iſt haͤufig, und bis indie neueſten Zeiten als ein beſonderes Gebirge mit dem Namendes großen Altai aufgefuͤhrt worden, im Gegenſatze zu demnoͤrdlichen ſogenannten kleinen Altai. Abgeſehen von demUnpaſſenden dieſer Benennungen, die weder in der Natur be-gruͤndet ſcheinen, noch von den Bewohnern angenommen ſind,dienen ſie nur, um einen Irrthum fortzupflan-zen, den ein Kartenzeichner von dem andern erbt. Der chine-ſiſche Altai bildet mit dem ruſſiſchen nur ein und dasſelbeGanze, und es iſt kein Grund vorhanden, ſie als zwei, ſogarin ihrer Richtung verſchiedene Gebirgszuͤge auftreten zu laſſen.“
|2203| |Spaltenumbruch| von goldhaltigen Lagerſtaͤtten) ertheilt. So betraͤchtlich zeigt ſichdemnach in neuerer Zeit (und der Hauptzweck dieſer Unterſuchungiſt, den Wechſel der Stroͤmungen im Goldhandel zu ſchildern) derZufluß von Oſten her! Jene 469 Pud uraliſchen und altaiſchenGoldes (32,830 preußiſche Mark), welche der Ertrag des Jahres1837 waren, ſind werth in preußiſchem Silbergelde 7,211,000Thaler. Ein ſolcher Ertrag iſt nur noch um ⅛ geringer, als dieGoldproduction von Minas Geraes in Braſilien in den reichſtenJahren der gluͤcklichen Epoche von 1752 und 1761 war; er iſtaber faſt um ⅓ geringer, als die Goldproduction von Neu-Granada,Chili und Mexico kurz vor dem Ausbruch der Revolution indem ſpaniſchen Amerika. Wenn man die ungeheure Ausdehnungdes ſibiriſchen Continents betrachtet, und ſich der ſchnellen Zu-nahme des Goldes vom Ural in den Jahren 1822, 1823 und1824 erinnert, ſo wird es uͤberaus wahrſcheinlich, daß der Zuflußdes ſibiriſchen Goldes von Oſten nach Weſten, von Aſien nachEuropa, noch immer nicht ſein Maximum erreicht hat. Der Er-trag von Oſt-Sibirien wird vielleicht ſchneller ſteigen, als der Er-trag der uraliſchen Waͤſchen, wo man die reichſten Sandlager zu-erſt und anfangs leider zu fluͤchtig bearbeitet hat, abnimmt....Die Anſichten, welche man ſeit kaum 15 Jahren uͤber den nochimmer vorhandenen Goldreichthum von Nord-Aſien gewonnen hat,fuͤhren faſt unwillkuͤrlich zu den Iſſedonen, Arimaſpen und gold-huͤtenden Greifen zuruͤck, denen Ariſteas von Prokonneſus und,etwa zweihundert Jahre ſpaͤter, Herodot einen ſo dauernden Rufverſchafft haben. Mir iſt die Freude geworden, die Orte im ſuͤd-lichen Ural zu beſuchen, wo wenige Zoll unter dem Raſen,nahe neben einander, glaͤnzende Goldmaſſen von 13, 16, ja 24ruſſiſchen Pfunden entdeckt worden ſind. Noch viel groͤßere Maſ-ſen koͤnnen einſt als rundliche Geſchiebe, ganz unverdeckt, auf derOberflaͤche der Erde gelegen haben. Kein Wunder alſo, wennſchon in hohem Alterthume dieſes Gold von Jaͤger- und Hirten-voͤlkern geſammelt wurde, wenn das Geruͤcht von ſolchem Reich-thume weit erſcholl, ja bis zu den helleniſchen Colonien am Pon-tus Euxinus vordrang, Colonien, die fruͤh mit dem nordoͤſtlichenAſien jenſeits des kaſpiſchen Meeres und Oxusſees (Aral) inVerkehr traten. Die handeltreibenden Griechen und auch dieSkythen kamen nicht ſelbſt bis zu den Iſſedonen; ſie verkehrtennur mit den Argippaͤern. Niebuhr in ſeinen Unterſuchungen uͤberdie Skythen und Geten (Unterſuchungen, die keineswegs durchdas beſtaͤtigt werden, was wir jetzt uͤber Racenverſchiedenheit undSprachbau nordaſiatiſcher Voͤlker wiſſen) ſetzt die Iſſedonen undArimaſpen noͤrdlich von Orenburg, alſo in jene uns jetzt ſo be-kannt gewordene goldreiche Gegend am oͤſtlichen Abfall des ſuͤd-lichen Ural. Dieſe Meinung wird in dem eben erſchienenen in-haltsreichen Werke des Staatsraths Eichwald uͤber die alteGeographie des kaſpiſchen Meeres vertheidigt. Heerenund Voͤlcker deuten dagegen das Herodotiſche Goldland auf denAltai, und ich geſtehe, daß dieſe geographiſche Deutung mir mehrdurch Localverhaͤltniſſe gerechtfertigt ſcheint... Ich habe oben desUmſtandes gedacht, daß im Ural ungeheure Goldmaſſen wenigeZoll unter dem Raſen gefunden werden. Rieſelndes Waſſer oderandere geringfuͤgige Urſachen koͤnnen dieſe Maſſe einſt ſo entbloͤßthaben, daß ſie auf die Oberflaͤche der Erde ſelbſt gelangten. Iſtvielleicht die Geſchichte des heiligen Goldes bei den Skythen,deren Herodot (IV, 7) erwaͤhnt, iſt das Herabfallen goldenerAckerwerkzeuge vom Himmel, welche die beiden zuerſt nach|Spaltenumbruch| einander hinzutretenden Koͤnigsſoͤhne nicht beruͤhren konnten, ohneſich zu verbrennen, waͤhrend der dritte, Colaxais, das erloſchene(erkaltete) Gold ohne Gefahr nach Hauſe trug, bloß mythiſch zuerklaͤren, oder ſoll man darin vielleicht Anklaͤnge eines heißenAërolithenfalles erkennen? Sind hier Eiſen und Gold mit ein-ander verwechſelt, und war das heilige Gold ein gluͤhenderMeteorſtein, der von Pallas in Sibirien aufgeſundenen Maſſeaͤhnlich, aus der man Ackerwerkzeuge ſchmieden konnte, wie dieEsquimaux der Baffinsbay ſich ihre Meſſer aus einer im Schneehalbvergrabenen Meteormaſſe noch in unſern Tagen bereiten? Ichweiß, daß phyſiſche Erklaͤrungen alter Mythen und neuerer Wun-der jetzt nicht beliebt ſind, und daß ich beſorgen muß, auf denIrrweg Alexandriniſcher Grammatiker zu gerathen; aber einemNaturforſcher iſt die Erinnerung an einen Aërolithenfall wohl zuverzeihen. Vielleicht war das vom Himmel gefallene Metall nurgluͤhend, um die aͤlteren Soͤhne abzuhalten? Auch nach deutſchemVolksglauben leuchtet und brennt der Ort, wo ein Schatz vergra-ben liegt. Solche Betrachtungen leiten ab von ſpeciell-phyſiſchenDeutungen! Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager inNord-Aſien, jenſeits des Obi, das Steigen eines einjaͤhrigen Er-trages des altaiſchen oder kusnezkiſchen Waſchgoldes bis zu einemGewicht von 130 Pud oder 9100 preußiſche Mark iſt eine Bege-benheit in der Geſchichte des Goldhandels: ſie iſt eine um ſowichtigere Begebenheit, als ſie dem Europa unmittelbar unter-worfenen Theile von Aſien zugehoͤrt, und als die ganze Ausbeutezu uns in Weſten hinuͤberfließend auf den europaͤiſchen Goldmarkteinwirkt. Faſt zu derſelben Zeit, wo der Ural ſeinen Goldſchatzeroͤffnete, und zu erſetzen anfing, was die tiefgeſunkene braſiliſcheGoldausbeute nicht mehr dem Geldverkehr darzubieten vermochte,wurden vielverſprechende goldhaltige Lagerſtaͤtten in dem ſuͤdlichenTheile der Alleghanys, in Virginien, Nord- und Suͤd-Carolina,Georgien, Tenneſſee und Alabama entdeckt. Der eigentliche Flordieſer nordamerikaniſchen Goldwaͤſchen, welche bald auch einen ei-gentlichen Bergbau auf anſtehendes Geſtein veranlaßten, faͤllt indie Jahre 1830 bis 1835. Sie haben allerdings in den letztenacht Jahren nicht viel uͤber 4½ Mill. Dollars geliefert, aber dieErſcheinung des Goldreichthums in ſolcher Naͤhe von der atlanti-ſchen Kuͤſte verdient in geognoſtiſcher Hinſicht mehr Aufmerkſam-keit, als man ihr in Europa geſchenkt hat. Sie bietet auch eingroßes hiſtoriſches Intereſſe dar, da das viele Gold, welches dieerſten ſpaniſchen Conquiſtadoren in den Haͤnden der Eingebornenvon Florida fanden, jetzt nicht mehr als Wirkung eines alten Ver-kehrs mit Mexico (Anahuac) oder mit Hayti betrachtet zu werdenbraucht. Hr. Jacob konnte in ſeinem oft erwaͤhnten Werk uͤberdie edeln Metalle den Ertrag der Goldwaͤſchen von Nordamerikanur noch zu 130,000 Dollars anſchlagen; aber wenige Jahre dar-auf ſtieg derſelbe auf 800,000, ja ſelbſt auf eine Million Dollars.In der Grafſchaft Cavarras (Nord-Carolina) wurde ein Goldge-ſchiebe von 28 Pfund (engliſchem avoir du poids-Gewicht) ge-funden, und daneben mehrere von vier bis zehn Pfund. DerGewinn, und mit ihm die Luſt zum Goldwaſchen und zum Gold-bergbau ſind ſeit dem Jahr 1835 raſch geſunken. In einemLande, das bei ſeinem ſtets fortſchreitenden Wohlſtande das Gluͤckdes freieſten Verkehrs genießt, bieten ſich beſſere Mittel dar, dieCapitalien productiv zu machen; aber in der Geſchichte des Geld-handels intereſſiren die dem Schooße der Erde entriſſenen undin Circulation gebrachten Maſſen, wie der Zu- und Abfluß der-|2204| |Spaltenumbruch| ſelben in verſchiedenen Richtungen mehr, als der Vortheil,welchen die Bearbeitung der Lagerſtaͤtten voruͤbergehend gewaͤhrt.Quantitaͤten vermehrter Goldproduction, welche unſere Einbil-dungskraft aufregen, verſchwinden, man moͤchte ſagen, wie einUnendlichkleines, gegen die ſeit Jahrtauſenden aufgehaͤufte und imWelthandel circulirende Maſſe, werde dieſe exiſtirend als Muͤnzegedacht oder verarbeitet zu ſachlichem Gebrauchswerthe. JeglicherZufluß, auch der kleinſte, wirkt allerdings durch eine lange Dauer,da aber eine groͤßere und an Wohlſtand wachſende Populationauch eines groͤßern Umlaufcapitals bedarf, ſo kann, trotz desZufluſſes, durch Vertheilung ein ſuͤhlbarer Mangel eintreten.Vor den großen Goldentdeckungen am oͤſtlichen Abfall des Ural,deren eigentlicher Flor erſt mit den Jahren 1823 und 1824 be-gann, war auf dem großen Markte zu Hamburg der Tauſchwerthdes Silbers zum Golde als Mittelpreis der Jahre 1818 — 1822wie 1:15,75, wenn er nach der reichen Goldausbeute am Uralim Mittel der fuͤnf Jahre 1830 — 1834 nur auf 1:15,73 ſank.In dieſer Zwiſchenzeit wurden in England, wie ich ſchon obenberuͤhrt, um den Verkehr mit Metallgeld wieder herzuſtellen,1,294,000 Mark Gold vermuͤnzt. Welchen Theil hat nun andieſer Veraͤnderung des Tauſchwerthes die verminderte Exporta-tion der edeln Metalle aus dem neuen Continent gehabt? Der braſi-liſchen Goldwaͤſchen iſt hier kaum Erwaͤhnung zu thun, da ſie injener Zeit jaͤhrlich kaum 1700 Mark lieferten. Will man nunauch annehmen, daß in dieſen dem erſten Ausbruch der Revolu-tion naͤheren zwoͤlf Jahren die Golderzeugung des ſpaniſchenAmerika bis unter ⅓ von dem geſunken ſey, was in der letztenbluͤhenden Epoche (1800—1806) der mittlere Goldertrag geweſenwar, ſo betraͤgt der zwoͤlfjaͤhrige Verluſt der Importation (1816— 1827) doch nur 83,200 Kil. Nun hat aber der Ural in denJahren 1823 — 1827 bereits einen Erſatz von 17,300 Kil. gege-ben. Es ſind alſo im Ganzen in jenen zwoͤlf Jahren nur 286,000Mark Gold weniger nach Europa gekommen. Ich habe gefliſ-ſentlich ein Beiſpiel ausgewaͤhlt, welches hinlaͤnglich ſichere nu-meriſche Elemente darbietet. Das gefundene Reſultat iſt dieEntbehrung einer Goldmenge, die nur zwiſchen ¼ und ⅕ des,waͤhrend der zwoͤlf Jahre in der Londoner Muͤnze verpraͤgtenGoldes betraͤgt. Wenn man den Tauſchwerth der edeln Metallebefreit von den kleinen localen Zufaͤlligkeiten betrachtet, z. B. denGoldbarrenwerth in Hamburg, ſo erkennt man darin zwiſchen1816 und 1837 weder den Einfluß des aſiatiſchen Bergbaues,noch die abnehmende Golderzeugung im ſpaniſchen Amerika. DerAbfluß nach Aſien, den ich an einem andern Orte und in ver-ſchiedenen Epochen zu unterſuchen Gelegenheit gehabt, iſt be-ſtimmt im Abnehmen.

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