Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rückſicht auf ſtaatswirthſchaftliche Probleme von Alexander v. Humboldt. Nach dem alten Ausſpruche Herodots (III, 106) ſind bei der ungleichen Ausſpendung der Guͤter und der Schaͤtze des Bodens die ſchoͤnſten Erzeugniſſe den Enden der Welt zu Theil geworden. Dieſer Ausſpruch war nicht bloß auf ein truͤbes, der Menſchheit eigenthuͤmliches Gefuͤhl gegruͤndet, daß das Gluͤck fern von uns wohne, er druͤckte auch die einfache Thatſache aus, daß durch den Verkehr der Voͤlker den Hellenen, als Bewohnern der gemaͤßigten Zone, Gold und Gewuͤrze, Bernſtein und Zinn aus weiter Ferne zugefuͤhrt wuͤrden. So wie allmaͤhlig durch den Handel der Phoͤnizier, der Edomiter am Golf von Acaba, Aegyptens unter den Ptolemaͤern und Roͤmern, die lang verſchleierten Kuͤſten des ſuͤdlichen Aſiens ſich enthuͤllten, fing man an, die Erzeugniſſe der heißen Erdſtriche aus erſter Hand zu erhalten, und in der regen Einbildungskraft der Menſchen wurden die metalliſchen Schaͤtze der Welt immer weiter und weiter gegen Oſten geruͤckt. Zweimal hat daſſelbe Volk, die Araber, in der fuͤr den Handel ſo wichtigen Epoche der Lagiden und der Caͤſaren, wie am Ende des fuͤnfzehnten Jahrhunderts, zur Zeit der portugieſiſchen Entdeckungen, dem Weſten den Weg nach Indien gezeigt. Ophir (das Dorado des Salomo) dehnte ſich nun bis in den Oſten des Ganges aus. Dort erſchien Chryſe, das lange die Reiſenden des Mittelalters beſchaͤftigt hat, und bald als Inſel, bald als Theil des Goldcherſoneſes betrachtet wurde. Die Goldmenge, welche noch heute, nach John Crawfurd, Borneo und Sumatra in Umlauf bringen, erklaͤrt die alte Beruͤhmtheit dieſer Gegend. Nahe bei Chryſe, dem Goldlande, dem erwuͤnſchten Ziele der Indodromen, mußte ſymmetriſch, nach den Ideen einer ſyſtematiſirenden Erdkunde, eine Silberinſel, Argyre, liegen, gleichſam um beide edeln Metalle (die Reichthuͤmer von Ophir und des iberiſchen Tarteſſus) zu vereinigen. In der Geographie des Mittelalters ſpiegeln ſich, aber mannichfach verunſtaltet, die geographiſchen Mythen der claſſiſchen Vorzeit ab. Bei den Arabern Edriſi und Bakui finden wir, am Ende des indiſchen Meeres, wieder eine Inſel Sahabet mit Silberſand, und daneben Saila (nicht mit Ceylon oder Serendiv zu verwechſeln), wo Hunde und Affen goldene Halsbaͤnder tragen. Aber in Beſtimmung der eigentlichen Heimath des Goldes und aller herrlichen Erzeugniſſe der Erde vereinigte ſich mit der Idee der Ferne auch die der tropiſchen Hitze. „So lange Ew. Herrlichkeit nicht ſchwarze Menſchen finden werden,“ ſchreibt ein cataloniſcher Steinſchneider, Moſſen Jaime Ferrer, 1495 an den Admiral Chriſtoph Columbus, „koͤnnen Sie nicht große Dinge, wirkliche Schaͤtze, wie Spezereien, Diamanten und Gold erwarten. Der Brief iſt in einem 1545 zu Barcelona gedruckten Buche, das den ſonderbaren Titel: Sentencias catholicas del Divi poeta Dant fuͤhrt, vor Kurzem aufgefunden worden. Der Goldreichthum am Uralgebirge, der ſich im woguliſchen Norden bis dahin erſtreckt, wo die Erde kaum in den Sommermonaten aufthauet, die Diamanten, welche waͤhrend meiner, auf Befehl des Kaiſers Nicolaus im Jahr 1829 gemachten ſibiriſchen Expedition von zweien meiner Begleiter, nahe bei dem 60ſten Breitengrade, auf dem europaͤiſchen Abfall des Urals entdeckt worden ſind, ſprechen eben nicht fuͤr den Zuſammenhang des Goldes und der Diamanten mit tropiſcher Waͤrme und farbigen Menſchen. Chriſtoph Columbus, der dem Golde einen moraliſchen und religioͤſen Werth zuſchreibt, „weil, wie er ſagt, „wer es beſitzt, in dieſer Welt erlangt, was er will, ja ſelbſt (durch Bezahlung von Meſſen?) viele Seelen dem Paradieſe zufuͤhrt,“ Chriſtoph Columbus war ganz dem Syſtem des Steinſchneiders Ferrer zugethan. Er ſuchte Zipangu (Japan), das man fuͤr die Goldinſel Chryſe ausgab, und als er, am 14. November 1492, laͤngs den Kuͤſten von Cuba, die er fuͤr Theile des Continents von Oſt-Aſien (Cathay) hielt, hinſegelte, ſchrieb er in ſein Tagebuch nieder: „nach der vielen Hitze, die ich leide, muß das Land reich an Gold ſeyn.“ So ließen falſche Analogien vergeſſen, was das claſſiſche Alterthum von den Metallſchaͤtzen der Maſſageten und der Arimaspen im hohen Norden von Europa erzaͤhlt hatte: ich ſage von Europa, denn das oͤde Flachland von Nord-Aſien, das heutige Sibirien, galt mit ſeinen Kiefernwaͤldern fuͤr eine langweilige Fortſetzung des belgiſchen, baltiſchen und ſarmatiſchen Flachlandes. Reiſe nach dem Ural, dem Altai und dem Caspiſchen Meere von A. v. Humboldt, G. Roſe und G. Ehrenberg. Thl. I. S. 352—373. El oro, ſchreibt Columbus an die Koͤnigin Iſabella, es excellentissimo, con el se hace tesoro y con el tesoro quien lo tiene, hace quanto quiere en el mundo y llega a que hecha las animas al paraiso. Siehe uͤber dieſes Lob des Goldes mein Examen critique de l’Histoire de la Géographie et des progrès de l’Astronomie nautique aux 15me et 16me siècles (in Fol.) p. 38 et 131. Herod. III, 116. Umfaſſen wir mit einem Blicke die Geſchichte des Handelsverkehrs von Europa, ſo finden wir die reichſten Quellen des Goldes im Alterthume in Aſien. Seit dem Ausgange des Mittelalters, und drei Jahrhunderte nachher, gehoͤren ſie dem neuen Welttheile an. Gegenwaͤrtig, ſeit dem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, ſtroͤmen die Quellen wieder am reichlichſten in Aſien, aber in andern Zonen deſſelben Continents. Dieſer Wechſel in der Richtung der Stroͤmung, dieſer Erſatz, welchen zufaͤllige Entdeckungen im Norden darbieten, wenn im Suͤden die Goldausbeute ploͤtzlich ſchwindet, verdient eine ernſte Betrachtung, eine Ergruͤndung nach numeriſchen Angaben; denn im politiſchen Haushalte, wie bei Erforſchung von Naturerſcheinungen, ſind die Zahlen immer das Entſcheidende; ſie ſind die letzten, unerbittlichen Richter in den vielbeſtrittenen Verhaͤltniſſen der Staatswirthſchaft. Wir wiſſen aus Boͤkh’s ſcharfſinnigen Unterſuchungen, wie, bei Eroͤffnung des Morgenlandes durch die Perſerkriege und durch des großen Macedoniers Zug nach Vorder-Indien, das Gold ſich allmaͤhlig bei den europaͤiſchen Hellenen anhaͤufte, wie zum Beiſpiel in Demoſthenes Zeitalter die edeln Metalle einen faſt fuͤnfmal geringern Werth hatten, als im Soloniſchen. Der Strom ging damals von Oſten nach Weſten, und der Zufluß des Goldes war ſo reichlich, daß, wenn zu Herodots Zeit das Verhaͤltniß des Goldes zum Silber wie 1 : 13 war, es bei Alexanders Tode und uͤber hundert Jahre nachher, wie 1 : 10 ſtand. Je weniger allgemein die Handelsverbindungen in der alten Welt waren, deſto groͤßere und ploͤtzlichere Veraͤnderungen mußte der relative Gold- und Silberwerth erleiden. So finden wir in Rom, durch lokale Anhaͤufung eines der edeln Metalle, bald nach der Eroberung von Syrakus, das Verhaͤltniß des Goldes zum Silber wie 1 : 17⅐, wenn unter Julius Caͤſar es auf einige Zeit bis 1 : 813/14 herabſank. Je geringer die Menge des ſchon vorhandenen Metalles in einem Lande iſt, deſto leichter koͤnnen, durch Zufluß von Außen, jene ungeheuren Schwankungen hervorgebracht werden. Die jetzige Welt iſt durch Allgemeinheit und Schnelligkeit des Verkehrs, welcher das Gleichgewicht herſtellt, ſie iſt durch die Groͤße der ſchon vorhandenen, angehaͤuften Maſſen von Gold und Silber zur Stabilitaͤt im relativen Werthe der Metalle geneigt. Nach der Revolution in dem ſpaniſchen Amerika war die jaͤhrliche Metallproduktion viele Jahre lang auf ein Drittel herabgeſunken, und doch konnten die unbetraͤchtlichen Oſcillationen, welche man hie und da bemerkte, nicht dieſer Urſache zugeſchrieben werden. Ganz anders iſt es mit dem Verhaͤltniß des Silbers zu einem noch ſo wenig angehaͤuften und dabei ſo ungleich vertheilten Metalle, dem Platin. Staatshaushaltung der Athener. Bd. 1. S. 6 - 31. Siehe Letronne’s gelehrte Berichtigung der monetariſchen Hypotheſen von Garnier: Considérations générales sur l’évaluation des monnaies grecques et romaines. 1817. p. 112. Von ſtatiſtiſchen Angaben, die irgend ein allgemeines, mit der jetzigen Goldproduktion ganzer Laͤnder vergleichbares Reſultat enthielten, finden wir bei den Alten nichts. Die Natur der Staatsverwaltung bot nicht die Controlen dar, welche in ſpaͤteren Jahrhunderten das laͤſtig verfeinerte Zollweſen der Araber, eines Alles berechnenden und tabellariſch aufzeichnenden Handelsvolkes, den ſuͤd- und weſteuropaͤiſchen Staaten mittheilte. Eine Angabe, wie die des Plinius (XII, 18), nach der aus dem roͤmiſchen Staate der Handel mit Indien, Serica und Yemen jaͤhrlich hundert Millionen Seſterzen an edlen Metallen abſorbirte, das iſt, nach Letronne, fuͤr den Geldwerth jener Zeit ein Gewicht von 33,000 Mark Silber (nur halb ſo viel, als die jaͤhrliche Silbererzeugung des ſaͤchſiſchen Erzgebirges), ſteht vereinzelt und problematiſch da. Wo allgemeine Reſultate fehlen, wuͤrden numeriſche Beiſpiele von partiellem Geldreichthume gewiſſer Gebirgsgegenden um ſo wichtiger ſeyn, als wir ſie mit der jetzigen Ausbeute beruͤhmter Bergdiſtrikte vergleichen koͤnnten, Gewicht mit Gewicht in abſolutem Sinne, ohne Ruͤckſicht auf die ſchwierige Betrachtung des Goldes als Maß des Werthes einer beſtimmten Quantitaͤt von Cerealien. Hinterlaſſene Schaͤtze eines Herrſchers, Folgen des Sieges oder langer Erpreſſungen, zeugen nur von dem, was ſich nach einer uns unbekannten Zahl von Jahrhunderten in großen Laͤnderſtrecken angehaͤuft findet. Reſultate der Art ſind mit den Angaben zu vergleichen, die unſere Statiſtiker uͤber die in einem Staate zu einer gewiſſen Epoche vorhandene Maſſe edler Metalle wagen. Wenn Cyrus, laut dem Berichte des Plinius (XXXIII, 15), durch die Beſiegung von Aſien an rohem Golde, ohne das zu Gefaͤßen verarbeitete zu rechnen, 34,000 Pfd. zuſammen brachte, ſo iſt dies noch kaum der zweijaͤhrigen Ausbeute des Urals gleich. Dagegen ſchlaͤgt Appian, auf Urkunden geſtuͤtzt, den Schatz des Ptolemaͤus Philadelphus zu 740,000 Talenten an, das iſt, je nachdem man egyptiſche oder kleine ptolemaͤiſche Talente rechnet, 1017 oder 254 Millionen Thaler. „Dergleichen klingt fabelhaft,“ ſagt der beruͤhmte Verfaſſer der Staatshaushaltung der Athener, „aber ich wage nicht die Glaubwuͤrdigkeit zu bezweifeln. In dieſem Schatze war viel verarbeitetes Silber und Gold. Die Laͤnder wurden gaͤnzlich ausgeſogen, Steuern und Tribute mit bewaffneter Hand von habſuͤchtigen Generalpaͤchtern eingezogen. Die Einkuͤnfte allein von Coͤleſyrien, Phoͤnizien, Judaͤa und Samaria wurden von Ptolomaͤus Euergetes fuͤr 8000 Talente verpachtet, und ein Jude kaufte ſie fuͤr das Doppelte. Auch Herr William Jacob in ſeinem vortrefflichen, auf den Wunſch des Staatsminiſters Huskiſſon herausgegebenen Werke: Historical Inquiry on Precious Metals pflichtet den Angaben unſeres großen Philologen bei. Die obige hoͤhere Evaluation wuͤrde der jetzt in Frankreich und Belgien, die geringere Evaluation der in England courſirenden Geldmaſſe nahe kommen. Nach Strabo (XV, 731) ſoll Alexander 18 Myriaden Talente nach Ekbatana zuſammengebracht haben. Man muß nicht vergeſſen, daß, waͤhrend gegenwaͤrtig die edeln Metalle ſich uͤber große Laͤnderſtrecken und große Bevoͤlkerungen gleichmaͤßiger vertheilen, ſie damals auf wenige Punkte der Erde und im Schatzhauſe der Herrſcher concentrirt waren. T. I. p. 23. Nach den Unterſuchungen von Michel Chevalier (Lettres sur l’Amérique du Nord. T. I. p. 394) wird Frankreich zu 3000 Millionen, Großbritannien zu 1000 Millionen Francs angeſchlagen. Schon Necker ſchaͤtzt die Circulation von Frankreich auf 2200 Mill. Francs, Adam Smith die von Großbritannien nur auf 30 Mill. Pfd. Strl. In den preußiſchen Staaten ſollen, nach Hoffmann, nur zwiſchen 90 und 120 Mill. Thaler cirkuliren. Das, ſeit der Wiederherſtellung des Graumanniſchen Muͤnzfußes im Jahr 1764 bis zu Ende des Jahres 1836 ausgepraͤgte preußiſche Courantgeld in allen Geldſorten, mit Einſchluß der 1/15 Stuͤcke, betraͤgt nach Abzug der waͤhrend deſſelben Zeitraumes durch die Muͤnzverwaltung ſelbſt wieder eingezogenen, uͤberhaupt 182,856,020 Thlr. (Die Lehre vom Gelde. 1838. S. 171.) So große Vergleichſummen allein koͤnnen einiges Licht auf die aus dem Alterthume uns uͤberkommenen Angaben werfen. Faſt drei Mal ſo groß war der von Cyrus hinterlaſſene Schatz. Plinius (XXX, 3) ſchaͤtze ihn zu 500,000 Talenten Gold und Silber. Daß dieſer Schatz nach dem Tode des Cyrus anſehnlich vermindert worden war, ſchließt Sainte-Croix (Examen crit. des historiens d’Alexandre. p. 429) daraus, daß alle edeln Metalle, die der Macedonier in Perſien zuſammenbrachte, nur 330,000 Talente betrugen. Ueber die faſt beiſpielloſe Concentrirung der edeln Metalle in Italien unter den Caͤſaren ſiehe Letronne, Evaluation des monnaies grècques et romaines. p. 121. Daß der große aſiatiſche Goldreichthum, der nach Weſten uͤberſtroͤmte, aus Inner-Aſien, nordnordoͤſtlich von Ladakh, aus dem obern Laufe des Oxus (zwiſchen dem Hindu-Khu und den Hoͤhen von Pamer, am weſtlichen Abhange des Bolor), aus Baktrien und den oͤſtlichſten Satrapien des Perſerreiches kam, iſt unzweifelhaft: doch iſt es leichter, die Richtung des Stromes, als das Einzelne der Quellen und ihre relative Reichhaltigkeit anzugeben. Der Schauplatz der Mythe von den goldſuchenden Ameiſen bei dem Bergvolk der Derden iſt fern von den Greifen der Arimaspen zu ſuchen. Jene Mythe ſcheint dem Tafellande von Kaſchgar und Akſu, zwiſchen den Parallelketten des Himmelsgebirges und des Kuenlun, wo der Fluß Tarim ſich in den Lop ergießt, zuzugehoͤren. Der noͤrdlicheren Arimaspen werden wir ſpaͤter noch einmal erwaͤhnen, wenn wir großer, unmittelbar unter dem Raſen liegender Goldmaſſen des Urals gedenken. Der Ruf des indiſchen Reichthums erſcholl in oft mißverſtandenen Toͤnen nach Perſien hin. Cteſias, aus dem Stamme der Asclepiaden, Leibarzt des Koͤnigs Artaxerxes Mnemon, beſchreibt, faſt ohne es ſelbſt zu ahnen, unter dem Bilde einer Goldquelle, auf das deutlichſte ein Huͤttenwerk, einen Schmelzofen, aus dem ſich das fluͤſſige Metall in Kruͤge (thoͤnerne Formen) ergießt. Den Hellenen naͤher waren Lydien, an den Fluͤſſen, die dem Tmolus entquellen, Phrygien und Kolchis goldreiche Laͤnder. Die Natur ſchnell zu erſchoͤpfender Schichten von Goldſand (der ſogenannten Goldwaͤſchen) macht dem praktiſchen Bergmanne begreiflich, warum manche der eben genannten und neuerlichſt wiederbeſuchten Laͤnder den Reiſenden goldarm erſchienen. Wie leicht wuͤrde man nicht, wenn man gegenwaͤrtig die Schluchten und Flußthaͤler der weſtindiſchen Inſeln Cuba und Santo Domingo oder gar die Kuͤſte von Veragua durchforſchte, ohne die vorhandenen hiſtoriſchen Zeugniſſe verleitet werden, an der reichen Goldausbeute jener Gegenden am Ende des 15ten Jahrhunderts zu zweifeln? Dauernder, wenn ihn nicht aͤußere Verhaͤltniſſe ſtoͤren, iſt der eigentliche unterirdiſche Bergbau auf anſtehende Golderze. Eben weil man die ganze Lagerſtaͤtte nicht auf einmal kennt, weil das Gebirge beim Gangbergbau nur allmaͤhlig aufgeſchloſſen wird, iſt der menſchlichen Thaͤtigkeit hier eine laͤngere Beſchaͤftigung dargeboten. Goldhaltiges Schuttland wird ſchnell durchwuͤhlt und der reicheren Geſchiebe beraubt. Wie wenige der vierzig Goldwaͤſchen, die Strabo ſo ſorgſam beſchreibt, moͤgen jetzt noch zu erkennen ſeyn? Dieſe auf Analogien und bergmaͤnniſche Erfahrung gegruͤndete Bemerkung mußte hier um ſo mehr Platz finden, als leere Zweifelſucht gern die Ueberlieferungen des Alterthums erſchuͤttert. Burnes, Travels into Bokhara. T. II. p. 265. Oper. Reliquiae, ed. Baehr, Ind. cap. 4. p. 248 et 271. Der den Hellenen bekannte Theil von Europa ſtand in metalliſchem Reichthume gegen Aſien eben ſo zuruͤck, als ſpaͤterhin ganz Europa gegen die neue Welt. Das letzte Verhaͤltniß, naͤmlich die relative Productivitaͤt von Europa und Amerika war im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, als die Bergwerke der ſpaniſchen Colonien am ſchwunghafteſten betrieben wurden, fuͤr die Golderzeugung wie 1:13, fuͤr die Silbererzeugung wie 1:15. Es iſt mir ſogar wahrſcheinlich, daß fuͤr die alexandriniſche und ptolemaͤiſche Zeit, beſonders in der Goldausbeute, das Verhaͤltniß noch unguͤnſtiger fuͤr Europa ausfallen wuͤrde, wenn ſtatiſtiſche Angaben der Art aufgefunden werden koͤnnten. In Griechenland ſelbſt war zwar, neben den anfangs ſehr ergiebigen Silbergruben von Laurion, der Goldreichthum in Theſſalien, in dem pangaͤiſchen Gebirge an der Graͤnze von Macedonien und Thracien, wie ſeit den fruͤheſten phoͤniziſchen Anſiedlungen auf der gegenuͤber liegenden Inſel Thaſos betraͤchtlich genug. Auch Iberien iſt fuͤr Phoͤnizier und Carthager nicht bloß ein Silberland geweſen. Tarteſſus und Ophir (dieſes entweder Arabien oder die oſtafrikaniſche Kuͤſte oder gar, wie Heeren will, eine allgemeine Benennung fuͤr reiche Suͤdlaͤnder), Tarteſſus und Ophir waren das Doppelziel der vereinigten Hiram-Salomoniſchen Flotte. Wenn auch in dem metalliſchen Reichthum von Spanien Silber aus Baͤtika und aus der Naͤhe des von Hamilkar Barkas gegruͤndeten Neu-Carthago, lange der Hauptgegenſtand des auswaͤrtigen Handels war, ſo lieferten doch auch manches Jahr Gallaͤcien, Luſitanien und beſonders Aſturien 20,000 Pfund Gold , das iſt faſt ſo viel, als Braſilien in ſeiner bluͤhendſten Epoche gegeben hat. Kein Wunder daher, daß die fruͤh beſuchte ſpaniſche Halbinſel durch Phoͤnizier und Carthager den Ruf eines weſtlichen El-Dorado’s erlangte. Gewiß war an vielen Punkten, die jetzt nur ſchwache Spuren von Metallgehalt zeigen, die alte Erde einſt, ihrer Oberflaͤche nahe, mit Schichten von Goldſand bedeckt, oder in feſtem, anſtehenden Geſteine mit Truͤmmern von Golderzen durchzogen. Die lokale Wichtigkeit jener Bergwerke in Suͤdeuropa iſt nicht zu laͤugnen, aber in Vergleich mit Aſien war ihre Goldausbeute doch nur gering zu nennen. Dieſer letztere Welttheil blieb lange der Hauptquell des metalliſchen Reichthums, und die Richtung der Zuſtroͤmung des Goldes fuͤr Europa konnte nur als von Oſten nach Weſten bezeichnet werden. Die Fundamente dieſer Berechnung ſind enthalten im 11. Kapitel meines Essai politique sur le Royaume de la Nouvelle Espagne T. III, p. 400. Die relative Goldausbeute war damals 1300 und 17,300 Kil., die relative Silberausbeute 52,700 und 795,600 Kil. Otfr. Muͤller, Geſch. Hellen. Staͤmme B. 1, S. 115. Auch Gold bei Skapte Hyle (Boekh, Corp. Inscript. T. I, p. 219). S. uͤber einen ſo oft behandelten Gegenſtand eine mit philologiſcher Kritik abgefaßte Schrift des Dr. Keil, in Dorpat: Ueber die Schifffahrt nach Ophir und Tarſis, 1834. S. 61-70. Boͤkh, Staatshaushalt, Th. I, S. 15. Auch der Hafen von Carthago enthaͤlt Goldſand, den das Mittelmeer auswirft, zwiſchen dem Fluſſe Miliana und dem Cap Sidi-Bou-Said. Die armen Einwohner benutzen dieſen Goldſand noch jetzt. Dureau de la Malle, Rech. sur la Topographie de Carthage 1835 p. 251. Aber Aſien ſelbſt, das heißt der durch Landreiſen im Mittelalter verbreitete Ruf von den unermeßlichen Schaͤtzen von Zipangu (Japan) und von dem ſuͤdlichen Archipelagus, veranlaßte eine ploͤtzliche Veraͤnderung in der Richtung jenes Metallſtromes. Amerika ward entdeckt, nicht weil Columbus, wie man ſo lange faͤlſchlich geſagt, einen andern Continent ahnete, ſondern weil er durch den Weſten einen kuͤrzeren Weg nach dem goldreichen Zipangu und den Gewuͤrzlaͤndern im Suͤdoſten von Aſien ſuchte. „Der groͤßte geographiſche Irrthum (die Idee der Naͤhe von Spanien und Indien) fuͤhrte zu der groͤßten geographiſchen Entdeckung. Chriſtoph Columbus und Amerigo Vespucci ſind beide in der feſten Ueberzeugung geſtorben, Oſt-Aſien (das gangetiſche Indien, die Halbinſel, auf der Cattigara liegt) beruͤhrt zu haben. Um den Ruhm der Entdeckung eines Neuen Continents konnte daher zwiſchen beiden kein Streit entſtehen. In Cuba wollte Columbus dem Gran Khan der Mongolen die Briefe ſeines Monarchen abgeben. Er glaubt ſich in Mangi, dem ſuͤdlichen Theil von Cathay (China): er ſucht die von Marco-Polo beſchriebene Himmelsſtadt Quinſay, jetzt Hang-tſcheu-fu. „Die Inſel Española (Haiti), ſchreibt Columbus an den Papſt Alexander VI., iſt Tarſis, Ophir und Zipangu. Auf meiner zweiten Reiſe habe ich 1400 Inſeln und 333 Meilen des Continents von Aſien (de la tierra firme de Asia) entdeckt.“ Dieſes weſtindiſche Zipangu gab bald Goldgeſchiebe (pepitas de oro) von 8, 10, ja 20 Pfund Gewicht. Das neu entdeckte Amerika wurde nun die Hauptquelle der edeln Metalle. Der neue Strom ging von Weſten nach Oſten, ja er durchſchnitt bald Europa, weil bei zunehmendem Verkehr ſeit der Umſchiffung von Afrika, dem ſuͤdlichen und oͤſtlichſten Aſien mehr Erſatz fuͤr Spezereien, Seide und Faͤrbeſtoffe gegeben werden mußte. Letronne p. 105 und 123. Brief vom Monat Februar 1502 aus dem Archive des Herzogs von Veraguas. Die dritte Reiſe, in welcher der ſuͤdliche Continent von Amerika den 1. Auguſt 1498 entdeckt wurde (dreizehn Monate nach Sebaſtian Cabot’s Entdeckung des noͤrdlichen Continents), und die vierte Reiſe, welche die erſten Nachrichten von einer weſtlichen Kuͤſte des neuen Landes gab, beſtaͤtigten nur den alten Admiral in ſeiner vorgefaßten Meinung. Daß er in dem Briefe an den Papſt nach der ihm eigenen Neigung, eine gewiſſe bibliſche Erudition zu zeigen, Tarſis, Ophir und Zipangu als Synonyma von der Inſel Santo Domingo aufſtellt, iſt nicht Verwirrung der Ideen, ſondern haͤngt, wie man aus andern Schriften des Columbus ſieht, mit ſyſtematiſchen Anſichten zuſammen. Er hielt nicht etwa Indien, ſondern ſogar Japan (Zipangu) fuͤr das Ophir des Salomo, das er auch (nach den aus Joſephus bekannten Formen, Sopheira und Sophera) bisweilen Sopora nennt. Er nahm Tarſis (Tarſchiſch) nicht fuͤr das Iberiſche Tarteſſus, ſondern, wie die Septuaginta und viele Theologen des Mittelalters, fuͤr ein nomen appellativum. Die ſalomoniſche Schifffahrt war ihm nicht eine Doppelfahrt aus dem rothen und Mittelmeere; ſie ging ihm allein von Ezjongeber aus. Quinſay kannte Columbus aus einem Briefe von Toscanelli, nicht aus Marco-Polo, den er nie nennt, obgleich bisher das Gegentheil behauptet worden iſt. Da vor der Entdeckung der Silbergruben von Tasco (1522) am weſtlichen Abfall der mexikaniſchen Cordilleren Amerika nur Gold lieferte, ſo fand ſich ſchon die Koͤnigin Iſabella von Caſtilien im Jahr 1497 bewogen, das geſetzmaͤßige Verhaͤltniß der beiden edeln Metalle zu einander betraͤchtlich zu aͤndern. Das fruͤhe und bisher ſo wenig beachtete Geldedikt von Medina laͤßt ſich nur durch dieſen Umſtand und durch die Anhaͤufung des Goldes auf wenige Punkte von Europa erklaͤren. Ich habe an einem anderen Orte zu erweiſen geſucht, daß von 1492 bis 1500 die ganze Goldeinfuhr aus den damals entdeckten Theilen der Neuen Welt in Mitteljahren kaum 2000 Mark betrug. Der Pabſt Alexander VI., welcher waͤhnte, den Spaniern eine Erdhaͤlfte gegeben zu haben, erhielt als Gegengeſchenk von Ferdinand dem Katholiſchen kleine Goldgeſchiebe aus Haiti, „als erſte Fruͤchte des neuentdeckten Landes,“ zur Vergoldung der praͤchtigen Decke (Soffitto) der Baſilica von Sta. Maria Maggiore. Eine Inſchrift erwaͤhnt des Metalls, quod primo Catholici Reges ex India receperant. So groß war damals die Thaͤtigkeit der ſpaniſchen Regierung, daß ſchon 1495, wie der Hiſtoriker Muñoz gezeigt hat, ein Bergmann Pablo Belvis mit einem Vorrath Queckſilber nach Haiti geſchickt wurde, um das Goldwaſchen durch Anquicken zu beſchleunigen. Sehr auffallend iſt es, in einem neu aufgefundenen und erſt vor Kurzem publicirten Theile der Geographie des Sherif Edriſi zu leſen, „daß die Neger im Inneren des weſtlichen Afrika, wie auch die Bewohner der fruchtbaren Niederung Wadi el Alaki (zwiſchen Abyſſinien, Bodja und Nubien) den Goldſand durch Queckſilber bearbeiteten.“ Davon ſpricht der nubiſche Geograph in der Mitte des zwoͤlften Jahrhunderts, als von einer laͤngſt bekannten Sache. Sollte ſich dieſe Kenntniß aus dem Orient durch Aegypten, dem ſchwarzen, der Scheidekunſt ergebenen Lande (Chemi), nach Afrika verbreitet haben? Das griechiſche und roͤmiſche Alterthum gedenkt wohl einer ſehr gebraͤuchlichen Anwendung des Queckſilbers, um das Gold aus den Faͤden alter Treſſen aufzunehmen, nirgends aber einer techniſchen Anwendung im Großen bei den doch oft ſo umſtaͤndlich beſchriebenen Goldſeyffenwerken. Memorias de la Real Acad. de la Historia T. VI, p. 525. Das Edikt von Medina veraͤnderte das alte geſetzliche Verhaͤltniß von 1:116/10 in 1:107/10. S. die franzoͤſiſche Ueberſetzung von Amedée Jaubert (Paris 1836) T. I, p. 42 und 67. Beide Stellen fehlen in dem Codex, welcher der lateiniſchen Ueberſetzung des Sionita zum Grunde lag. Mehr durch Eroͤffnung neuer reicher Quellen, als durch Verſiegung der aͤlteren wird das jedesmalige Verhaͤltniß des Werthes von Gold und Silber modificirt. Es ſtieg daher wiederum, ſeit Entdeckung der Großen Antillen der Preis des Goldes gegen die Mitte des 16ten Jahrhunderts, als die reichen Silbergruben von Potoſi und Zacatecas in Peru und Nord-Mexiko eroͤffnet wurden. Nach meinen ſorgfaͤltigen Unterſuchungen verhielt ſich bis zu der Eroͤffnung der braſiliſchen Goldwaͤſchen im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, die Einfuhr des amerikaniſchen Goldes zu dem des amerikaniſchen Silbers dem Gewichte nach, wie 1 zu 65. Gegenwaͤrtig iſt dies Verhaͤltniß, wenn man den europaͤiſchen Metallhandel mit allen Welttheilen in einem Blicke umfaßt, wohl nicht hoͤher als 1 zu 47. So ergibt es wenigſtens die Vergleichung der Maſſen beider Metalle, welche gleichzeitig in Europa gemuͤnzt vorhanden ſind. Die Angaben, welche die ſonſt ſo vortreffliche Schrift von Adam Smith enthaͤlt, ſind, wie der groͤßere Theil der darin aufgeſtellten numeriſchen Reſultate, uͤberaus unrichtig, ja in dem eben beruͤhrten Verhaͤltniß um mehr als die Haͤlfte falſch. Im Geldhandel ſchwankte der relative Werth von Gold und Silber unter den gebildeten und alſo unmittelbar mit einander verkehrenden Voͤlkern Europa’s, in den erſten hundert Jahren ſeit der Entdeckung des Neuen Continents, zwiſchen 1:107/10 und 1:12, in den letzten zweihundert Jahren zwiſchen 1:14 und 1:16. Dieſes Schwanken haͤngt keineswegs allein von den relativen Quantitaͤten der Metalle ab, welche jaͤhrlich dem Schoße der Erde entriſſen werden. Das Verhaͤltniß des Werthes beider Metalle wird zugleich durch die Produktionskoſten, durch die Nachfrage oder das Beduͤrfniß der Conſumenten, durch die ungleiche Abnuͤtzung, durch die Verwendung zu Geſchmeiden und anderen Metallwaaren mannigfaltig modificirt. So viele gleichzeitig einwirkende Elemente machen bei der Leichtigkeit des Zuſtroͤmens im allgemeinen und ſchnellen Weltverkehr und bei der ungeheuren Maſſe der ſchon vorhandenen, in Europa angehaͤuften Metalle, jetzt jede ſehr große oder lange dauernde, partielle Oscillation im relativen Werthe von Gold und Silber unmoͤglich. So hat es ſich gezeigt, wenn ploͤtzlich Stoͤrungen der Produktion eintraten, wie nach dem Ausbruche der Revolution im ſpaniſchen Amerika; ſo bei uͤbermaͤßigem Verbrauche eines der edeln Metalle in einer vielbeſchaͤftigten Muͤnzſtaͤtte. In England wurden naͤmlich in den zehn Jahren zwiſchen 1817 und 1827 uͤber 1,294,000 Mark Gold gepraͤgt, und dieſer Goldankauf hat doch nur das Verhaͤltniß des Goldes zum Silber in London von 1:14,97 zu 1:15,60 ſteigen laſſen. Der Tauſchwerth des Goldes iſt ſeitdem gegen das Silber wenig geſunken. Denn man kaufte auch am Ende des Jahres 1837 in London ein Pfund Gold fuͤr 1565/100 Pfund Silber. Wir werden bald numeriſche Elemente zu der Loͤſung der Frage liefern, welche Veraͤnderungen man uͤberhaupt einer ſich allmaͤhlig fuͤhlbar machenden, vereinten Wirkung des neuen uraliſchen und nordamerikaniſchen Bergbaues zuſchreiben duͤrfe? S. mein Essai politique T. III, 400, 430-448 und 463. Jacob, Prec. Metals T. II, p. 187. Das von mir aufgefundene Reſultat iſt von Say (Traité d’économie politique T. II, L. 3, Chap. 10) durch Analogien aus dem Waarenhandel ſcharfſinnig erlaͤutert worden. S. die neue vortreffliche Schrift: J. G. Hoffmann, Lehre vom Gelde. 1838, S. 7. Die Maſſe edler Metalle, welche ſeit der Entdeckung von Amerika bis zum Ausbruch der mexikaniſchen Revolution nach Europa gekommen iſt, war an Gold 10,400,000 caſtilianiſche Mark (2,381,600 Kil.), an Silber 533,700,000 Mark oder 122,217,300 Kil., zuſammen an Werth 5940 Millionen Piaſter. Das in dieſer Zwiſchenzeit dem amerikaniſchen Boden entzogene Silber iſt in dieſer Evaluation nach dem Feingehalte der Piaſter, das iſt zu 0,903 berechnet worden, daher betragen jene 122,217,300 Kil. Piaſterſilber nur 110,362,222 Kil. feines Silber. Sie wuͤrden eine Kugel von feinem Silber bilden, welche 837/10 Pariſer Fuß Durchmeſſer haͤtte. Eine ſolche Reduktion auf Geſtalt und Groͤße verdient, glaube ich, ſo wenig als analoge graphiſche Darſtellungen getadelt zu werden. Wenn man das Reſultat der dreihundert und achtzehnjaͤhrigen Silberproduktion des ſpaniſchen Amerika mit dem Reſultat einjaͤhriger Eiſenproduktion einzelner europaͤiſcher Staaten vergleicht, ſo erhaͤlt man nach der Angabe meines Freundes, des vortrefflichen Geognoſten H. v. Dechen, Kugeln von reinem (geſchmiedeten) Eiſen fuͤr Großbritannien von 148, fuͤr Frankreich von 111, fuͤr die preußiſche Monarchie von 76 Pariſer Fuß Durchmeſſer. So groß iſt der Unterſchied der Frequenz zweier Metalle, Silber und Eiſen, in dem den Menſchen zugaͤnglichen Theile der Erdrinde. Dieſe Kugel ſtellt die Maſſe feinen Silbers dar, welche in 318 Jahren, von 1492 bis 1809 aus Amerika nach Europa gekommen iſt. Die caſtilianiſche Mark iſt 0,229 Kil. (Das ſpezifiſche Gewicht des Silbers = 10,474.) Von zwei aͤhnlichen Kugelberechnungen, welche die zweite Ausgabe meines Essai politique sur le Royaume de la Nouvelle Espagne enthaͤlt (T. III, p. 418 und 459), welche aber nur die Silbermengen der Epoche von 1492 bis 1803 in Silber vom Feingehalt der Piaſter und in reinem Silber ausdruͤcken, iſt die erſtere richtig, in der zweiten muß man aber 2687/100 ſtatt 2047/100 Meter Durchmeſſer leſen. Die Berechnung fuͤr Großbritannien bezieht ſich auf den Durchſchnitt der Produktion des Roheiſens in den Jahren 1823-1830. (M’Culloch, Dict. of Commerce, 1834 p. 736.) Die Durchſchnittsſumme iſt 617,352 Tons oder 12,149,487 Pr. Centner. Der Durchmeſſer einer Kugel Roheiſen fuͤr die einjaͤhrige Produktion waͤre demnach 175 preußiſche oder 169 Pariſer Fuß. Roheiſen liefert bei der Verarbeitung zu Stabeiſen 5/7 ſeines Gewichtes. Fuͤr Frankreich ſind als Produktion im Jahre 1835 (Resumé des travaux statistiques p. 61) an metriſchen Cent. 2,690,636 Roheiſen = 5,227,905 preuß. Cent. angenommen. In den preußiſchen Staaten war nach amtlichen Ausweiſungen des Jahres 1836 das Erzeugniß an Roheiſen 1,651,598 Centner. Waͤhrend der Strom von Gold und Silber von Weſten nach Oſten ging, wurde Spanien nur durchſtroͤmt. Wenig blieb davon in der Nation, weniger noch in dem Schatze der Koͤnige. Ferdinand der Katholiſche (ſo ſchreibt ſein Verehrer und Freund Anghiera wenige Tage nach des großen Monarchen Abſcheiden) ſtarb ſo arm, daß man nicht wußte, wie das Geld zu ſchaffen waͤre, um die Diener bei dem Leichenzuge anſtaͤndig zu kleiden. Hier die merkwuͤrdige Stelle aus dem Briefe an den Biſchof von Tuy: „Madrigalegium villulam Regis tibi alias descripsi. Tot Regnorum dominus, totque palmarum cumulis ornatus, christianae religionis amplificator et prostrator hostium, Rex in rusticana obiit casa, et pauper contra hominum opinionem obiit. Vix ad funeris pompam et paucis familiaribus praebendas vestes pullatas, pecuniae apud eum, neque alibi congestae, repertae sunt, quod nemo unquam de vivente judicavit.“ Von Carls V. Geldbedraͤngniſſen hat Ranke in ſeiner Abhandlung uͤber die ſpaniſchen Finanzen gehandelt. Der geiſtreiche Hiſtoriker hat meine officiellen Beweiſe von der geringen Menge edler Metalle, die bis 1545 der amerikaniſche Bergbau und die ſogenannten Inca-Schaͤtze geliefert, durch neue Dokumente erweitert und bekraͤftigt. Petri Mart. Epist. lib. XXIX n. 556 (XXIII Jan. 1516). Neun Jahre ſpaͤter waren ſchon die Goldwaͤſchen in Hiſpaniola erſchoͤpft. Nur Zucker und Leder werden als Ausfuhrartikel genannt. Tres habemus ab Hispaniola naves (ſchreibt wiederum Anghiera) saccareis panibus et coriis boum onustas (Epist. n. 806, Cal. Martii 1525). Dieſe Stelle iſt fuͤr die Geſchichte des Handels wichtig, da bekanntlich das erſte Zuckerrohr erſt 1520 in Santo Domingo von Pedro Atienza gepflanzt wurde. Ranke, Fuͤrſten und Voͤlker von Suͤd-Europa, B. I, S. 347-355. Essai politique T. III, p. 361-382, 421-428. Der Bergbau lieferte bis 1545 nicht drei Millionen Piaſter jaͤhrlich. Atahualpa’s Loͤſegeld betrug nach Gomara 52000 Mark Silber und die Beute (Tempelraub) in Cuzco nach Herrera nur 25700 Mark Silber an Werth. Eine genauere Kenntniß der Geſchichte der Metallproduktion oder der allmaͤhligen Entdeckung großer erzfuͤhrenden Lagerſtaͤtten in der Neuen Welt lehrt uns, warum das Sinken des Werthes der edlen Metalle oder (was daſſelbe iſt) das Steigen der Preiſe von Korn und anderer unentbehrlicher Erzeugniſſe des Bodens und des menſchlichen Kunſtfleißes erſt gegen die Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts, und beſonders zwiſchen 1570 und 1595 am lebhafteſten gefuͤhlt wurde. Damals fing die Silbermenge der Bergwerke von Tasco, Zacatecas und Pachuca in Neuſpanien, von Potoſi, Porco und Oruro in der peruaniſchen Andeskette erſt an, ſich in Europa gleichmaͤßiger zu verbreiten, und ihren Effekt auf die Preiſe des Weizens, der rohen Wolle und der Manufakturwaaren auszuuͤben. Die eigentliche Eroͤffnung und Bearbeitung der Gruben von Potoſi durch die ſpaniſchen Conquiſtadores faͤllt in das Jahr 1545, und die viel berufene Predigt, welche der Biſchof Latimer vor Koͤnig Eduard VI. hielt, und in der er ſeinen Zorn uͤber das Steigen der Preiſe aller Lebensmittel ausdruͤckt, iſt vom 17. Januar 1548. Beſſer faſt noch, als die von Fleetwood, Dupré de St. Maur, Garnier und Lloyd geſammelten Kornpreiſe verkuͤndigen die engliſchen Korngeſetze zwiſchen 1554 bis 1688 die Anhaͤufung der Metalle. Die Ausfuhr des Weizens iſt bekanntlich nur erlaubt, wenn der Preis eines gewiſſen Maßes eine durch das Geſetz beſtimmte Hoͤhe erreicht. Nun war dieſe Grenze unter der Koͤnigin Marie 1554 per Quarter 6 Schilling, unter Eliſabeth 1593 gegen 20, und im Jahr 1604 unter Jakob I. uͤber 26 Schill. Dieſe numeriſchen Thatſachen ſind allerdings von großem Werthe, aber ihre Deutung erheiſcht beſondere Vorſicht, da das Problem der Kornpreiſe, ja aller Preiſe ein ſehr complicirtes iſt, und ſehr veraͤnderliche theoretiſche Anſichten, Einfluß des landbeſitzenden Adels, ja ungleiche locale Anhaͤufung von Geld und Waaren auf die Geſetzgebung jeglicher Epoche einwirken. Dazu umfaſſen Temperaturveraͤnderungen (die mittlere Waͤrme der Fruͤhlings- und Sommermonate), welche die Cultur der Cerealien beguͤnſtigen, nicht gleichzeitig das ganze ackerbauende Europa. Selbſt die Fortſchritte dieſer Cultur, die beſſere Benuͤtzung der erzeugenden Erdkraͤfte modificiren die Preiſe. Eine ungleich wachſende Bevoͤlkerung und der damit zunehmende Verkehr vermehren die Nachfrage nach den Metallen. Bei dem Maaße, das man ſucht und in den wechſelnden Kornpreiſen zu finden glaubt, hat man alſo mit zwei gleichzeitig veraͤnderlichen Groͤßen zu thun. Die erhoͤhten Kornpreiſe druͤcken ſelbſt fuͤr ein einzelnes Land nicht die in gleichem Maaße anwachſende Menge von Gold und Silber aus, ſo wenig als ſie uns unmittelbar uͤber die allgemeinen Witterungsverhaͤltniſſe und (nach der Hypotheſe eines großen Aſtronomen) uͤber die Quantitaͤt der Sonnenflecke belehren. Angaben, welche in derſelben Epoche einen großen Theil von Europa umfaſſen, fehlen uns gaͤnzlich, und genaue Unterſuchungen haben gezeigt, daß in Oberitalien zum Beiſpiel das Steigen der Preiſe von Getreide, Wein und Oel zwiſchen dem fuͤnfzehnten und achtzehnten Jahrhundert viel geringer geweſen iſt, als man berechtigt war, es anzunehmen, nach dem, was uns aus England, Frankreich und Spanien bekannt iſt, wo die Kornpreiſe ſeit der Entdeckung von Amerika um das Vier- bis Sechsfache geſtiegen ſind. Es wird nicht unnuͤtz ſeyn, hier ein numeriſches Reſultat einzuſchalten, das auf vierzehnjaͤhrigen Durchſchnittspreiſen im ganzen preußiſchen Staate beruht, und auf meine Bitte von dem Direktor unſeres ſtatiſtiſchen Bureaus, Herrn Geh. Rath Hofmann, mit dem groͤßten Fleiße berechnet worden iſt. Im Jahr 1838, in dem man in Berlin fuͤr ein Pfund Gold 159/13 Pfund reinen Silbers, 1611 Pfund Kupfer und faſt 9700 Pfund Eiſen kauft, iſt das Pfund Gold nach Durchſchnitten von 1816/29 und 1824/37 genau 20794 Pfund Weizen, 27655 Pfund Roggen, 31717 Pfund Gerſte und 32626 Pfund Haber werth. Jacob on Precious Metals, T. II, p. 77, 132 und 388. Gianrinaldo Carli. Opere, T. VII, p. 190. Savigny, Geſchichte des Rechts, B. III, S. 567. Die Nachrichten uͤber die Preiſe der Dinge im ſuͤdlichen Europa reichen ſehr beſtimmt bis in das vierzehnte Jahrhundert, da (1321) Marino Sanuto dem Papſte Johannes XXII. den Koſtenanſchlag eines Kreuzzuges vorlegte, durch den der ganze Handel des Orients abgeleitet werden ſollte. In dieſem Koſtenanſchlage, wie in den Preisangaben von Balducci Pegoletti, iſt aber der Silbergehalt der Muͤnzen mit mehr Sorgfalt zu beſtimmen, als bisher von denen geſchehen iſt, die ſich mit der Waarenkunde und der Geſchichte des Handels beſchaͤftigt haben. Clemencin in den Mem. de la Academia Real de Historia, T. VI, p. 553. Die Vanega Weizen (trigo) koſtete in Spanien von 1406 bis 1502 im Mittel 10 , von 1793 bis 1808 aber 62 Reales, die Muͤnze auf gleichen Silbergehalt reducirt. Damit ſtimmen Say’s Unterſuchungen uͤber die Kornpreiſe in Frankreich uͤberein (Traité d’économie politique, T. I, p. 352). Zur Zeit der Jungfrau von Orleans, unter Carl VII., war das Hectoliter Weizen (an Gewicht 75 Kil.) bis zum Preiſe von 219 Gran Silber geſunken. Der Mittelpreis kurz vor der Entdeckung von Amerika war 268 Gran; er ſtieg 1514 ſchon bis 333, unter Franz I. bis 731, unter Heinrich IV. bis 1130 Gran Silber. Lavoiſier fand das Steigen der Weizenpreiſe von 1610 bis 1789 im Verhaͤltniß von 1130 zu 1342 Gran. Im Jahr 1820 koſtete in Frankreich ein Hectoliter 1610 Gran Silber, 9216 dieſer Gran auf ein Pfund oder 0,489 Kil. gerechnet. (S. auch Letronne Considérations générales sur les monnaies grècques, p. 118—123.) Vom Mittelalter aufwaͤrts finden wir die Kornpreiſe ſteigend: zur Zeit Valentinians III. (im Jahr 446) das Hectoliter zu 344 Gran Silber, und am Ende der Republik unter Cicero gar zu 528 Gran. Die Reſultate von Dureau de la Malle geben noch hoͤhere Preiſe. (Comptes rendus de l’Inst. Juillet 1838. p. 84.) Hier die Fundamente dieſer wichtigen Angabe: „Auf dem ſtatiſtiſchen Bureau zu Berlin werden monatlich die Marktpreiſe der vier Hauptgetreidearten aus allen Theilen des preußiſchen Staates zuſammengeſtellt und Durchſchnitte fuͤr die einzelnen Provinzen daraus gezogen. Aus dieſen Durchſchnitten werden am Ende jedes Jahres Mittelpreiſe fuͤr das ganze Jahr und aus der Reihenfolge dieſer Mittelpreiſe vierzehnjaͤhrige Durchſchnitte ſo berechnet, daß von den Preiſen der naͤchſt auf einander folgenden vierzehn Jahre jedesmal die zwei hoͤchſten und zwei niedrigſten weggeſtrichen, die uͤbrigen zehn aber addirt werden, wo dann das Zehntheil dieſer Summe als Durchſchnittspreis der in Betrachtung gezogenen vierzehn Jahre angeſehen wird. Aus dieſer Arbeit, die Jahre 1816 bis 1837 begreifend, folgt fuͤr den preußiſchen Scheffel: Die den vier Getreidearten zukommenden Gewichte ſind fuͤr den Scheffel in preußiſchen Pfunden (zu zwei Mark koͤlniſch) 85, 80, 69 und 52. Das Pfund Gold iſt aber gleich geſetzt, in preußiſchem Silbergelde, 439 Thlr. 11 Sgr. 66/13 Pfg.“ Die Vergleichung der beiden Perioden 1816/29 und 1824/37 zeigt ein Fallen der Getreidepreiſe im preußiſchen Staate um 142/7 Procent beim Weizen, um 11½ beim Roggen, um 12 bei der Gerſte und 1113/17 beim Haber, eine Preisverminderung, welche groͤßtentheils der vermehrten Erzeugung und beſſeren Benutzung des Bodens zuzuſchreiben iſt. Die fortſchreitende Cultur wendet ſich den Cerealien zu, die einen hoͤhern Werth haben. (Dieterici, Ueberſicht des Verkehrs. 1838. S. 474.) Ich fuͤhre dieſe Preisverminderung, als eine von dem Zu- und Abfluß edler Metalle unabhaͤngige an. Weizen ... 1 Thlr. 23 Silbergr. 105/9 Pfennige. Roggen ... 1 „ 8 „ 15/9 „ Gerſte ... 1 „ 28 „ 81/9 „ Haber ... 1 „ 21 „ 81/3 „ Die Beſorgniſſe uͤber die verminderte Einfuhr der edlen Metalle aus dem Neuen Continent, welche ſich bei dem Erſcheinen des wichtigen und in Deutſchland nicht genugſam beachteten Werkes von Jakob (on Precious Metals) verbreitet hatten, ſind nicht in Erfuͤllung gegangen. Die von 1809 bis 1826 ſo tief geſunkene Metallproduktion hat ſich, trotz des unruhigen Zuſtandes des freien ſpaniſchen Amerikas, doch wieder zu ¾ von dem gehoben, was ſie in der Epoche war, als ich jene Laͤnder verließ. In Mexiko iſt ſogar, nach den neueſten Nachrichten, die ich dem thaͤtigen preußiſchen Geſchaͤftstraͤger Herrn v. Gerolt verdanke, im Jahr 1837 die Ausbeute auf 20 bis 22 Millionen Piaſter geſtiegen, wozu außer Zacatecas die neu aufgenommenen Gruben von Fresnillo, Chihuahua und Sonora am meiſten beigetragen haben. In der letzten friedlichen Epoche der ſpaniſchen Oberherrſchaft konnte ich den Mittelertrag der mexikaniſchen Bergwerke auch nur auf 23 Millionen Piaſter (etwa 537,000 Kil. Silber und 1600 Kil. Gold) ſchaͤtzen. Die Controle war damals leichter, da es nur einen Centralmuͤnzhof gab und ſtrenge Geſetze den Handel auf eine kleinere Zahl von Haͤfen beſchraͤnkten. Die groͤßte Thaͤtigkeit der Welt war damals in jener Centralmuͤnze von Mexiko, die von 1690 bis 1803 aus inlaͤndiſchem Gold und Silber genau fuͤr 1353 Millionen Piaſter, aber von der Entdeckung von Neuſpanien an bis zur Befreiung des Landes wahrſcheinlich 2028 Millionen Piaſter geliefert hat, das iſt ⅖ aller edeln Metalle, welche in dieſer Zeit das ganze Amerika nach dem Alten Continent hat fließen laſſen. Erſt in dieſem Jahre hat Herr Ternaux-Compans in ſeiner uͤberaus nuͤtzlichen Sammlung von Mémoires originaux pour servir à l’histoire de la découverte de l’Amérique (Conquête du Mexique, p. 451) eine offizielle Liſte der von den Vicekoͤnigen von Neuſpanien zwiſchen 1522 und 1587 nach dem Mutterlande geſandten Summen bekannt gemacht. Ich habe dieſe Liſte in dem Archive von Mexiko nicht gefunden. Sie iſt ſehr merkwuͤrdig und zeigt, daß meine fruͤheren Angaben der mexikaniſchen Metallproduktion von 1521 bis 1600 (Essai politique, T. III, p. 414) eher noch etwas zu hoch waren. Es war neuerlichſt oft die entgegengeſetzte Meinung geaͤußert worden. Von der Adminiſtration des Fernan Cortez an bis 1552, wo die Gruben von Zacatecas eben erſt eroͤffnet wurden, ſtieg die Ausfuhr ſelten in einem Jahre auf 100,000 Peſos. Von da an iſt ſie in ſchnellem Steigen. In den Jahren 1569, 1578 und 1587 war ſie ſchon 931,564, 1,111,202 und 1,812,051 Peſos de oro. Die Summen ſind nicht in unſern Piaſtern, ſondern in dieſen Peſos de oro angegeben. Was man aus Mißmuth uͤber mißlungene Verſuche jetzt ſo oft von Erſchoͤpfung der mexikaniſchen Erzmittel vorbringt, iſt im Widerſpruch mit der geognoſtiſchen Kenntniß des Landes, ja ſelbſt mit den neueſten Erfahrungen. Die Muͤnzſtaͤtte von Zacatecas allein hat, in den unruhigen Zeiten von 1811 bis 1833, uͤber 66,332,000 Piaſter aus 7,758,000 Mark Silber gepraͤgt und in den letzten 11 Jahren (1822 bis 1833) ununterbrochen zwiſchen vier und fuͤnf Millionen Piaſter: S. die lehrreiche Schrift des Herrn Joſeph Burkart: Aufenthalt und Reiſen in Mexiko in den Jahren 1824 bis 1834. Th. I, S. 360 und 385. Th. II, S. 74 und 152. 1829 ... 4,505,180 Piaſter. 1830 ... 5,189,902 „ 1831 ... 4,469,450 „ 1832 ... 5,012,000 „ 1833 ... 5,720,000 „ In Zacatecas hat ein einziger Gang, die Veta grande, welche ſeit dem ſechzehnten Jahrhundert bebauet wird, und bis 1738 oft in einem Jahre bis drei Millionen Piaſter lieferte, folgende Maſſen in Umlauf gebracht: 1828 ... 117,268 Mark Silber. 1829 ... 235,741 „ „ 1830 ... 279,288 „ „ 1831 ... 272,095 „ „ 1832 ... 258,498 „ „ 1833 ... 209,192 „ „ Guanaxuato, das freilich zu meiner Zeit ſchon lange bis 755,000 Mark Silber jaͤhrlich lieferte, iſt dagegen in neueren Jahren bis unter die Haͤlfte herabgeſunken. Die Ausbeute war: 1829 ... an Gold: 852 Mark; an Silber: 269,494 Mark. 1830 ... „ „ 1058 „ „ „ 284,386 „ 1831 ... „ „ 622 „ „ „ 258,500 „ 1832 ... „ „ 1451 „ „ „ 300,612 „ 1833 ... „ „ 1144 „ „ „ 316,024 „ Wenn endlich einmal jene herrlichen von der Natur mannichfaltig geſegneten Regionen, nach vielem innern Gaͤhren und Treiben, des Friedens genießen, ſo muͤſſen mit dem fortſchreitenden Anbau des Bodens nothwendig auch neue Lagerſtaͤtten entbloͤßt und eroͤffnet werden. In welcher Region der Erde außerhalb Amerika hat man Beiſpiele eines aͤhnlichen Silberreichthums aufzuweiſen? Man vergeſſe nicht, daß bei Sombrerete, wo einige Gruben ſchon 1555 eroͤffnet wurden, die Familie Fagoaga (Marquès del Apartado) in fuͤnf Monaten in einer Erſtreckung von 16 Lachtern (96 Fuß) Laͤnge aus Anbruͤchen von Rothgiltigerz der Veta Negra einen reinen Gewinn von vier Millionen Piaſter gezogen hat, und daß in dem Bergdiſtrikt von Catorce in 2½ Jahren (1781—1783) aus einer Weitung voll Hornſilber und Colorados, welche das Volk Gott des Vaters Geldſack (la Bolsa de Dios Padre) nannte, ein Geiſtlicher, Juan Flores, ebenfalls 3½ Millionen Piaſter erbeutete. Der Ertrag des Goldes im ſpaniſchen und portugieſiſchen Amerika hat betraͤchtlich mehr abgenommen, als der Ertrag des Silbers, aber jene Abnahme iſt viel aͤlter als der Ausbruch der politiſchen Revolutionen in den Tropenlaͤndern. Ich habe an einem andern Ort bereits entwickelt, in welchem Irrthum man in Europa bis zum Anfange dieſes Jahrhunderts uͤber Ausdauer des Reichthums der braſiliſchen Goldwaͤſchen geweſen iſt, wie man den glaͤnzenden Zuſtand dieſer Waͤſchen (von 1752 bis 1773) mit dem ſpaͤtern Zuſtande verwechſelt hat. Der fuͤr die Geſchichte des Goldhandels ſo wichtige Bullion-Report hat zuerſt einiges Licht uͤber dieſen Gegenſtand verbreitet. Die ſicherſten Nachrichten verdanke ich den Privatmittheilungen des ehemaligen Generalbergwerks-Direktors Freiherrn von Eſchwege. Jakobs Werk uͤber die edeln Metalle enthaͤlt nur duͤrftige Zuſaͤtze. Zwiſchen 1752 und 1761 oscillirte die den Quinto bezahlende Goldausbeute von Minas Geraes zwiſchen 6400 und 8600 Kil. (eine portugieſiſche Arroba hat nach Franzini 14,656 Kilogrammen). Dieſe Ausbeute iſt allerdings ſehr betraͤchtlich und die jetzigen Produktionen des Ural und Altai weit uͤbertreffend; aber man muß gedenken, daß 1804 auch das ſpaniſche Amerika an 10400 Kil. Gold gab, naͤmlich: Essai polit., T. III, p. 448-452. Report of the Bullion Committee of 1810, Append. N. 22. T. II. p. 261―265 und 395. Neugranada ... 4700 Kil. Chili ..... 2800 „ Mexiko ..... 1600 „ Peru ..... 780 „ Buenos-Ayres .. 500 „ 10380 Kil. Die Produktion von Minas Geraes war in den Mitteljahren 1785—1794 ſchon auf 3300 Kil., zwiſchen 1810 und 1817 auf 1600 Kil., zwiſchen 1818 und 1820 auf 428 Kil. geſunken. Damit ſtimmt die Angabe des Herrn Ritter von Schaͤffer uͤberein, nach welcher 1822 nur 24 Arrobas (350 Kil.) in den Schmelzhof von Villa Rica abgeliefert wurden. Seit dieſer Zeit ſcheint, durch die Induſtrie einiger engliſchen Geſellſchaften, ſich der braſiliſche Goldbergbau wieder etwas gehoben zu haben: aber mehr noch als die Erſchoͤpfung der Lagerſtaͤtten hat der Hang zur Cultur von Colonial- Produkten, welche die immer fortdauernde ſchaͤndliche Sklaveneinfuhr aus Afrika beguͤnſtigt, an dem Verfall der Goldwaͤſchen Schuld. Bei dem ungeheuren Schleichhandel, der jetzt in Braſilien getrieben wird, waͤre zu wuͤnſchen, daß ein der Verhaͤltniſſe des Landes recht kundiger Eingeborner ſich bemuͤhen wollte, den allgemeinen Ertrag der jaͤhrlichen Goldproduktion ſeit 1822 zu ergruͤnden. Es iſt eine merkwuͤrdige Erſcheinung in der Geſchichte des von Europaͤern getriebenen Bergbaues, daß ſeitdem die Goldgewinnung in Braſilien ſo tief geſunken iſt, dieſelbe im noͤrdlichen Aſien und (freilich faſt nur voruͤbergehend) in dem ſuͤdlichen Theile der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika zu einer unerwarteten Hoͤhe empor ſtieg. Das Bergſyſtem des Ural (eine Meridiankette, mauerartig hingeſtreckt vom Uſt-Urt im noͤrdlichen Theile des Truchmenen-Iſthmus bis gegen das Eismeer, ja nach des Botanikers Alexander Schrenk’s und Herrn von Baͤr’s neueſten ſchoͤnen Beobachtungen bis nach Waigatz und Novaja-Semlja hin) iſt goldfuͤhrend erfunden in einer Laͤnge von faſt 17 Breitengraden. Wenn der Ural in den Jahren 1821 und 1822 nur noch 27 bis 28 Pud Gold (440 bis 456 Kil.) lieferte, ſo ſtieg der Ertrag des uraliſchen Goldſandes ſchon in den drei folgenden Jahren, 1823, 1824 und 1825, ſtufenweiſe auf 105, 206 und 237 Pud. Nach der mir, von dem ruſſiſchen Herrn Finanzminiſter Grafen von Cancrin handſchriftlich mitgetheilten Ueberſicht der edeln Metalle, die in dem ruſſiſchen Reiche gewonnen und in dem Muͤnzhofe von St. Petersburg aus den legirten Metallen rein erhalten worden ſind, war die Goldproduktion: 1828 .... 290 Pud 39 Pfund. 1829 .... 289 „ 25 „ 1830 .... 347 „ 27 „ 1831 .... 352 „ 2 „ 1832 .... 380 „ 31 „ 1833 .... 368 „ 27 „ 1834 .... 363 „ 10 „ Als ich auf Befehl des Kaiſers Nicolaus mit meinen Freunden Guſtav Roſe und Ehrenberg die Expedition in dem noͤrdlichen Aſien machte, waren die Goldwaͤſchen auf das europaͤiſche Grenzgebirge des Urals beſchraͤnkt. Der Altai (mongoliſch: das Goldgebirge, Altaiin Oola) gab nur das wenige Gold (an 1900 Mark), welches aus den goldhaltigen Silbererzen (70,000 Mark) der reichen Gruben von Schlangenberg oder Smeïnogorsk, Ridderski und Syrianowski ausgeſchieden werden konnte. Seit 1834 iſt aber in dieſem mittleren Theile von Sibirien der Fleiß der Goldſucher unerwartet belohnt worden. Man hat Lager von Goldſand (Geroͤlle) entdeckt, ganz denen am Abhange des Urals gleich. Das durch ſeinen Einfluß auf die Belebung des Verkehrs von Inner-Aſien ſo verdiente Haus Popof hat auch hier ein ruͤhmliches Beiſpiel gegeben. Unter den 398 Pud Gold (27,884 Mark), welche 1836 das ganze ruſſiſche Reich lieferte, waren 293 Pud 26 Pfund vom Ural und 104 Pud 15 Pfund vom Altai. Im naͤchſtfolgenden Jahr 1837 war die Ausbeute des oͤſtlichen Sibiriens ſchon ſo geſtiegen, daß der Altai 130 Pud, der Ural (von Kron- und Privatwaͤſchen) 309 Pud Waſchgold gaben. Rechnet man zu dieſen Summen 30 Pud Gold, die aus den in anſtehendem Geſtein einbrechenden Erzen vom Altai und Nertſchinsk ausgeſchieden wurden, ſo ergeben ſich fuͤr die geſammte ruſſiſche Goldproduktion des Jahrs 1837 genau 469 Pud oder 7644 Kil. Gold. Die Goldwaͤſchen im Ural ſind daher in einem ſehr langſamen Sinken, der Altai aber fuͤgt zur Totalmaſſe ſo viel hinzu, daß ſeine Ausbeute zu der des Ural ſich ſchon wie 4:9½ verhaͤlt. Altaiin iſt eine mongoliſche Genitiv-Form. (Klaproth, Mémoires relatifs à l’Asie. T. II. p. 382.) Dazu (ebenfalls 1836) an Platin des Urals 118 Pud 2 Pfd. oder 8269 Mark Coͤlniſch. Ueber die eigentliche Ablagerung des Goldſandes im Altai ſind wir erſt ganz neuerlichſt durch einen ſehr ausgezeichneten Geognoſten, meinen ehemaligen Reiſebegleiter im ſuͤdlichen Ural, Herrn von Helmerſen, belehrt worden. Das Waſchgold, welches ſeit einigen Jahren in ſtets wachſender Menge im oͤſtlichſten Theile des Tomskiſchen Gouvernements gewonnen wird, gehoͤrt nicht dem großen Gebirgsſtock ſelbſt zu, den wir das altaiſche Erzgebirge nennen, den Ledebour, Bunge und Gebler erforſcht haben, und in dem ſich der Berg Belucha mit ſeinen unerſtiegenen Schneeſpitzen an den Quellen der Katunja bis zu 11,000 Fuß, bis zur Hoͤhe des Wetterhorns und Pics von Teneriffa majeſtaͤtiſch erhebt. Die Lager goldhaltigen Sandes zeigen ſich an beiden Abhaͤngen, beſonders aber an dem oͤſtlichen eines kleinen Gebirgsarmes, welchen der von Oſten gegen Weſten ſtreichende Altai in dem Meridian des Telezkiſchen Sees gegen Norden ausſendet, und der bis in den Parallel von Tomsk reicht. „Auf den Karten,“ ſagt mein Freund, Herr v. Helmerſen, wird dieſer waſchgoldfuͤhrende Gebirgsarm durch die Namen des Abakanskiſchen, Kusnezkiſchen und Alatau-Gebirges bezeichnet. Seiner Richtung, ſeiner innern Zuſammenſetzung und ſeiner Form nach hat er mit dem Ural die unverkennbarſte Aehnlichkeit; es iſt in der That eine Wiederholung des Ural, nur in geringerer Laͤnge. Die Analogie geht ſo weit, daß auch hier der Oſtabhang goldreich, der Weſtabhang aber viel aͤrmer iſt. Da gerade dieſer Weſtabhang der Krone zur Bearbeitung vorbehalten wurde, ſo haben bisher faſt nur die Privatunternehmer den Goldreichthum des Alatau (dieſes gegen Norden auslaufenden Zweiges des Altai) benutzt.“ Geognoſten, welche mit meinen Unterſuchungen uͤber die Richtung der Gebirgsſyſteme von Inner-Aſien und mit den geiſtreichen Anſichten Elie de Beaumont’s uͤber Parallelismus und relative Altersfolge der Gebirgsſpalten und Ketten vertraut ſind, kann die Wichtigkeit jener Beobachtungen des Herrn von Helmerſen nicht entgehen. Ich ſelbſt habe die noͤrdliche Lagerſtaͤtte des altaiſchen (kusnezkiſchen) Goldſandes nicht geſehen, da meine Reiſe von Tobolsk uͤber Tara, durch die Barabinskiſche Steppe, nach dem weſtlichen und ſuͤdlichen Altai und von da nach dem chineſiſchen Grenzpoſten Chunimailaͤchu (in der Provinz Ili, noͤrdlich vom Sayſan-See) gerichtet war. Sehr uneigentlich wird er der Kleine Altai genannt. Auch Hr. von Helmerſen theilt meinen Unglauben an die Exiſtenz des Großen Altai (Fragmens asiatiques. T. I. p. 28). „Eines jener großen Laͤngenthaͤler, ſagt Helmerſen, „die das Erzgebirge Altai durchziehen, iſt das Thal der oberen Buchtarma: es ſcheidet den noͤrdlichen ruſſiſchen Antheil des Gebirges von dem ſuͤdlichen, chineſiſchen. Dieſer ſuͤdliche Theil iſt haͤufig, und bis in die neueſten Zeiten, als ein beſonderes Gebirge mit dem Namen des Großen Altai aufgefuͤhrt worden, im Gegenſatze zu dem noͤrdlichen ſogenannten Kleinen Altai. Abgeſehen von dem Unpaſſenden dieſer Benennungen, die weder in der Natur begruͤndet ſcheinen, noch von den Bewohnern angenommen ſind, dienen ſie nur, um einen Irrthum fortzupflanzen, den ein Kartenzeichner von dem andern erbt. Der chineſiſche Altai bildet mit dem ruſſiſchen nur ein und daſſelbe Ganze, und es iſt kein Grund vorhanden, ſie als zwei, ſogar in ihrer Richtung verſchiedene Gebirgszuͤge auftreten zu laſſen.“ Helmerſen im Bull. de l’Acad. de St. Petersb. T. II. p. 107. Siehe auch Erman, Reiſe um die Erde. Thl. II. S. 19―21. Das altaiſche Waſchgold iſt etwas ſilberhaltiger als das Gold des Ural. Die ſibiriſchen Kaufleute, von dem kaiſerlichen Bergdepartement kraͤftig beguͤnſtigt, haben jetzt ſelbſt Winterwaͤſchen angelegt, und die Bearbeitung dieſes neuen Zweiges der aſiatiſchen Induſtrie iſt um ſo merkwuͤrdiger und erfreulicher, als die Arbeiter nur Freiwillige ſind und ſehr gut bezahlt werden. Nach neueren Nachrichten, die ich dem Herrn Finanzminiſter Grafen von Cancrin, verdanke, ſind reiche Sandlager, wie im Salairskiſchen Gebirgszuge, ſo auch am Fluſſe Biriuſa entdeckt worden, der die Gouvernements Jeniſeisk und Irkutsk von einander trennt. Fuͤr ganz Sibirien ſind ſchon 240 Licenzen (Berechtigungen zu Benutzung von goldhaltigen Lagerſtaͤtten) ertheilt. Das Dorf Biriusſinsk auf der Straße von Kansk nach Nijnei Udinsk, hat eine ſehr maleriſche Lage zwiſchen tiefeingeſchnittenen Baͤchen: auch oͤſtlich bleibt der Boden ſehr zerriſſen bis zu den ſchroffen Sandſteinfelſen von Nijnei Udinsk. (Erman, Handſchriftliche Nachrichten.) So betraͤchtlich zeigt ſich demnach in neuerer Zeit (und der Hauptzweck dieſer Unterſuchung iſt, den Wechſel der Stroͤmungen im Goldhandel zu ſchildern) der Zufluß von Oſten her! Jene 469 Pud uraliſchen und altaiſchen Goldes (32,830 preuß. Mark), welche der Ertrag des Jahres 1837 waren, ſind werth in preußiſchem Silbergelde 7,211,000 Thaler. Ein ſolcher Ertrag iſt nur noch um ⅛ geringer, als die Goldproduktion von Minas Geraes in Braſilien in den reichſten Jahren der gluͤcklichen Epoche von 1752 und 1761 war; er iſt aber faſt um ⅓ geringer, als die Goldproduktion von Neu-Granada, Chili und Mexiko kurz vor dem Ausbruch der Revolution in dem ſpaniſchen Amerika. Wenn man die ungeheure Ausdehnung des ſibiriſchen Continents betrachtet und ſich der ſchnellen Zunahme des Goldes vom Ural in den Jahren 1822, 1823 und 1824 erinnert, ſo wird es uͤberaus wahrſcheinlich, daß der Zufluß des ſibiriſchen Goldes von Oſten nach Weſten, von Aſien nach Europa, noch immer nicht ſein Maximum erreicht hat. Der Ertrag von Oſtſibirien wird vielleicht ſchneller ſteigen, als der Ertrag der uraliſchen Waͤſchen, wo man die reichſten Sandlager zuerſt und Anfangs leider! zu fluͤchtig bearbeitet hat, abnimmt. Bei der hydroſtatiſchen Scheidung auf den Waſchherden geht unſtreitbar eine große Menge des edeln Metalls, welches Koͤrnern von Eiſenoxyd und andern leichten Subſtanzen anklebt, verloren. Es iſt hier nicht der Ort, zu unterſuchen, ob die ſcharfſinnige und vielverheißende Methode des Zuſammenſchmelzens mit Eiſen und die Behandlung des goldhaltigen Eiſens durch Schwefelſaͤure, welche der Oberſt Anoſſow, Intendant zu Slatouſt, vorgeſchlagen, bei der Groͤße der durchzuſchmelzenden Maſſen, bei der Schwierigkeit der Zufuhr eines ſo goldarmen Sandes und bei dem Erforderniß von vielem Brennmaterial, im Großen mit Erfolg auszufuͤhren iſt. Fortgeſetzte, wohlgeleitete Verſuche ſcheinen bisher gegen die Ausfuͤhrbarkeit zu entſcheiden. Die Anſichten, welche man ſeit kaum fuͤnfzehn Jahren uͤber den noch immer vorhandenen Goldreichthum von Nord-Aſien gewonnen hat, fuͤhren faſt unwillkuͤrlich zu den Iſſedonen, Arimaspen und goldhuͤtenden Greifen zuruͤck, denen Ariſteas von Prokonneſus und, etwa zweihundert Jahre ſpaͤter, Herodot einen ſo dauernden Ruf verſchafft haben. Mir iſt die Freude geworden, die Orte im ſuͤdlichen Ural zu beſuchen, wo wenige Zolle unter dem Raſen, nahe neben einander, glaͤnzende Goldmaſſen von 13, 16, ja 24 ruſſiſchen Pfunden entdeckt worden ſind. Noch viel groͤßere Maſſen koͤnnen einſt als rundliche Geſchiebe, ganz unverdeckt, auf der Oberflaͤche der Erde gelegen haben. Kein Wunder alſo, wenn ſchon in hohem Alterthume dieſes Gold von Jaͤger- und Hirtenvoͤlkern geſammelt wurde, wenn das Geruͤcht von ſolchem Reichthume weit erſcholl, ja bis zu den helleniſchen Kolonien am Pontus Euxinus vordrang, Kolonien, die fruͤh mit dem nordoͤſtlichen Aſien jenſeits des caspiſchen Meeres und Oxusſees (Aral) in Verkehr traten. Die handeltreibenden Griechen und auch die Skythen kamen nicht ſelbſt bis zu den Iſſedonen; ſie verkehrten nur mit den Argippaͤern. Niebuhr in ſeinen Unterſuchungen uͤber die Skythen und Geten (Unterſuchungen, die keinesweges durch das beſtaͤtigt werden, was wir jetzt uͤber Racenverſchiedenheit und Sprachbau nordaſiatiſcher Voͤlker wiſſen) ſetzt die Iſſedonen und Arimaspen noͤrdlich von Orenburg, alſo in jene uns jetzt ſo bekannt gewordene goldreiche Gegend am oͤſtlichen Abfall des ſuͤdlichen Ural. Dieſe Meinung wird in dem eben erſchienenen inhaltreichen Werke des Staatsraths Eichwald uͤber die alte Geographie des caspiſchen Meeres vertheidigt. Heeren und Voͤlcker deuten dagegen das Herodotiſche Goldland auf den Altai, und ich geſtehe, daß dieſe geographiſche Deutung mir mehr durch Lokalverhaͤltniſſe gerechtfertigt ſcheint. Herodot beſchreibt eine Handelsſtraße, auf der das Gold des noͤrdlichen Altai, durch Vermittlung der Iſſedonen und Skythen, nach dem Pontus gelangen konnte, das Gold ſelbſt oder wenigſtens der Ruf davon. Um bis zu den Argippaͤern vorzudringen, die kahlkoͤpfig ſind, eingedruͤckte Naſen und große Kinnbacken haben, muͤſſen die Skythen und die Griechen der pontiſchen Colonien ſieben Dolmetſcher von ſieben verſchiedenen Sprachen zu ihren Geſchaͤften anwenden. (Herodot, IV, 24.) Seitdem man in dem Gebirgsarme, welchen der Altai gegen Norden bis in den Parallel von Tomsk ausſendet, ſo reiche Lager von Goldſand entdeckt hat, gewinnt die Deutung der Arimaspen auf eine vom Uralguͤrtel weit oͤſtlich liegende Gegend allerdings an Wahrſcheinlichkeit. Die Mythe von den goldhuͤtenden Greifen des Herodot haͤngt, nach der Vermuthung eines gelehrten und talentvollen Reiſenden, Adolph Erman, mit den im noͤrdlichen Sibirien ſo haͤufigen foſſilen Knochen urweltlicher Pachydermen zuſammen, in denen einheimiſche Jaͤgervoͤlker Klauen und Kopf eines Rieſenvogels zu ſehen glauben. „Will man ſich nicht weigern,“ ſchließt Herr Erman, „in dieſer arktiſchen Sage das Vorbild zu der griechiſchen von den Greifen zu finden, ſo iſt es ſtreng wahr, daß nordiſche Erzſucher das Gold von unter den Greifen hervorzogen, denn Goldſande unter Erd- und Torflagern, die mit jenen Knochen erfuͤllt ſind, gehoͤren jetzt, wie fruͤher, zu den gewoͤhnlichſten Erſcheinungen.“ Aber ſo anziehend auch dieſe Erklaͤrung iſt, ſo ſteht ihr doch entgegen, daß der wunderbaren Fabelweſen, der Greifen, ſchon in den Heſiodiſchen Gedichten Erwaͤhnung geſchieht, daß ſie die Pforten von Perſepolis als Loͤwenadler ſchmuͤcken, und durch babyloniſche und perſiſche Tapeten fruͤh uͤber Milet nach Griechenland kamen. Ein beruͤhmter ruſſiſcher Akademiker, Herr v. Graͤfe, iſt geneigt, ein großzahniges Unthier, den Odontotyrannus byzantiniſcher Schriftſteller, und des von Majo aufgefundenen Julius Valerius fuͤr eine dunkle Erinnerung des ſibiriſchen Mammouth, fuͤr einen ſpaͤten Nachhall der Urwelt zu halten. Der Tyrann und die alte Mythe der Greife ſcheinen mir nicht unterirdiſch aus dem gefrornen Schuttlande aufgeſtiegen, ſondern Phantaſiegebilde einer ſonnigen, ſuͤdlichen Zone. Auch in den Fragmenten von Alcman, die Herr Welcker bearbeitet hat, wie in denen des Hecataͤus und des Damaſtes geſchieht Erwaͤhnung der Iſſedonen. (Hec. Mil. Fragm. ed. Klausen n. 168, p. 92.) Das groͤßte Goldgeſchiebe, welches bisher am Ural (zu Alexandrowsk bei Miask) gefunden worden, iſt 8 Zoll lang, 5⅜ Zoll breit und 4¾ Zoll hoch. Es wiegt 24 ruſſiſche Pfund 69 Solotnik (43¼ Mark), und wird zu Petersburg in der prachtvollen Mineralien-Sammlung des Bergcorps aufbewahrt. Unter den Platingeſchieben von Niſchne Tagilsk (Beſitzung des Herrn v. Demidoff) wurden drei gefunden von 13, 19 und 20 Pfund Gewicht. (Roſe, Reiſe nach dem Ural. Thl. I, S. 41.) „Kleine hiſtoriſche und philologiſche Schriften“ S. 361. (S. auch Niebuhrs herodotiſche Welttafel.) S. 264. Eichwald leitet, wie Reichard, den Namen Iſſedonen von dem Fluſſe Iſſet her und haͤlt das Volk fuͤr einen Wogulenſtamm. Heeren, Ideen uͤber Politik und Verkehr (1824), Thl. I. Abth. 2. S. 281―287. Voͤlcker, Mythiſche Geographie der Griechen und Roͤmer. Thl. I. S. 188 und 191. Klauſens Commentar dazu in der Allgemeinen Schulzeitung. 1832. S. 653. (Voͤlcker hat die Stellen der Alten, die ich hier nicht einzeln citire, am ſorgfaͤltigſten geſammelt.) Dieſe Argippaͤer leben von den Fruͤchten des Baumes Ponticum, deren Saft Aschy heißt, und deren ausgedruͤckte Maſſe zu Kuchen geknetet wird. Schon Nemnich und Heeren (Thl. 1. Abth. 2. S. 283) haben darin den Prunus Padus erkennen wollen. Siehe auch Erman, Reiſe um die Erde. Thl. I. S. 307. A. a. O. Thl. I. S. 712. Karl Otfr. Muͤller, Dorier. Thl. II. S. 276. (Ueber den Greif des Cteſias, als baktriſch-indiſches Thier. S. Heeren, Thl. I. Abth. 1. S. 239, und Boͤttiger, Griechiſche Vaſengemaͤlde. Thl. I. n. 3. S. 105.) Auch Herodot (IV, 79 u. 152) nennt zweimal die Greife als Gebilde und Ornamente. Graͤfe in Mém. de l’Acad. de St. Petersbourg. 1830. p. 71 et 74. Julius Valerius res gestae Alexandri translatae ex Aesopo III, 33. S. dazu das Chron. Hamartol. welches Haſe in den Manuſcripten der Pariſer Bibliothek excerpirt hat. Ich habe oben des Umſtandes gedacht, daß im Ural ungeheure Goldmaſſen wenige Zolle unter dem Raſen gefunden werden. Rieſelndes Waſſer oder andere geringfuͤgige Urſachen koͤnnen dieſe Maſſe einſt ſo entbloͤßt haben, daß ſie auf die Oberflaͤche der Erde ſelbſt gelangten. Iſt vielleicht die Geſchichte des heiligen Goldes bei den Skythen, deren Herodot (IV, 7) erwaͤhnt, iſt das Herabfallen goldener Ackerwerkzeuge vom Himmel, welche die beiden zuerſt nach einander hinzutretenden Koͤnigsſoͤhne nicht beruͤhren konnten, ohne ſich zu verbrennen, waͤhrend der dritte, Colaxais, das erloſchene (erkaltete) Gold ohne Gefahr nach Hauſe trug, bloß mythiſch zu erklaͤren, oder ſoll man darin vielleicht Anklaͤnge eines heißen Aerolithenfalles erkennen? Sind hier Eiſen und Gold mit einander verwechſelt und war das heilige Gold ein gluͤhender Meteorſtein, der von Pallas in Sibirien aufgefundenen Maſſe aͤhnlich, aus der man Ackerwerkzeuge ſchmieden konnte, wie die Esquimaux der Baffinsbay ſich ihre Meſſer aus einer im Schnee halbvergrabenen Meteormaſſe noch in unſern Tagen bereiten? Ich weiß, daß phyſiſche Erklaͤrungen alter Mythen und neuerer Wunder jetzt nicht beliebt ſind, und daß ich beſorgen muß, auf den Irrweg alexandriniſcher Grammatiker zu gerathen; aber einem Naturforſcher iſt die Erinnerung an einen Aerolithenfall wohl zu verzeihen. Vielleicht war das vom Himmel gefallene Metall nur gluͤhend, um die aͤlteren Soͤhne abzuhalten? Auch nach deutſchem Volksglauben leuchtet und brennt der Ort, wo ein Schatz vergraben liegt. Solche Betrachtungen leiten ab von ſpeciell-phyſiſchen Deutungen! Ich laſſe die Stelle des Herodot (IV, 5) hier nach Schweighaͤuſers Ueberſetzung lateiniſch folgen: „Targitao filios fuisse tres, Leipoxain et Arpoxain, minimumque natu Colaxain. His regnantibus de coelo delapsa aurea instrumenta, aratrum et jugum et bipennem et phialam, decidisse in Scythicam terram. Et illorum natu maximum, qui primus conspexisset, propius accedentem capere ista voluisse; sed eo accedente, aurum arsisse. Quo digresso, accessisse alterum et itidem arsisse aurum. Hos igitur ardens aurum repudiasse; accedente vero natu minimo, fuisse extinctum, huncque illud domum suam contulisse: qua re intellecta, fratres majores ultro universum regnum minimo natu tradidisse. Sacrum autem illud aurum custodiunt Reges summa cura; et quotannis conveniunt, majoribus sacrificiis illud placantes. Dicuntque Scythae, si quis festis illis diebus aurum hoc tenens obdormiverit sub dio, hunc non transigere illum annum.“ Die Maſſageten, nach Ammianus Marcellinus ein alaniſcher Stamm, wandten zur Ruͤſtung und zum Pferdeſchmuck das Gold, wie andere Voͤlker das Eiſen an. (Her. I, 215.) Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager in Nord-Aſien, jenſeits des Obi, das Steigen eines einjaͤhrigen Ertrages des Altaiſchen oder Kusnezkiſchen Waſchgoldes bis zu einem Gewicht von 130 Pud oder 9100 preuß. Mark iſt eine Begebenheit in der Geſchichte des Goldhandels: ſie iſt eine um ſo wichtigere Begebenheit, als ſie dem, Europa unmittelbar unterworfenen Theile von Aſien zugehoͤrt, und als die ganze Ausbeute zu uns in Weſten hinuͤberfließend auf den europaͤiſchen Goldmarkt einwirkt. So uralt auch der Bergbau auf anſtehende Erzmittel unter der unbeſtimmten Benennung Tſchudiſcher Schuͤrfe in Sibirien iſt, ſo erklaͤren ſich die betraͤchtlichen Maſſen verarbeiteten Goldes, die man bei der erſten Beſitznahme des Landes in jenem Lande in den Graͤbern fand, und von denen die Petersburger Sammlungen ſo merkwuͤrdige Stuͤcke aufzuweiſen haben, doch leichter noch durch ein fruͤhes Auffinden von Goldgeſchieben im Schuttlande nahe an der Oberflaͤche der Erde. Muͤller, der vortreffliche Geſchichtſchreiber Sibiriens, erzaͤhlt, daß durch die erſten Goldſchaͤtze, die man aus den Graͤbern (Kurganui) ſammelte, in Krasnojarsk der Werth des Goldes auf das Ueberraſchendſte herabſank. Inner-Aſien, zwiſchen den Bergſyſtemen des Himalaya- und des vulkaniſchen Himmels-Gebirges, bildet, wie China, ein politiſch und faſt auch merkantiliſch-geſchloſſenes Ganze. So wenig wir auch ſeit den glaͤnzenden Zeiten der mongoliſchen Dynaſtien am Ende des dreizehnten Jahrhunderts, ſeit den Reiſen der Venezianer Poli von jenem Erdſtriche wiſſen, ſo iſt doch neuerlichſt (im Suͤden durch Indien, im Norden durch Sibirien) manche Kunde von den goldhaltigen Sandlagern Inner-Aſiens zu den Europaͤern gelangt. Die Zeitungen von Calcutta berichten, daß im ganzen weſtlichen Tuͤbet alle Fluͤſſe goldfuͤhrend ſind, und daß die Eingebornen das Gold durch Amalgamation (Anquicken) gewinnen. Altindiſche Mythen machen den Herrſcher des Nordens, Kuwera, zugleich zum Gott des Reichthums, und es iſt merkwuͤrdig genug, daß die Reſidenz des Gottes (Alakâ) nicht im Himalayagebirge ſelbſt, ſondern auf dem Kailâſa jenſeits des Himalaya in Tuͤbet zu ſuchen iſt. Nordweſtlicher, jenſeits der Bergkette des Kuenlun, welche die Gebiete von Ladak und Khotan trennt, ſetzt Heeren, und ich glaube mit vieler Wahrſcheinlichkeit, die große goldreiche Sandwuͤſte, welche die an Caspatyrus (Kaſchmir) grenzenden Inder beſuchten, und in denen die „Ameiſen kleiner wie Hunde, aber groͤßer wie Fuͤchſe“ ſich eingruben. Auch am weſtlichen Abhange des Bolor (der oͤſtliche fuͤhrt nach Khufalun, dem ſogenannten Klein-Tuͤbet der Geographen, nach Kaſchgar und dem Steppenſee Lop) hat der talentvolle neueſte Erforſcher dieſer Terra incognita, Alexander Burnes, die Goldſandlager von Durwaz und des oberen Oxuslaufes beſchrieben. In China iſt die Bearbeitung des Waſchgoldes ebenfalls uralt, und man unterſcheidet in der bergmaͤnniſchen Nomenclatur des pedantiſchen Volkes Goldfelder (weitausgebreitete Goldlager der Ebenen), Goldgeſchiebe als Hundskoͤpfe, Weizenkoͤrner und kleinen Hirſenſtaub. Leider gibt es, wie uͤberall, in Choco, in der Sonora und am Ural der Hundskoͤpfe weniger, als des goldenen Hirſenſtaubes. Die ſogenannten Tſchudiſchen Schuͤrfe und Tſchudiſchen Gruben Nord- Aſiens gehoͤren nicht einem Volksſtamm zu. Der Name dieſes erzſuchenden, metallſchmiedenden Kabiren-Volkes bezeichnete urſpruͤnglich nur Fremde, Nicht-Ruſſen (barbari), beſtimmter aber in den Ruſſiſchen Jahrbuͤchern nach Klaproth (Asia polyglotta p. 184) und nach den neueſten gelehrten Unterſuchungen Sjoͤgren’s (Mém. de l’Acad. de St. Petersbourg VIme Serie. T. I. p. 308) alle finniſchen, das heißt uraliſchen Staͤmme. Journal asiatique, T. II. p. 12. A. a. O. T. I. p. 361. Albert Hoͤfer, Ueberſetzung der Urwaſi des Kalidâſa. 1837. S. 90. Her. III, 102—106. (Heeren. Thl. I. Abthl. I. S. 90, 102, 340—345.) Vergl. Ritter, Aſien, Th. II. S. 657-660. Burnes, Travels, T. II. p. 165. Noch 1831 wurden im Oxus Goldgeſchiebe von der Groͤße eines Taubeneies gefunden. Wie der Rhein fuͤhrt der Oxus (Djihun) ſeinen Goldſand bis an ſeinen Ausfluß, und die ungluͤckliche Expedition des Fuͤrſten Alexander Bekewitſch, welche Peter der Große 1716 unternehmen ließ, wurde durch luͤgenhaft ausgeſchmuͤckte Truchmeniſche Nachrichten von der Anhaͤufung des Goldſandes an der alten Oxusmuͤndung (ſuͤdlich vom kleinen Balkangebirge am Oſtufer des Caspiſchen Meeres) veranlaßt. Landresse, sur les alluvions orifères de la Chine, im Journal asiat. T. II. p. 99. Faſt zu derſelben Zeit, wo der Ural ſeinen Goldſchatz eroͤffnete, und zu erſetzen anfing, was die tiefgeſunkene braſiliſche Goldausbeute nicht mehr dem Geldverkehr darzubieten vermochte, wurden vielverſprechende goldhaltige Lagerſtaͤtten in dem ſuͤdlichen Theile der Alleghanys, in Virginien, Nord- und Suͤd-Carolina, Georgien, Tenneſſee und Alabama entdeckt. Der eigentliche Flor dieſer nordamerikaniſchen Goldwaͤſchen, welche bald auch einen eigentlichen Bergbau auf anſtehendes Geſtein veranlaßten, faͤllt in die Jahre 1830 bis 1835. Sie haben allerdings in den letzten acht Jahren nicht viel uͤber 4½ Mill. Dollars geliefert, aber die Erſcheinung des Goldreichthums in ſolcher Naͤhe von der atlantiſchen Kuͤſte verdient in geognoſtiſcher Hinſicht mehr Aufmerkſamkeit, als man ihr in Europa geſchenkt hat. Sie bietet auch ein großes hiſtoriſches Intereſſe dar, da das viele Gold, welches die erſten ſpaniſchen Conquiſtadoren in den Haͤnden der Eingebornen von Florida fanden, jetzt nicht mehr als Wirkung eines alten Verkehrs mit Mexiko (Anahuac) oder mit Hayti betrachtet zu werden braucht. Herr Jacob konnte in ſeinem oft erwaͤhnten Werke uͤber die edeln Metalle den Ertrag der Goldwaͤſchen von Nordamerika nur noch zu 130,000 Dollars anſchlagen; aber wenige Jahre darauf ſtieg derſelbe auf 800,000, ja ſelbſt auf eine Million Dollars. In der Grafſchaft Cavarras (Nord-Carolina) wurde ein Goldgeſchiebe von 28 Pfund (engliſchem avoir du poids-Gewicht) gefunden und daneben mehrere von vier bis zehn Pfund. Seit meiner Ruͤckkehr aus Sibirien habe ich ununterbrochen, und meiſt vergeblich, geſucht, mir eine genaue Auskunft uͤber den Fortgang der Goldwaͤſchen in den ſuͤdlichen Staaten zu verſchaffen, und erſt ganz neuerlichſt iſt es mir gegluͤckt, durch die Guͤte des jetzigen Bank-Directors, Herrn Albert Gallatin, eines der geiſtreichſten Staatsmaͤnner unſerer Zeit, meine Wuͤnſche befriedigt zu ſehen. Ich ſchalte hier einige Stellen aus einem Briefe des vielgereisten Mannes ein: Nach handſchriftlichen, mir von meinem aͤlteſten Jugendfreunde, Herrn Berghauptmann Freiesleben, mitgetheilten Nachrichten ſoll gar 1821 in Anſon County ein 48 Pfd. ſchweres Goldgeſchiebe zwiſchen Geroͤllen von Quarz und Grauwackenſchiefer gefunden worden ſeyn. Dieſe handſchriftlichen Nachrichten begleiteten eine Sammlung von Mineralien, welche der Bruder des verſtorbenen Akademie-Inſpectors Kohler nach Freiberg ſandte. — Moͤchten doch nordamerikaniſche Gelehrte uns etwas Beſtimmteres uͤber jene koloſſalen Goldgeſchiebe von 28 und 48 engliſchen Pfunden berichten! Aus Genf gebuͤrtig, aber ſchon waͤhrend des Befreiungskrieges in den Vereinigten Staaten anſaͤßig, Miniſter der Finanzen unter Jefferſons glaͤnzender Praͤſidentſchaft, dann Geſandter in Paris, St. Petersburg und London. „Der Goldreichthum des Urals und vielleicht des ganzen noͤrdlichen Aſiens mußte allerdings Ihre Aufmerkſamkeit auf unſere Goldwaͤſchen und auf unſeren Goldbergbau in den ſuͤdlichen Staaten leiten. Ich hoffe, bald durch den Profeſſor Patterſon, der zugleich der Director der Muͤnze iſt, und durch den Profeſſor Renwick in New-York, beide ausgezeichnete Mineralogen, Ihre geognoſtiſchen Fragen beantworten zu koͤnnen. Jetzt ſende ich Ihnen, nach offiziellen Documenten, die ſpecielle Ueberſicht von dem, was aus unſerm inlaͤndiſchen Golde ſeit 1824 in unſerer Muͤnze, ausgepraͤgt worden iſt. Dieſe ſtatiſtiſche Ueberſicht findet ſich ebenfalls in dem uͤberaus inhaltreichen American Almanac and Repository of useful knowledge for 1838. (Boston. publ. by Ch. Bower), p. 134, einem Werkchen, das vielen europaͤiſchen zum Muſter dienen koͤnnte. Ueberſicht des jaͤhrlichen Betrages an Gold zur Vermuͤnzung aus den Goldgruben der Vereinigten Staaten. Jahr Virginia. Nord- Carolina. Suͤd- Carolina. Georgia. Tenneſſee. Alabama. Unbeſtimmt. Total. Doll. Doll. Doll. Doll. Doll. Doll. Doll. Doll. 1824 — 5,000 — — — — — 5000 1825 — 17,000 — — — — — 17,000 1826 — 20,000 — — — — — 20,000 1827 — 21,000 — — — — — 21,000 1828 — 46,000 — — — — — 46,000 1829 2,500 134,000 3,500 — — — — 140,000 1830 24,000 204,000 26,000 212,000 — — — 466,000 1831 26,000 294,000 22,000 176,000 1,000 1,000 — 520,000 1832 34,000 458,000 45,000 140,000 1,000 — — 678,000 1833 104,000 475,000 66,000 216,000 7,000 — — 868,000 1834 62,000 380,000 38,000 415,000 3,000 — — 898,000 1835 60,000 263,500 42,400 319,900 100 — 12,200 698,500 1836 62,000 148,100 55,200 201,400 300 — — 467,000 374,5 00 2,465,600 298,100 1,680,300 12,400 1,000 12,200 4,844,500 Sie fragen, wie viel etwa man, wegen des Schleichhandels, zu den Summen an Dollars, welche jene Tabelle auffuͤhrt, jaͤhrlich zuſetzen muͤſſe? Eine ſolche Evaluation iſt ſchwierig, aber ich glaube, Ihnen mit einiger Sicherheit ſagen zu koͤnnen, daß in keinem Jahr die Produktion (Ausbeute) des Goldes uͤber eine Million Dollars geweſen iſt. Der Verluſt durch Schleichhandel iſt um ſo geringer, als, nach unſeren neueſten Geſetzen, das Gold, im Verhaͤltniß zum Silber, faſt zwei Procent hoͤher, als der gewoͤhnliche Preis geſetzt iſt. Das Verhaͤltniß zum Silber iſt, nach jenen Geſetzen, wie 16 zu 1. Deßhalb kommt jetzt wohl alles inlaͤndiſche Gold in unſere Muͤnzſtaͤtte. Im Ganzen nehmen die alten Goldwaͤſchen, beſonders in Carolina, ab, doch findet man immer neue goldhaltige Schichten und auch der eigentliche Bergbau auf Gold wird hoffnungsreicher.“ Ich fuͤge zu dieſen intereſſanten Nachrichten noch hinzu, daß die goldfuͤhrenden Regionen von Nordamerika ganz neuerlichſt von einem ſehr unterrichteten deutſchen Bergbauverſtaͤndigen, Herrn Carl Degenhardt (dermalen zu Clausthal am Harze) und von Herrn Featherſtonhaugh, der Zinnerze und Zinnober entdeckt hat, beſucht wurden. Der Gewinn, und mit ihm die Luſt zum Goldwaſchen und zum Goldbergbau ſind ſeit dem Jahr 1835 raſch geſunken. In einem Lande, das bei ſeinem ſtets fortſchreitenden Wohlſtande das Gluͤck des freieſten Verkehrs genießt, bieten ſich beſſere Mittel dar, die Capitalien produktiv zu machen; aber in der Geſchichte des Geldhandels intereſſiren die dem Schooße der Erde entriſſenen und in Cirkulation gebrachten Maſſen, wie der Zu- und Abfluß derſelben in verſchiedenen Richtungen mehr, als der Vortheil, welchen die Bearbeitung der Lagerſtaͤtten voruͤbergehend gewaͤhrt. Die Stroͤmungen der edeln Metalle aus Aſien und Amerika nach unſerem kleinen Continente, und von dieſem theilweiſe zu den Urquellen zuruͤck, folgen, wie die Fluͤſſigkeiten, den Geſetzen des Gleichgewichts. Die goldreichen, uns aber wenig bekannten Regionen von Inner-Aſien und Inner-Afrika bilden kleine, gleichſam abgeſchloſſene Becken, die mit den Kuͤſten und durch ſie mit dem großen Welthandel nur in geringe Verbindung treten. Dagegen iſt unter dem Einfluß weſtlicher Cultur von Nertſchinsk, vom Altai und dem Ural an bis jenſeits des atlantiſchen Meeresarms zum Miſſouri ein ununterbrochenes Fluthen im Verkehr der edeln Metalle. Der Tauſchwerth deſſelben, man betrachte die Metalle in ihrem Verhaͤltniß zu einander oder als Maßſtab der Waarenpreiſe (Preiſe der Nahrungsmittel oder kuͤnſtlicher Fabrikate), iſt keineswegs allein und hauptſaͤchlich durch Vermehrung und Verminderung der Metallproduktion bedingt: dieſer Tauſchwerth (ich wiederhole es hier) wird eben ſo ſehr, bei den complicirten Einrichtungen und Wechſelverhaͤltniſſen des jetzigen Voͤlkerlebens, durch die zu- und abnehmende Bevoͤlkerung und ihre Culturfortſchritte, durch das von der Bevoͤlkerung abhaͤngige Beduͤrfniß eines wachſenden Circulations-Capitals, durch die oft eintretende Nothwendigkeit baarer Geldverſendungen und die Richtung derſelben, durch die ungleiche Abnutzung beider edeln Metalle, durch die Maſſe des Papiergeldes, als Theil des Umlaufscapitals, einwirkend auf das neben ihm beſtehende metalliſche Tauſchmittel, beſtimmt. Ein Steigen des relativen Werthes des Goldes gegen den Werth des Silbers kann waͤhrend einer allgemeinen Vermehrung der Goldproduktion eben ſo gut beſtehen, als ein voruͤbergehendes Sinken des Barometers und eine zunehmende Erhoͤhung der Temperatur bei ſtarkem Nord-Oſt-Winde. In den meteorologiſchen Veraͤnderungen der Atmoſphaͤre, wie im großen Verkehr der edeln Metalle wirken viele perturbirende Urſachen gleichzeitig. Der Erfolg jeder einzelnen Urſache iſt beſtimmbar, als Preis-erhebend oder Preis-erniedrigend, nicht aber ſind es, bei der Unzahl von ſich anhaͤufenden Stoͤrungen, das Maaß der partiellen Compenſationen, die Natur und das Maaß der Totalwirkung. Quantitaͤten vermehrter Goldproduktion, welche unſere Einbildungskraft aufregen, verſchwinden, man moͤchte ſagen, wie ein Unendlichkleines, gegen die ſeit Jahrtauſenden aufgehaͤufte und im Welthandel cirkulirende Maſſe, werde dieſe exiſtirend als Muͤnze gedacht oder verarbeitet zu ſachlichem Gebrauchswerthe. Jeglicher Zufluß, auch der kleinſte, wirkt allerdings durch eine lange Dauer, da aber eine groͤßere und an Wohlſtand wachſende Population auch eines groͤßeren Umlaufcapitals bedarf, ſo kann, trotz des Zufluſſes, durch Vertheilung ein fuͤhlbarer Mangel eintreten. Vor den großen Goldentdeckungen am oͤſtlichen Abfall des Ural, deren eigentlicher Flor erſt mit den Jahren 1823 und 1824 begann, war auf dem großen Markte zu Hamburg der Tauſchwerth des Silbers zum Golde als Mittelpreis der Jahre 1818―1822 wie 1:15,75, wenn er nach der reichen Goldausbeute am Ural im Mittel der fuͤnf Jahre 1830―1834 nur auf 1:15,73 ſank. In dieſer Zwiſchenzeit wurden in England, wie ich ſchon oben beruͤhrt, um den Verkehr mit Metallgeld wieder herzuſtellen, 1,294,000 Mark Gold vermuͤnzt. Welchen Theil hat nun an dieſer Veraͤnderung des Tauſchwerthes die verminderte Exportation der edeln Metalle aus dem Neuen Continent gehabt? Der braſiliſchen Goldwaͤſchen iſt hier kaum Erwaͤhnung zu thun, da ſie in jener Zeit jaͤhrlich kaum 1700 Mark lieferten. Will man nun auch annehmen, daß in dieſen dem erſten Ausbruch der Revolution naͤheren zwoͤlf Jahren die Golderzeugung des ſpaniſchen Amerika bis unter ⅓ von dem geſunken ſey, was in der letzten bluͤhenden Epoche (1800—1806) der mittlere Goldertrag geweſen war, ſo betraͤgt der zwoͤlfjaͤhrige Verluſt der Importation (1816—1827) doch nur 83,200 Kil. Nun hat aber der Ural in den Jahren 1823 — 1827 bereits einen Erſatz von 17,300 Kil. gegeben. Es ſind alſo im Ganzen in jenen zwoͤlf Jahren nur 286,000 Mark Gold weniger nach Europa gekommen. Ich habe gefliſſentlich ein Beiſpiel ausgewaͤhlt, welches hinlaͤnglich ſichere numeriſche Elemente darbietet. Das gefundene Reſultat iſt die Entbehrung einer Goldmenge, die nur zwiſchen ¼ und ⅕ des, waͤhrend der zwoͤlf Jahre in der Londoner Muͤnze verpraͤgten Goldes betraͤgt. Wenn man den Tauſchwerth der edeln Metalle befreit von den kleinen lokalen Zufaͤlligkeiten betrachtet, z. B. den Goldbarren-Werth in Hamburg, ſo erkennt man darin zwiſchen 1816 und 1837 weder den Einfluß des aſiatiſchen Bergbaues, noch die abnehmende Golderzeugung im ſpaniſchen Amerika. Ich theile hier die Reſultate der ſorgfaͤltigen Unterſuchung mit, die ich der Freundſchaft eines in Beurtheilung von Handels- und ſtaatswirthſchaftlichen Verhaͤltniſſen gleich erfahrenen Mannes verdanke. Herr Joſeph Mendelsſohn hat, auf meine Bitte, die in London und Hamburg in den Jahren 1816―1837 officiell notirten Preiſe von Gold und Silber in Barren (nicht vermuͤnzt) geſammelt und daraus fuͤr jedes Jahr einen Durchſchnitt der Preiſe aufgeſtellt. „In London waren die durch einen langen Krieg geſtoͤrten Verhaͤltniſſe der Metalle von 1816 bis 1819 ſehr anomal; 1816 wie 1:15,800 und 1817 wie 1:14,975. Erſt mit dem Jahre 1820 tritt in London eine groͤßere Stetigkeit in jenen Verhaͤltniſſen ein: die Extreme waren 1825 und 1833, denen 1:15,319 und 1:15,899 zugehoͤrten. (Unterſchied [Formel] ) Ein anhaltendes Vor- oder Ruͤckſchreiten war nicht zu bemerken. Auf dem Hamburger Markte waren die Schwankungen weit geringer. Das Verhaͤltniß war dort am groͤßten 1821, am kleinſten 1817: im erſten Jahre wie 1:15,965; im zweiten wie 1:15,635. (Unterſchied in 21 Jahren nur [Formel] ) Dieſer Hamburger Markt iſt aber mehr geeignet, uͤber das Verhaͤltniß des Tauſchwerthes der Metalle ein richtiges Urtheil zu gewaͤhren. In London ſind die Preiſe des ungemuͤnzten Goldes und des Silbers beide veraͤnderlich; es wird beides gegen das gemuͤnzte engliſche Geld oder gegen die jenes Geld repraͤſentirenden Noten verhandelt. In Hamburg dagegen hat das ungemuͤnzte Silber keinen veraͤnderlichen Preis, es iſt ſelbſt das Maaß, welches alle andern Preiſe beſtimmt. Die feine Coͤlniſche Mark à 27¾ Mark banco iſt die Valuta, in der alle Waaren, und alſo auch das ungemuͤnzte Geld, gehandelt und berechnet werden. Es unterliegen die Verhaͤltniſſe der Preiſe beider Metalle in London doppelten Zufaͤlligkeiten in Vergleich mit Hamburg. Soll in London eine bedeutende Quantitaͤt Silber gegen Gold eingehandelt werden, ſo muß zufoͤrderſt das Silber verkauft werden, wodurch der Preis des Silbers etwas faͤllt. Fuͤr das geloͤste Geld wird Gold gekauft, wodurch das Gold alſo ſteigt. Iſt eine ſolche Operation von Belang, ſo wird das Verhaͤltniß des Goldes zum Silber doppelt erhoͤht, das Gold ſteigt und das Silber faͤllt. Bei einer ganz aͤhnlichen Operation in Hamburg findet kein Verkauf des Silbers ſtatt: der Preis des Silbers iſt unveraͤnderlich und nur das verurſachte Steigen des Goldes aͤndert das Verhaͤltniß.“ Hier folgen einzelne Gruppen von Jahren aus der von meinem Freunde mitgetheilten Tabelle der Hamburger Verhaͤltniſſe: 1816: 15,790 — 1817: 15,635. — 1818: 15,685 — 1819: 15,642. — 1820: 15,660. — 1825: 15,693. — 1826: 15,750. — 1827: 15,727. — 1828: 15,776. — 1829: 15,769. — 1833: 15,748. — 1834: 15,663. — 1835: 15,693. 1836: 15,733. — 1837: 15,711. Das Maximum, welches der Tauſchwerth des Goldes im Jahr 1827 erreichte, hat ſich mit ſehr geringen Schwankungen bis 1832 erhalten. Dann wird ein allmaͤhliges Sinken wieder bemerkbar, und dazu ein ſehr regelmaͤßig fortſchreitendes Sinken. Das ruſſiſche Gold aus der Uralkette und aus Sibirien hat einen Theil dieſer Wirkung hervorgebracht, aber wir duͤrfen nicht vergeſſen, daß die ganze Goldproduktion Rußlands, ſo wichtig ſie in anderer Ruͤckſicht uns ſcheint, doch in den Jahren 1823 bis 1837 nur gegen 302,000 Mark betraͤgt, noch 1/19 weniger als die mindere Goldausfuhr aus dem ſpaniſchen Amerika in den Jahren 1816—1827. Auch jetzt noch hat ſich in jenen Freiſtaaten von Mexiko und von Suͤdamerika der Goldbergbau weniger gehoben, als die Silberproduktion. Dazu beduͤrfen die nordamerikaniſchen Staaten, ihrer großen Geld- und Bankverwirrung kaum entgangen, betraͤchtlicher und baarer Goldſendungen aus Europa. Das iſt ein Abfluß nach Weſten, der neben vielen andern immerfort wirkenden Urſachen den Effekt verlarvt, den wir der vermehrten Goldausbeute von Aſien zuzuſchreiben geneigt ſind. Der Hauptgrund des ſchwachen Wirkens der uraliſchen und nordaſiatiſchen Goldausbeute liegt aber wohl, wie ich ſchon mehrmals bemerkt habe, in der relativen Kleinheit des Zufluſſes, verglichen mit der ſchon vorhandenen Maſſe edler Metalle. Der Abfluß nach Aſien, den ich an einem andern Orte und in verſchiedenen Epochen zu unterſuchen Gelegenheit gehabt, iſt beſtimmt im Abnehmen. Fuͤr das Jahr 1831 ſchaͤtzte Herr Jacob den jaͤhrlichen Verluſt der engliſchen Handelsbalance in dem aſiatiſchen Verkehr um das Vorgebirge der guten Hoffnung noch jaͤhrlich auf zwei Millionen Pfund Sterling. So viel ich mich erinnere, war dies auch die Meinung des zu fruͤh verſtorbenen großen Staatsmannes, Herrn Huskiſſon. Trotz des haͤufigen Gebrauchs von Caffe, Thee, Zucker und Cacao, welche das fuͤnfzehnte Jahrhundert nicht kannte, iſt der Gewuͤrzhandel noch ein ſehr betraͤchtlicher Gegenſtand in der paſſiven Handelsbalance Europas. In den Staaten des deutſchen Zollvereins iſt der Verbrauch der Gewuͤrze, nach den neueſten, ganz offiziellen Unterſuchungen, in den Jahren 1834, 1835 und 1836 auf einen Werth von: Sur les quantités relatives de métaux précieux monnayés et reduits en objets d’orfèvrerie und sur les changemens qu’éprouve l’accumulation des métaux précieux en Europe in der zweiten Ausgabe meines Essai pol. T. III, p. 436―444 und p. 460―476. Eine Vertheidigung meiner Anſichten uͤber die Anhaͤufung edler Metalle iſt enthalten in dem Edinb. Review, 1832, April, S. 43―61. Dieterici, ſtatiſtiſche Ueberſicht des Verkehrs im Zollverbande 1838, S. 187―194. In den zwei erſten der obengenannten drei Jahre war die Bevoͤlkerung der zum Zollverbande gehoͤrigen Laͤnder 23,478,000 Einwohner; im Jahr 1836 aber 25,148,000 Einwohner. Der Verbrauch der Gewuͤrze in Frankreich (Tableau décennal du Commerce de la France, publié par l’administration des Douanes, comprenant les annés 1827―1836) iſt auffallend klein im Vergleich mit den deutſchen Staaten des Zollvereins. Der relative Verbrauch der einzelnen Artikel, den ich in der folgenden Tabelle zuſammenſtelle, in Francs und Kilogrammen fuͤr Frankreich, in preußiſchen Thalern und preußiſchen Centnern fuͤr die deutſchen Laͤnder, wirft einiges Licht auf die Lebensweiſe benachbarter Volksſtaͤmme. Eine langjaͤhrige Beſchaͤftigung mit der Geographie des Mittelalters und Unterſuchungen uͤber den ſehr verſpaͤteten Einfluß, welchen Gama’s Reiſe auf die gaͤnzliche Umwandlung des Gewuͤrzhandels ausgeuͤbt hat, veranlaßten mich zu einer ſpeciellen Arbeit uͤber den gegenwaͤrtigen Verbrauch der Gewuͤrze in Europa. Der Geh. Ober. Reg. Rath, Herr Dieterici, hat mir handſchriftlich neue und intereſſante Materialien dazu mitgetheilt. Hauptartikel des Gewuͤrzverbrauchs. Frankreich. Einw. 33 Millionen. Deutſchland im Zollverband. Einw. 23½—25 Mill. 1834. 1835. 1836. 1834. 1835. 1836. Francs. Francs. Francs. Pr. Thlr. Pr. Thlr. Pr. Thlr. Pfeffer u. Piment .. 3,267,000 (2,333,000 Kil.) 2,322,000 (1,658,000 Kil.) 2,796,000 (1,997,000 Kilogr .) 292,100 (17000 Centner) 336,000 (20,200 Centner) 410,000 (24,900 Centner) Vanille ..... 1,178,000 (4700 K.) 1,259,000 (5000 K.) 1,412,000 (5600 Kil.) 584 000 (242 Ctr.) 707,000 (293 Ctr.) 813,000 (337 Ctr.) Zimmt...... 694,000 (158,000 K.) 82,000 (18700 K.) 338,000 (77000 K.) 426,000 (1215 Ctr.) 380,000 (1100 Ctr.) 407 000 (1160 Ctr.) Gewuͤrznelken ... 271,000 (60,300 K.) 240 000 (53,000 K.) 240,000 (53,000 K.) 71,500 (1800 Ctr.) 83,000 (2178 Ctr.) 95,500 (2500 Ctr.) Muskatnuͤſſe u. Blumen 33,000 (6200 K.) 27,000 (4600 K.) 36,300 (7200 K.) 543,700 (2400 Ctr.) 553,000 (2900 Ctr.) 584,000 (3400 Ctr.) Totalverbrauch ... 5,476,000 oder 2,600,000 Kilogr. 3,982,000 oder 1,775,000 Kilogr. 4,856,000 oder 2,171,000 Kilogr. 2,426 000 oder 28,600 Ctr. 2,592,000 oder 31,600 Ctr. 2,876,000 oder 38,000 Ctr. 2,426,000 Thalern 2,592,000 „ 2,876,000 „ geſtiegen. In Frankreich war die Conſumtion in denſelben Jahren nur: 5,476,000 Francs. 3,982,000 „ 4,856,000 „ aber in ganz Europa, bei einer Bevoͤlkerung von wenigſtens 228 Millionen Menſchen, iſt ſie wahrſcheinlich nicht unter 14 bis 16 Millionen Thaler, wovon Vanille, Muskatnuͤſſe und Blumen, Pfeffer und Zimmt faſt ⅔ ausmachen. Wenn man bedenkt, wie groß die Summe des Gewuͤrzwerthes bei dem jetzigen Verbrauche von Europa im Vergleich mit der Summe ſeyn muß, um welche am Ende des fuͤnfzehnten Jahrhunderts ſich gleichſam der wichtigſte Theil des damaligen Welthandels drehte, ſo hat man hier abermals ein merkwuͤrdiges Beiſpiel von der Potenz der Metalle, wenn ſie mit concentrirter Staͤrke auf einen engen Raum (damals die Ufer des Mittelmeers und das weſtlichſte Europa) ihre Kraft ausuͤben. Der Gewuͤrzhandel veranlaßte zufaͤllig die Entdeckung des Neuen Continents, er fuͤhrte die Portugieſen um die Suͤdſpitze von Afrika nach Indien, wie er Griechen und Roͤmer einſt nach Taprobane geleitet hatte. Als Chriſtoph Columbus „durch den Occident nach dem Orient“ gelangen will, ſchreibt ihm (ſchon am 24. Junius 1474) Paul Toscanelli aus Florenz: „ich freue mich zu hoͤren, daß Ihr den ſchoͤnen und großen Wunſch naͤhret, auf kuͤrzerem Wege dahin zu gelangen, onde nacen las especerias.“ Mit welchen Klagen ſind die Schriften der Italiener erfuͤllt, mit welchen Verwuͤnſchungen werden die Portugieſen bedeckt, weil ſie zur See nach Indien vorgedrungen ſind, und den Gewuͤrzhandel der venezianiſchen, piſaniſchen und genueſiſchen Kaufleute zu vernichten drohen. Der Cardinal Bembo nennt es ein malum inopinatum und ſucht philoſophiſche Troſtgruͤnde. Petrus Martyr d’Anghiera ſchreibt an ſeinen gelehrten Freund Pomponius Laͤtus: Portugalenses trans aequinoctium aliamque arcton, aromatum commercia prosequuntur, Alexandrinos ac Damascenos mercatores ad medullas extenuant.“ Die Meinung, welche die Genueſer ausgeſtreut hatten, der neue Weg um das Vorgebirge der guten Hoffnung werde bald wieder verlaſſen werden, weil die Gewuͤrze in der langen Schifffahrt von der Seeluft litten, fand keinen Glauben, und Amerigo Vespucci, der lang Verlaͤumdete, hatte ſcharfſinnig auch hier, ſchon drei Jahre nach Gama, den wahren Geſichtspunkt getroffen. Er ſagt in einem neu aufgefundenen Briefe, den er am gruͤnen Vorgebirge den vierten Junius 1501 an Lorenzo Pièr Francesco de Medicis ſchrieb, als er dem Reſte von Cabrals Flotte auf dem Ruͤckwege nach dem Tago begegnet war: „Bald werdet ihr aus Portugal viel Neues vernehmen. Der Koͤnig hat nun einen uͤberwichtigen und reichen Handel (grandissimo traffico e gran richezza) in ſeiner Hand. Moͤge der Himmel ſein Heil dazu geben. (Vespucci war damals in portugieſiſchem Solde.) Nun werden die Gewuͤrze aus Portugal nach Alexandrien und Italien gehen (ſtatt wie bisher von Alexandrien nach Portugal). Das iſt der Welt Lauf! (Cosi va el mondo.)“ Historiae Venetae, lib. VI, pag. 189. Opus Epistolarum, N. CCII. Im Jahr 1520 ſagte dies in Rußland Pablo Centurion (de Genova), als er ſo ſpaͤt noch den Gewuͤrzhandel durch das Caſpiſche Meer und die Fluͤſſe Wolga, Occa und Mokwa ableiten wollte: „Afirmava el genoves corromperse las especias (especerias) en tan larga navegacion“ (Gomara Istoria de las Indias, Saragoza, 1553, Fol. XL. Baldelli, il Milione di Marco Polo, 1827, T. I, p. LVIII. Vespucci’s Brief iſt aus der Biblioteca Ricardiana, manoscritto di Pièr Voglienti, N. 1910, p. 48. Vespucci erhielt ſeine Nachrichten uͤber Cabral’s Reiſe von einem Dolmetſcher, den er immer ſchlechthin den Signor Guasparre nennt und auf einem der zuruͤckkehrenden Schiffe fand. Ich habe vor Kurzem bewieſen, daß dieſer Guasparre der Sohn eines polniſchen Juden aus Poſen war, deſſen Eltern 1456 durch Caſimir III. vertrieben waren. Vasco de Gama hatte den Menſchen auf der Inſel Anjadiva (Ankediva) an der Kuͤſte Canara gefunden, und ihn erſt foltern und dann taufen laſſen. S. mein Examen critique de l’hist. de la Géographie (in Fol.) p. 507. Berlin, Junius 1838.