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Alexander von Humboldt: „Ueber einen Versuch, den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1837-Ueber_zwei_Versuche-17-neu> [abgerufen am 25.04.2024].

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Titel Ueber einen Versuch, den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen
Jahr 1854
Ort Wien
Nachweis
in: Abendblatt der Oesterreichisch-Kaiserlichen Wiener Zeitung 1 (2. Januar 1854), S. 3; 2 (3. Januar 1854), S. 6–7; 3 (4. Januar 1854), S.10; 4 (5. Januar 1854), S. 15–16.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: V.66
Dateiname: 1837-Ueber_zwei_Versuche-17-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 6
Spaltenanzahl: 4
Zeichenanzahl: 27845

Weitere Fassungen
Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen (Stuttgart; Tübingen, 1837, Deutsch)
Über zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen (Berlin, 1836, Deutsch)
On Two Attempts to ascend Chimborazo (Edinburgh, 1837, Englisch)
An account of two attempts to ascend Chimborazo (London, 1837, Englisch)
Mountain Tracks (Birmingham, 1837, Englisch)
[Über zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen] (Leipzig, 1837, Deutsch)
An account of two attempts to ascend Chimborazo (New York City, New York, 1838, Englisch)
An account of two attempts to ascend Chimborazo (New York City, New York, 1838, Englisch)
Two attempts to ascend Chimborazo (London, 1838, Englisch)
Két fölmeneteli próba a’ Chimborazóra (Budapest, 1838, Ungarisch)
Ueber zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen (Stuttgart; Tübingen, 1838, Deutsch)
Notice de deux tentatives d’ascension du Chimborazo (Paris, 1838, Französisch)
Notice sur deux tentatives d’Ascension du Chimborazo (Paris, 1838, Französisch)
Noticia acerca de dos tentativas de subida al monte Chimborazo (Madrid, 1839, Spanisch)
Восхожденiе Александра Гумбольдта на Чимборасо [Voschoždenie Aleksandra Gumbolʹdta na Čimboraso] (Sankt Petersburg, 1840, Russisch)
Zwei Versuche, den Chimborazo zu besteigen (Brünn, 1841, Deutsch)
Ueber einen Versuch, den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen (Wien, 1854, Deutsch)
Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteingen (Hildburghausen; New York City, New York, 1855, Deutsch)
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Ueber einen Verſuch, den Gipfel desChimborazo zu erſteigen. Von Alexander von Humboldt. (Aus: »Kleinere Schriften von Alexander v. Humboldt.«Erſter Band.)

Die höchſten Berggipfel beider Kontinente: imalten der Kintſchinjinga, der Dhawalagiri (weißeBerg) und der Dſchawahir, im neuen der Aponcaguaund der Sahama, ſind bisher von Menſchen erreichtworden. Der höchſte Punkt, zu dem man in beidenKontinenten auf der Erdoberfläche gelangt iſt, liegtin Südamerika am ſüdöſtlichen Abfalle des Chimbo-razo; dort ſind Reiſende faſt bis 18.500 Pariſer Fuß,nämlich einmal, im Juni 1802, bis 3016 Toiſen,ein andermal, im Dezember 1831, bis 3080 ToiſenHöhe über der Meeresfläche gelangt. Barometermeſ-ſungen wurden alſo in der Andeskette 3720 Fußhöher als der Gipfel des Montblanc angeſtellt. DieHöhe des Montblanc iſt in Verhältniß zur Geſtaltungder Cordilleren ſo unbeträchtlich, daß in dieſen viel-betretene Wege (Päſſe) höher liegen, ja ſelbſt derobere Theil der großen Stadt Potoſi dem Gipfel desMontblanc nur um 323 Toiſen nachſteht. Ich habees für nöthig befunden, dieſe wenigen numeriſchenAngaben hier voranzuſchicken, um der Phantaſie be-ſtimmte Anhaltspunkte für die hypſometriſche plaſtiſcheBetrachtung der Erdoberfläche darbieten zu können. Das Erreichen großer Höhen iſt von geringem wiſ-ſenſchaftlichem Intereſſe, wenn dieſelben weit überder Schneegrenze liegen und nur auf wenige Stun-den beſucht werden können. Kaum verirren ſich indie dünnen Schichten des Luftkreiſes der Berggeier(Condor) und geflügelte Inſekten, letztere unwillkür- |Spaltenumbruch| lich von Luftſtrömen gehoben. Wenn jetzt ein ern-ſtes, wiſſenſchaftliches Intereſſe kaum noch der Bemü-hung reiſender Phyſiker, welche die höhern Gipfelder Erde zu erſteigen ſtreben, geſchenkt wird, ſo hatſich dagegen im allgemeinen Volksſinne ein reger Antheilan einer ſolchen Bemühung erhalten. Das, was unerreich-bar ſcheint, hat eine geheimnißvolle Ziehkraft; man will,daß Alles erſpähet, daß wenigſtens verſucht werde, wasnicht errungen werden kann. Der Chimborazo iſt der er-müdende Gegenſtand aller Fragen geweſen, welche ſeitmeiner erſten Rückkunft nach Europa an mich gerich-tet wurden. Die Ergründung der wichtigſten Natur-geſetze, die lebhafte Schilderung der Pflanzenzonenund der, die Objekte des Ackerbaues beſtimmendenVerſchiedenheit der Klimate, welche ſchichtenweiſe über-einander liegen, waren ſelten fähig, die Aufmerkſam-keit von dem ſchneebedeckten Gipfel abzulenken, wel-chen man damals (vor Fitz-Roy’s Meſſungen an derſüdlichen Küſte von Chili und Pentland’s Reiſe nachBolivia) für den Kulminationspunkt der gangartigausgedehnten Andeskette hielt. Ich werde hier dem noch ungedruckten Theile mei-ner Tagebücher die einfache Erzählung einer Bergreiſeentlehnen. Den 22. Juni 1799 war ich im Krater des Picvon Teneriffa geweſen; drei Jahre darauf, faſt andemſelben Tage (den 23. Juni 1802), gelangte ich,6700 Fuß höher, bis nahe an den Gipfel des Chim-borazo. Wir genoſſen mehrere Tage lang auf der mitBimsſtein bedeckten Ebene, in welcher man (nach demfurchtbaren Erdbeben vom 4. Februar 1797), die neueStadt Riobamba zu gründen anfing, einer herrlichenAnſicht des glocken- oder domförmigen Gipfels desChimborazo bei dem heiterſten, eine trigonometriſcheMeſſung begünſtigenden Wetter. Durch ein großesFernrohr hatten wir den noch 15.700 Toiſen entfern-ten Schneemantel des Berges durchforſcht und meh- |Spaltenumbruch| rere ganz vegetationsleere Felsgrate entdeckt, die, wieſchmale, ſchwarze Streifen aus dem ewigen Schneehervorragend, dem Gipfel zuliefen und uns einigeHoffnung gaben, daß man auf ihm in der Schneere-gion feſten Fuß würde faſſen können. Riobamba Nuevoliegt im Angeſichte des ungeheuern, jetzt zackigen Ge-birgsſtockes Capac-Urcu, von den Spaniern el Altar genannt, der (laut einer Tradition der Eingebornen)einſt höher als der Chimborazo war und nachdem erviele Jahre lang geſpieen, einſtürzte. Dieſes ſchre-ckenverbreitende Naturereigniß fällt in die Zeit kurzvor der Eroberung von Quito durch den Inca TupacYupanqui. Riobamba Nuevo iſt nicht mit dem altenRiobamba der großen Karte von La Condamine undDon Pedro Maldonado zu verwechſeln. Letztere Stadtiſt gänzlich zerſtört worden durch die große Kata-ſtrophe vom 4. Februar 1797, die in wenigen Minu-ten über 30.000 Menſchen tödtete. Wir befanden uns in der Ebene von Tapia, ausder wir am 22. Juni unſere Expedition nach demChimborazo antraten, ſchon 8898 Pariſer Fuß (1483Toiſen) hoch über dem Spiegel der Südſee. DieſeHochebene, einen Theil des Thalbodens zwiſchender öſtlichen und weſtlichen Andeskette (der Kette derthätigen Vulkane Cotopari Tungurahua und der Ketteder ruhenden: Iliniza und Chimborazo), verfolgtenwir ſanft anſteigend bis an den Fuß des letzternBerges, wo wir im indiſchen Dorfe Calpi übernach-ten ſollten. Sie iſt ſparſam mit Kaktusſtämmen und Pinus mollis, der einer Trauerweide gleicht, bedeckt.Herden buntgefärbter Lamas ſuchen hier zu Tauſen-den eine ſparſame Nahrung. Auf einer ſo großenHöhe ſchadet die ſtarke nächtliche Wärmeſtrahlung desBodens, bei wolkenloſem Himmel, dem Ackerbau durchErkältung der Luft und Erfrieren der reifendenSaaten. (Fortſetzung folgt.)
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Ueber einen Verſuch, den Gipfel desChimborazo zu erſteigen. Von Alexander von Humboldt. (Aus: „Kleinere Schriften von Alexander v Humboldt.“Erſter Band.)

(Fortſetzung.)

Ganz nahe bei Calpi, nordweſtlich von Lican, er-hebt ſich in der dürren Hochebene ein kleiner iſolirterHügel, der ſchwarze Berg, Yana-Urcu. Nach der Tra-dition der Eingebornen und nach vermeintlichen altenHandſchriften, welche der Cazike oder Apu von Lican,ein Abkömmling der alten Fürſten des Landes (derConchocandi), ſich zu beſitzen rühmte, iſt der vulka-niſche Ausbruch des Yana-Urcu gleich nach dem Todedes Inca Tupac Yupanqui, alſo wohl in der Mittedes fünfzehnten Jahrhunderts, erfolgt. Die Tradition |7| ſagt, es ſei eine Feuerkugel oder gar ein Stern vomHimmel gefallen und habe den Berg entzündet. Sol-che Mythen, welche Aërolithenfälle mit Entzündun-gen in Verbindung ſetzen, ſind auch unter den mexi-kaniſchen Völkerſtämmen verbreitet. Der Chimborazo ſendet trotz ſeiner ungeheuerenSchneemaſſe ſo waſſerarme Bäche in die Hochebeneherab, daß man wohl annehmen kann, der größereTheil ſeiner Waſſer fließe auf Klüften dem Innernzu. Auch in dem Dorfe Calpi ſelbſt hörte man ehe-dem ein großes Getöſe unter einem Hauſe, das keineKeller hatte. Vor dem furchtbaren Erdbeben vom 4.Februar 1797 entſprang im Südweſten des Dorfesein Bach an einem tiefern Punkte. Viele Indianerhielten denſelben für einen Theil der Waſſermaſſe,welche unter dem Dana-Urcu fließt. Seit dem großenErdbeben aber iſt dieſer Bach wiederum verſchwunden. Nachdem wir die Nacht in Calpi, nach meiner Ba-rometermeſſung 9720 Fuß (1620 Toiſen hoch) überdem Meere zugebracht hatten, begannen wir am 23.Morgens unſere eigentliche Expedition nach demChimborazo. Wir verſuchten den Berg von der ſüd-ſüd-öſtlichen Seite zu erſteigen, und die Indianer,welche uns zu Führern dienen ſollten, von denen abernur wenige je bis zur Grenze des ewigen Schneesgelangt waren, gaben dieſer Richtung des Weges eben-falls den Vorzug. Wir fanden den Chimborazo mitgroßen Ebenen, die ſtufenweiſe über einander liegen,umgeben. Zuerſt durchſchnitten wir die Banos deLuiſa; dann, nach einem nicht ſehr ſteilenAnſteigen von kaum 5000 Fuß Länge, gelangtenwir in die Hochebene (Llano) vor Gugun. Dieerſte Stufe iſt 10.200, die zweite 11.700 Fuß hoch.Dieſe mit Gras bewachſenen Ebenen erreichen alſo,die eine den höchsten Gipfel der Pyrenäen (den PicNethou), die andere den Gipfel des Vulkans von Te-neriffa. Die vollkommene Göhligkeit (Horizontali-tät) dieſer Hochebenen läßt auf einen langen Aufent-halt ſtehender Waſſer ſchließen. Man glaubt einenSeeboden zu ſehen. Der Himmel wurde immer trü-ber, aber zwiſchen und über den Nebelſchichten lagennoch einzelne, deutlich erkennbare Wolkengruppen zer-ſtreut. Der Gipfel des Chimborazo erſchien auf we-nige Augenblicke. Weil in der letzten Nacht vielSchnee gefallen war, ſo verließ ich das Maulthier da,wo wir die untere Grenze dieſes friſchgefallenen Schneesfanden, eine Grenze, die man nicht mit der ewigen Schnee-grenze verwechſeln muß. Das Barometer zeigte, daß wirerſt 13.500 Fuß hoch gelangt waren. Auf andern Bergenhabe ich, ebenfalls dem Aequator nahe, bis zu 11.200 |Spaltenumbruch| Fuß Höhe ſchneien ſehen, doch nicht tiefer. MeineBegleiter, Bonpland und Carlos Mentufar, rittennoch bis zur perpetuirlichen Schneegrenze, d. i. biszur Höhe des Montblanc, der bekanntlich unter dieſerBreite (1° 27′ ſüdl.) nicht immer mit Schnee bedecktſein würde. Dort bleiben unſere Pferde und Maul-thiere ſtehen, um uns bis zur Rückkunft zu er-warten. Neunhundert Fuß über dem kleinen WaſſerbeckenNana-Cocha ſahen wir endlich anſtehendes nacktesGeſtein. Bis dahin hatte die Grasflur jeder geog-noſtiſchen Unterſuchung den Boden entzogen. GroßeFelsmauern, von Nordoſt nach Südweſt ſtreichend,zum Theil in unförmliche Säulen geſpalten, erhobenſich aus der ewigen Schneedecke: ein bräunlich ſchwar-zes Augitgeſtein, glänzend wie Bechſtein-Porphyr.Die Säulen waren ſehr dünn, wohl 30 bis 60 Fußhoch, faſt wie die Trachytſäulen des Tablahuma imVulkan Pichincha. Eine Gruppe ſtand einzeln und er-innerte in der Ferne faſt an Maſten und Baumſtämme. Die ſteilen Mauern führten uns durch die Schnee-region zu einem gegen den Gipfel gerichteten ſchma-len Grat, einem Felskamm, der es uns allein mög-lich machte, vorzudringen; denn der Schnee war da-mals ſo weich, daß man faſt nicht wagen konnte,ſeine Oberfläche zu betreten. Der Kamm beſtand ausſehr verwittertem, bröckligem Geſtein. Er war oftzellig wie ein baſaltartiger Mandelſtein. Der Pfad wurde immer ſchmaler und ſteiler. DieEingebornen verließen uns alle bis auf einen in derHöhe von 15.600 Fuß. Alle Bitten und Drohungenwaren vergeblich. Die Indianer behaupteten, an Athem-loſigkeit mehr als wir zu leiden. Wir blieben allein.Bonpland, unſer liebenswürdiger Freund, der jüngereSohn des Marquis de Selvalegre, Carlos Montufar,der in dem ſpätern Freiheitskampfe (auf GeneralMorillo’s Befehl) erſchoſſen wurde, ein Meſtize ausdem nahen Dorfe San Juan und ich. Wir gelang-ten mir großer Anſtrengung und Geduld höher alswir hoffen durften, da wir meiſt ganz in Nebel ge-hüllt blieben. Der Felskamm (im Spaniſchen ſehrbedeutſam Cuchilla, gleichſam Meſſerrücken genannt)hatte oft nur die Breite von 8 bis 10 Zoll. ZurLinken war der Abſturz mit Schnee bedeckt, deſſenOberfläche durch Froſt wie verglaſt erſchien. Diedünneiſige Spiegelfläche hatte gegen 30° Neigung.Zur Rechten ſenkte ſich unſer Blick ſchaurig in einen800 oder 1000 Fuß tiefen Abgrund, aus dem ſchnee-loſe Felsmaſſen ſenkrecht hervorragten. Wir hieltenden Körper immer mehr nach dieſer Seite hin ge- |Spaltenumbruch| neigt; denn der Abſturz zur Linken ſchien nochgefahrdrohender, weil ſich dort keine Gelegen-heit darbot, ſich mit den Händen an zackig vor-ſtehendem Geſteine feſtzuhalten, und weil dazu diedünne Eisrinde nicht vor dem Unterſinken im lockernSchnee ſicherte. Nur ganz leichte, poröſe Doleritſtückekonnten wir auf dieſer Eisrinde herabrollen laſſen.Die geneigte Schneefläche war ſo ausgedehnt, daß wirdie Steine früher aus dem Geſichte verloren, als ſiezur Ruhe kamen. Der Mangel an Schnee ſowohl auf dem Grate, deruns leitete, als auf dem Felſen zu unſerer Rechtengegen Oſten kann weniger der Steilheit der Geſtein-maſſen und dem Windſtoße als offenen Klüften zu-zuſchreiben ſein, welche die warme Luft der tiefernErdſchichten aushauchen. Bald fanden wir das wei-tere Steigen dadurch ſchwieriger, daß die Bröcklichkeitdes Geſteins beträchtlich zunahm. An einzelnen ſehrſteilen Staffeln mußte man die Hände und Füße zu-gleich anwenden, wie dies bei allen Alpenreiſen ſo ge-wöhnlich iſt. Da das Geſtein ſehr ſcharfkantig war, ſowurden wir, beſonders an den Händen, ſchmerzhaft ver-letzt. In noch höherm Maße haben wir, Leopold vonBuch und ich, nahe am Krater des ObſidianreichenPics von Teneriffa von dieſen Verletzungen gelitten.Ich hatte dazu (wenn es anders einem Reiſenden er-laubt iſt, ſo unwichtige Einzelheiten zu erwähnen)ſeit mehreren Wochen eine Wunde am Fuße, welchedurch die Anhäufung der Niguas (Pulex penetrans)veranlaßt und durch ſeinen Staub von Bimsſtein,bei Meſſungen im Bano de Tapia, ſehr vermehrt wor-den war. Der geringe Zuſammenhang des Geſteinsauf dem Kamme machte nun größere Vorſicht nöthig,da viele Maſſen, welche wir für anſtehend hielten,loſe in Sand gehüllt lagen. Wir ſchritten hinterein-ander und um ſo langſamer fort, als man die Stel-len prüfen mußte, die unſicher ſchienen. Glücklicher-weiſe war der Verſuch, den Gipfel des Chimborazozu erreichen, die letzte unſerer Bergreiſen in Südame-rika, daher die früher geſammelten Erfahrungen unsleiten und mehr Zuverſicht auf unſere Kräfte gebenkonnten. Es iſt ein eigener Charakter aller Exkur-ſionen in der Andeskette, daß oberhalb der ewigenSchneegrenze weiße Menſchen ſich dort in den bedenk-lichſten Lagen ſtets ohne Führer, ja ohne alle Kennt-niß der Oertlichkeit befinden. Man iſt hier überallzuerſt.(Fortſetzung folgt.)
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Ueber einen Verſuch, den Gipfel desChimborazo zu erſteigen. Von Alexander von Humboldt. (Aus: „Kleinere Schriften von Alexander v Humboldt.“Erſter Band.)

(Fortſetzung.)

Wir konnten den Gipfel auch auf Augenblicke nichtmehr ſehen und waren daher doppelt neugierig, zuwiſſen, wie viel uns zu erſteigen übrig bleibenmöchte. Wir öffneten das Gefäß-Barometer an einemPunkte, wo die Breite des Kammes es erlaubte, daßzwei Perſonen bequem neben einander ſtehen konnten. Wir waren erſt 17.300 Fuß hoch, alſo kaum 200Fuß höher, als wir drei Monate zuvor, einen ähn-lichen Kamm erklimmend, auf dem Antiſoma gewe-ſen waren. Es iſt mit Höhenbeſtimmungen bei demBergſteigen wie mit Wärmebeſtimmungen im heißenSommer: man findet mit Verdruß das Thermometernicht ſo hoch, den Barometerſtand nicht ſo niedrig,als man es erwartete. Da die Luft trotz der Höheganz mit Feuchtigkeit geſättigt war, ſo trafen wirnun das loſe Geſtein und den Sand, welcher dieZwiſchenräume desſelben ausfüllt, überaus naß. DieLuft war noch 2°,8 über dem Gefrierpunkte. Nach einer Stunde vorſichtigen Klimmens wurdeder Felskamm weniger ſteil, aber leider blieb derNebel gleich dick. Wir fingen nun nach und nach an,Alle an großer Uebelkeit zu leiden. Der Drang zumErbrechen war mit etwas Schwindel verbunden undweit läſtiger als die Schwierigkeit zu athmen. Einfarbiger Menſch (Meſtize aus San Juan) hatte unsblos aus Gutmüthigkeit, keineswegs aber in eigen-nütziger Abſicht nicht verlaſſen wollen. Es war einkräftiger, armer Landmann, der mehr litt als wir.Wir bluteten aus dem Zahnfleiſche und aus denLippen. Die Bindehaut (membrana conjunctiva) der Au-gen war bei Allen ebenfalls mit Blut unterlaufen.Dieſe Symptome der Extravaſate in den Augen, desBlutausſchwitzens am Zahnfleiſche und an den Lip-pen hatten für uns nichts Beunruhigendes, da wiraus mehrmaliger früherer Erfahrung damit bekanntwaren. In Europa hat Herr Zumſtein ſchon aufeiner weit geringern Höhe am Monte Roſa zu blutenangefangen. Spaniſche Krieger kamen bei Eroberungder Aequinoktialregion von Amerika (während der Con-quiſta) nicht über die untere Grenze des ewigenSchnees, alſo wenig über die Höhe des Montblanchinaus, und doch ſpricht ſchon Acoſta in ſeiner Hi-storia natural de las Indias, einer Art phyſiſcher Erd-beſchreibung, die man ein Meiſterwerk des ſechzehntenJahrhunderts nennen kann, umſtändlich von „Ueblichkei-ten und Magenkrampf“ als ſchmerzhaften Symptomender Bergkrankheit, welche darin der Seekrankheit analogiſt. Auf dem Vulkane von Pichincha fühlte ich einmal,ohne zu bluten, ein ſo heftiges Magenübel, von Schwin-del begleitet, daß ich beſinnungslos auf der Erde ge-funden wurde, als ich mich eben auf einer Felsmauerüber der Schlucht von Verde-Cuchu von meinem Be-gleiter getrennt hatte, um elektrometriſche Verſuche aneinem recht freien Punkte anzuſtellen. Die Höhe wargering, unter 13.800 Fuß. Am Antiſana aber, aufder beträchtlichen Erhebung von 17.022 Fuß, bluteteunſer junger Reiſegefährte Don Carlos Montufarſehr ſtark aus den Lippen. Es iſt bekannt, daß dieAngaben der Höhen, zu denen die Luftſchiffer be-haupten ſich erhoben zu haben, gewöhnlich wenigGlauben verdienen; und wenn ein ſicherer und über-aus genauer Beobachter, Herr Gay-Luſſac, der am16. September 1802 die ungeheuere Höhe von 21.600Fuß erreichte (alſo zwiſchen den Höhen des Chimbo-razo und des chileniſchen Aconcagu), kein Bluten er-litt, ſo iſt dies vielleicht dem Mangel an Muskelbe-wegung zuzuſchreiben. (Schluß folgt.)
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Ueber einen Verſuch, den Gipfel desChimborazo zu erſteigen. Von Alexander von Humboldt. (Aus: „Kleinere Schriften von Alexander v Humboldt.“Erſter Band.)

(Schluß.)

Die Nebelſchichten, welche uns hinderten, entfernteGegenſtände zu ſehen, ſchienen plötzlich trotz der to-talen Windſtille, vielleicht durch elektriſche Prozeſſe,zu zerreißen. Wir erkannten einmal wieder, undzwar ganz nahe, den domförmigen Gipfel des Chim-borazo. Es war ein ernſter, großartiger Anblick. DieHoffnung, dieſen erſehnten Gipfel zu erreichen, belebteunſere Kräfte aufs neue. Der Felskamm, welchernur hie und da mit dünnen Schneeflocken bedecktwar, wurde etwas breiter; wir eilten ſichern Schrit-tes vorwärts, als auf einmal eine Art Thalſchluchtvon etwa 400 Fuß Tiefe und 60 Fuß Durchmeſſerunſerm Unternehmen eine unüberſteigliche Grenze ſetzte.Wir ſahen deutlich jenſeits des Abgrundes unſernFelskamm in derſelben Richtung fortſetzen; doch zweifleich, daß er bis zum Gipfel ſelbſt führt. Die Kluftwar nicht zu umgehen. Es war 1 Uhr Mittags.Wir ſtellten mit vieler Sorgfalt das Barometer auf,es zeigte 13 Zoll 11\( \frac{2}{16} \) Linien. Die Temperaturder Luft war nun 1°.6 unter dem Gefrierpunkte, abernach einem mehrjährigen Aufenthalte in den heißeſtenGegenden der Tropenwelt ſchien uns dieſe geringeKälte erſtarrend. Dazu waren unſere Stiefel ganz vonSchneewaſſer durchzogen; denn der Sand, der bis-weilen den Grat bedeckte, war mit altem Schnee ver-mengt. Wir hatten nach der La Place’ſchen Baro-meterformel eine Höhe von 3016 Toiſen, genauervon 18.096 Pariſer Fuß, erreicht. Wäre La Conda-mine’s Angabe der Höhe des Chimborazo, wie ſie aufder noch in Quito im Jeſuiten-Kollegium aufbewahr-ten Steintafel aufgezeichnet iſt, die richtige, ſo fehl-ten uns noch bis zum Gipfel ſenkrecht 1224 Fußoder die dreimalige Höhe der Peterskirche zu Rom. Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation er-trägt demnach Veränderungen im Barometerſtande,die 13 Zoll betragen. Doch ſonderbar möchte diephyſiſche Konſtitution des Menſchengeſchlechts allmä-lig umgewandelt werden, wenn große kosmiſche Ur-ſachen ſolche Extreme der Luftverdünnung oder Luft-verdichtung permanent machten. Wir blieben kurze Zeit in dieſer traurigen Einöde,bald wieder ganz in Nebel gehüllt. Die feuchte Luft wardabei unbewegt. Keine beſtimmte Richtung war in deneinzelnen Gruppen dichterer Dunſtbläschen zu bemerken,daher ich nicht ſagen kann, ob auf dieſer Höhe, wieſo oft auf dem Pic von Teneriffa, der dem tropiſchenPaſſat entgegengeſetzte Weſtwind weht. Wir ſahen nichtmehr den Gipfel des Chimborazo, keinen der benach-barten Schneeberge, noch weniger die Hochebene vonQuito. Wir waren wie in einem Luftballon iſolirt.Nur einige Steinflechten waren uns bis über dieGrenze des ewigen Schnees gefolgt. Die letzten kryp-togamiſchen Pflänzchen, welche ich ſammelte, waren Leeidea atrovirens (Lichen geographicus). Ein Schmet-terling (Sphinx) war von Herrn Bonpland in 15.000Fuß Höhe gefangen worden, eine Fliege ſahen wirnoch um 1600 Fuß höher. Den auffallendſten Beweis,daß dieſe Thiere unwillkürlich vom Luftſtrome, der ſichüber den erwärmten Ebenen erhebt, in dieſe obere Re-gion der Atmoſphäre gebracht werden, gibt folgendeThatſache: Als Bouſſingault die Silla de Caracasbeſtieg, um meine Meſſung des Berges zu wiederho-len, ſah er in 8000 Fuß Höhe um Mittag, als dortWeſtwind wehte, von Zeit zu Zeit weißliche Körperdie Luft durchſtreichen, die er anfangs für aufſtei-gende Vögel mit weißem, das Sonnenlicht reflekti-rendem Gefieder hielt. Dieſe Körper erhoben ſich ausdem Thale von Caracas mit großer Schnelligkeit undüberſtiegen die Gipfel der Silla, indem ſie ſich gegenNordoſten richteten, wo ſie wahrſcheinlich das Meererreichten. Einige fielen früher nieder auf den ſüdli-chen Abhang der Silla; es waren von der Sonneerleuchtete Grashalme. Bouſſingault ſchickte mir ſol-che, die noch Aehren hatten, in einem Briefe nachParis. Ich muß noch bemerken, daß wir keinemCondor auf dem Chimborazo begegneten, dieſemkräftigen Geier, der auf Antiſana und Pichinchaſo häufig iſt und, mit dem Menſchen unbekannt,große Dreiſtigkeit zeigt. Der Condor liebt heitereLuft, um ſeinen Raub oder ſeine Nahrung (denner gibt todten Thieren den Vorzug) aus derHöhe leichter zu erkennen. Da das Wetter immer trüber und trüber wurde,ſo eilten wir auf demſelben Felsgrate herab, der unſerAufſteigen begünſtigt hatte. Vorſicht war indeß we-gen Unſicherheit des Trittes noch mehr nöthig als imHeraufklimmen. Wir hielten uns nur ſo lange aufals wir brauchten, Fragmente der Gebirgsart zu ſam-meln. Wir ſahen voraus, daß man uns in Europaoft um „ein kleines Stück vom Chimborazo“ anſpre-chen würde. Damals war noch keine Gebirgsart inirgend einem Theile von Südamerika benannt wor- |16| den; man nannte Granit das Geſtein aller hohenGipfel des Andes. Als wir ungefähr in 17.400 FußHöhe waren, fing es an heftig zu hageln. Es warenundurchſichtige, milchweiße Hagelkörner mit concen-triſchen Lagen. Einige ſchienen durch Rotation be-trächtlich abgeplattet. Zwanzig Minuten, ehe wir die untere Grenze desewigen Schnees erreichten, wurde der Hagel durchSchnee erſetzt. Die Flocken waren ſo dicht, daß derSchnee bald viele Zoll tief den Felskamm bedeckte.Wir wären gewiß in große Gefahr gekommen, hätteuns der Schnee auf 18.000 Fuß Höhe überraſcht.Um zwei Uhr und einige Minuten erreichten wir denPunkt, wo unſere Maulthiere ſtanden. Die zurückge-bliebenen Eingebornen waren mehr als nöthig umuns beſorgt geweſen. Der Theil unſerer Expedition oberhalb des ewigenSchnees hatte nur 3½ Stunden gedauert, währendwelcher wir trotz der Luftveränderung nie durch Nieder-ſitzen uns auszuruhen brauchten. Die Dicke des dom-förmigen Gipfels hat in dieſer Höhe der ewigenSchneegrenze, alſo in 2460 Toiſen Höhe, noch einenDurchmeſſer von 3437 Toiſen und nahe am höchſtenGipfel, faſt 150 Toiſen unterhalb desſelben, einenDurchmeſſer von 672 Toiſen. Ein ausgezeichneterGeognoſt, Herr Pentland, dem wir die geognoſtiſcheKenntniß des Hochlandes von Titicaca verdanken, undder, mit vielen trefflichen aſtronomiſchen und phyſi-kaliſchen Inſtrumenten ausgerüſtet, zweimal das oberePeru (Bolivia) beſuchte, hat mich verſichert, daßmein Bild des Chimborazo gleichſam wiederholt iſtin dem Nerado de Chuguibamba, einem Trachytberge,welcher in der weſtlichen Kordillere, nördlich von Are-quipa, 19.680 Fuß (3280 Toiſen) Höhe erreicht.Nächſt dem Himalaya iſt dort, durch die Frequenzhoher Gipfel und durch die Maſſe derſelben, zwiſchendem 15. und 18. Grade ſüdlicher Breite, die größteAnſchwellung der uns bekannten Erdoberfläche, ſoweit nämlich dieſe Anſchwellung nicht von der primi-tiven Form des rotirenden Planeten, ſondern vonErhebung der Bergketten und einzelnen Glocken vonDolerit-, Trachyt- und Albitgeſtein auf dieſen Berg-ketten herrührt. Wir nahmen unſern Rückweg nach dem Dorfe Calpietwas nördlicher als die Llanos de Sisgun, durchden pflanzenreichen Paramo de Pungupala. Schonum fünf Uhr Abends waren wir wieder bei demfreundlichen Pfarrer von Calpi. Wie gewöhnlich folgteauf den nebelverhüllten Tag der Expedition die hei-terſte Witterung. Am 25. Juni erſchien uns in Rio-bamba Nuevo der Chimborazo in ſeiner ganzen Pracht,ich möchte ſagen in der ſtillen Größe und Hoheit, dieder Naturcharakter der tropiſchen Landſchaft iſt. Einzweiter Verſuch auf dem durch eine Kluft unterbro-chenen Kamme wäre gewiß ſo fruchtlos als der erſteausgefallen und ſchon war ich mit der trigonometri-ſchen Meſſung des Vulkans von Tungurahua beſchäftigt. Bouſſingault hat mit ſeinem Freunde, dem Engli-ſchen Oberſt Hall, der bald darauf in Quito ermor-det wurde, am 16. Dezember 1831 einen neuen Ver-ſuch gemacht, den Gipfel des Chimborazo zu errei-chen; erſt von Mocha und Chillapullu, dann vonArenal aus, alſo auf einem anderen Wege, als denich mit Bonpland und Don Carlos Mentufar betrat.Er mußte das Weiterſteigen aufgeben, als ſein Ba-rometer 13 Zoll 8½ Linie, bei der warmen Lufttem-peratur von — 7°.8, zeigte. Er ſah alſo die unkor-rigirte Queckſilberſäule faſt 3 Linien niedriger undwar um 64 Toiſen höher als ich gelangt, bis zu 3080Toiſen. Hören wir ſelbſt dieſen der Andeskette ſo kun-digen Reiſenden, der mit großer Kühnheit zuerſt che-miſche Apparate an und in die Krater der Vulkanegetragen hat: „Der Weg,“ ſagt Bouſſingault, „welchen wir unsin dem letzten Theile unſer Expedition durch denSchnee bahnten, erlaubte uns nur ſehr langſam vor-zuſchreiten: rechts konnten wir uns an einen Felſenfeſthalten, links war der Abgrund furchtbar. Wirſpürten ſchon die Wirkung der Luftverdünnung undwaren gezwungen, uns alle zwei bis drei Schritteniederzuſetzen. So wie wir uns aber eben geſetzthatten, ſtanden wir wieder auf; denn unſer Leidendauerte nur ſo lange, als wir uns bewegten. DerSchnee, den wir betreten mußten, war weich und lagkaum 3 bis 4 Zoll auf einer ſehr glatten und hartenEisdecke. Wir waren genöthigt, Stufen einzuhauen.Ein Neger ging voran, um dieſe Arbeit, die ſeineKräfte bald erſchöpfte, zu vollziehen. Indem ich beiihm vorbeigehen wollte, um ihn abzulöſen, glitt ichaus und wurde glücklicherweiſe von Oberſt Hall undmeinem Neger zurückgehalten. Wir befanden uns (ſetztHerr Bouſſingault hinzu) für einen Augenblick alle Dreiin der größten Gefahr. Weiterhin war der Schneegünſtiger, und um 3¾ Uhr Nachmittags ſtanden wirauf dem langerſehnten Felskamme, der wenige Fußbreit, aber mit Abgründen umgeben war. Hierüberzeugten wir uns, daß das Weiterkommen unmög-lich ſei. Wir befanden uns an dem Fuße eines Fels-Prismas, deſſen obere Fläche, bedeckt mit einer Kuppevon Schnee, den eigentlichen Gipfel des Chimborazobildet. Um ſich von der Topographie des ganzen Ber-ges ein richtiges Bild zu machen, denke man ſicheine ungeheure ſchneebedeckte Felsmaſſe, die von allenSeiten wie durch Strebepfeiler unterſtützt erſcheint.Die Strebepfeiler ſind die Kämme, welche ſich anle-gen und (aus dem ewigen Schnee) hervortreten.“ Der Verluſt eines Phyſikers, wie Bouſſingault,wäre unbeſchreiblich theuer durch den wenigen Ge-winn erkauft worden, welchen Unternehmungen dieſerArt den Wiſſenſchaften darbieten können. Drei Tage nach unſerer Expedition hörten wir in demneuen Riobamba, um Ein Uhr Nachts, ein wüthiges,unterirdiſches Krachen (bramido), das von keiner Er-ſchütterung begleitet war. Erſt drei Stunden ſpätererfolgte ein heftiges Erdbeben ohne vorhergehendesGeräuſch. Aehnliche bramidos, — alle, wie manglaubt, vom Chimborazo kommend, wurden wenigeTage vorher in Calpi vernommen. Dem Bergkoloßnoch näher, im Dorfe San Juan, ſind ſie am häu-figſten. Solch ein unterirdiſches Krachen erregt dieAufmerkſamkeit der Eingebornen nicht mehr, als esein ferner Donner thut aus tiefbewölktem Himmel inunſerer nordiſchen Zone. Dies iſt ein Theil der Beobachtungen, welche ichbei der Beſteigung des Chimborazo geſammelt undaus einem ungedruckten Reiſejournale einfach mitge-theilt habe. Wo die Natur ſo mächtig und groß undunſer Beſtreben rein wiſſenſchaftlich iſt, kann die Dar-ſtellung jedes Schmuckes der Rede entbehren.