UBEREINIGE WICHTIGE PUNKTE DER GEOGRAPHIE GUYANA’S. VON ALEXANDER VON HUMBOLDT. Die unermessliche Landstrecke, welche sich zwischen den drei Flussgebieten des Rupunury, des Caroni und des Rio Branko, d. h. zwischen den Zuflüssen des Essequibo, des untern Orinoko und des Amazonenstroms ausbreitet, hat glücklicherweise seit sechs Jahren die Aufmerksamkeit der Geographen von Neuem auf sich gezogen, und Arbeiten, die sich auf astronomisch bestimmte Lagen stützen, werden nach und nach die Stelle von Kombinationen einnehmen, welche nur auf unsichern Reiseberichten beruhen. Im Jahre 1831 untersuchte Herr William Hillhouse, von uneigennützigem Eifer geleitet, den Lauf des Massaruni. Der Kapitain Owen fuhr im Jahre 1833 auf dem Demerari bis zu der Stelle hinauf, wo sich bei dem grossen Katarakt der Fluss unter 5° 25′ nördl. Breite dem Essequibo, westlich von den Yéyabergen, bis auf eine Entfernung von vier Meilen nähert und hat der Geographie dieser wilden Gegenden durch Mittel, welche das höchste Vertrauen verdienen, einen Längenpunkt erworben, der den Reisenden zum Ausgangspunkte dienen kann, welche westlich und südöstlich vordringen und bei ihren Arbeiten den Chronometer in Anwendung bringen, um die Zeit von einem Orte zum andern zu tragen. Gegen das Ende des Jahres 1834 brachte die königl. geographische Gesellschaft zu London bei der Regierung eine Expedition in Vorschlag, deren doppelter Zweck es sein sollte, das Innere von britisch Guyana in Beziehung auf Geographie und Naturkunde im Allgemeinen zu durchforschen und die bereits richtig bestimmten Punkte in den britischen Besitzungen mit dem östlichsten Theile des oberen Orinoko in der Nähe der Mission Esmeralda und dem Cerro-Duida zu verbinden, bis zu welcher ich meine Instrumente mittels einer Flussfahrt von mehr als 480 französische Meilen getragen hatte. Da es für die astronomische Geographie vom lebhaftesten Interesse ist, die Grundlagen nicht aus den Augen zu verlieren, auf welchen die Zeichnung von Karten des mittäglichen Amerika, nördlich vom Amazonenstrome, beruht, so muss ich hier erinnern: wenn es sich durch zuverlässige Beobachtungen, deren Einzelnheiten veröffentlicht würden, herausstellte, dass der Zusammenfluss des Orinoko und des Casiquiare (in der Nähe der Mission von Esmeralda) sich ungefähr unter 68° 37′ westlicher Länge von Paris befände, dann würde man zugleich den Felsen der Geduld (piedra de la Paciencia) an der Mündung des Rio Meta, der im Jahre 1824 zu Santa Fe de Bogota (Oltmanns astronomische und hypsometrische Grundlagen der Erdbeschreibung 1831 Theil I, S. 290.), im Innern des Landes, chronometrisch bestimmt worden ist, und Guayaquil, den Hafen des stillen Meeres, mit der Hauptstadt von britisch Guyana an der Küste des atlantischen Oceans verbunden haben. Der Längenunterschied dieser beiden Punkte beträgt 21° 46′; denn die Hauptstadt von britisch Guyana (Georgestown auf dem rechten Ufer der Mündung des Demerari) liegt nach dem Kapitain Owen unter 60° 31′ 54″ westl. Länge, und ich habe für Guayaquil , gestützt auf meine Beobachtungen zu Callao de Lima und auf die neue, für Quito angegebene Lage, 82° 18′ 10″ gefunden. Journal der königl. geographischen Gesellschaft Bd. 6. Th. II. S. 7. u. 10. in den Zusätzen. Die von dem Gesellschaftssekretair, Kapitain Maconochie, redigirte Instruction sagt, „dass der Reisende, anstatt den Rio Branko hinab in den Rio Negro und mittels desselben in den Siapa oder Casiquiare (Herr Schomburgk schlägt den Padaviri vor, indem er diesen mit dem Siapa oder Idapa verwechselt) hinaufzufahren und auf solche Weise die Mission Esmeralda zu erreichen, den Orinoko von seiner Quelle bis Esmeralda hinabzuschiffen versuchen sollte, indem der Hauptzweck der Expedition die Verbindung der östlichsten von Herrn von Humboldt bestimmten Punkte mit denen des Essequibo sei.“ Zwanzig Meilen auf einen Grad; diese ganze Strecke fasst, mit Ausnahme der Portage bei Javita, eine ununterbrochene Flussschifffahrt auf dem Apure, Orinoko, Atabapo, Temi, Tuamini, Rio Negro und Casiquiare in sich; diese ungeheure Linie von chronometrisch verbundenen Punkten ist durch die Reise der Herren Boussingault und Roulin auf dem Meta und durch die Uebertragung der Zeit von Bogota bis zum Zusammenfluss des Meta und des Orinoko mit dem System der bestimmten Punkte von Neu-Grenada verknüpft worden. Die wichtigen Leistungen, welche vom Jahre 1825—36 auf der Expedition der Adventure und des Beagle unter den Kapitains King, Stokes und Fitz-Roy erzielt worden sind, bestätigen bis auf etwa 4 Meilen diesen Längengrad für Guayaquil, welcher vor Kurzem Zweifel erregt hatte. Die Tabelle des Beagle (Journal der geographischen Gesellschaft L. c. S. 342.) gibt an, 0h 32′ 48″ westlich von Valparaiso, folglich 82° 13′ 40″ westlich von Paris, da Valparaiso nach den Berechnungen der Expedition des Beagle unter 74° 1′ 39″, nach den frühern des Herrn Oltmanns unter 74° 2′ 0″ und nach Herrn Lartigue unter 74° 3′ 47″ liegt. Dieselbe englische Expedition gibt für Callao 5h 18′ 15″ an. Der Durchgang des Merkur durch die Sonnenscheibe (d. 9. Nov. 1802) hat mir durch den äussern Berührungskreis, der immer am sichersten ist, 5h 18′ 18″, durch das Mittel der zwei Berührungskreise 5h 18′ 16″ gegeben. Von dem Grade der Genauigkeit, welche die eben verglichenen Bestimmungen erreichen, hängt die Gestaltung des südlichen Amerika in seiner Ausdehnung vom Demerari bis zu den Küsten von Quito ab. Dies sind die allgemeinen Züge der Gestaltung eines Festlandes, welches genau zu bestimmen wohl der Mühe lohnt. Bei einem Festlande, dessen Umrisse allein durch Umschiffungen oder Expeditionen zur See festgestellt worden sind, ist es von grosser Wichtigkeit, die Lagen des Innern (Stromgebiete und Gebirgssysteme) zugleich auf die zwei entgegengesetzten Küsten zu stützen. Die geographische Gesellschaft in London fängt an die Früchte der Unterstützungen zu ernten, welche sie furchtlosen Reisenden bietet. Sie hat in Herrn Schomburgk, dem wir schon eine interessante Arbeit über die Jungfrauinseln verdankten, zugleich Kenntniss und Eifer gefunden. Die beiden Berichte dieses Reisenden, welche er eben veröffentlicht hat, sind um so interessanter, als sie zugleich die Beobachtungen des Doctor Hancock über die Vegetation des Landes enthalten. Andere nicht weniger lobenswerthe Forschungen, welche die pariser geographische Gesellschaft unterstützt hat, sind im französischen Guyana unternommen worden; doch neben dem Vortheile eines südlichern Ausgangspunktes haben die Schifffahrten auf dem obern Maroni und dem obern Oyapok den Nachtheil, dass sie in eine Gegend führen, deren Länge 4° östlicher ist, als der Meridian des See’s Amucu und des obern Rupunuri. Den vor Kurzem versuchten Expeditionen des königl. Marineapothekers Herrn Leprieur nach Arawa (Araoua) haben die Emerillauindianer und die flüchtigen Neger am Maroni unübersteigliche Hindernisse in den Weg gelegt. Das Terrain, über welches gegenwärtig direkte Forschungen angestellt werden, war seit langen Jahren Gegenstand meiner Untersuchungen. Die neuen Expeditionen auf dem Rupunuri nach dem See Amucu und den Quellen des Rio Mahu auf der kleinen Cordillere von Pacuraina, welche Herr Hillhouse das St. Georgesgebirge nennt, bestätigen die aus der geographischen Mythe vom Eldorado, aus den Reisebeschreibungen Nicolas Hortsmann’s und Don Antonio Santos’ und aus den portugiesischen Manuscriptkarten des astronomischen Geographen Pontes und des Ingenieurkapitains Almeida de Serra geschöpfte Vermuthung vollkommen. Ein einziger Blick auf die interessante Karte der Expedition Herrn Schomburgk’s und auf meine Karte der Republik Kolombia vom Jahre 1825, die der Atlas von Brué wiedergibt, wird zum Beweise meiner Behauptung genügen. Es scheint mir förderlich für den Fortgang der Forschungen, die ihrer Natur nach nur von kurzer Dauer sein können, die Aufmerksamkeit auf einige besonders zweifelhafte Punkte zu richten, z. B. auf den Zusammenhang der Erhebung eines Landes, welches ich an einem andern Orte als ein alleinstehendes Gebirgssystem unter dem Namen Sierra Parime dargestellt habe Buch IX. Kap. 26. der historischen Erzählung meiner Reise in Amerika (Ausgabe in 4.), Theil III. S. 220.—28. So nahe immer die Zuflüsse des Essequibo, des Rio Branko (der Rio de Aquas blancas oder Rio Parime des Pater Caulin) und des Caroni und Paragua sein mögen, die drei Becken dieser grossen Flüsse sind völlig von einander gesondert. Nur die Gabeltheilung des Orinoko oder die Verbindung des Casiquiare mit dem Rio Negro und die Vereinigung des Pacimoni mit dem Cababuri mittels eines natürlichen Abzugskanals (des Baria) , würde auf einem ausserordentlichen Umwege von 750 Meilen eine ununterbrochene Wasserverbindung von dem Mahu und den Quellen des Rio Branko bis zu der Mündung des Caroni möglich machen. Portagen, welche quer durch die Schwellen oder Kämme von Wasserscheiden (divortia aquarum) gehen, periodische Ueberschwemmungen, welche in der Regenzeit Zuflüsse, die zu andern Stromgebieten gehören, vereinigen, haben den Gedanken an mehre Gabeltheilungen und Verbindungen von Flüssen erweckt, die niemals existirt haben oder wenigstens heutigen Tags nicht mehr vorhanden sind. Alle Gebirgsabhänge haben die Tendenz, ihre Stromverzweigungen zu vermindern und ihre Wasserbecken zu isoliren. Was Anfangs nur ein Arm war, wird ein besonderer Fluss (Recipient); und bei den Gebirgsabhängen, deren Gewässer nur eine unbedeutende Schnelligkeit besitzen, verschwinden die Gabeltheilungen oder Verzweigungen zwischen zwei Wassersystemen auf dreierlei Weise, entweder indem der Abfluss oder der Verbindungskanal den ganzen getheilten Fluss, der aus verschiedenen mehr oder weniger parallelen Rinnen besteht, in sein Basin aufnimmt, oder indem der Kanal durch Anschwemmungen sich dort verstopft, wo er aus dem Hauptstrome heraustritt, oder endlich weil er mitten in seinem Laufe (wie z. B. der Arno im Chianathale) einen Theilungspunkt bildet, der der obern Partie einen Gegenhang gibt, so dass das Wasser in entgegengesetzter Richtung zurückfliesst. Besonders die Savannen und grossen Ebenen im südlichen Amerika bieten diese Veränderungen oder Jahrhunderte brauchenden Fortschritte der Entwickelung bei den Binnenflusssystemen dar. Corograph. Brasil. Bd. II. S. 354. Die Gestaltung des Landes, welche wir eben beschrieben haben, macht es möglich, mit Canoes und flachen Piroguen bis auf unermessliche Entfernungen herbeizufahren und hat daher die friedlichen Anwohner des Casiquiare und des Rio Negro seit Jahrhunderten den Einfällen der Karaiben ausgesetzt, deren zahlreiche Stämme verschiedene Namen führen. Diese Einfälle von Osten und Nordosten (aus einer Entfernung von mehr als 200 Meilen) hatten zu gleicher Zeit den Handel mit mancherlei Waaren und die Wegführung von Sklaven zum Zweck. Die mächtige Nation der Karaiben, die man aus Irrthum als ursprünglich nur den kleinen Antillen angehörig betrachtet hat, bewohnte nach der Entdeckung von Amerika einen grossen Theil des Ufergebiets auf dem Festlande (das Cariaï und Caribana der ersten Eroberer), so wie das östliche Terrain zwischen dem Oyapok, dem Cuyuni und dem Guarapiche. Sie machten sich zu gleicher Zeit den Bewohnern von Haiti und denen der Flüsse des obern Orinoko furchtbar. Seitdem die europäischen Kolonisten auf den Grenzen dieses untern Theils der Parime, der sich (zwischen den Parallelen des 2° und 7°) vom 61sten bis zum 65sten Längengrade erstreckt, feste Niederlassungen gegründet haben, ist es den Spaniern gelungen, durch den Caroni und den Paragua, einen Nebenfluss des Caroni, nach Süden vorzudringen; den Holländern, durch den Essequibo und den Cuyuni nach Westen und Südwesten; den Portugiesen durch den Rio Branko, der sich in den Rio Negro ergiesst. Dieser Umstand bot natürlich in Folge der beschränkenden Handelsgesetze, welche selbst heute noch in den Kolonien gelten, eine bedeutende Lokkung zum Schmuggelhandel dar. Da die Karaiben, vermöge ihrer Wanderlust und der langen Erfahrung, die sie sich auf ihren Flussfahrten erworben, die einzigen Geographen des Landes waren, so bedienten sich die Weissen derselben zur Eröffnung der Wege für diesen Schleichhandel. Nach den Traditionen, welche ich zu Ende des vorigen Jahrhunderts habe sammeln können, und nach den Belehrungen, welche ich in den Archiven von St. Thomas in Neu-Guyana oder Angostura gefunden, lassen sich die Gründe der spanischen Gouverneurs, weshalb sie von Zeit zu Zeit versuchten, in die Terra incognita von Parime einzudringen, auf drei zurückführen. Sie wollten die Wegführung von Sklaven und die Angriffe auf die Missionen von Seiten der unabhängigen Karaiben verhindern, die Wege und Verzweigungen der Flüsse genau kennen lernen, auf denen Contrebande eingeführt wurde und endlich in das reiche Goldland Eldorado gelangen, welches die, durch die Leichtgläubigkeit oder verschlagene Politik Raleigh’s, Keymis und Mashans so berühmt gewordene Laguna Parime umgeben sollte. Ich habe an einem andern Orte ausführlich gezeigt, dass die Landenge zwischen den Armen des Essequibo (Raleigh’s Dessequebe) und des Rio Branko, d. h. zwischen dem Rupunuri einerseits und dem Pirara und Mahu oder Uraricuera andererseits, als der klassische Boden des Dorado von Parime zu betrachten ist. Es steht zu hoffen, dass der unerschrockene Reisende, welcher in neuester Zeit durch ein Labyrinth von Wasserfällen auf dem Massaruni bis zu der Gebirgspartie gekommen ist, wo ihm selbst das Tafelland des Arthur fünf bis sechstausend Fuss hoch geschienen, durch häufige Anzeigen der Windstriche und der Entfernungen den Mangel an astronomischen Beobachtungen habe ersetzen können. „Wir hatten von Expeditionen sprechen hören“, sagt Herr Hillhouse etwas unbestimmt, „welche aus Cayenne und Surinam abgeschickt und bedeutend südöstlich von den genannten Kolonien vorgedrungen seien; nach den Angaben wäre wenigstens eine derselben bis in den Amazonenstrom gekommen und zwar durch einen seiner westlichen Zuflüsse. Noch aber sind wir ohne Kunde über die Quellen des Essequibo und über seinen Lauf nach der Verbindung mit dem Rippanouni (Rupunuri). Nachdem ich den Atlas des Herrn von Humboldt zu Rathe gezogen, gewann ich bald die Ueberzeugung, dass der Massaruni (Mazaroni) zwischen dem Cuyuni und dem Essequibo fliessen müsse, und dass er, wenn man sich seine Richtung südwestlich (er hätte sagen sollen, südsüdwestlich) dächte, das berühmte Dorado oder den grossen Goldsee der geographischen Fabel zu durchschneiden habe, der noch entdeckt werden soll.“ Man sieht, dass der Reisende nördlich und nordöstlich von der Granitbergkette geblieben ist, die eine Schwelle oder die Wasserscheide zwischen dem Rio Essequibo und dem Rio Blanko (dem Branko der Portugiesen oder Quecuene der Eingebornen), und zwischen dem Rio Paragua (einem Zufluss des Caroni) und dem Uraricapara bildet, welcher bei der alten spanischen Mission Santa Rosa vorüberfliesst. Auf der Skizze eines geologischen Gemäldes von Amerika, nördlich vom Amazonenstrome, habe ich diese Kette nach den in meinem Besitz befindlichen ungedruckten Dokumenten, die mir zur Konstruction der Generalkarte von Kolombia (Nr. 22. meines Atlas) gedient haben, die Gebirgskette Pacaraina genannt. Raleigh hatte sie schon 1596 unter dem Namen Wacarima gekannt, was beweist, wie viel geographische Wahrheit unter den verworrenen Erzählungen vom Eldorado verborgen liegt. Die Kette scheidet das nördliche Flussgebiet des Caroni und seines Zuflusses Paragua von dem südlichen Flussgebiete des Rio Branko. Sie scheint sich nach mehren von mir gemachten Combinationen zwischen den Parallelen 4° 4′ und 4° 12′ von Osten nach Westen zu ziehen und verbindet die Gebirgsgruppe von holländisch und britisch Guyana mit der ausschliesslich aus Granit und Syenit bestehenden Gebirgskette der Parime. Es ist eine Schwelle, die sich nach ihren beiden äussersten Enden hin erweitert, und scheidet die Savannen und niedrigen Ebenen des Caroni und Cuyuni von denen des Rio Branko. Sie bildet einen der charakteristischsten Züge der Topographie dieser wilden Gegenden. Der Kapitain Antonio Santos hat sie im Jahre 1778 überschritten, indem er sich von einem Zuflusse des Rio Paragua, dem Nocaprai, südlich von Guirier, nach einem Zuflusse des Rio Branko, dem Curaricara, begab, den die Eingebornen auch Uraricapara nennen. In der Reisebeschreibung Santos’ finde ich für die Kette, die die Wasser scheidet, den Namen Pacaraymo. Die Manuscriptkarten des Fregattenkapitains Sylva Pontes Leme und Ingenieurkapitains Almeida de Serra, die im Jahre 1804 beendigt worden sind, nennen Sierra Pacarahina die Schwelle, welche man überschreiten muss, um vom Araicuque, einem Zufluss des Uraricapara, nach dem Anocapra, einem Zufluss des Paraguamussi zu gelangen. Man muss mit der Synonymie dieser barbarischen Gebirgs- und Flussnamen sehr gewissenhaft sein; denn wenn die Karten von Guyana, wie schon La Condamine gesagt hat, „von eben so falschen als umständlich angegebenen Einzelnheiten wimmeln“, so ist oft die ausserordentliche Ungenauigkeit der Nomenclatur und der Wunsch, für jeden Namen einen Fluss zu schaffen, schuld daran. Man hat Mühe, im Xia den Guaicia und im Flusse Europa des Raleigh den Rio Guarapo wieder zu erkennen. Da die Geographen für jedes dieser Synonymen einen Fluss erfunden und angegeben haben, so wiederholt sich der Name Jahrhunderte lang auf den Karten, die von derselben Musterkarte nachgebildet sind. Ein conservativer Geist gefällt sich darin, die Irrthümer vergangener Zeiten fortwährend zu erhalten. Die Karte von Kolombien, die ich 1825 herausgegeben und die Herr Brué nach meinen Zeichnungen und den Materialien, welche ich diesem tüchtigen Geographen anvertraut, zusammengestellt hat, enthält die Früchte meiner Forschungen. Die obern Partien des Rio Branko und des Rio Caroni gewähren dort einen ganz neuen Anblick. Bei meiner Absicht, die Mythe vom Eldorado ins Reine zu bringen, welches allmälig von Westen nach Osten, von den Quellen des Rio Negro (Guainia), des Guape (Uaupès) und des Supura (Caqueta) an die Quellen des Orinoko versetzt worden war, musste ich grosses Gewicht auf den Lauf des Rio Rupunury oder Rupunuwini (weni oder wini bedeutet in den verwandten Maypure-, Cabre- und Guypunaresprachen Wasser, Fluss) legen um so mehr, als die Karten seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts dem See Parime oder Dorado den Namen Rupunuwini beigelegt hatten. Die Idee eines ausnehmend reichen Goldlandes, welches zuerst im Jahre 1535 (nach den Erzählungen des Don Luis Daze) in die Gebirge von Neu-Grenada (Cundirumarca und Cundinamarca) gelegt wurde, wo „ein Herr, dessen Körper mit Goldstaub bedeckt war, seine religiösen Abwaschungen in einem Alpensee vornahm“, ist seit der Expedition Antonio’s de Berrio, Schwiegersohns des Grossadelantado Quesada, auf dem Casanare, Meta und Orinoko mit der Hypothese eines grossen Binnensee’s verknüpft worden, der seine Gewässer zugleich dem Rio Essequibo, Rio Branko und Orinoko geben sollte. Ich glaube, es ist mir gelungen, durch genauere Ortskenntniss, durch langes und mühevolles Studium der spanischen Autoren, welche von dem Dorado und dem See Parime handeln, und vorzüglich durch Vergleichung einer grossen Anzahl alter, chronologisch geordneter Karten, die Quelle dieser Irrthümer zu entdecken. Die Fabeln, welche sich auf gewisse Oertlichkeiten beziehen, haben im Allgemeinen einen wirklichen Grund; die Sage von dem Dorado (d. h. von dem vergoldeten Manne, del hombre dorado) gleicht den Mythen des Alterthums, welche auf ihrer Wanderung von Land zu Land allmälig verschiedenen Gegenden angepasst worden sind. Um die Wahrheit von dem Irrthume zu unterscheiden, genügt es sehr häufig in den Wissenschaften, die Geschichte von gewissen Meinungen aufzusuchen und ihre allmälige Entwickelung zu verfolgen. Die eingebornen Nationen malten, um sich desto leichter ihrer unbequemen Gäste zu entledigen, unaufhörlich das Dorado als leicht erreichbar und gaben ihm eine nur unbedeutende Entfernung. Es war eine Art Phantom, welches die Spanier zu fliehen und dennoch unaufhörlich zu locken schien. Es liegt in der Natur der auf der Erde umherirrenden Menschen sich das Glück über den Grenzen zu denken, welche sie kennen. Das Dorado ist, wie der Atlas und die Hesperiden, nach und nach aus dem Reiche der Dichtung herausgetreten, um eine Stelle in dem der systematischen Geographie einzunehmen. S. die 14te Platte meines geographischen Atlas unter dem Titel: Geschichte der Geographie des Orinoko seit der Karte des Jodocus Hondius vom J. 1599 bis zu der Karte des Buache vom J. 1798. Der Ursprung der Mythe vom Eldorado findet sich im 7ten Buch 24sten Kapitel der Geschichte meiner Reise. (Bd. II. S. 674.—712). Dies ist der Mann, von welchem Oviedo in einem Briefe an den Kardinal Bembo den Gonzalo Pizarro sagen lässt, „dass er, vom Kopfe zu Fuss mit Goldstaub bedeckt, einer goldenen Statue von der Hand eines vortrefflichen Künstlers (a una figura d’ora lavorata di mano d’un buonissimo artifice) gleiche, und dass der vergoldete Herr, in Folge der Unbequemlichkeit der Kleidung, zu welcher er verdammt sei, häufige Waschungen vornehme.“ Es kommt mir wahrscheinlich vor, dass dies ursprünglich eine Ceremonie des religiösen Oberhauptes von Cundinamarca war, welches, eine Art Grosslama der Secte Bochica oder Ilacanzas, zu Iraca (heutzutage Sogamozo) residirte. Ich habe an einem andern Orte darüber gesprochen, ob die Waschungen in der Laguna von Tota östlich von Tunja (dem alten Huncahua), wo das weltliche Oberhaupt von Cundinamarca residirte, oder in dem heiligen See von Guatavita, etwas südlich von Bogota, Statt fanden. Zu der Zeit, wo sich in England zur Bearbeitung der Minen Amerika’s mit unklugem Eifer Gesellschaften bildeten, sind einige Zeilen in meinen Ansichten der Cordilleren pl. 67., in denen das historische Factum erzählt ist, „dass im 16ten Jahrh. ein Dammbruch versucht worden sei, um den See auszutrocknen und die Schätze herauszuholen, welche nach der Sage bei der Ankunft Queseda’s die Eingebornen darein versenkt“, zu meinem grossen Bedauern und ohne mein Wissen die Ursache beträchtlicher Geldverluste geworden. Die grosse Berühmtheit eines goldreichen Landes zwischen dem Caqueta (Papamene) und dem Guaupe, einem Zufluss des Rio Negro, hat die Lage des ersten Dorado, des westlichen, des Dorado der Omaguas und der Manoa, entschieden. Ich sehe mit Vergnügen, dass die Vorstellungen, die ich zu San Carlos del Rio Negro in Bezug auf diesen gebirgigen und goldhaltigen Landstrich gesammelt habe, vor Kurzem von dem Schiffslieutenant der englischen Marine, Herrn W. Smyth, bestätigt worden sind. Dieser Offizier hat in Gemeinschaft mit Herrn Lowe beinahe den ganzen Lauf des Rio Huallaga, einen Theil des Ucayali und den Amazonenstrom von Nanta und Omaguas bis zur Mündung des Rio Negro mit grosser Genauigkeit aufgenommen. In einer am 14ten Dezember 1835 in der königl. geographischen Gesellschaft zu London vorgelesenen Denkschrift versichert Herr Smyth nach einem Manuscript des Pater André Fernandez de Souza, „dass die Tarianaindianer die reichen Goldgeschmeide, die man unter ihnen findet, von dem Stamme der Panenoa erhalten, die weiter als sie in der Civilisation vorgeschritten sind und an den Quellen des Rio Uaupès (Guepe) wohnen.“ Diese Goldwäschen zwischen den Uaupès, Iguiare und Yurubeche sind der Schauplatz der Unternehmungen Pedro’s de Ursua und Philipps von Huten, eines Deutschen, den die spanischen Autoren in Felipe de Urre und Utre umgewandelt haben. Indianer von San Jose de Maravitanos, einem Orte, der — Meilen südlich von San Carlos am Rio Negro liegt, hatten dem Kapitain Poblador Don Appollinario Diaz de la Fuente, der die Ufer des obern Orinoko, des Casiquiare und des Rio Negro ein halbes Jahrhundert vor mir besucht und dessen Reisetagebuch ich mir zu Quito verschafft, weiss gemacht, „dass, wenn man 14 Tage nordwestlich auf dem Uaupès fährt, man zu einer berühmten Laguna de Oro kommt, die von Bergen umgeben und so gross ist, dass man das entgegengesetzte Ufer nicht zu erkennen vermag. Die wilde Nation der Guanés lässt das Gold in dem sandigen Boden, der das Seeufer bildet, nicht aufsammeln.“ Das oft überschwemmte Land zwischen den Quellen des Yurubeche und des in den Caqueta mündenden Rio Marahi, wo La Condamine einem andern Goldsee seine Stelle anweist, den er Parahi (d. h. der See Wasser!) nennt, kann durch eine Versetzung der Oertlichkeiten Veranlassung zu dem abgeschmackten Mährchen von der Unermesslichkeit des Uaupès-See’s gegeben haben. Soviel scheint mir als gewiss anzunehmen, dass es zwischen den unbekannten Quellen des Rio Negro und seinen Zuflüssen, dem Xié und Uaupès (1°—2½° nördl. Breite, 71½°—74° Länge), ein kleines bergiges Plateau gibt, welches Lager von goldhaltigen Anschwemmungen enthält. Einst wird die Civilisation in diese Gegenden dringen, sei es nun von Osten nach Westen durch die brasilianischen oder kolumbischen Missionen am Rio Negro und Atabapo, die heutigen Tages gleich elend sind, oder von Westen nach Osten durch die Missionen von Caguan und Guayavero am Fusse der Cordilleren von Cundinamarca; und dann wird man sehen, ob sich diese goldhaltigen Sandlager der Behandlung durch die Wäsche verlohnen und ob in geographischer Beziehung das erste Dorado, das der Omaguas, das Ziel aller Expeditionen von 1535—1560, von mir richtig bestimmt worden ist. In dem letztgenannten Jahre nahm Pedro de Ursua den prunkenden Titel eines Governader del Dorado y de Omagua an. Er hörte, dass sein Gouvernement in partibus sich über eine Provinz erstreckte, die die Eingebornen mit dem Namen des Landes von Caricuri bezeichneten; und dieser Name allein, dessen Bedeutung er zweifelsohne nicht kannte, beweist die folgenreichen Einfälle der Karaiben in diesen westlichen Landstrichen. In der Tamanaksprache heisst das Gold Caricuri, bei den Karaiben Carucuru — zwei Sprachen, deren Verwandtschaft schon der gelehrte Forscher des Mithridat, Herr Vater, bemerkt hat. Curi (cori) ist aber auch das peruvianische Wort für dasselbe Metall, so dass wir hier eine der eingebrachten Wurzeln finden, die mittels der wandernden Stämme eine Strecke von 400—500 Meilen von Südwest nach Nordost durchlaufen haben. Zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts überschritt Antonio de Berrio, der Erbe des Grossadelantado Gonzalo Ximenez de Quesada die Cordilleren von Neu-Grenada (Cundinamarca) östlich von Tunja und gelangte vermittels des Rio Casanare, des Meta und des untern Orinoko zu der Trinitätsinsel. Von der Zeit an fixirte sich die Mythe vom Dorado in dem östlichen Theile von Guyana zwischen dem 62 und 66° der Länge, in der Gegend, welche erst neuerdings Gegenstand nützlicher und schwieriger Forschungen geworden ist. Dieselben Namen wurden andern Oertlichkeiten zugetheilt; die geographische Mythe modifizirte sich nach der Gestaltung eines Landes, welches, am Fusse des Pacarainagebirges gelegen, häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt ist. Wie überhaupt immer die Quellen grosser Flüsse die menschliche Neugier gereizt haben, indem sie ein unbegrenztes Feld zu den gewagtesten Hypothesen darbieten, so zeigt sich auch die Frage von den Quellen des Orinoko eng verbunden mit der Entdeckung des Dorado im östlichen Guyana. Die von einem gewissen Martinez erdichteten, von Raleigh verbreiteten und in der abenteuerlichen Geschichte Martin Juan’s de Albujar nachgeahmten Sagen, hatten im Jahre 1595 die Phantasie Antonio’s de Berrio und seines Maese de Campo, Domingo de Vera, entflammt. Dieser Martinez war nämlich von den Karaiben „von Stadt zu Stadt geführt worden, bis er nach Manoa, der Hauptstadt des Dorado kam, wo er einen Verwandten des Inka Atabalipa (Atahualpa) zu sehen glaubte, den er schon in Caxamarca gekannt zu haben behauptete.“ Da Martinez am obern Caroni wohnte, der von dem Pacarainagebirge herabkommt, und nach langer Abwesenheit unter den Indianern auf der Trinitätsinsel vom Rio Essequibo aus wieder erschien, so hat er ohne Zweifel dazu beigetragen, den See Manoa auf dem Isthmus des Rupunuri oder Rupunuwini genau zu bestimmen. Dieser See wurde nach und nach zu einem Binnenmeer (die Laguna Parime oder Roponowini des Jodocus Hondius) vergrössert. In dem Jahre, wo ich diese Zeilen schreibe, tragen noch viele ganz neue Karten Spuren von dieser alten geographischen Mythe, wie sie auch die Mythe von einem grossen Plateau in Central-Asien, das sich ununterbrochen vom Himalayagebirge bis zum Altaigebirge fortziehen soll, gewissenhaft fortpflanzen. Die Namen der drei mächtigen Nationen, der Om-Aguas oder Dit-Aguas oder Aguas, der Manaos oder Manoas und der Guaypres oder Uaupès, längs der Ufer des Uaupe oder Guaupe, sind noch heute in den Bassins des Amazonenstroms und des Rio Negro bekannt. Journal der geographischen Gesellschaft 1836. Bd. 6. Theil I. S. 21. Ich bedaure, dass der Lieutenant Smyth sowohl meine astronomischen Beobachtungen auf den Ufern des obern Rio Negro und des Casiquiare, als auch meine 1814 (Atlas Nr. 6.) erschienene Reisekarte vom Orinoko und seiner Gabeltheilung nicht gekannt hat, er würde ohne Zweifel durch einige genauere Angaben die rohe Zeichnung des Casiquiare und der Zuflüsse des Rio Negro berichtigt haben, die er zu Barra erhalten und die er in seinem interessanten Werke (Erzählung einer Reise von Lima nach Para 1836. S. 293.) hat abstechen lassen. Die Versicherung des Pater André Fernandez de Souza rücksichtlich der Verbindung des Uaupès (Vaupé) mit dem Auiyari (Guaviare) ermangelt aller Wahrscheinlichkeit. Siehe meinen Atlas Nr. 21. Vielmehr nähert sich der Inirida, ein Zufluss des Guaviare, vermöge seiner Richtung den Quellen des Rio Negro. Um die Verwirrung der hydrographischen Nomenclatur dieser Gegenden nicht noch zu vergrössern, muss ich hier darauf aufmerksam machen, dass das Manuscript des Pater Souza den Casiquiare Guxiquiari, den Tuamini Tiniuini, den Atabapo Yatauapu, den Pimichin Yaita nennt, den letztern wahrscheinlich wegen der nahegelegenen Mission Savita: da ich die eben genannten Flüsse befahren habe, kann ich mit einiger Sicherheit darüber sprechen. Man hat oft die Frage aufgeworfen, welches die Flüsse Jurubeche und Squiare der Patres Acuña und Fritz seien. Ich glaube sie in den Hyurubaxi und Iguiari der portugiesischen, im hydrographischen Depot zu Rio Janeiro gezeichneten Manuscriptkarten erkannt zu haben. Der erstere ergiesst sich bei St. Isabelle in den Rio Negro, der letztere in den Issana, einen Zufluss des Rio Negro. S. meine Karte von Kolumbien, 1° 5′ S. B.; 68° 10′ L. Auch Pater Fritz hat durch seine Reise im J. 1637 dieses goldreiche Land berühmt gemacht. Ich habe unter den kostbaren Sammlungen d’Anville’s, die in den Archiven der auswärtigen Angelegenheiten zu Paris aufbewahrt werden, unter Nr. 9545. eine höchst merkwürdige Manuscriptkarte gefunden, auf welcher die Reise des Pater Fritz verzeichnet ist. Sie führt den Titel: Tabula geographica del Marañon, 1690; und ich habe zu meinen Untersuchungen über die Geschichte der Geographie von Amerika davon Gebrauch gemacht. Fray Pedro Simon Not. VI. Kap. X. S. 348. Am angegebenen Orte S. 422. Das zweite Dorado, das östliche, kann mit dem Namen Dorado de la Parime oder Raleigh’s bezeichnet werden: denn dieser grosse Mann unternahm von 1595 bis 1617 vier Expeditionen auf dem untern Orinoko. Er war gewiss selbst hintergangen; aber wenn es sich darum handelte, die Einbildungskraft der Königin Elisabeth zu entflammen und die Pläne seiner ehrgeizigen Politik in Ausführung zu bringen, dann vernachlässigte er keinen Kunstgriff der raffinirtesten Schmeichelei. Er schilderte der Königin das Entzücken dieser barbarischen Völker beim Anblick ihres Bildes; er will, dass der Name der erhabenen Jungfrau, welche Königreiche zu besiegen weiss, bis zu den Landen der kriegerischen Weiber (Amazonen) in Guyana gelange; er versichert, dass zu der Zeit, wo die Spanier den Thron des Cuzco gestürzt, eine alte Prophezeihung aufgefunden worden sei, nach welcher die Dynastie der Inkas ihre Wiederherstellung eines Tages Grossbritannien verdanken werde; er gibt den Rath, unter dem Vorwande das Land gegen äussere Feinde zu vertheidigen, alle drei oder vier englische Meilen in die Städte des Inka Garnisonen zu legen und diesen Fürsten für solch grossmüthigen Schutz zur Abtragung eines jährlichen Tributs von 300,000 LSterl. an die Königin Elisabeth zu verpflichten; und fügt endlich als ein Prophet der Zukunft hinzu, dass all die ungeheuren Strecken des mittäglichen Amerika eines Tages dem englischen Volke gehören werden . Cayley’s Leben Raleigh’s Th. I. S. 7, 17, 51 und 100. Der östliche Theil von Guyana erlangte neue Berühmtheit, als im Jahre 1770 der Gouverneur Don Manuel Centurion, verführt von indianischen Häuptlingen, die sich mit Hülfe der Spanier an einem feindlichen Stamme zu rächen hofften, auf dem obern Cauca neue Einfälle machte. Das Volk der Majenaos wurde damals durch unrichtige Aussprache in Manaos verwandelt und dieser Name, berühmt durch die Expedition Urre’s und Jorge’s de Espira (Georg von Speier) im Thale des Rio Branko wieder gefunden. Bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts war die ungeheure Strecke zwischen den Bergen von französisch Guyana und den wilden Cacao- und Juviawäldern (juvia, Bertholletia excelsa) des obern Orinoko, zwischen den Quellen des Rio Caroni und dem Amazonenstrome (vom 0° bis 4½° N. Br. und von 57° bis 68° L.) so wenig bekannt, dass die Geographen nach Gutdünken Seen darauf anbringen und Flussverbindungen dafür erfinden konnten. Heutigen Tags ist das Feld der Hypothesen beschränkt. Man hat die Länge von Esmeralda am obern Orinoko bestimmt und östlich von diesem Punkte mitten in den Ebenen und Savannen der Parime einen zwanzig Meilen breiten Strich von Norden nach Süden, längs der Ufer des Caroni und des Rio Branko, durchforscht. Dies ist der gefahrvolle Weg, den im Jahre 1739 der Chirurg Nikolas Hortsmann aus Hildesheim machte; im Jahre 1775 der Spanier Don Antonio Santos und sein Freund Nicolas Rodriguez; im Jahre 1793 der Obristlieutenant des ersten Linienregiments von Para, Don Francisco Jose Rodriguez Barata; und nach Manuscriptkarten , die ich dem vormaligen portugiesischen Gesandten zu Paris, Chevalier de Brito, verdanke, mehre englische und holländische Kolonisten, die im Jahre 1811 durch die Portage des Rupunuri und durch den Rio Branko von Surinam nach Para gelangten. Dieser Weg theilt die Terra incognita der Parime in zwei ungleiche Hälften, und steckt zugleich für die Geographie dieser Gegenden einem sehr wichtigen Punkt, den Quellen des Orinoko, Grenzen, die ins Blaue hinein nach Osten zurückzuschieben nun nicht mehr möglich ist, ohne das Bett des Rio Branko zu durchschneiden, der von Norden nach Süden durch das Bett des obern Orinoko fliesst, welcher eine ostwestliche Richtung nimmt. Wegen der Lage von Santa Rosa am Uraricapara, dessen Lauf von den portugiesischen Ingenieurs ziemlich genau bestimmt zu sein scheint, können sich die Quellen des Orinoko nicht östlich vom Meridian 65½° befinden. Dies ist die Ostgrenze, über welche hinaus sie nicht gesetzt werden dürfen, und gestützt auf den Zustand des Flusses bei dem Raudal der Guaharibos (oberhalb Caño Chiguire, in dem Lande der Guaycasindianer mit ausnehmend weisser Haut, 52′ östlich von dem grossen Cerro Duida), dünkt es mir wahrscheinlich, dass der Orinoko in seinem obern Laufe höchstens den Meridian 66½° erreicht. Dieser Punkt ist nach meinen Combinationen um 4° 12′ westlicher als der kleine See Amucu, bis zu welchem Herr Schomburgk neulich vorgedrungen ist. Wenn man den Lauf des Rio Branko in seiner ganzen Länge verfolgt, von den beiden Flüssen Uraricuera und Tacutu an gerechnet, welche diesen eben bilden, und von der Bergkette Pacaraina durch den schmalen angebauten oder vielmehr bewohnten Landstrich herabsteigt, der unter der Capitania general von Gran-Para steht, so kann man die theils erdachten, theils von den Geographen vergrösserten Seen in zwei bestimmte Gruppen unterscheiden. Die erste dieser Gruppen umfasst diejenigen, welche man zwischen Esmeralda, die östlichste Mission am obern Orinoko, und dem Rio Branko setzt; zur zweiten gehören die Seen, welche man in dem Landstrich zwischen dem Rio Branko und dem französischen, holländischen und britischen Guyana annimmt. Diese Uebersicht, welche die Reisenden nie aus den Augen verlieren dürfen, beweist, dass die Frage, ob es noch einen andern See Parime östlich vom Rio Branko gebe, als den See Amucu, den Hortsmann, Santos, Obrist Barata und Herr Schomburgk gesehen, mit dem Probleme der Orinokoquellen gar nichts zu thun hat. Da der Name meines berühmten Freundes, des vormaligen Direktors des hydrographischen Bureaus zu Madrid, Don Felipe Bauza, in der Geographie von grossem Gewicht ist, so verpflichtet mich die Unparteilichkeit, welche jede wissenschaftliche Erörterung beherrschen soll, in Erinnerung zu bringen, dass sich dieser gelehrte Mann zu der Ansicht hinneigte, dass westlich vom Rio Branko, ziemlich in der Nähe der Quellen des Orinoko, Seen liegen müssten. Er schrieb mir kurz vor seinem Tode aus London: „Ich wünschte Sie hier zu wissen, um mit Ihnen über die Geographie des obern Orinoko sprechen zu können, welche Sie so viel beschäftigt hat. Ich bin so glücklich gewesen, die dem Marine-General Don Jose Solano, dem Vater des zu Cadix so traurig umgekommenen Solano, gehörigen Dokumente vom völligen Untergang zu retten. Diese Dokumente beziehen sich auf die Grenztheilung zwischen den Spaniern und Portugiesen, womit Solano in Verbindung mit dem Escadrechef Yturriaga und Don Vicente Doz seit dem Jahre 1754 beauftragt war. Auf allen diesen Plänen und Entwürfen sehe ich eine Laguna Parime, bald als Quelle des Orinoko, bald als völlig gesondert von diesen Quellen dargestellt. Darf man aber zugeben, dass drüber hinaus nach Osten und nordöstlich von Esmeralda noch irgend ein See existirt?“ Die Brasilianer haben aus politischen Gründen seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ein lebhaftes Interesse für die weiten Ebenen östlich vom Rio Branko an den Tag gelegt. Siehe das Memoire, welches ich auf Verlangen des portugiesischen Hofes im Jahre 1817 verfertigte, sur les limites de la Guyane française. (Schöll: Politisches Archiv oder ungedruckte Aufsätze Th. I. S. 48 — 58.) Sie verbinden sich bei St. Joaquim do Rio Branko; die Zuflüsse des Tacutu, welche den Mahu und Xurumu, so wie die Zuflüsse des Uraricuera, die den Parime, Mayari und Uraricapara bilden, entspringen unmittelbar am südlichen Abhange der kleinen Cordillere Pacaraina, so dass die Gewässer des Rio Branko, dessen Zusammenfluss mit dem Rio Negro nach dem Astronomgeographen Pontes Leme unter 1° 26′ S. Br. Statt findet, vom vierten nördlichen Breitengrade hervorströmen. Als Botaniker dieser Expedition kam der berühmte Schüler Linné’s, Löffling, nach Cumana. Er starb, nachdem er die Missionen am Piritu und Caroni durchstreift, am 22sten Februar 1756 in der Mission Santa Eulalia de Murucuri, etwas südlich vom Zusammenfluss des Orinoko und Caroni. Die Dokumente, von denen Bauza spricht, sind dieselben, welche der grossen Karte de la Cruz Olmedilla’s zu Grunde liegen, dem Muster aller Karten des mittäglichen Amerika, welche zu Ende des vorigen Jahrhunderts in England, Frankreich und Deutschland erschienen sind; sie haben auch zu den beiden im Jahre 1756 von Pater Caulin, Historiographen der Expedition Solano’s, und von Herrn de Surville, Archivar des Staatssekretariats zu Madrid, einem ungeschickten Compilator, gezeichneten Karten gedient. Den Widerspruch, den diese Karten darbieten, beweist das Widersprechende, was sich in den Plänen und Entwürfen, die ihnen zur Grundlage dienten, vorfand. Noch mehr: Pater Caulin, der Historiograph der Expedition, entschleiert mit Scharfsinn die Umstände, welche zu der Fabel vom See Parime Veranlassung gegeben haben; und die Karte Surville’s, welche sein Werk begleitet, stellt nicht allein diesen See unter dem Namen des weissen Meeres und des Mar Dorado wieder her, sondern gibt auch noch einen andern kleinen an, aus welchem, zum Theil durch Seitenausflüsse, der Orinoko, Siapa und Ocamo hervorkommen. Ich habe mich an Ort und Stelle von der in den Missionen sehr bekannten Thatsache überzeugen können, dass Don Jose Solano bloss die Katarakte von Atures und Maypure überschritten hat, dass er aber nicht über den Zusammenfluss des Guaviare und Orinoko unter 4° 3′ Br. und 70° 31′ Länge gekommen ist und dass die astronomischen Instrumente der Grenzexpedition weder bis zum Isthmus des Pimichin und zum Rio Negro, noch bis zum Casiquiare und am Hachorinoko über die Mündung des Atabapo getragen worden sind. Dieses ungeheure Land, in welchem vor meiner Reise keine genauen Beobachtungen versucht worden waren, wurde seit der Zeit Solano’s nur noch von einigen Soldaten durchstreift, die man auf Entdeckungen ausschickte, und Don Appollinario de la Fuente, dessen Tagebücher ich aus den Archiven der Provinz Quixos erhalten, sammelte ohne Kritik aus den lügenhaften Erzählungen der Indianer Alles, was der Leichtgläubigkeit des Gouverneurs Centurion nur schmeicheln konnte. Kein Mitglied der Expedition hat einen See gesehen und Don Appollinario konnte nicht weiter als bis zum Cerro Yumariquin und Gehette kommen. Nachdem nun in der ganzen Ausdehnung des Landes, auf welches man den forschenden Eifer der Reisenden hinzulenken wünscht, eine Theilungslinie festgestellt ist, welche das Bassin des Rio Branko bildet, bleibt noch zu bemerken übrig, dass seit einem Jahrhundert unsere geographischen Kenntnisse über das Land westlich von diesem Thale, zwischen 64 und 68° Länge, um Nichts vorgeschritten sind. Die Versuche, welche das Gouvernement von spanisch Guyana seit der Expedition Iturria’s und Solano’s wiederholt gemacht hat, die Pacarainagebirge zu erreichen und zu überschreiten, hat nur ein sehr unbedeutender Erfolg gekrönt. Indem die Spanier nach den Missionen der katalonischen Kapuziner von Barceloneta, am Zusammenfluss des Caroni mit dem Rio Paragua, auf dem letztgenannten Flusse nach Süden bis zu seiner Vereinigung mit dem Paraguamusi hinauffuhren, gründeten sie an der Stelle dieser Vereinigung die Mission Guirion, die anfangs den prunkenden Namen Ciudad de Guirion erhielt. Ich setze sie ungefähr unter 4½° nördl. Breite. Von dort setzte der Gouverneur Centurion, den die übertriebenen Erzählungen zweier indianischer Häuptlinge, Paranacare und Arimuicaipi von dem mächtigen Volke der Ipurucotos, zur Aufsuchung des Dorados anreizten, die zu jener Zeit sogenannten geistigen Eroberungen noch weiter fort und gründete jenseits der Pacarainagebirge die zwei Dörfer Santa Rosa und San Bauptista de Caudacacla, das erstere am obern östlichen Ufer des Uraricapara, einem Zuflusse des Uraricuera, den ich in dem Reiseberichte des Rodriguez Rio Curaricara genannt finde; das zweite sechs bis sieben Meilen weiter Ostsüdost. Der Astronomgeograph der portugiesischen Grenzcommission, Fregattencapitain Don Antonio Pires de Sylva Pontes Leme, und der Ingenieurcapitain Don Riccardo Franco d’Almeïda de Serra , welche von 1787 bis 1804 mit der äussersten Sorgfalt den ganzen Lauf des Rio Branko und seiner obern Verzweigungen aufgenommen haben, nennen den westlichsten Theil des Uraricapara das Thal der Ueberschwemmung. Sie setzen die spanische Mission Santa Rosa unter 30° 46′ nördl. Br. und bezeichnen den Weg, welcher von dort nördlich über die Bergkette an den Caño Anocapra führt, einen Zufluss des Paraguamusi, mittels dessen man aus dem Bassin des Rio Branko in das des Caroni gelangt. Man findet ausser dem eben genannten Thale der Ueberschwemmung noch andere grosse Seen zwischen dem Rio Xurumu und der Parime . Eine dieser Buchten ist ein Zufluss des Takutu und die andere des Uraricuera. Selbst am Fusse des Pacarainagebirges sind die Flüsse grossen periodischen Ueberschwemmungen unterworfen, und der See Amucu, von welchem weiterhin die Rede sein wird, bietet gerade diesen Charakter der Lage am Anfange der Ebenen. Die spanischen Missionen Santa Rosa und San Bauptista de Caudacacla oder Cayacaya, gegründet in den Jahren 1770 und 1773 von dem Gouverneur Don Manuel Centurion, wurden noch vor dem Ende des vorigen Jahrhunderts zerstört und seit dieser Zeit ist kein neuer Versuch gemacht worden, von dem Bassin des Caroni nach dem südlichen Abhang der Pacarainagebirge vorzudringen. Zwei Karten dieser portugiesischen Offiziere, welche das ganze Detail der trigonometrischen Aufnahme der Krümmungen des Rio Branko, des Uraricuera, des Takutu und des Mahu enthalten, hat dem Obrist Lapie und mir der Graf von Linhares gefälligst mitgetheilt. Diese kostbaren ungedruckten Dokumente, welche ich benutzt, befinden sich noch in den Händen des gelehrten Geographen, welcher vor langer Zeit auf eigene Kosten den Stich hat anfangen lassen. Die Portugiesen nennen bald den ganzen Rio Branko Rio Parime, bald beschränken sie diese Benennung auf den einzigen Zufluss Uraricuera, etwas unterhalb des Caño Mayari und oberhalb der alten Mission San Antonio. Da die Wörter Paragua und Parime zugleich Wasser, grosses Wasser, See und Meer bedeuten, so darf man sich nicht wundern, dieselben bei den Omaguas am obern Maragnon, bei den westlichen Guaranis und bei den Karaiben, folglich bei den am weitesten von einander wohnenden Völkern so oft wiederholt zu finden. Unter allen Zonen heissen die grossen Flüsse bei den Uferbewohnern der Fluss, ohne andre besondre Bezeichnung. Paragua, ein Zweig des Caroni, ist auch der Name, welchen die Eingebornen dem obern Orinoko geben. Der Name Orinuku ist tamanaquisch und Diego de Ordaz hörte ihn zum erstenmal im Jahre 1531 aussprechen, als er bis an die Mündung des Meta hinauffuhr. Das östlich von dem Thal des Rio Branko gelegene Terrain allein hat in den letztern Jahren zu glücklichen Untersuchungen Veranlassung gegeben. Herr Hillhouse hat den Massaruni bis zu der Bucht von Caranang befahren, von wo ein Pfad den Reisenden, wie er sagt, in zwei Tagen bis zur Quelle des Massaruni und in drei Tagen zu den Zuflüssen des Rio Branko geführt haben würde. Hinsichtlich der Krümmungen des grossen Flusses Massaruni, welche Herr Hillhouse beschrieben hat, bemerkt er in einem an mich gerichteten Briefe (Demerary, den 1sten Januar 1831), „dass der Massaruni von seinen Quellen an gerechnet, zuerst westlich, dann einen Breitengrad Weges nördlich, nachher fast 200 englische Meilen östlich und endlich nördlich und nordnordöstlich fliesse, um sich mit dem Essequibo zu vereinigen.“ Da Herr Hillhouse den südlichen Abhang der Pacarainakette nicht hat erreichen können, so kennt er auch den See Amucu nicht: er erzählt selbst in seinem gedruckten Bericht, dass „er nach den Belehrungen, die er von den Accaouais erhalten, die beständig das zwischen dem Gestade und dem Amazonenstrom gelegene Land durchstreifen, die Ueberzeugung gewonnen habe, dass es in diesen Gegenden gar keinen See gebe.“ Diese Versicherung überraschte mich einigermassen; sie stand in direktem Widerspruche mit den Vorstellungen, welche ich über den See Amucu gewonnen, aus welchem nach den Reiseberichten Hortsmann’s, Santos’ und Rodriguez’, die mir um so mehr Vertrauen eingeflösst hatten, als sie ganz mit den neuen portugiesischen Manuscriptkarten übereinstimmten, der Caño Pirara strömen sollte. Endlich nach fünf Jahren der Erwartung hat die Reise Herrn Schomburgk’s alle Zweifel zerstreut. „Es ist schwer zu glauben,“ sagt Herr Hillhouse in seinem interessanten Mémoire über den Massaruni, „dass die Sage von einem grossen Binnensee gar keinen Grund haben sollte. Nach meiner Ansicht kann vielleicht folgender Umstand zu dem Glauben an die Existenz des fabelhaften See’s Parime Veranlassung gegeben haben. In ziemlich grosser Entfernung von dem Felssturz Teboco bieten die Gewässer des Massaruni dem Auge keine stärkere Bewegung, als der ruhige Spiegel eines See’s. Wenn in einer mehr oder weniger entfernten Epoche die horizontalen Granitlager von Teboco völlig kompact und ohne Spalt waren, dann mussten die Gewässer sich wenigstens 50 Fuss über ihr gegenwärtiges Niveau erheben und es wird sich ein ungeheurer See von 10—12 Meilen Breite und 1500 bis 2000 Meilen Länge gebildet haben. Nicht allein die Ausdehnung der angenommenen Ueberschwemmung hindert mich dieser Erklärung beizutreten. Ich habe Ebenen (Llanos) gesehen, wo zur Regenzeit die Ueberschwemmung der Zuflüsse des Orinoko alljährlich eine Fläche von 400 QMeilen mit Wasser bedecken. Das Labyrinth von Verzweigungen zwischen dem Apure, Arauca, Capanaparo und Sinaruco verschwindet dann gänzlich; die Gestalt der Flussbetten ist verwischt und Alles erscheint als ein ungeheurer See. Doch die Lokalität der Mythe vom Dorado und dem See Parime gehört historisch einer ganz andern Gegend von Guyana, sie gehört dem Süden des Pacarainagebirges. Es sind, wie ich an einem andern Orte (vor 15 Jahren) bewiesen zu haben glaube, die glimmerartigen Felsen des Ucucuamo, der Name des Rio Parime (Rio Branko), die Ueberschwemmungen seiner Zuflüsse und besonders die Existenz des See’s Amucu, der sich in der Nähe des Rio Rupunuwini (Rupunuri) befindet und durch den Pirara mit dem Rio Parime in Verbindung steht, welche zu der Fabel vom weissen Meere und dem Dorado der Parime die Veranlassung gegeben haben. Annalen der Reisen 1836. Sept. S. 316. Siehe die Karten 17. und 18. meines geographischen und physischen Atlas. Ich habe mit Vergnügen gesehen, dass die Reise des Herrn Schomburgk diese ersten Ansichten vollkommen bestätigt. Der Theil seiner Karte, welcher den Lauf des Essequibo und des Rupunuri gibt, ist ganz neu und von hoher Wichtigkeit für die Geographie. Sie stellt die Pacarainakette vom 3° 52′ bis zum 4° der Breite dar; ich hatte ihre mittlere Richtung unter 4° bis 4° 10′ angegeben. Die Kette erreicht den Zusammenfluss des Essequibo und Rupunuri unter 3° 57′ nördl. Breite und 60° 23′ westl. Länge; ich hatte denselben um ½° zu weit nördlich gesetzt. Die Lage des See’s Amucu und seine Beziehungen zu dem Mahu (Maou) und Takutu (Takoto) stimmen ganz mit meiner Karte von Kolumbien vom Jahre 1825 überein. In gleicher Uebereinstimmung sind wir über den Breitengrad des See’s Amucu. Der Reisende findet 3° 33′; ich glaubte bei 3° 35′ stehen bleiben zu müssen; doch der Caño Pirara (Pirarara), der den Amucu mit dem Rio Branko verbindet, strömt nördlich und nicht westlich aus dem See heraus. Herr Schomburgk nennt ihn nach der Aussprache der Macusis Rupununi. Er gibt als Synonyme Rupunuri, Rupunuwini und Opununy, indem die karaibischen Stämme dieser Gegenden den Buchstaben r nur schwer aussprechen können. Immer nach dem Meridian von Paris berechnet. Der Sibarana meiner Karte, welchen Hortsmann bei einer schönen Mine von Bergkrystallen etwas nördlich vom Cerro Ucucuamo entspringen lässt, ist der Siparuni der schomburgkischen Karte. Der Waa- Ekuru derselben ist der Tavaricuru des portugiesischen Geographen Pontes Leme; es ist der Zufluss des Rupunuri, welcher sich dem See Amucu am meisten nähert. Folgende Bemerkungen aus dem Bericht Herrn Schomburgk’s werfen einiges Licht auf den uns beschäftigenden Gegenstand: „Der See Amucu“, sagt dieser Reisende, „ist ohne Widerrede der Nucleus des See’s Parime und des vorgeblichen weissen Meeres. Im Dezember und Januar, als wir ihn besuchten, war er kaum eine Meile lang und halbbedeckt mit Binsen (dieser Ausdruck findet sich schon auf d’Anville’s Karte von 1748). Der Pirara strömt aus dem See westnordwestlich von dem indianischen Dorfe Pirara hervor und fällt in den Maou oder Mahu. Der letztgenannte Fluss entspringt nach den von mir eingezogenen Erkundigungen nördlich von der Schwelle des Pacarainagebirges, das in seinem östlichen Theile sich nur 1500 Fuss erhebt. Die Quellen befinden sich auf einem Plateau, worauf der Fluss einen schönen Wasserfall, Namens Corona, bildet. Wir waren im Begriff, denselben zu besuchen, als mich am dritten Tage dieses Ausfluges in die Berge das Unwohlsein eines meiner Gefährten nöthigte, nach der Station am See Amucu zurückzukehren. Der Mahu hat schwarzes (kaffeefarbenes) Wasser und seine Strömung ist reissender als die des Rupunuri. In den Bergen, durch die er sich seinen Weg bahnt, hat er ungefähr 60 Yards Breite und seine Umgebungen sind ungemein malerisch. Dieses Thal, so wie die Ufer des Buroburo, der dem Siparuni zuströmt, werden von den Macusis bewohnt. Im April sind die ganzen Savannen überschwemmt und bieten dann die eigenthümliche Erscheinung dar, dass sich die, zwei verschiedenen Flussgebieten angehörenden Gewässer mit einander vermischen. Wahrscheinlich hat die ungeheure Ausdehnung dieser zeitweiligen Ueberschwemmung Veranlassung zu der Mythe vom See Parime gegeben. Während der Regenzeit bietet sich im Innern des Landes eine Wasserverbindung vom Essequibo nach dem Rio Branko und Gran- Para dar. Einige Baumgruppen erheben sich gleich Oasen auf den Sandhügeln der Savannen und erscheinen zur Zeit der Ueberschwemmungen gleich in einem See zerstreut herum liegende Inseln: dies sind ohne Zweifel „die Ipomucenainseln des Don Antonio Santos.“ In den Manuscripten d’Anville’s, dessen Erben mir die Durchsicht derselben gütigst gestatteten, habe ich gefunden, dass der Chirurg Hortsmann aus Hildesheim, der diese Gegenden mit grosser Sorgfalt beschrieben, noch einen zweiten Alpensee gesehen, den er zwei Tagereisen oberhalb des Zusammenflusses des Mahu mit dem Rio Parime (Takutu?) setzt. Es ist ein Schwarzwassersee auf dem Gipfel eines Berges. Er unterscheidet ihn bestimmt von dem See Amucu, den er „mit Binsen bedeckt“ angibt. Die Reiseberichte Hortsmann’s und Santos’ lassen eben so wenig an eine beständige Verbindung zwischen dem Rupunuri und dem See Amucu denken, als die portugiesischen Manuscriptkarten des Marinebureaus zu Rio Janeiro. So ist auch auf den Karten d’Anville’s die Zeichnung der Flüsse in der ersten Ausgabe des „mittäglichen Amerika“ von 1778 in dieser Beziehung besser als die weiter verbreitete vom Jahre 1760. Herr Schomburgk’s Reise bestätigt diese Unabhängigkeit des Bassins des Rupunuri und Essequibo vollkommen, macht aber bemerklich, dass „während der Regenzeit der Rio Waa-Ecuru, ein Zufluss des Rupunuri, mit dem Caño Pirara in Verbindung steht. Dies ist der Zustand dieser Bassins von Flüssen, die noch wenig entwickelt und beinahe ganz von Trennungsschwellen (Kämmen) entblösst sind. Der Rupunuri und das Dorf Anai (3° 56′ Br. 60° 56′ Länge) sind gegenwärtig als die politische Grenze des britischen und brasilianischen Gebietes in diesen wüsten Gegenden anerkannt. Herr Schomburgk, schwer erkrankt, fand sich zu einem längern Aufenthalt zu Anai genöthigt; er stützt die chronometrische Lage des See’s Amucu auf das Mittel von mehren Mondabständen, die er (nach Osten und nach Westen) während seines Verweilens zu Anai gemessen. Die Längen dieses Reisenden sind im Allgemeinen für diese Punkte der Parime beinahe einen Grad östlicher als die Längen meiner Karte von Kolumbien. Weit entfernt, das Resultat der Mondabstände von Anai in Zweifel zu ziehen, muss ich nur darauf aufmerksam machen, dass die Berechnung dieser Abstände wichtig wird, wenn man die Zeit vom See Amucu nach Esmeralda tragen will, welches ich unter 68° 23′ 19″ Länge gefunden habe. Herr Schomburgk nimmt es Wunder, an den Ufern des Essequibo, weit über seiner Vereinigung mit dem Rupunuri, unter 3° 50′ nördl. Breite, in der Nähe der Bucht Primoso die Spuren eines holländischen Etablissements zu finden. Dieser Posten wurde früher gegen die Einfälle der Karaiben befestigt. Es ist nicht ohne Interesse, zu erfahren, dass Don Antonio Santos in seinem Reisebericht von 1775 von derselben holländischen Niederlassung am obern Essequibo spricht. Die europäischen Niederlassungen waren damals weiter nach Süden und Westen vorgerückt, als sie es heutigen Tages sind. Man findet aus jener Zeit drei Landwege vom Bassin des Rio Branko nach dem Demerary angezeigt, nämlich vom Mahu durch die Berge zum Benamo, einem Zufluss des Cuyuni; vom Caño Pirara zum Tavaricuru (Waa-Ecuru) und vom Sarauru, der in den Takutu fällt, an den Rupunuri etwas südlich von den Bergen Cumucumu, die vielleicht gleich sind mit dem Conocongebirge (Conoconu) der schomburgkischen Karte. Journal der geographischen Gesellschaft, Bd. VI. Th. I. S. 263. So sehen wir denn durch neuere Forschungen das grosse Mer de la Parima, welches so schwer von unsern Karten zu entfernen war, dass man ihm nach meiner Rückkehr aus Amerika sogar noch 40 Meilen Länge zusetzte, auf den zwei oder drei Meilen umfassenden See Amucu zurückgeführt! Die Täuschungen, die beinahe zwei Jahrhunderte hindurch gehegt wurden (die letzte spanische Expedition im Jahre 1775 zur Entdeckung des Dorado kostete mehren hundert Menschen das Leben), haben sich damit beendigt, dass die Geographie einige Früchte daraus gezogen hat. Im Jahre 1512 kamen Tausende von Soldaten bei der Expedition um, welche Ponce de Leon unternahm, um die Quelle der Jugend auf der kleinen Insel Bahama zu entdecken, die Bimini heisst, und die man kaum auf unsern Karten findet. Diese Expedition führte zur Eroberung von Florida und zur Kenntniss des grossen Seestroms, des Gulfstroms, der durch den Kanal von Bahama mündet. Der Durst nach Schätzen und der Wunsch nach Verjüngung, das Dorado und die Quellen der Jugend, haben beinahe wetteifernd die Leidenschaften der Völker gereizt. Die Wichtigkeit, welche seit dem Alterthum die Völker auf die Quellen der Flüsse und auf Flüsse, die aus einem See hervorströmen, gelegt haben, ist so gross, dass mir schon während meines kurzen Aufenthaltes im Fort San Carlos del Rio Negro ein Bewohner von Barcelos, ein Farbiger, „einen kleinen See bezeichnete, aus welchem der Rio Tacueu (Takutu) hervorströme und mit einem andern Flusse (dem Uraricuera) den Rio Branko bilde.“ Er verwechselt nur den Takutu mit dem Mahu und betrachtet den Pirara als den Anfang des Mahu. In der Sitzung der alterthumsforschenden Gesellschaft zu London wurde den 17ten November 1836 eine Denkschrift des Herrn Schomburgk über die religiösen Sagen der Macusiindianer verlesen, welche den obern Mahu und einen Theil der Pacarainagebirge bewohnen, eine Nation, die folglich seit einem Jahrhundert (seit der Reise des kühnen Hortsmann) ihre Wohnsitze nicht verändert hat. „Die Macusis“, sagt Herr Schomburgk, „glauben, dass der einzige Mensch, der eine allgemeine Ueberschwemmung überlebt, die Erde wieder bevölkert, indem er die Steine in Menschen verwandelt habe.“ Wenn diese Mythe, die Frucht der lebendigen Phantasie dieser Völker, an Deukalion und Pyrrha erinnert, so zeigt sie sich unter einer etwas veränderten Form bei den Tamanaquen des Orinoko. Wenn man diese fragt, wie das Menschengeschlecht diese grosse Fluth, das Zeitalter der Wasser der Mexikaner, überlebt habe, dann antworten sie ohne Zögern, „dass sich ein Mann und eine Frau auf den Gipfel des hohen Berges Tamanacu an den Ufern des Asiveru gerettet und dann die Früchte der Mauritiapalme über ihre Köpfe hinter sich geworfen, aus deren Kernen Männer und Weiber entsprungen wären, welche die Erde wieder bevölkerten.“ Einige Meilen von Encaramada erhebt sich mitten aus der Savanne der Felsen Tepu-Mereme, d. h. der gemalte Felsen; er zeigt mehre Figuren von Thieren und symbolische Züge, die viel Aehnlichkeit mit denen haben, welche wir in einiger Entfernung oberhalb Encaramada bei Caycara (7° 5′ bis 7° 40′ Br., 68° 50′ bis 69° 45′ Länge) gesehen. Dieselben ausgehauenen Felsen findet man zwischen dem Casiquiare und dem Atabapo (2° 5′ bis 3° 20′ Br., 69° 70′ Länge) und was am meisten auffallen muss, auch 140 Meilen weiter in Osten in der Einsamkeit derselben Parime, welche den Gegenstand unserer Abhandlung bildet. Ich habe die letztere Thatsache in dem Tagebuche des Nikolas Hortsmann aus Hildesheim, von dem ich eine Copie von der Hand des berühmten d’Anville gesehen, ausser allen Zweifel gesetzt. Dieser schlichte, bescheidene Reisende schrieb alle Tage an Ort und Stelle dasjenige nieder, was ihm bemerkenswerth erschien; und er verdient um so grössern Glauben, als er voll Missvergnügen, das Ziel seiner Forschungen, nämlich den See Dorado, die Goldklumpen und eine Diamantmine, welche sich bloss für sehr reinen Bergkrystall ergab, verfehlt zu haben, mit einer gewissen Verachtung auf Alles herabblickt, was ihm auf seinem Wege begegnet. Am Ufer des Rupunuri, dort, wo der Fluss mit kleinen Kascaden angefüllt sich zwischen dem Macaranagebirge hinschlängelt, findet er am 16ten April 1749, bevor er in die Umgebungen des See’s Amucu kommt, „Felsen mit Figuren, oder wie er portugiesisch sagt, de varias letras bedeckt.“ Man hat uns auch bei dem Felsen Culimacari am Ufer des Casiquiare Zeichen gezeigt, die man nach der Schnur abgemessene Charaktere nannte; es waren aber weiter nichts als unförmliche Figuren von Himmelskörpern, Krokodillen, Boaschlangen und Werkzeugen zur Bereitung des Maniocmehls. Ich habe in diesen gemalten Felsen (piedras pintadas) keine symmetrische Ordnung oder regelmässige, räumlich abgemessene Charaktere gefunden. Das Wort Letras im Tagebuch des deutschen Chirurgen darf daher nicht, wie es mir scheint, im strengsten Sinne genommen werden. Herr Schomburgk ist nicht so glücklich gewesen, die von Hortsmann gesehenen Felsen wieder zu finden, doch hat er andere am Ufer des Essequibo bei der Kaskade Waraputa beschrieben. „Diese Kaskade,“ sagt er, „ist nicht allein durch ihre Höhe berühmt, sie ist es auch durch die grosse Menge der in Stein eingehauenen Figuren, die viel Aehnlichkeit mit denen haben, die ich zu St. John, einer der Jungfraueninseln, gesehen und unbedenklich für das Werk der Karaiben halte, die vor Zeiten diesen Theil der Antillen bevölkert haben. Ich that das Unmögliche, um einen dieser Felsen zu zerhauen, der Inschriften trägt und den ich mit mir nehmen wollte; doch der Stein war zu hart und das Fieber hatte mich entkräftet. Weder Drohungen noch Versprechungen konnten die Indianer dahin bringen, einen einzigen Hammerschlag gegen diese Felsenmassen, die ehrwürdigen Denkmäler der Bildung und der Ueberlegenheit ihrer Vorfahren, zu thun. Sie halten dieselben für das Werk des grossen Geistes und die verschiedenen Stämme, welche wir angetroffen, sind ungeachtet der grossen Entfernung, doch damit bekannt. Schrekken malte sich auf den Gesichtern meiner indianischen Begleiter, die jeden Augenblick zu erwarten schienen, dass das Feuer des Himmels auf mein Haupt herabfallen würde. Ich sah nun wohl, dass mein Bemühen fruchtlos war, und musste mich daher begnügen, eine vollständige Zeichnung derselben mitnehmen zu können.“ Der letzte Entschluss war ohne Zweifel das Beste und der Herausgeber des englischen Journals fügt zu meiner grossen Freude in einer Note hinzu: „Es ist zu wünschen, dass es Andern nicht besser als Herrn Schomburgk gelingen und dass kein Reisender einer civilisirten Nation ferner an die Zerstörung dieser Denkmäler der schutzlosen Indianer Hand anlegen wird.“ Ungeachtet der weiten Ausdehnung, welche die Einfälle der Karaibenstämme erlangten und der alten Macht dieses schönen Menschenschlages kann ich doch nicht glauben, dass dieser ganze ungeheure Gürtel von eingehauenen Felsen, der einen grossen Theil Südamerika’s von Westen nach Osten durchschneidet, das Werk der Karaiben sein solle. Es sind vielmehr Spuren einer alten Civilisation, die vielleicht einer Epoche angehört, wo die Racen, welche wir heutzutage unterscheiden, nach Namen und Verwandtschaft noch unbekannt waren. Selbst die Ehrfurcht, welche man überall gegen diese rohen Sculpturen der Altvordern hegt, beweist, dass die heutigen Indianer keinen Begriff von der Ausführung solcher Werke haben. Noch mehr: zwischen Encaramada und Caycara an den Ufern des Orinoko befinden sich häufig diese hieroglyphischen Figuren in bedeutender Höhe auf Felsenwällen, die jetzt nur mittels ausserordentlich hoher Gerüste zugänglich sein würden. Fragt man die Eingebornen, wie diese Figuren haben eingehauen werden können, dann antworten sie lächelnd, als erzählten sie eine Sache, die nur ein Weisser nicht wissen könne, „dass in den Tagen der grossen Wasser ihre Väter auf Kanoes in solcher Höhe gefahren wären .“ Dies ist ein geologischer Traum, der zur Lösung des Problems von einer längst vergangenen Civilisation dient. Gemälde der Natur, Bd. I. S. 240. 2te Ausgabe. 1828. bei Gide. Entnommen den: Les nouvelles Annales des Voyages. Paris. 1837.