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Alexander von Humboldt: „In Beziehung auf electrische Fische“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1836-Ueber_einige_elektro-2-neu> [abgerufen am 25.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1836-Ueber_einige_elektro-2-neu
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Titel In Beziehung auf electrische Fische
Jahr 1836
Ort Weimar
Nachweis
in: Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde 49:4/1060 (Juni 1836), Sp. 55–57.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Spaltensatz; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: V.54
Dateiname: 1836-Ueber_einige_elektro-2-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 2
Spaltenanzahl: 2
Zeichenanzahl: 6973

Weitere Fassungen
Ueber einige elektro-magnetische Erscheinungen und den verminderten Luftdruck in der Tropen-Gegend des Atlantischen Oceans (Leipzig, 1836, Deutsch)
In Beziehung auf electrische Fische (Weimar, 1836, Deutsch)
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In Beziehung auf electriſche Fiſche

heißt es in einem Briefe des Frhrn. Alexander von Hum-boldt an Hrn. Prof. Poggendorf, d. d. Paris, Dec. 1836.„Ich habe auf meine Aufforderung von Hrn. Faraday das be-ſtimmte Verſprechen erhalten, ſich bei der königl. Societät zu Lon-don ernſtlich dahin zu verwenden, daß man von der Nordoſtküſtevon Südamerica, aus dem Guarapiche, unfern dem Golf von Pa-ria, aus dem Delta des Orinoco oder aus den kleinen Flüſſen des |Spaltenumbruch| engliſchen Guyana doch einmal wieder lebendige electriſche Gymno-ten nach Europa kommen laſſe. Der Transport iſt minder ſchwie-rig, als man glaubt. Sie erinnern Sich, daß man dieſe wunder-baren Fiſche, an denen alle magneto-electriſche Erſcheinungen, vomEinfluſſe des Hirns abhängig, deutlicher als an der Torpille (Zit-terrochen) hervortreten, lebend in Philadelphia und Stockholm ge-habt hat. Ich bin überzeugt, daß bei dem jetzigen glänzenden Zu-ſtande der Phyſiologie und der Phyſik überhaupt, dieſe Gymnoten,wenn man ihre Kräfte anfangs ſchont und die Thiere nicht (wieleider hier geſchah) in den erſten Tagen zu Tode quält, auf denk-würdige Entdeckungen über den geheimnißvollen Proceß, der im Hirnund Nervenſyſteme vorgeht, führen werden. Unter den ſchönenVerſuchen, die wir John Davy über chemiſche Zerſetzungen undMagnetiſirung von Stahlnadeln durch Torpillen verdanken, habenmich drei für die Theorie der electromagnetiſchen Lebenserſcheinun-gen befonders intereſſirt. John Davy hat ſich nun auch über-zeugt, daß die Torpille willkurlich den Schlag nach jeder Richtung(many direction it chooses) leitet, daß der Schlag ſelbſt bei einerKettenverbindung in der Flamme (bei der kleinſten Zwiſchenſchicht)unterbrochen wird, und daß die Torpille durch eine dünne SchichtSalzwaſſer durchſchlagen kann, ſo daß man den Schlag empfängt,ohne den Fiſch ſelbſt zu berühren (Phil. Trans. for 1834 Tom. II.p. 545 und 547.) Alles dieſes war ſchon bei den Gymnoten beob-achtet worden, ob es gleich Thatſachen ſind, die man lange undmehrfach geläugnet hat. Das Richtleiten der Flamme hatte michbeſonders beſchäftigt, da auch in den einfachen galvaniſchen Verſu-chen mit Froſchſchenkeln die Flamme iſolirt. Die ſtärkſten Schlägeder Gymnoten wurden erſt fühlbar, wenn metallene Leiter ſich imInnern der ſchmalſten Flamme berührten. (Siehe meine Relationhist. T. II. p. 187.) Dieſe Erſcheinungen, die man bei den Froſch-verſuchen durch die ſchwache Spannung der Kette erklärt, iſt in denmächtigen Gymnoten um ſo auffallender, als nach den ſcharfſinni-gen Bemerkungen Ermann’s (des Vaters) in der Voltaiſchen Säuledie Flammen eine ganz andere Rolle und zwar als Leiter ſpielen.(Abhandl. der Berl. Acad. 1818 bis 1819 S. 361.) Das Durch-brechen von Schichten Salzwaſſer, welches John Davy bei derTorpille beobachtete, erinnert an den lebendigen, 27 Zoll langenGymnoten, den Norderling in Stockholm, vier Monate lang,wenn der Fiſch ſehr hungrig war, andere lebendige Fiſche durchSchlage aus der Ferne tödten ſah. Norderling ſetzt hinzu,„daß der Gymnote ſich ſelten in ſeinem Urtheile täuſchte, umden electriſchen Schlag nach Verhältniß der Größe und Entfernungder Beute abzumeſſen.“ Gegen die Behauptung von John Davy (Phil. Tr. l. c. p. 546), daß die Torpille nur den Schlag giebt,wenn beide electriſche Organe berührt werden, ſprechen nicht bloß Gay-Luſſac’s und meine Beobachtungen, ſondern auch Todd’sErfahrung, daß das Ausſchneiden eines der electriſchen Organe dieWirkung des Fiſches nicht hindere. Es bleibt noch viel über dieſeLebenswirkungen der magneto-electriſchen Gymnoten und Torpillen,wie über andere, einer Selbſtentzündung (theilweiſen Einäſcherung)fähigen, nicht nach außen wirkenden und vielleicht eben ſomagneto-electriſchen, mit Hirn und Nerven begabten Thiere zu er-forſchen übrig. So wenig es bisher neueren Phyſikern und mirſelbſt geglückt iſt, bei Torpillen und Gymnoten Lichterſcheinungenzu ſehen, wie ſie Walſh, Sir John Pringle, Magellan,Williamſon, Ingenhouß und Fahlberg in überſpringendenFunken wollen beobachtet haben, (Gay Luſſac und ich habenauch bei den Gymnoten in Paris den Ingenhouſſiſchen Verſuch mitzwei auf eine Glasplatte geklebten, und nur ¼ Linie von einanderentfernten Goldplättchen ohne Erfolg wiederholt), ſo iſt nach Eh-renberg’s merkwürdigen mikroſcopiſchen Entdeckungen über dieLeuchtthiere des Oceans, die Exiſtenz eines magneto-electriſchenlichtausſtrömenden Lebensproceſſes in andern Thierclaſſen, als Fi-ſchen, doch der ernſteſten Betrachtung würdig geworden. „In der Oceania (Thaumanthias) haemisphaerica entſprechen Zahl und Lageder Funken der verdickten Baſis der größeren Cirren am Randeoder Organen, in deren Nähe und mit ihnen abwechſelnd. DasErſcheinen des Feuerkranzes iſt ein Lebensact. Wenn man die Photocharis reizt, ſo entſteht erſt ein Flimmern einzelner Funkenan jedem Cirrhus, welches an Stärke zunimmt und endlich den |Seitenumbruch| ganzen Cirrhus erleuchtet, bis das Feuer über den Rücken des ne-reidenartigen Thierchens hinläuft, ſo daß es einem brennenden Schwe-felfaden mit grüngelblichem Lichte gleicht.“ (Ehrenberg überdas Leuchten des Meeres, S. 136, 140, 153, 160 und 163.)Der ſcharfſinnige Beobachter hat in den willkürlich oder gereizt auf-blitzenden Organen der Photocharis eine großzellige Structur mitgallertartiger Beſchaffenheit im Innern gefunden, die mit dem electriſchenOrgane der Gymnoten oder Zitterrochen viel Aehnlichkeit zeigt. Iſtdemnach die Secretion der ſchleimigen Flüſſigkeit, welche ſich beiandern Leuchtthieren reichlich ergießt, und die ohne weiternEinfluß der Organismen fortleuchtet, nur Folge der electri-ſchen Funken? Von Salzwaſſer, einer vortrefflich leitenden Flüſ-ſigkeit umgeben, müſſen dieſe kleinen Geſchöpfe eine ungeheuere Spannung haben, um als Waſſerthiere zu blitzen. Sieerinnern Sich, m. th. F., wie lange man bei dem Zitterrochen dieMöglichkeit der Waſſerzerſetzung und chemiſchen Wirkungen geläug-net hat, weil bei den ſorgfältigen, in Trieſt von Sir HumphryDavy angeſtellten Verſuchen weder Waſſerzerſetzungen noch anderechemiſche Wirkungen ſichtbar wurden. Sie wiſſen, wie ſchwierig esſelbſt ſeinem Bruder, Hrn. John Davy, geworden iſt, die Urſa-che des Nichtgelingens zu erklären. Vielleicht werden Sie noch eineZeit erleben, in der man aus dem, ſich ſo ſchnell und nach demWillen der Thiere wieder ladenden, electriſchen Organe der Gymno-ten die electro-magnetiſche Kraft, unter gewiſſen bisher unerkanntenVerhältniſſen, von Lichterſcheinungen begleitet, ausbrechen ſieht.Dann wird es vielleicht klar werden, was jetzt nur vermuthet wer-den kann, daß in den kleinſten lebendigen Organismen, in den auf-blitzenden Leuchtinfuſorien und Ringelwürmern, wie in den don-nernden Wolkenſchichten und in dem ſtillen magnetiſchen Wetterleuch-ten (dem Polarlichte), das als Folge verſtärkter Spannung im In-nern des Erdkörpers den veränderten ſtündlichen Gang der Magnet-nadel lange vorher andeutet, ein und derſelbe Proceß vorgeht.“