Neue magnetische Observatorien. Eine merkwürdige Epoche in der Entwicklung des Erdmagnetismus bildet die in neuester Zeit unternommene Errichtung correspondirender magnetischer Observatorien, wodurch die Erdkugel gleichsam mit einem magnetischen Netze überzogen werden soll. Um dieses grossartige Unternehmen und den zu erwartenden Erfolg richtiger beurtheilen zu können, wird es zweckmässig seyn, den Zusammenhang dessen, was gegenwärtig beabsichtiget wird, mit vorausgehenden Ereignissen und Veranlassungen kurz anzudeuten. Im Jahre 1836 richtete Alex. v. Humboldt an S. K. Hoheit den Herzog von Sussex, Präsidenten der königlichen Societät in London, ein Schreiben (in französischer Sprache), dessen Eingang folgende Worte enthält: "Ich erlaube mir die Aufmerksamkeit E. K. Hoheit auf jene Arbeiten zu lenken, deren Zweck es ist, durch genaue, fast ununterbrochen angewendete Hülfsmittel die Aenderungen des Erdmagnetismus zu ergründen. Seit acht Jahren ist es Hrn. Arago, Hrn. Kupffer und mir gelungen, indem wir eine grosse Anzahl eifriger mit ähnlich construirten Instrumenten versehener Beobachter zur Theilnahme bewogen, jene Arbeiten über einen grossen Theil der nördlichen Halbkugel auszudehnen. Nachdem nun gegenwärtig permanente magnetische Stationen von Paris bis China auf einer zwischen 40° und 60° liegenden Zone hergestellt sind, glaube ich hinreichenden Grund zu haben, mich durch Vermittlung E. K. Hoheit an die königliche Societät in London mit dem Ansuchen zu wenden, dass dieselbe durch ihren mächtigen Einfluss zur Förderung des Unternehmens, wie zu dessen Ausdehnung durch Errichtung neuer Stationen in der Nähe des magnetischen Aequators und in dem temperirten Theile der südlichen Halbkugel mitwirken wolle." Hierauf stellt v. Humboldt die frühern magnetischen Arbeiten und Unternehmungen in kurzen Umrissen dar. Er erwähnt zuerst der Beobachtungen, welche er selbst in der heissen Zone Amerika's (1799 -- 1804), dann in Berlin (1806 -- 1807) gemacht hatte, und woraus hauptsächlich die regelmässige Wiederkehr einer nächtlichen Periode, das häufige Vorkommen der Störungen, insbesondere jener gewitterartigen Störungen, welche ein ungewöhnlich grosses Ausschwingen der Nadel bewirken, sich ergab: alsdann geht er auf die von Arago nachgewiesene und näher bestimmte Verbindung magnetischer Störungen mit dem Erscheinen der Nordlichter über, und führt die wichtige Entdeckung von Kupffer und Arago an, die mit ähnlichen Apparaten in Kasan und Paris beobachtend erkannten, dass die magnetischen Störungen an beiden Orten gleichzeitig eintraten, und "gleichsam als Signale vom Innern der Erde ausgesendet, an den verschiedenen Puncten der Oberfläche, an den Ufern der Seine und des Wolgaflusses in demselben Augenblicke ankamen." Hierauf erwähnt er der vielen, von Russischen, Französischen und Britischen Gelehrten theils zur Erreichung correspondirender Resultate theils zur Herstellung von Mittelwerthen unternommenen Arbeiten, und leitet aus allem bisher Geschehenen die Folgerung ab, dass es in hohem Grade förderlich seyn würde, wenn die Linie correspondirender Beobachtungen ausgedehnt, und sowohl in den tropischen Gegenden beiderseits des magnetischen Aequators, als auch in hohen südlichen Breiten, und in Canada permanente magnetische Observatorien errichtet würden. "Indem ich, fährt er fort, "dieses Schreiben der berühmten Societät, in welcher E. K. Hoheit den Vorsitz führen, mitzutheilen bitte, glaube ich, dass es mir nicht zukomme, die magnetischen Stationen zu bezeichnen, welche etwa gegenwärtig den Vorzug verdienen möchten und deren Errichtung an örtlichen Hindernissen keine Schwierigkeit fände. Es genügt mir; den mächtigen Einfluss der königlichen Societät zu Gunsten eines nützlichen Unternehmens womit ich mich seit vielen Jahren beschäftige, angesprochen zu haben. Ich wage, blos noch den Wunsch auszudrücken, dass, falls mein Vorschlag eine günstige Aufnahme fände, die königliche Societät sich unmittelbar mit der königl. Societät in Göttingen, der Akademie der Wissenschaften in Paris und der kaiserlichen Akademie in Petersburg in Benehmen setzen wolle, und das neu Herzustellende mit dem auf einer grossen Ausdehnung bereits Bestehenden in angemessene Verbindung zu bringen. Es gehört zu den glücklichen Wirkungen der Civilisation und der Fortschritte der Vernunft, dass man, indem man sich an die gelehrten Gesellschaften wendet, auf die Vereinigung der einzelnen Willen rechnen könne, sobald es um die Förderung der Wissenschaft oder um die Entwickelung des menschlichen Geistes sich handelt." Endlich macht v. Humboldt auf die im magnetischen Hause in Göttingen ausgeführten Bestimmungen, welche an Präcision alles frühere übertreffen, aufmerksam, und bezeichnet die Wahl der Instrumente, welche an den neuen Observatorien gebraucht werden sollen, insbesondere die Erwägung, ob die neuen Gaussischen Apparate einzuführen seyen, als einen Gegenstand von vorzüglicher Wichtigkeit.