Aus einem Schreiben des Hrn. Alex. v. Humboldt an den Praͤſidenten der Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris. „Die großſinnige Theilnahme, welche das Inſtitut jedes Mal bezeigt hat, wo in ſeinen Sitzungen der Name meines Freundes und Reiſegefaͤhrten, des Hrn. Bonpland, genannt wurde, und das thaͤtige Wohlwollen, mit welchem die Akademie der Wiſſenſchaften ſich den fruchtloſen Verſuchen angeſchloſſen hat, welche die Befreiung dieſes Gelehrten herbeifuͤhren ſollten, legen mir die Pflicht auf, Ihnen dieſe Zeilen zuzuſenden. Es war mehr als ein Jahr verfloſſen, ſeitdem die erſten Nachrichten von der Ankunft des Hrn. Bonpland in der Provincia de las Miſſiones eingegangen waren. Von ſeinen Briefen war keiner nach Europa gelangt und meine Unruhe war eben ſo groß, wie die der Aeltern des Hrn. Bonpland, welche in la Rochelle wohnhaft ſind. Endlich bin ich ſo gluͤcklich geweſen, durch die Guͤte des Hrn. Baron De Leſſert unmittelbare Nachricht zu erhalten. Ein Schreiben des Hrn. Bonpland aus Buenos-Ayres, vom 7. Mai 1832 datirt, meldet mir, daß einige Zeilen, welche ich, von Paris aus, zu Ende Juli v. J. an ihn abgeſchickt hatte, ihm im Januar 1832, waͤhrend ſeines Aufenthalts in Corientes, unweit der Vereinigung der Fluͤſſe Parana und Paraguay, glücklich zu Haͤnden gekommen ſind. „Ich bin,“ ſchreibt er, „in allen Arbeits-Plaͤnen, welche ich bei meiner Abreiſe aus Frankreich entworfen, geſtoͤrt worden. Mein Unſtern hat mich ſeit 15 Jahren verfolgt, und ich hoffe, daß mein Schickſal, ſeitdem ich Paraguay verlaſſen, guͤnſtiger werden werde. Meinen Freunden zuruͤckgegeben, und wiederum in Verbindung mit der Civiliſation Europa’s, habe ich meine fruͤheren naturgeſchichtlichen Arbeiten wieder begonnen und werde ſie mit der groͤßten Thaͤtigkeit fortſetzen, um, ſobald als moͤglich, in mein Vaterland zuruͤckkehren zu koͤnnen. Meine, in Paraguay und den portugieſiſchen Miſſionen zuſammengebrachten Sammlungen haͤtten ſchon im Maͤrz in Buenos-Ayres eintreffen ſollen: ich erwarte ſie mit lebhafter Ungeduld, und werde ſie, ſobald ſie ankommen (was bald der Fall ſeyn muß), unter der Addreſſe des Hrn. Miniſters der auswaͤrtigen Angelegenheiten in Paris, abſenden, mit der Bitte an den Miniſter, die Kiſten dem Muſeum der Naturgeſchichte aushaͤndigen zu laſſen. Der botan. Garten ſoll nicht allein alles das erhalten, was ich neuerlich geſammelt, ſondern auch was ich von Herbarien in Corientes und Buenos-Ayres habe retten keͤnnen, namentlich mein allgemeines Herbarium und die geologiſchen Folgereihen von unſerer Reiſe. Ich werde dieſen Sammlungen die Felsarten beifuͤgen, welche ich hier geſammelt habe, ſo wie auch die, welche ich mir in dieſen Tagen auf den Ausfluͤgen, die ich nach Montevideo, Maldonado und nach dem Cabo de Sta. Maria machen will, mir zu verſchaffen gedenke. Ich wohne hier in dem Hauſe des Hrn. Ritters de Angelis, eines Neapolitaners, der mich mit der edelſten Gaſtfreiheit aufgenommen hat, und den Du fruͤher in Paris, bei der Fr. Graͤfin Orlof geſehen haben wirſt. Ich finde hier alle moͤgliche Huͤlfsmittel, um die Abſchikkung meiner Sammlungen nach Frankreich zu erleichtern. Die Fruchtbarkeit des Bodens und der Reichthum des Pflanzenlebens iſt, in der portugieſiſchen Miſſion, ſo groß, daß ich mich genoͤthigt geſehen habe, dahin zuruͤckzukehren, und ich hoffe, daß ſelbſt diejenigen, welche an meiner baldigen Ruͤckkehr nach Europa Antheil nehmen, dieſe Reiſe nicht mißbilligen werden. Es wuͤrde grauſam ſeyn, abreiſen zu muͤſſen, ohne die Botanik mit ſolchen merkwuͤrdigen Erzeugniſſen zu bereichern. Meine Sammlungen werden zwei neue Arten von Convolvulus erhalten, deren Wurzeln alle wohlthaͤtigen Eigenſchaften des Salep beſitzen. So hoffe ich auch, daß die Ecole de Médecine einige Verſuche uͤber die Anwendung dreier ſehr bitterer Rinden anſtellen laſſen wird, welche von 3 neuen Arten einer Gattung kommen, die zu dem Geſchlechte der Simarubien gehoͤrt. Dieſe Rinden haben den Geſchmack des ſchwefelſauren Chinins (sulfate de quinine) und bringen die gluͤcklichſten Wirkungen bei Dyſſenterien oder anderen gaſtriſchen Stoͤrungen hervor. Wenn ich noch hier die Nachricht uͤber die Wirkſamkeit dieſer Rinden, nach deren Gebrauch in Paris erhalte, ſo koͤnnte ich, vor meiner Abreiſe, Anſtalten treffen, unſere Hoſpitaͤler damit zu verſehen.“