Ueber die Goldausbeute im russischen Reiche; von A. v. Humboldt. In der Besorgniß, daß mehrere, seit meiner Rückkehr aus dem asiatischen Rußland, durch deutsche Journale verbreitete Angaben über den jetzigen Zustand der Metallproduction am Ural und Altai mir zugeschrieben werden könnten, halte ich folgende numerische Berichtigungen einer öffentlichen Bekanntmachung werth. Das russische Reich liefert nicht, wie in No. 46. der Berliner Nachrichten d. J. behauptet wird, jährlich 52,548 Mark Gold (750 Pud) und 240,000 Mark Silber (3429 Pud), sondern, nach officiellen Documenten, etwas über 22,000 Cölln. Mark Gold und gegen 77,000 Mark Silber. Im vorletzten Jahre 1828 war die Ausbeute 1) an Gold im ganzen russischen Reiche: 318 Pud (22,256 Mark) nämlich auf kaiserlichen Werken 115 Pud, auf Privatwerken 203 Pud; 2) an Silber 1093 Pud (76,498 Mark); 3) an Platina 94 Pud (6570 Mark). Der Werth dieser jährl. Metallproduction war demnach an Gold: 4,896,000 Thaler Preuß., an Silber 1,071,000 Thaler, zusammen 5,967,000 Thlr. Der Ural allein gab 1826 ..... 232 Pud 1827 ..... 282 ‒ 1828 ..... 291 ‒ Die ersten 6 Monate des Jahres 1829 lieferten im Ural, wo neuerlichst wichtige Gold-Alluvionen im Norden entdeckt worden sind, und (unter der obersten Leitung des Finanz-Ministers Gr. von Cancrin) der technische Betrieb sich mit jedem Jahre einer zunehmenden Vervollkommnung erfreut: 1) an Gold: 142 Pud 2 Pfund (die Kron-Werke 46 Pud 8 Pfund; die Privat-Werke 95 Pud 34 Pfund); 2) an Platina: 43 Pud 31 Pfd. Die ganze Goldausbeute des uralschen Berggürtels ist von 1814 bis 1828 gewesen: 1551 Pud (108,553 Mark, an Werth über 23,881,000 Thaler; aber die letzten 5 Jahre haben allein von diesen 1551 Pud Gold etwas über 1247 Pud geliefert. Aus diesen numerischen Elementen ergiebt sich nun folgende Zusammenstellung für den jetzigen Zeitpunkt: Länder. Wirkliche jährliche Ausbeute. Irrige Angaben neuer Zeitschrift. Europa u. d. asiatische Rußland Gold 26,500 Mark 57,387 Mark Silber 292,000 ‒ 457,942 ‒ Das russische Reich Gold 22,200 Mark 52,548 Mark Silber 76,500 ‒ 240,000 ‒ Sollten nicht Rechnungsfehler und falsche Reductionen der russischen Gewichte zu diesen Irrthümern geleitet haben? Zehn große Goldstücke (Goldgeschiebe), welche von 1824 bis 1826 in der Alluvion Tzarewo Alexandrowski bei Miask, im südlichen Ural, auf einem engen Raume gefunden wurden, wogen 2 Pud 34 Pfund (199 [Formel] Mark). Unter diesen Geschieben waren zwei zu 13 Pfd., eines zu 16 Pfd. und eines zu 24 Pfd. 69 Zolotn. (43 [Formel] Mark) Gewicht. Mit dem letzteren wird in der Kaiserl. Mineraliensammlung zu Petersburg ein Platingeschiebe von Nischne-Tagilsk aufbewahrt, dessen Gewicht 10 Pfd. 54 Zolotnik (nach preuß. Gewicht etwa 9 Pfd. 7 [Formel] Lth. oder 18 [Formel] Mark) beträgt. Auch unter den vielen Seltenheiten von Platina und Osmium-Iridium, die gegenwärtig die Königliche Mineraliensammlung in Berlin besitzt, wiegt ein Platina-Geschiebe, welches die Herren Gebrüder Paul und Anatol von Demidoff, Besitzer der reichen Gold- und Platin-Wäschen von Nischne-Tagilsk im Ural, Sr. Majestät dem Könige verehrt haben, 3 Pfd. 6 [Formel] Loth preuß. Gewicht. Ohne eine genaue Kenntniß der Gold- und Silber- Production zu verschiedenen Epochen des europäischen Handelsverkehrs, sind die meisten Discussionen über Geldumlauf und Staats-Haushalt grundlos. Die spanischen Colonien in Amerika haben, wie ich an einem andern Orte entwickelt, seit ihrer Entdeckung bis 1803, also in einem Zeitraume von 311 Jahren 3,625,000 Mark Gold und 512,700,000 Mark Silber geliefert. Während dieser Zeit ist die Goldproduction von Brasilien wenigstens zweimal so groß, als die des spanischen Amerika, gewesen. Man schlägt sie mit einiger Wahrscheinlichkeit auf 6,300,000 Mark an. Aber die reiche Goldausbeute von Brasilien dauerte nur von 1752 bis 1761, wo sie jährlich, nach der Angabe des Freiherrn von Eschwege (den Schleichhandel mit gerechnet) über 48,000 Mark betrug. Wie tief diese Goldausbeute seit dem Anfange des 19ten Jahrhunderts gesunken ist (unter 2500 Mark), wie der Flor des Bergbaues vom Ural, der gegenwärtige Zustand der Bergwerke in Amerika, die Richtung des südasiatischen Handels und die verminderte Ausfuhr der edlen Metalle nach Asien, auf das Verhältniß zwischen Gold und Silber und die relative Menge der edlen Metalle, als Münze und verarbeitete Waare, gewirkt haben, ist in der zweiten Ausgabe meines Essai politique sur la Royaume de la Nouvelle Espagne, 1827, T. IV. p. 447 — 476., umständlich untersucht worden. Als ich die spanischen Colonien verließ, war die jährliche Ausbeute an Silber 3,460,000 Mark (in Mexico allein 2,340,000 Mark); an Gold 45,000 Mark (in Neu-Granada, dem westlichen Theile der jetzigen Republik Columbia allein, 20,500 Mark). Diese Angaben führen zu einer richtigen Vergleichung des Goldreichthums in der Andeskette, im brasilianischen Hochlande und dem Uralgebirge. Das Silber, welches seit drei Jahrhunderten in dem neuen Continente dem Schooß der Erde entzogen worden ist, würde, von aller Beimischung gereinigt und zusammengeschmolzen, eine Kugel von 63 Pariser Fuß Durchmesser bilden.