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Alexander von Humboldt: „Ueber die Production und Consumtion des Zuckers“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1829-Ueber_die_Production-1> [abgerufen am 23.04.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1829-Ueber_die_Production-1
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Titel Ueber die Production und Consumtion des Zuckers
Jahr 1829
Ort Berlin
Nachweis
in: Cosmologisches Journal 1 (März 1829), S. 193–220.
Entsprechungen in Buchwerken
Alexander von Humboldt, Relation historique du Voyage aux Régions équinoxiales du Nouveau Continent, 3 Bände, Paris: F. Schoell 1814[–1817], N. Maze 1819[–1821], J. Smith et Gide Fils 1825[–1831], Band 3, S. 484–496.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur (Umlaute mit superscript-e); Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen; Tabellensatz.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.105
Dateiname: 1829-Ueber_die_Production-1
Statistiken
Seitenanzahl: 28
Zeichenanzahl: 45476

|193|

Ueber die Production und Conſumtion des Zuckers.Von Hrn. Alexander von Humboldt.

Eines der intereſſanteſten Probleme der politiſchen Oecono-mie iſt die Beſtimmung der Conſumtion der Lebensmittel,welche, beim gegenwaͤrtigen Zuſtande der Civiliſation vonEuropa, die vorzuͤglichſten Gegenſtaͤnde der Colonial-In-duſtrie ſind. Man kann zu annaͤhrend genauen Reſultaten, zu begraͤnzenden Zahlen (nombres-limites) auf zweiverſchiedenen Wegen gelangen; Erſtens indem man dieAusfuhr der Laͤnder discutirt, welche die betraͤchtlichſtenQuantitaͤten dieſer Lebensmittel liefern, und welche, in Be-ziehung auf den Zucker, die Antillen, Braſilien, die Guya-nas, Isle de France, Bourbon und Indien ſind; Zwei-tens indem man die Einfuhr der Colonial-Lebensmittel nachEuropa unterſucht und ihre jaͤhrliche Conſumtion mit derVolksmenge, dem Reichthume und den National-Gewohn-heiten in einem jeden Lande vergleicht. Hat ein Productnur eine einzige Quelle, wie es z. B. beim Thee der Falliſt, ſo ſind Unterſuchungen dieſer Art leicht, und ziemlichgewiß; allein die Schwierigkeiten nehmen in den Tropen-Regionen zu, welche alle eine mehr oder minder betraͤchtlicheQuantitaͤt von Zucker, Kaffee oder Indigo erzeugen. Indieſem Falle muß man, um eine Begraͤnzungszahl des Minimums der Comſumtion feſtzuſetzen, damit beginnen,die Aufmerkſamkeit auf die großen Maſſen zu ziehen. Weiß |194| man, daß die engliſchen, ſpaniſchen und franzoͤſiſchen Antil-len, jaͤhrlich, den Zollregiſtern zufolge, 269 Millionen Kilo-grammen (oder 575 Mill. preuſſ. Pfd.) *) Zucker ausfuͤhren,ſo hat es wenig auf ſich zu wiſſen, ob die hollaͤndiſchen unddaͤniſchen Antillen davon 18 oder 22 Millionen (oder 38 bis46 Mill. preuſſ. Pfd.) erzeugen. Wenn Braſilien, Deme-rary, Berbice und Eſſequebo 155 Mill. Kilogr. ausfuͤhren,ſo hat ein Zweifel uͤber die Produktion von Surinam undCayenne, die zuſammen weniger als 12 Mill. Kilogr. geben,ſehr wenig Einfluß auf die Schaͤtzung der Geſammt-Conſum-tion von Europa. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit der Einfuhrdes Zuckers aus Oſtindien nach England, uͤber die man ſouͤbertriebene Nachrichten verbreitet hat. Vernachlaͤſſigte mandieſe Importation gaͤnzlich, ſo wuͤrde man ſich in der gegen-waͤrtigen Conſumtion von Europa nur um \( \frac{1}{43} \) irren, undeine einzige der kleinen Antillen, z. B. Grenada, Barbadosoder St. Vincent ſchickt mehr Zucker nach Europa, als alleengliſche Beſitzungen in Oſtindien. Ich habe an einem an-dern Orte **) das Problem abgehandelt, deſſen Aufloͤſung in der gegenwaͤrtigen Notiz discutirt werden ſoll; auf we-niger zahlreiche und auf weniger genaue Materialien geſtuͤtzt,glaubte ich damals, daß die Conſumtion des Zuckers in Eu-ropa im Jahr 1818 nur 450 Mill. Pfunde betragen habe.Dieſe Zahl koͤnnte, ſelbſt fuͤr jene Epoche, wenigſtens viel-leicht um ⅗ oder \( \frac{1}{4} \) fehlerhaft ſcheinen; allein man muß nichtvergeſſen, daß, von 1818 bis 1823, der Preis des amerika-niſchen Zuckers um 38 pro Cent geſunken iſt, und daß die
*) Eytelwein zufolge (Pruͤfung der Normalmaße und Gewichte fuͤrden koͤnigl. preuſſ. Staat; aus den Abhandl. d. Academie d. Wiſſenſch.Berlin 1826. S. 14.) iſt ein preuſſ. Pfund = 467, 711 012 733Grammen, folgl. = 0,467.... Kilogrammen.**) Relation Historique du Voy. aux Regions Aequinoct.. etc. Ausg. in 8. V. 296.
|195| Conſumtion im umgekehrten Verhaͤltniß der Preiſe ſteht. *) In Frankreich z. B. hat ſie von 1788 bis 1825 um mehrals 40 pro Cent zugenommen; im Jahr 1788 war ſie 21 Mil-lionen; im Jahr 1818 34 Millionen; und im Jahre 1825,uͤber 50 Millionen Kilogrammen. Dieſes raſchen Wachs-thums des Colonialhandels, und des Wohlſtandes von Eu-ropa wegen, iſt es wichtig den Zuſtand der Dinge in einergegebenen Epoche nummeriſch feſtzuſtellen. Arbeiten dieſerArt liefern Vergleichungspunkte, deren Wichtigkeit lebhaftvon denjenigen gefuͤhlt werden wird, welche nach dem Vor-gange des Hrn. Tooke, in einem kuͤnftigen Jahrhundert,die allmaͤlige Entwickelung des induſtrieellen Syſtems inden beiden Welten verfolgen wollen.
I. Production. Wir werden hier den Zuſtand derAgricultur nur inſofern unterſuchen, als er ſeine Produktein den Handel von Europa und der vereinigten Staatenbringt. Von dieſem Geſichtspunkte aus betrachtet, ſind derArchipel der Antillen, Braſilien, Britiſch- und Hollaͤndiſch-Guyana, Louiſiana, Isle de France, Bourbon und Oſtin-dien, heut zu Tage die einzigen Laͤnder, wuͤrdig unſere Auf-merkſamkeit feſt zu halten. Mejiko hat uͤber Veracruz inden Jahren 1802 bis 1804, jaͤhrlich 5 bis 5\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr.Zucker ausgefuͤhrt; naͤmlich:
  • i. J. 1802. 439,132 Arrobas, geſchaͤtzt auf 1,476,435 Piaſt.
  • ‒ 1803. 490,292 ‒ ‒ ‒ 1,514,882 ‒
  • ‒ 1804. 381,509 ‒ ‒ ‒ 1,097,505 ‒
  • ‒ 1810. 121,050 ‒ ‒ ‒ 272,362 ‒
  • ‒ 1811. 101,016 ‒ ‒ ‒ 251,040 ‒
  • ‒ 1812. 12,230 ‒ ‒ ‒ 30,575 ‒
allein die Abnahme der Preiſe (von 3 Piaſter per Arroba
*) Table of Prices in Tooke, Append. to Part IV. id 1824.p. 53; und Statist. Illustr. of the Brit. Emp. 1825. p. 56.
|196| im Jahr 1823 auf 1⅗ Piaſter im Jahr 1825), die Theu-rung der Transporte von Cuernavaca, Puente d’Iſtla undValladolid de Mechoacan nach dem Hafen von Veracruz,und die politiſchen Unruhen haben die Ausfuhr des meji-koiſchen Zuckers voͤllig aufgehoben. Die Ausfuhr von Ve-nezuela, Cayenne, Guayaquil und Peru gehoͤret nur demKuͤſtenhandel an, und dem Austauſch der Produkte, welchenmehrere Theile des ſpaniſchen Amerika unter ſich treiben.
Wir haben fruͤher ſchon auseinandergeſetzt, *) daß derganze Archipel der Antillen, jaͤhrlich, von 1823 bis 1825, denZollregiſtern zufolge (und in dieſer Discuſſion abſtrahirenwir zunaͤchſt von dem Ertrage des Schleichhandels) zum we-nigſten 287 Millionen Kilogrammen Zucker ausgefuͤhrt hat,davon \( \frac{3}{4} \) roh und \( \frac{1}{4} \) verarbeitet (terré). Die Inſel Cuba al-lein liefert dem, den geſetzlichen Abgaben unterworfenenHandel 56 Mill. Kilogr. azucar blanco y quebrado. Theiltman die 287 Mill. Kilogr. Zucker welche der ganze Archipelgiebt, unter die großen und die kleinen Antillen, ſo findetman, daß die Theilung faſt gleich iſt in einer Epoche wo,auf der Inſel Haiti, der Ertrag der Cultur des Zuckerrohrs,den innern Verbrauch kaum uͤberſteigt. Cuba und Jamaica,die zuſammen einen Flaͤchenraum von 4400 Quadrat-See-meilen (20=1°) und eine Sklavenbevoͤlkerung von 623500Koͤpfen haben, fuͤhren 136 Mill. Kilogrammen (mit derContrebande 150 Mill.) aus; die kleinen Antillen, mit 940Quadratmeilen und 524000 Sclaven, exportiren 144 Mill.Kilogr. Vergleicht man die Laͤnder, welche gegenwaͤrtig die be-traͤchtlichſten Zucker-Quantitaͤten in den Handel von Europaund der vereinigten Staaten bringen, ſo findet man ſie,auf der Leiter der Agricultur-Induſtrie, in folgender Ordnung:
*) Relat. hist. XI. 378.
|197|
  • Kilogram.
  • Braſilien ............. 125 Mill.
  • (St. Domingo gab i. J. 1788 uͤb. 80 Mill. Kil.)
  • Jamaica (Flaͤcheninh. 460 Quad.-See-Meilen) 80 ‒
  • Cuba (Flaͤcheninh. 3615 Q.-S.-M.) mit demSchleichhandel ........... 70 ‒
  • Nach den Zollregiſtern 56 Mill. Kilogr.
  • Britiſch-Guyana .......... 31 ‒
  • Guadeloupe (Flaͤcheninh. 55 Q.-S.-M.) .. 21 ‒
  • Martinique (Flaͤcheninh. 30 Q.-S.-M.) .. 20 ‒
  • Isle de France (Flaͤcheninh. 108 Q.-S.-M.) 14 ‒
  • Louiſiana (zweifelhaftes Reſultat) .... 13 ‒
  • Barbados oder Saint-Vincent, jede Inſel 12\( \frac{1}{2} \)
  • Flaͤche d. 1ſten 13 Q.-S.-M., d. 2ten 11 Q.-S.-M.
  • Grenada und Antigua, jede Inſel .... 11 ‒
  • Flaͤche d. 1ſten 15 Q.-S.-M., d. 2ten 7\( \frac{1}{2} \) Q.-S.-M.
  • Surinam ............. 10 ‒
  • Oſtindien ............. 10 ‒
  • Trinidad (Flaͤche 139 Q.-S.-M.) .... 9 ‒
  • Bourbon (Flaͤche 190 Q.-S.-M.) ..... 8 ‒
  • Saint Chriſtophe und Tabago, jede Inſel 6 ‒
  • Flaͤche, von 5 und 12 Q.-S.-M.
  • Dominica, Nevis und Montſerrate, jede Inſel weniger als ........ 2 ‒
Mittlere Jahres-Quantitaͤten. Einfuhrder engli.Antillen indie Haͤfenvon Groß-Britann. Ausfuhr von Groß-Britannien
nachIrland. nachverſchied.Laͤndern. Ueberh.
Cwt Cwt Cwt Cwt
V. 1761 bis 1765 incl. 1,485,377 133,796 354,434 488,230
V. 1771 bis 1775 incl. 1,835,336 218,993 82,922 301,915
V. 1781 bis 1785 incl. 1,579,537 157,217 157,513 314,730
V. 1791 bis 1795 incl. 2,021,325 140,646 496,075 636,721
V. 1801 bis 1806 incl. 3,389,734 145,480 1,058,336 1,203,816
V. 1809 bis 1811 incl. 4,210,276 236,816 932,220 1,168,970
|198| Ich erinnere daran, daß das engliſche Quintal oder Cwt.gleich iſt 50⅘ Kilogrammen. Die vorſtehende Ueberſicht iſtin dem Inspector-generals Office of the Custom-house in London, unter der Aufſicht von Hrn. William Irwing,angefertigt worden. Von 1812 bis 1815 betrug die Aus-fuhr der engl. Antillen von Demerary, Berbice und Eſſequebo
  • i. J. 1812 .... 3,551,449 Cwt.
  • ‒ 1813 .... 3,500,000 ‒
  • ‒ 1814 .... 3,408,793 ‒
  • ‒ 1815 .... 3,493,116 ‒
Britiſch-Guyana allein brachte in dieſer Epoche nur 340000Cwt jaͤhrlich in den Handel. *) Die folgende Tabelle, welcheaus den Parliamentary Returns entlehnt iſt, enthaͤlt dieAusfuhr des Zuckers von den Antillen und von Guyananach den verſchiedenen Haͤfen Groß-Britanniens, in den Jah-ren 1816 bis 1824.
*) Stat. Illustr. 56.
|199|
Engl. An-tillen. Sclavenim Jahre1823. 1816.(Cwt.) 1817.(Cwt.) 1818.(Cwt.) 1819.(Cwt.) 1820.(Cwt.) 1821.(Cwt.) 1822.(Cwt.) 1823.(Cwt.) 1824.(Cwt.) MittlereAusfuhr i.J. 1816bis 1824.(Cwt.)
Jamaica 342,382 1,389,411 1,717,259 1,653,303 1,614,346 1,769,124 1,679,720 1,413,717 1,417,746 1,451,332 1,567,328
Antigua 30,985 197,300 179,370 228,308 209,395 162,573 207,548 102,938 135,466 222,207 182,789
Barbados 73,345 288,623 239,732 249,076 282,456 179,951 211,371 156,682 314,630 245,828 240,928
Dominica 16,554 47,035 31,678 33,820 42,896 45,932 38,119 41,650 39,013 42,329 40,275
Grenada 25,580 266,055 196,959 220,958 204,565 184,551 216,367 199,178 247,369 227,613 218,180
Monſerrate 6,593 28,981 31,214 36,919 37,168 32,815 33,282 27,071 24,466 30,648 31,396
Nevis 9,261 71,655 45,852 32,368 63,154 36,395 66,023 31,696 44,283 40,734 53,573
S. Criſtopa 19,817 124,757 125,977 130,218 141,501 89,501 128,436 89,682 76,181 132,585 115,426
S. Lucia 13,794 69,830 56,401 42,006 78,719 50,220 77,971 92,060 62,148 73,100 66,939
S. Vincent 24,252 263,433 242,413 254,446 262,033 216,679 233,448 261,159 232,575 246,821 245,890
Tabago 14,314 139,157 132,387 112,930 132,544 109,194 108,243 100,725 113,015 123,868 119,118
Tortola 6,460 51,092 42,934 43,573 36,421 15,225 23,459 22,170 21,583 20,559 30,780
Trinidad. 23,537 132,893 128,433 138,153 166,591 156,041 162,257 178,491 186,891 180,093 158,872

Summe derengl. Antill. 606,876 3,070,222 3,170,609 3,226,078 3,271,789 3,048,201 3,186,244 2,717,219 2,915,366 3,037,717 3,071,494

Guyana Sclavenin 1823. 1816.(Cwt.) 1817.(Cwt.) 1818.(Cwt.) 1819.(Cwt.) 1820.(Cwt.) 1821.(Cwt.) 1822.(Cwt.) 1823.(Cwt.) 1824.(Cwt.) MittlereAusfuhr.(Cwt.)

Demerary 77,370 323,443 377,796 420,186 480,933 536,561 492,146 530,948 607,858 613,990 487,095
Berbice 23,356 15,308 14,158 17,764 29,967 37,696 53,257 55,357 55,995 64,608 38,235

Summe desengliſchen Guyana 100,726 338,751 391,954 437,950 510,900 574,257 545,403 586,305 663,853 678,598 525,330
|200| Die Ausfuhr nach den Haͤfen von Irland iſt in dieſerTabelle nicht mitbegriffen; ſie betrug, nach den Nachrichtendie ich der guͤtigen Mittheilung des Sir Charles Ellis (jetztLord Seaford) verdanke:
  • 1821 von Jamaica 21,785 Cwt; von den andern eng-liſchen Antillen 123,037 Cwt; von Engliſch-Gu-yana 24,843 Cwt.
  • 1822 von Jamaica 15,715 Cwt; von den andern eng-liſchen Antillen 93,406 Cwt; von Engliſch-Guyana22,327 Cwt.
  • 1823 von Jamaica 28,490 Cwt; von den andern eng-liſchen Antillen 149,994 Cwt; von Engliſch-Guyana21,605 Cwt.
  • 1824 von Jamaica 30,472 Cwt; von den andern eng-liſchen Antillen 155,197 Cwt; von Engliſch-Guyana31,508 Cwt.
Man ſieht aus dem Ganzen dieſer Nachweiſungen, daßdie Production auf Demerary und Berbice in den Jahren1816 bis 1820 faſt um das Doppelte zu-, auf Jamaika aberfaſt um \( \frac{1}{8} \) abgenommen hat; daß indeſſen das Wachsthumder Production auf mehreren der kleinen Antillen, beſondersauf Trinidad, Antigua und Lucia dieſe Abnahme fuͤr denHandel Groß-Britanniens weniger merkbar gemacht hat. Braſilien, das in trockenen Jahren nur eine Exporta-tion von 90 Mill. Kilogr. liefert, erhob ſich im Jahre 1816,nach den Unterſuchungen des Barons de Leſſert, auf 130Millionen. Louiſiana (mit mehr als 75000 Sclaven) fuͤhrt wahr-ſcheinlich gegenwaͤrtig nahe an 13 Mill. Kilogr. Zucker aus.Im Jahre 1810 ſchaͤtzte Hr. Pitkin die Production auf5 Mill. Kilogr; allein im Jahre 1815 ſoll die Geſammt-Aerndte 40000 Packfaͤſſer (jedes zu 1000 Pfd.) betragen haben. Britiſch- und Hollaͤndiſch-Guyana koͤnnen zuſammen miteiner Ausfuhr von 40 Mill. Kilogr. angeſetzt werden. DieColonie von Surinam allein lieferte: |201|
  • 1820 ...... 18,086,000 Pfd.
  • 1821 ...... 18,549,000 ‒
  • 1822 ...... 17,964,000 ‒
  • 1825 ...... 20,266,000 ‒
Auf den Inſeln de France und Bourbon hat die Culturdes Zuckerrohrs außerordentliche Fortſchritte gemacht, obgleichman annehmen kann, daß ſie auf der letztern Inſel erſt ſeit1814 von einiger Wichtigkeit geworden iſt. So betrug dieAusfuhr des Zuckers von Bourbon im Jahre
  • 1820 ſchon .... 4,541,000 Kilogr.
  • 1821 ...... 4,926,000 ‒
  • 1822 ...... 6,995,000 ‒
  • 1823 ...... 5,608,800 ‒
Ich verdanke dieſe officiellen Nachweiſungen dem vor-maligen Intendanten der Colonie, Grafen des Baſſayns deRichemond. Die Aerndte von 1823 wurde durch einenSturm vom 24ſten Februar deſſelben Jahres ſehr geſchmaͤ-lert. Nach den Berichten des Ober-Kriegs-Commiſſariusglaubte man, daß die Production von 1825 auf 8 Mill.Kilogr. ſteigen wuͤrde; allein man muß nicht vergeſſen, daßdie Verwaltung den Reichthum der Inſel zu uͤbertreibenſtrebt, um die Vermehrung der Auflagen zu rechtfertigen:waͤhrend des berathenden Commitées Beſtreben dahin geht,die Revenuͤen der Colonie weniger betraͤchtlich erſcheinen zulaſſen, um darzuthun, daß ſie mit den Auflagen in keinemVerhaͤltniſſe ſtehen. Hr. Rodet ſetzt, in ſeinem intereſſan-ten Werke uͤber den auswaͤrtigen Handel von Frankreich, *) die Zuckerausfuhr von Bourbon nach dem Mutterlande, inden 4 Jahren 1820 bis 1823, nur auf 13 Mill. 503000Kilogr. Der vormalige Gouverneur von Isle de France,Sir Robert Farquhar, ſah die Ausfuhr dieſer Inſel, die
*) Commerce exterieur de la France et la question d’un Entre-pôt à Paris 1825. S. 150.
|202| im Jahr 1820 8 Mill. Pfund betrug, das Jahr darauf bisauf 15 Mill., und im Jahr 1822 bis auf 25 Mill. ſteigen.Gegenwaͤrtig ſoll ſie uͤber 30 Mill. Pfund betragen. Dader Zucker von Iſle de France und Oſtindien in den engl.Zollregiſtern unter Einer Benennung vorkommen, und diegroͤßte Zuckereinfuhr von Oſtindien nach allen Haͤfen Groß-Britanniens vor dem Jahre 1821 nur 14 Mill. Kilogram.(und zwar im Jahr 1820) betrug; ſo iſt es wahrſchein-lich, daß die Ausfuhr der 3 indiſchen Praͤſidentſchaften indemſelben Jahre 1820 die Summe von 9 bis 10 MillionenKilogr. nicht uͤberſtiegen hat. Ueberdem fließt der Zuckerder 3 Praͤſidentſchaften nicht mehr wie der Zucker von Iſlede France nach den alleinigen Haͤfen von Groß-Britannien.So zeigen z. B. die Berichte uͤber den Zuſtand des aus-waͤrtigen Handels von Calcutta und Bombay, in den Jah-ren 1814 bis 1821, daß dieſe Haͤfen waͤhrend der genannten7 Jahre, an Zucker vom Feſtlande Britiſch-Indiens, fuͤr ei-nen Geſamtwerth von 24,411,000 Rupis ausgefuͤhrt haben;davon nahm England mit 10\( \frac{1}{2} \) Millionen, das uͤbrige Eu-ropa mit 2 Millionen, und die vereinigten Staaten mit5\( \frac{1}{2} \) Millionen Theil. Die Ausfuhr der 3 Praͤſidentſchaftennach den Haͤfen von Groß-Britannien, die im Jahre 1815einen Werth von 1,139,400 Rupis betrug, war im Jahre1821 auf 2,097,800 Rupis geſtiegen. *)
II. Conſumtion. Man kann mit ziemlicher Genauig-keit die Production des Zuckers beſtimmen; oder vielmehrdie Quantitaͤten Zuckers, die aus Amerika, den Inſeln Frank-reich und Bourbon, und aus Oſtindien nach Europa undden vereinigten Staaten ausgefuͤhrt und verſteuert werden;allein es iſt viel ſchwieriger, die Vertheilung dieſer Maſſeunter die verſchiedenen Voͤlker abzuſchaͤtzen. Wir werdenbald ſehen, daß dieſe Conſumtion mit einiger Gewißheit nur
*) On Protection to West-India Sugar 1823., p. 154.
|203| in Groß-Britannien, Frankreich und den vereinigten Staa-ten bekannt iſt, drei Laͤndern, welche zuſammen 230 Mill.Kilogrammen verbrauchen; die ſtatiſtiſchen Nachrichten uͤberdie deutſchen Staaten, Holland und Italien, bieten weniggenuͤgende Angaben dar, denn die Wieder-Ausfuhren ſindzum Theil mit dem innern Verbrauch vermengt, und dieVerwickeltheit der Graͤnzen vermehret die Wirkungen desSchleichhandels. Vergleicht man die Volksmenge, den Wohl-ſtand und die Gewohnheiten der Englaͤnder und Franzoſenmit denſelben Rechnungs-Elementen im uͤbrigen Europa, ſolaͤßt ſich ſchwer begreifen, wo die ungeheure Quantitaͤt Zucker(495 Mill. Kilogr. oder 9,744,000 Cwt), die jaͤhrlich ausden Haͤfen der Antillen, Braſiliens, Guyana’s, der InſelnFrankreich und Bourbon, und der indiſchen Halbinſel zurAusfuhr kommen, verwendet wird.
Die innere Conſumtion von Groß-Britannien betraͤgtgegenwaͤrtig 142 Mill. Kilogr.; ſie iſt ſelbſt zwei Mal in denJahren 1810 und 1811 182,321,000 Kilogr. und 163,932,000Kilogr. geweſen. Seit dem Ende des 17ten Jahrhundertshat ſie in folgender Progreſſion zugenommen: Mittleres Jahr
  • von 1690 bis 1699 200,000 Cwt oder 10,160,000 Kilogr.
  • ‒ 1701 ‒ 1705 260,000 ‒ ‒ 13,208,000 ‒
  • ‒ 1771 ‒ 1775 1,520,000 ‒ ‒ 77,216,000 ‒
  • ‒ 1786 ‒ 1790 1,640,000 ‒ ‒ 83,312,000 ‒
  • ‒ 1818 ‒ 1822 2,577,000 ‒ ‒ 130,912,000 ‒
Die Conſumtion des Zuckers hat alſo innerhalb 132Jahren faſt um das dreizehnfache zugenommen, *) waͤhrendſich die Bevoͤlkerung mehr als verdoppelt hat. **) Dieſeletztere war im Jahre 1700 in England 5,475,000; in Ir-
*) Report of a Committee of the Liverpool East-India Associa-tion 1822. p. 41. Stat. Illustr. p. 57.**) Rel. hist. XI. 62. u. 63.
|204| land, 12 Jahr ſpaͤter, 2,099,000; in Schottland im Jahre1700 wahrſcheinlich 1 Million 500,000. Geſammt-Be-voͤlkerung des vereinigten Koͤnigreichs im Jahr 1700 un-gefaͤhr 9 Millionen; im Jahr 1822 mehr als 21,200,000Seelen. Vereinigt man die Conſumtion des Zuckers aufallen britiſchen Inſeln (in Groß-Britannien und Irland), ſofindet man im Durchſchnitt
  • von 1761 bis 1765 1,130,943 Cwt oder 57,452,000 Kilogr.
  • ‒ 1771 ‒ 1775 1,752,414 ‒ ‒ 89,023,000 ‒
  • ‒ 1781 ‒ 1785 1,422,024 ‒ ‒ 72,239,000 ‒
  • ‒ 1791 ‒ 1795 1,525,250 ‒ ‒ 77,483,000 ‒
  • ‒ 1801 ‒ 1806 2,331,398 ‒ ‒ 118,435,000 ‒
  • ‒ 1809 ‒ 1811 3,288,122 ‒ ‒ 167,036,000 ‒
Die folgende Tafel enthaͤlt das Verhaͤltniß zwiſchen derGeſammt-Einfuhr in die Haͤfen von Groß-Britannien (ohneIrland) und den geringen Quantitaͤten Zucker, welche bis-her Oſtindien geliefert hat. Die Ungleichfoͤrmigkeit der Abgaben, die in den briti-ſchen Haͤfen fuͤr Antillen- und fuͤr indiſchen Zucker bezahltwerden, iſt die Haupturſache, daß der Handel mit dem letz-teren von keiner großen Bedeutung werden kann. DieſeUngleichfoͤrmigkeit ſchreibt ſich von der Parlamentsacte von1787 her, und ſie hat durch die Edicte von 1813 und 1821noch zugenommen. Sie betraͤgt 10 Schilling pro Cwt oder50,79 Kilogrammen. „Wenn die Abgaben des amerikani-ſchen und aſiatiſchen Zuckers gleich waͤren, ſagt Hr. Crop-per, wenn man auf der indiſchen Halbinſel den Anbau desZuckerrohrs aufmunterte, ſo wuͤrde dieſer Theil von Aſia in10 Jahren die ganze Population von Europa verſorgen.” *)
*) Letter to William Wilberforce. S. 48.
|205| Quantitaͤten des eingefuͤhrten, wieder ausgefuͤhrten undverbrauchten Zuckers in Groß-Britannien.
Jahre. SummederEinfuhr.Cwt. Einfuhr desZuckers ausOſtindien.Cwt. Wiederausfuhr. Wiederausge-fuͤhrter indi-ſcher Zucker.Cwt. InnererVerbrauch.Cwt.
Roher ZuckerCwt. Raffin. Zuckr.Cwt. Summe.Cwt.
1810. 4,808,663 49,240 616,896 413,209 1,319,350 7,095 3,489,314
1811. 3,917,627 20,320 519,177 100,997 1,690,870 4,032 3,226,758
1812. 3,762,182 72,886 674,314 284,617 1,158,162 6,964 2,604,020
1813. 4,000,000 50,000 850,500 450,000 1,615,500 10,000 2,384,500
1814. 4,035,323 49,849 1,058,040 555,335 2,002,109 41,311 2,033,215
1815. 3,984,782 125,629 870,992 609,247 1,906,712 68,422 2,078,070
1816. 3,760,548 127,203 670,508 584,182 1,663,620 102,056 2,096,930
1817. 3,795,550 125,894 486,693 697,087 1,671,740 95,494 2,123,809
1818. 3,965,948 162,395 486,614 711,185 1,695,620 110,325 2,270,322
1819. 4,077,009 205,527 409,308 525,220 1,302,179 88,214 2,774,830
1820. 4,063,540 277,228 504,303 679,565 1,659,156 186,603 2,404,385
1821. 4,200,857 269,162 482,812 645,357 1,589,915 147,283 2,610,942
1822. 3,643,127 226,476 411,159 374,784 1,048,297 102,467 2,594,830
Mittel 4,001,165 135,000 618,000 510,000 1,486,402 74,000 2,514,763
In dieſem Tableau hat man die ganze Reexporta-tion an rohem Zucker nach dem Grundſatze angeſchlagen, daß |206| 34 Cwt rohen Zuckers 20 Cwt raffinirten geben. Die lon-doner Zollregiſter ſind durch die Feuersbrunſt von 1815 zer-ſtoͤrt worden; die fuͤr dieſes Jahr angeſetzten Zahlen ſindaus den Stat. Illust., die im Jahr 1815 bekannt gemachtworden, entnommen. (S. 56. 57. Vergleiche auch Thoughtson high and low prices, 1824, Appendix IV. p. 72.) Im Jahr 1823 war die Einfuhr in Groß-Britannien4,012,144 Cwt oder 203,817,000 Kilogrammen, und der in-nere Verbrauch 2,807,756 Cwt oder 142,634,000 Kilogr.Wenn Hr. Huskiſſon in einer vortrefflichen Parlamentsrede(im Maͤrz 1824 gehalten) dieſe Conſumtion auf 3,000,130 Cwtoder 152,406,000 Kilogr. anſchlug, ſo hat er ohne Zweifelvon der Geſammt-Conſumtion der vereinigten Koͤnigreicheſprechen wollen. Man muß außerdem die Bemerkung nichtaus dem Auge verlieren, daß die Quantitaͤt Zucker, diein den officiellen Tabellen durch Home consumption be-zeichnet iſt, nur die Differenz zwiſchen den eingefuͤhrten undausgefuͤhrten Quantitaͤten iſt, ohne auf diejenigen Ruͤckſichtzu nehmen, die jedes Jahr in den Magazinen aufgehaͤuftbleiben. Der mittlere Werth der eingefuͤhrten Quantitaͤten,der nach den Preis-Couranten und der Lebhaftigkeit desHandels veraͤnderlich iſt, betrug (von 1813 bis 1815) 10 und12 Millionen Pfund Sterling. In den letzten Jahren von1820 bis 1823 iſt dieſer Werth nur 6 Mill. Pfund gewe-ſen; der partielle Verbrauch des indiſchen Zuckers in Groß-Britannien belief ſich
  • im Jahre 1808 auf .... 23,526 Cwt.
  • ‒ ‒ 1809 ‒ .... 9,313 ‒
  • ‒ ‒ 1810 ‒ .... 42,145 ‒
  • ‒ ‒ 1820 ‒ .... 90,625 ‒
  • ‒ ‒ 1821 ‒ .... 121,859 ‒
  • ‒ ‒ 1822 ‒ .... 124,009 ‒
Er hat folglich innerhalb 12 Jahren *) faſt um das
*) On protection of West-India Sugar. 1823. p. 9. 148.
|207| ſechsfache zugenommen. Die Production der engl. Antillenallein iſt gegenwaͤrtig fuͤr die Beduͤrfniſſe der Bevoͤlkerungvon Groß-Britannien vollkommen hinreichend: nun aber bil-det dieſe Population nur 0,07 der Bevoͤlkerung von ganzEuropa, waͤhrend die Zucker-Conſumtion von Groß-Britan-nien ungefaͤhr 0,30 der in Europa eingefuͤhrten Zucker-Quantitaͤt ausmacht.
Frankreich verbrauchte im Jahre 1788 nur den fuͤnften,hoͤchſtens vierten Theil des Zuckers ſeiner Colonien. HerrPeuchet ſchaͤtzte die Conſumtion des Koͤnigreichs in demangegebenen Zeitpunkte auf 21,266,000 Kilogr. raffinirtenZuckers. *) Hrn. Chaptal zufolge war ſie im Jahre 1801nur noch 25,220,000 Kilogr.; allein von 1816 bis 1821 hatFrankreich, den Zoll-Etats zufolge, nachſtehende, in Kilo-grammen ausgedruͤckte Quantitaͤten bezogen:
Jahre. Zucker aus den franzoͤſiſchen Colonien. FremderZucker. Summe.
1816. 17,530,300 7,049,000 24,579,000
1817. 31,102,000 5,443,000 36,545,000
1818. 29,809,000 6,277,000 36,086,000
1819. 34,360,000 5,400,000 39,760,000
1820. 40,752,000 8,467,000 49,219,000
1821. 41,702,000 2,649,000 44,351,000
Dies giebt im Durchſchnitt eine jaͤhrliche Einfuhr von32,542,000 Kilogr. Zucker aus den franzoͤſiſchen Colonienund 5,881,000 Kilogr. fremden Zuckers; uͤberhaupt 38,423,000Kilogr. Bleiben wir bei den Reſultaten der 4 Jahre von1820 bis 1823 ſtehen, ſo finden wir eine mittlere Einfuhrin Frankreich von 48,019,636 Kilogr. Zucker, wovon 40,367,452Kilogr. von den franzoͤſiſchen Antillen, und von Cayenne3,375,888 Kilogr. von der Inſel Bourbon und 4,276,296aus Indien, Braſilien und von der Havana. Von dieſen
*) Stat. élém. de la France p. 406.
|208| 48,019,636 Kilogr. werden jaͤhrlich im Durchſchnitt wiederausgefuͤhrt 1,123,158 Kilogr. raffinirten Zuckers und 3,707,507Kilogr. Syrup; dergeſtalt, daß die Conſumtion von Frank-reich, in den Jahren 1820 bis 1822, jaͤhrlich etwa 44 Mil-lionen Kilogr. geweſen iſt. *) In den 4 Jahren von 1822bis 1825, waren die in Frankreich eingefuͤhrten QuantitaͤtenZuckers nach den Notizen, die mir der Praͤſident des Han-del-Buͤreaus, Graf v. Saint-Cricq, mitzutheilen die Guͤtegehabt hat, folgende:
  • im Jahre 1822 .. 55,481,004 Kilogrammen.
  • ‒ ‒ 1823 .. 41,542,856 ‒ ‒
  • ‒ ‒ 1824 .. 60,031,122 ‒ ‒
  • ‒ ‒ 1825 .. 56,081,506 ‒ ‒
Im Jahre 1825 wurden wieder ausgefuͤhrt an raffinir-ten Zucker 3,264,734 Kilogr., und an Syrup 4,856,775 Ki-logrammen, dergeſtalt, daß, mit Ruͤckſicht auf den Zucker,der in dem Syrup enthalten iſt, der innere Verbrauch Frank-reichs uͤber 51 Millionen Kilogr. an rohen Zucker geweſeniſt. Die Conſumtion hat von 1788 bis 1825, in Frankreichund in England, im Verhaͤltniß von 10:24,4 und von10:17,3 zugenommen; allein von 1819 bis 1825 iſt dieſeZunahme in Frankreich noch ſchneller geweſen; denn die Con-ſumtion erhob ſich daſelbſt von 39,800,000 Kilogr. auf 51Millionen Kilogrammen. In den vereinigten Staaten zeigt das Mittel von den3 Jahren 1800, 1801 und 1802, den Nachrichten zufolge,die ich der guͤtigen Mittheilung meines Freundes, des Hrn.Gallatin, verdanke: Einfuhr an Zucker und Mehlzucker116,644,000 Pfd.; Wieder-Ausfuhr 71,676,000 Pfd.; alſoConſumtion 44,668,000 Pfd. **) Herr Pitkin ***) ſchaͤtztedieſen Verbrauch auf 70 Mill. engl. Pfd., oder 31\( \frac{1}{2} \) Mill.
*) Rodet, du Commerce extérieur p. 154.**) Essai. pol. sur la Nouv. Esp. in 4. p. 846.***) Pitkin, Stat. View, 1816. p. 249.
|209| Kilogr. Indeſſen erhielt Hr. Seibert *), nach den Zoll-regiſtern eine 10jaͤhrige Mittelzahl (1803 bis 1812) von120,613,130 Pfd. importirten, und 66,243,660 Pfd. reexpor-tirten Zuckers; woraus alſo fuͤr den Anfang des neunzehntenJahrhunderts eine mittlere Conſumtion von 54,369,470 Pfd.folgt. Der Syrup iſt in dieſem Anſchlage nicht enthalten,in derſelben Epoche betrug der jaͤhrliche Verbrauch deſſel-ben 7,355,000 Pinten. Von 1821 bis 1825 wurden nachden vereinigten Staaten jaͤhrlich im Durchſchnitt 75 Mill.Pfd. Zucker ausgefuͤhrt, davon kamen 4,300,000 Pfd. ausOſtindien, von Isle de France und von Bourbon. Die Wie-der-Ausfuhr war in demſelben Zeitraum jaͤhrl. 18,000,000 Pfd.;dergeſtalt, daß die Conſumtion 57 Mill. Pfd. Antillen- undoſtindiſchen Zucker, 15 Mill. Louiſiana-Zucker und 8 Mill. Pfd.Ahorn-Zucker; Geſammt-Summe 36 Mill. Kilogr. betrug.
Vergleicht man die Populationen der Inſel Cuba, vonGroß-Britannien, der vereinigten Staaten und von Frank-reich mit den Quantitaͤten rohen Zuckers, die jaͤhrlich indieſen verſchiedenen Laͤndern conſumirt werden, ſo findet maneine ziemlich merkwuͤrdige descendirende Progreſſion, nachden Stufen des Wohlſtandes und beſonders nach den Na-tional-Gewohnheiten.
Laͤnder. JaͤhrlicherVerbrauch anrohem Zuckerin Kilogr. FreieBevoͤlkerung. JaͤhrlicherZuckerverbrauchpro Kopf.
Inſel Cuba 11 Mill. 450,000 24 25 Kilogr.
Groß-Britannien 142 Mill. 14,500,000 9 45 Kilogr.
Vereinigte Staatenvon N. Amerika 36 Mill. 9,400,000 3 45 Kilogr.
Frankreich 52 Mill. 30,600,000 1 45 Kilogr.

*) Annales Statist. 1820. S. 129.
|210| Ich habe an einer andern Stelle *) an die ungeheureZucker-Conſumtion in den Tropengegenden Amerika’s, welchevon Voͤlkern ſpaniſcher Herkunft bewohnt werden, erinnert.Ich blieb bei dem Quotienten ſtehen, welchen blos die Zahlder freien Menſchen giebt. Allein auch die Neger-Sklavenverbrauchen rohen Zucker in den Werkſtaͤtten waͤhrend derFabrikation. Da die Nachrichten uͤber Irland nicht genaugenug waren, ſo habe ich im vorſtehenden Tableau nur dieConſumtion von Groß-Britannien gegeben, die gegenwaͤrtigauf etwa 2,800,000 Cwt geſchaͤtzt wird; nach den directenImportationen von Irland, die weiter oben angegeben ſind,ſollte man glauben, daß dieſes Land mit einer ſehr armenBevoͤlkerung von 6,800,000 Seelen jaͤhrlich nicht uͤber12 Mill. Kilogr. verzehre, was auf den Kopf 1\( \frac{1}{4} \) Kilogr.giebt. Die Conſumtion der vereinigten Staaten im Jahr1825, auf die geſammte freie und Sclaven-Bevoͤlkerung(wahrſcheinlich 11,138,000) bezogen, wuͤrde noch 3\( \frac{1}{5} \) Kilogr.pro Kopf, oder \( \frac{1}{3} \) mehr als in Frankreich geben. Die Schaͤt-zung des Hrn. Pitkin (31\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr. fuͤr das Jahr 1825)war unſtreitig zu hoch; ſie wuͤrde fuͤr die freie Bevoͤlkerungvon 6,983,000, die in dem Zeitraum vorhanden war, 4⅗ Kilogr.geben. Die Conſumtion auf Cuba, in Groß-Britannien, Frank-reich und den vereinigten Staaten ſtehen gegenwaͤrtig un-gefaͤhr im folgenden Verhaͤltniß: 13,6. 5,4. 2,1. 1,0. Setzt man die Conſumtion der vereinigten Koͤnigreiche(Groß-Britannien mit Irland) zu 152\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr. an,ſo findet man fuͤr die Geſammt-Bevoͤlkerung von 21,300,000Seelen, die eines ſehr ungleichfoͤrmigen Wohlſtandes genie-ßen, 7\( \frac{1}{5} \) Kilogr. pro Kopf. Um zu dieſen ziemlich ſichern Angaben uͤber die verei-nigten Staaten, Groß-Britannien und Frankreich einige Ver-
*) Relat. histor. XI. 368. 369.
|211| muthungen uͤber die Conſumtion der uͤbrigen Laͤnder unſersContinents hinzuzufuͤgen, wollen wir zuvoͤrderſt die geſammteZuckermaſſe recapituliren, welche jaͤhrlich in den Handel ge-bracht wird.
Mill. Kilogr.
Archipel der Antillen ........ 287
Mill. Kilogr.
Britiſche Antillen .... Die mittlere Ausfuhr von Ja-maica, von 1816 bis 1824 nachden Haͤfen von Groß-Britannienund Irland (eine Exportation dieman mit der Production nicht ver-wechſeln muß), betrug 1,597,000Cwt, oder 81,127,000 Kil. Dieuͤbrigen engliſchen Antillen liefer-ten 1,634,000 Cwt od. 83,007,000Kilogr.; uͤberhaupt 3,231,000Cwt, oder mehr als 164 Mill.Kilogr. Bliebe man bei den 5Jahren von 1820 bis 1824 ſte-hen, ſo wuͤrde man nach denſel-ben offiziellen Angaben im Durch-ſchnitt finden: fuͤr Jamaica1,573,000 Cwt oder 79,908,000;fuͤr die andern engl. Antillen1,564,000 Cwt oder 79,451,000Kil.; Total 159,359,000 Kilogr.Die Differenz, je nachdem mandie Mittel ſeit 1816 und 1820nimmt, iſt alſo nur 4\( \frac{1}{2} \) Mill.Kilogr. oder 88,500 Cwt, eineGroͤße, die viel kleiner iſt alsdie Variationen, welche die Zucker-ausfuhr von Jamaica nach Eu- 165
|212[12]|
Mill. Kilogr.
Mill. Kilogr.
ropa in zwei aufeinander folgen-den Jahren erleidet. Ordnet mandie engliſchen Antillen nach denQuantitaͤten Zuckers, die ſie ge-genwaͤrtig in den Handel bringen,ſo erhaͤlt man folgende Rangord-nung: Jamaica, St. Vincentund Barbados mit faſt gleicherProduction, Grenada, Antigua,Trinidad, Tabago, St. Chriſtoph,St. Lucia, Dominica, Nevis,Montſerrata, Tortola.
Spaniſche Antillen ....Wir bleiben in dieſer Ueber-ſicht blos bei den verſteuertenQuantitaͤten ſtehen, mit derContrebande betraͤgt die Ausfuhrvon Cuba allein uͤber 70 Mill.Kilogr. 62
Franzoͤſiſche Antillen ...Die Sclaven-Bevoͤlkerung derfranzoͤſiſchen und ſpaniſchen An-tillen ſteht genau in demſelbenVerhaͤltniß wie die Exportationdes Zuckers; was die große Frucht-barkeit der Inſel Cuba beweiſt,den faſt \( \frac{1}{3} \) der Sclaven dieſerInſel bewohnen die großen Staͤdte. 42
Die hollaͤndiſchen, daͤni-ſchen und ſchwediſchen An-tillen ......... 18
287
Braſilien ............ 125
|213|
Mill. Kilogr.
Im Jahr 1816 war die Ausfuhr ſogar um5,200,000 Kilogr. groͤßer; allein wir habenweiter oben daran erinnert, daß in Jahrengroßer Trockenheit die Ausfuhr bis auf 91Mill. Kilogr. abnimmt.
Guyana, britiſches, hollaͤndiſches undfranzoͤſiſches ........... 40
Bleibt man bei den Jahren 1820 bis 1825ſtehen, ſo betrug die Ausfuhr von Demerary,Eſſequebo und Berbice oder dem engl. Guyana30,937,000 Kilogr. Man ſieht daß die Culturdieſes Theils von Guyana zunimmt, nachMaaßgabe daß die der engl. Antillen etwasabzunehmen ſtrebt. Das Mittel von 1816bis 1824 hat fuͤr das engl. Guyana 525,000Cwt oder 26\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr. gegeben, was einjaͤhrliches Wachſen der Ausfuhr von 4\( \frac{1}{2} \) Mill.Kilogr., oder \( \frac{1}{8} \) giebt; waͤhrend die engliſchenAntillen, nach der Vergleichung der Mittel-zahlen von 1814 bis 1824, ebenfalls um 4\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr., oder um \( \frac{1}{35} \) abgenommen haben.
Louiſiana. ............ 13
Oſtindien, Isle de France und Bourbon 30
Isle de France 12 Mill. Kilogr.; Indienhoͤchſtens 10 Mill. Kilogr.; Bourbon 8 Mill.Kilogr. Die Ausfuhren nach den vereinigtenStaaten ſind, wie uͤberall in dieſem Tableau,mit der Ausfuhr nach Europa verbunden. SollOſtindien die engl. Antillen erſetzen, ſo mußſeine Zuckerausfuhr 16 mal groͤßer werden.
Geſammt-Ausfuhr ...... Mill. Kilogr. 495
Ich habe die Quellen, aus denen ich die Elemente derallgemeinen Ueberſicht ſchoͤpfte, genau angegeben; ohne An- |214| gabe der gebrauchten Dokumente haben Unterſuchungen die-ſer Art wenig Werth. Der Leſer muß in Stand geſetztwerden, die einzelnen Angaben zu pruͤfen. Zweifel herrſchennur bei kleinen Quantitaͤten (z. B. bei den Ausfuhren vonPortorico, Curaçao, St. Thomas) oder bei der ungleich-foͤrmigen Production des Zuckers in Braſilien. Schaͤtztman dieſe Schwankungen, oder das Ganze der uͤbrig blei-benden Ungewißheiten, auf 35 Mill. Kil., ſo wuͤrde dieHaupt-Summe der Ausfuhr nur um \( \frac{1}{14} \) wechſeln. Rechnetman 38 Mill. Kilogr. fuͤr die Conſumtion der vereinigtenStaaten und des britiſchen Canada ab, ſo bleiben 457 Mill.Kilogr. Zucker (davon ⅞ roh und \( \frac{1}{8} \) verarbeitet) fuͤr die jaͤhr-liche Einfuhr nach Europa. Dies iſt eine Begraͤnzungszahldes Minimums: denn die Elemente dieſer Rechnungen ſindſaͤmmtlich aus den Zollregiſtern geſchoͤpft, ohne auf den Er-trag des Schleichhandels Ruͤckſicht zu nehmen. Theilt mandie Maſſe des, in Europa verzehrten, rohen Zuckers durchdie Zahl der Bewohner (208\( \frac{1}{2} \) Million), ſo findet man 2\( \frac{1}{5} \) Kil. pro Kopf: allein dieſes Reſultat iſt nur eine unfrucht-bare arithmetiſche Abſtraction, die zu nuͤtzlichen Betrachtun-gen eben ſo wenig fuͤhrt als jene Verſuche, die Populationender kultivirten Regionen der vereinigten Staaten oder Ruß-lands auf den Geſammt-Flaͤchen-Gehalt von 174,000 und616,000 Quadrat-See-Meilen zu vertheilen. Europa zaͤhlt0,55 ſeiner Volksmenge oder 106 Mill. Einwohner, dieim britiſchen Reiche, den Niederlanden, in Frankreich, demeigentlichen Deutſchland, in der Schweiz und in Italien an-gehaͤuft, eine ungeheure Menge von Zucker verzehren; und0,33 oder 73 Mill. in Rußland, in Polen, Boͤhmen,Maͤhren und Ungarn zerſtreut, in Laͤndern wo die Armuthdes groͤßten Theils der Bewohner die Conſumtion außeror-dentlich klein macht. Das ſind die aͤußerſten Punkte derStufenleiter unter dem Geſichtspunkte des Luxus oder der er-kuͤnſtelten Beduͤrfniſſe der Geſellſchaft. Um den Wohlſtand (aisance) der Population Deutſchlands abſchaͤtzen zu koͤnnen, |215| will ich hier nur daran erinnern, daß, in dem einzigen Ha-fen von Hamburg, im Jahr 1821 nahe an 45 Mill. Kilogr.Zucker eingefuͤhrt wurden; im Jahr 1824 betrug die Im-portation 44,800 Kiſten oder 29,120,000 Kilogr. braſiliſchenZuckers; 23,800 Kiſten oder 4,379,000 Kilogr. aus der Ha-vana und 10,600 Faͤſſer oder 8,480,000 Kilogr. aus London;uͤberhaupt alſo 41,979,000 Kilogr. Im Jahr 1825 fuͤhrteman ein: 31,920 Kiſten oder 20,748,009 Kilogr. aus Bra-ſilien; 42,255 Kiſten oder 7,774,900 Kilogr. aus der Ha-vana und 20,506 Faͤſſer oder 16,404,800 Kilogr. aus Eng-land; uͤberhaupt 47,927,000 Kilogram. Dieſe Einfuhr inHamburg vom Jahr 1825 war mithin nur um \( \frac{1}{6} \) niedrigerals die Einfuhr von ganz Frankreich. Der Hafen von Bre-men fuͤhrte im Jahr 1825 nahe an 5 Mill. Kilogr. ein;Antwerpen in demſelben Jahre 10,758,000 Kilogram. ImSuͤden von Deutſchland, wo der Zuckerverbrauch ebenfallsſehr betraͤchtlich iſt, machen der Tranſito- und Schleichhan-del die ſtatiſtiſchen Unterſuchungen ſehr ſchwierig. Wiekoͤnnte man z. B. mit Hrn. Memminger annehmen, daß indem Koͤnigreiche Wuͤrtemberg, wo ein großer Wohlſtandherrſcht, eine Bevoͤlkerung von 1,446,000 Seelen jaͤhrlichnur 980,000 Kilogr. Zucker verzehret? Rechnet man von den 457 Mill. Kilogr. rohen Zuckers,die nach Europa gebracht werden, 204\( \frac{1}{2} \) Million fuͤr die Con-ſumtion von Frankreich und der 3 vereinigten Koͤnigreicheab, und ſchlaͤgt man noch 2 Kilogr. pro Kopf (eine etwasſtarke Annahme) fuͤr die Bevoͤlkerung von 76 Mill. in denNiederlanden, im eigentlichen Deutſchland, in der Schweiz,in Italien, auf der iberiſchen Halbinſel, in Daͤnemark undSchweden an, ſo bleiben ungefaͤhr noch 100\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr.fuͤr Klein-Aſia, die Kuͤſten der Berberei, die weſtlichen Gou-vernements von Sibirien, und den Theil von Europa, dervon Voͤlkern des ſlaviſchen, ungariſchen und tuͤrkiſchen Stam-mes bewohnt wird. Nun iſt aber die Bevoͤlkerung vonMarocco, Algier, Tunis und Tripolis, ziemlich betraͤchtlich, |216| denn ſie erhebt ſich uͤberhaupt auf 24 Millionen. Klein-Aſia hat 4 Mill; rechnet man nun die Population desKuͤſtenſtrichs, der mit großen Handelsſtaͤdten bedeckt iſt, ſokann man ohne Uebertreibung fuͤr die Kuͤſten von Afrika,Klein-Aſia und Syrien, eine Exportation von 10 Mill. Kil.rohen Zuckers annehmen. Nach dieſen Angaben muͤßte manſchließen, daß die 80 Mill. Bewohner im ſlaviſchen, mad-jariſchen und tuͤrkiſchen Europa (d. i. Ruſſland, Polen,Boͤhmen, Maͤhren, Ungarn und die Tuͤrkei) 1,13 Kil. proKopf verzehren. Dieſes Reſultat kann uns in Erſtaunenſetzen, wenn man den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Civiliſationdieſer Laͤnder mit dem von Frankreich vergleicht. Man wuͤrdeeine viel geringere Conſumtion erwartet haben: indeſſen iſtdie Schaͤtzung des aus America und Oſtindien nach Europaund den vereinigten Staaten gebrachten Zuckers weit ent-fernt uͤbertrieben zu ſein, wahrſcheinlich unter der Wirklich-keit. Wenn die Zoll-Defraudationen, die Conſumtion inGroß-Britannien und Frankreich (zwei Laͤndern die den vor-ſtehenden Schluͤſſen als Typus gedient haben) viel betraͤcht-licher machen als man vorausſetzt, und wenn man annehmenwill, daß die Franzoſen und Englaͤnder noch mehr als 1⅘und 9⅘ Kilogr. pro Kopf verzehren, ſo darf man auf derandern Seite nicht vergeſſen, daß dieſelbe Fehler-Urſache aufdie Schaͤtzung der Exportationen in Amerika und Oſtindieneinwirkt. Im Jahr 1810, wo Groß-Britannien faſt 177\( \frac{1}{2} \) Mill. Kilogr. verzehrte, war der Quotient 12\( \frac{1}{5} \) Kilogr. proKopf. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß ein Schriftſteller, der anGenauigkeit in nummeriſchen Unterſuchungen gewoͤhnt iſt,und der aus guten Quellen ſchoͤpfen kann, in einem beſon-dern Werke die wichtigen Probleme der europaͤiſchen Con-ſumtion an Zucker, Caffee, Thee und Cacao, in einer gege-benen Epoche abhandeln wollte. Eine ſolche Arbeit erfordertmehrere Jahre, denn viele Documente ſind nicht gedruckt,und koͤnnen nur durch eine thaͤtige Correspondenz mit dengroͤßten Handelshaͤuſern Europa’s erhalten werden. Ich |217| habe mich dieſen Unterſuchungen nicht in ihrem ganzen Um-fange widmen koͤnnen. Die Zeit nahet, wo die Colonial-Lebensmittel zum großen Theil das Produkt nicht von Co-lonien, ſondern von unabhaͤngigen Laͤndern, — nicht vonInſeln, ſondern von den großen Continenten America’s undAſias ſein werden. Die Geſchichte des Handels der Voͤl-ker ermangelt der nummeriſchen Angaben, die ſich auf denZuſtand der ganzen Geſellſchaft beziehen, und dieſe Luͤcke kannerſt dann ausgefuͤllt werden, wenn man, in einer Zeit wogroße Umwaͤlzungen die induſtrieelle Welt bedrohen, denMuth hat, die zerſtreueten Materialien zu ſammeln und ſieeiner ſtrengen Critik zu unterwerfen. Ich ſchließe dieſe Unterſuchungen mit einer Vergleichungdes Rohr-Zuckers, des Runkelruͤben-Zuckers und des Wai-zens unter den Tropen, und in der mittlern Region vonEuropa. Auf der Inſel Cuba giebt die Hectare 1330 Kil.verarbeiteten Zuckers; Werth auf der Stelle 870 Franken,wenn man den Preis der Kiſte Zucker (oder 184 Kilogr.)zu 24 Piaſter rechnet. *) Zwiſchen der Havana und Ma-tanzas ſieht man den Preis der Laͤndereien als außerordent-lich hoch an, wenn eine Caballeria 2500 bis 3000 Piaſterkoſtet; das iſt indeſſen nur ungefaͤhr 1000 Franken fuͤr dieHectare, denn die Caballeria hat 13 Hectaren. In denUmgebungen von Paris betraͤgt bekanntlich der Preis derLaͤndereien 2500 bis 3000 Franken. Ein Boden von mitt-lerer Guͤte giebt daſelbſt 500 Kilogr. rohen Runkelruͤben-zucker pro Hectare, Werth 450 Fr.; allein ſehr fruchtbarerBoden in der Beauce und der Brie ſoll 1200 Kilogr. aufder Hectare abwerfen. In Frankreich erzeugt unter An-nahme eines 8ten Korns die Hectare 1600 Kilogr. Waizen,Werth 288 Franken, wenn man 100 Kilogr. Waizen zu 16bis 20 Franken anſchlaͤgt. Lavoiſier ſchaͤtzte das Kilogr.Korn zu 4 Sous, was ebenfalls 20 Franken die 100 Kilogr.
*) Rel. hist. XI. 396. ff.
|218| giebt. Eine Hectare giebt folglich, bis auf \( \frac{1}{5} \) nahe, auf denAntillen in Zuckerrohr daſſelbe, was ſie in der gemaͤßigtenZone in Waizen abwirft. Die reifen Koͤrner einer Getrei-defrucht wiegen, als Produkt einer Hectare nur 270 Kilogr.mehr als der kryſtalliſirte Zucker der, unter den Tropen, ausden Knoten des Zuckerrohrs gezogen wird. Ein erwachſenerMenſch verzehrt, in ganz Frankreich, taͤglich 1\( \frac{1}{2} \) bis 1\( \frac{3}{4} \) Pfd.Brod, oder 200 Kilogr. Waizen im Jahre. Lavoiſier rech-nete 11667 Millionen ſchwere Pfund Waizen, Roggen undGerſte fuͤr eine Volksmenge von 24,676,000 *), was jaͤhr-lich ohngefaͤhr 230 Kilogr. per Kopf giebt. In Paris iſtdie Brod-Conſumtion nur 168 Kilogr. im Jahre. **) Manverzehrt pro Kopf in Frankreich 125 Mal, in England kaum23 Mal mehr Waizen als Zucker. Man ſchaͤtzt die Aus-gabe fuͤr Brod in Paris auf mehr als 38 Mill. Franken;waͤhrend die jaͤhrliche Ausgabe fuͤr Zucker, wovon jedoch eingroßer Theil nach den Departements reexportirt wird, 27Mill. Franken betraͤgt. ***)
Ich habe weiter oben den Runkelruͤben-Anbau angefuͤhrt,ſo wie man ihn in den Umgebungen von Paris ſeit 4 bis5 Jahren eingefuͤhrt hat. Da dieſe Cultur fortfaͤhrt auf denAntillen lebhafte Neugierde zu regen, werde ich hier die al-lerneueſten Thatſachen anfuͤhren, welche Hr. v. Beaujeu ineinem der Akademie der Wiſſenſchaften im Monat Auguſt1826 vorgelegten, ſehr wichtigen Bericht dargethan hat.Dieſer große Landwirth hat die Guͤte gehabt, mir einenkurzen Auszug ſeines Aufſatzes mitzutheilen; und da dieReſultate, die er enthaͤlt, weit vorzuͤglicher ſind, als die deraͤlteſten Methoden, werde ich ſie hier woͤrtlich folgen laſſen: „Wenn man die Cultur der Runkelruͤben zum Zucker imGroßen betrachtet, beſonders die gelbe Art in den Theilen
*) Peuchet, Stat. de la France 286.**) Chabrol de Volvic, Rech. Stat. 1823. S. 73.***) Budget et Comptes de la Ville de Paris pour 1825. p. XVI.
|219| von Frankreich, welche ihr vorzugsweiſe zuſagen wuͤrde, wiedie Beauce, die Brie, ein Theil der Normandie, die noͤrd-lichen Ebenen des Koͤnigreichs, ſo wuͤrde ich, ſagt Hr. Beaujeu,den gewoͤhnlichen Ertrag einer Hectare nach den Reſultatenmeiner eigenen Erfahrung, zu 30,000 Kilogr. anſchlagen.In weniger fruchtbaren Laͤndereien ſind 20,000 Kilogr. eineetwas ſtarke Schaͤtzung. Dieſelbe gelbe Varietaͤt der Run-kelruͤbe muß zum hoͤchſten 5, zum mindeſten 4 pro Cent ro-hen Zucker geben, denjenigen mit eingeſchloſſen, der durchdas Wiederkochen des Syrups gewonnen wird. Rechnetman nun aber in den fruchtbaren Theilen Frankreichs aufdie Hectare 30,000 Kilogr. Wurzeln, ſo wird man aus die-ſen gut geraſpelten, und in guͤnſtiger Jahreszeit gut bear-beiteten Wurzeln, 1200 bis 1500 Kilogr. rohen Zucker ge-winnen; und durch die Raffinade 750 Kilogr. Huthzucker;550 Kilogr. Vergeoiſe und 3000 Kilogr. Syrup, zum Brannt-wein-Deſtilliren geeignet; das macht 50 Procent Huthzucker,30 Procent Vergeoiſe und 20 Procent Syrup. Man kannauf eine Mittelzahl von 1000 bis 1200 Kilogr. rohen Zuckerper Hectare in dem Zuſtande der Vervollkommnung rechnen,in dem ſich gegenwaͤrtig die Kunſt der Fabrikation des einhei-miſchen Zuckers befindet.
„Die Runkelruͤben, auf einem fruchtbaren Boden erzeugt,der pro Hectare 30,000 Kil. abwirft, muͤſſen beim Raſpeln75 Procent Saft oder exprimirten Zuckerſtoff geben, undalsdann hat man 5\( \frac{1}{3} \) bis 6\( \frac{2}{3} \) Procent rohen Zucker ausden Runkelruͤben-Zuckerſtoff; wenn man denjenigen mit-rechnet, der aus dem nochmaligen Sieden des Zuckerſaftesentſteht, das nach Vervollkommnung der Syrups-Fabrikationſehr vortheilhaft geworden iſt. Soviel mir bekannt iſt, be-ſtehen in Frankreich im Jahre 1826, 50 Runkelruͤben-Zucker-fabriken, die hoͤchſtens 500,000 Kilogr. rohen Zucker von ver-ſchiedenen Qualitaͤten fabriciren koͤnnen; allein die groͤßteAnzahl dieſer Fabriken iſt weit entfernt 50 Procent Huth-zucker zu geben. Man hat immer gerechnet, daß im Jahre |220| 1812, 200 Fabriken exiſtirten, die eine Mill. Kilogr. rohenZucker liefern ſollten; allein die meiſten dieſer Fabriken ha-ben es nur dahin bringen koͤnnen, Syrup oder Mehlzuckervon der ſchlechteſten Qualitaͤt, deſſen Anwendung ſehr ſchweriſt zu erzeugen. In fruchtbaren Laͤndereien iſt es leicht alle3 Jahre eine gute Runkelruͤben-Aerndte zu erhalten; ſeitlanger Zeit habe ich alle 2 Jahr eine ſolche gehabt, da woſich der Boden zu dieſer Cultur am beſten eignet. Waͤredie gegenwaͤrtige Conſumtion von Frankreich 56 Mill. Kil.rohen Zucker, ſo beduͤrfte man nur 168,000 Hectaren gu-ter Laͤndereien, wovon 13 oder 56,000 Hectaren alle Jahrmit Runkelruͤben bepflanzt, um das ganze Koͤnigreich mitdem noͤthigen Zucker zu verſorgen. — Voyage aux reg.équinoct. du nouveau Continent. Ed. in 8. XII. Seite160 bis 196.