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Alexander von Humboldt: „Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1829-Ueber_die_Mittel-2-neu> [abgerufen am 18.04.2024].

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Titel Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern
Jahr 1832
Ort Moskau
Nachweis
in: Bulletin de la Société Impériale des Naturalistes de Moscou 5 (1832), S. [260]–290.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Kapitälchen; Fußnoten mit Asterisken.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.104
Dateiname: 1829-Ueber_die_Mittel-2-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 31
Zeichenanzahl: 33595

Weitere Fassungen
Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern (Leipzig, 1829, Deutsch)
Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern (Moskau, 1832, Deutsch)
|260|

Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phä-nomene des tellurischen Magnetismus zu erleich-tern; von Alexander von Humboldt. (Auszug aus einer vor der K. Academie der Wis-senschaften zu Berlin gehaltenen Vorlesung.)

Die naturwissenschaftliche Civilisation derWelt reicht kaum über jene glänzende Epochehinaus wo in dem Zeitalter von Galilaei, Huy-ghens und Fermat gleichsam neue Organe ge-schaffen wurden, neue Mittel den Menschen(beschauend und wissend) in einen innigerenContact mit der Aussenwelt zu setzen, Fern-rohr, Thermometer, Barometer, die Pendeluhrund ein Werkzeug von allgemeinerem Gebrau-che, der Infinitesimal-Calcul. Wäre die alexand-rinische Schule, oder wären die Araber, eineNation, die den im Alterthum leider unbe-kannten practischen Sinn des Beobachtens, Mes-sens und Experimentirens zeigte, im Besitz der |261| Hülfsmittel gewesen, dìe uns gegenwärtig zuGebote stehen; so würden wir wissen, ob derDruck der Atmosphäre, die aus der Luft sichniederschlagende Regenmenge, die relative Fre-quenz vorherrschender Winde, die Richtungder isothermischen Linien, wie die Vertheilungdes Magnetismus auf dem Erdkörper, seculärenVeränderungen unterworfen sind. Bei dem Man-gel an numerischen Daten, die auf mehr als 12Jahrzehnden hinaufreichen, bei dem Mangel anDocumenten zur physischen Geschichte des Erd-körpers und des Luftkreises, der ihn umhüllt,ist unser Zeitalter berufen, den kommendenGeschlechtern die Lösnng jener wichtigen Pro-bleme vorzubereiten. Die Vertheilung des Magnetismus auf derOberfläche unseres Planeten nach den drei For-men der Abweichung, Neigung und Kraftstärke,ist durch die vereinten Bemühungen einer gros-sen Zahl von Reisenden in den verschiedenstenZonen mit vieler Sorgfalt ermittelt, und kaumhat sich irgend ein anderer Theil der physi-schen Erdbeschreibung seit einer geringen Reihevon Jahren in der Ergründung der Gesetze |262| (ich sage nicht, in der Ergründung des Cau-salzusammenhanges) der Erscheinungen, einerähnlichen Bereicherung zu erfreuen gehabt. Jetiefer man aber durch Vervollkommnung undgleichmäßige Anwendung der Beobachtungsmit-tel in die Gesetze des tellurischen Magnetismuseinzudringen anfängt, desto vielfacher werdendie Probleme, deren Lösung sich dem Physi-ker darbieten. Ohne eine genaue Kenntniß die-ser Probleme kann von den vorzüglichsten In-strumenten kein befriedigender Gebrauch ge-macht werden. Man muß vollständig wissen,was zu bestimmen übrig bleibt, um die Veran-staltungen zu treffen, welche zu dem beabsi-chtigten Zwecke führen können. Der Hauptge-genstand dieser Abhandlung ist, die Nothwen-digkeit solcher Veranstaltungen zu entwickeln,und zu zeigen, was, seit meiner Anwesenheitin dieser Hauptstadt, ich davon in’s Leben zurufen versucht habe. Die magnetischen Erscheinungen des Erd-körpers, in ihrer grössten Allgemeinheit betrach-tet, hängen eben so wenig wie die climate-rische Vertheilung der Wärme, der mittlern |263| monatlichen und stündlichen Veränderungen desLuftdrucks, und die Richtung der Winde vonkleinen örtlichen Verhältnissen ab. Es sindgrosse, auf dem ganzen Planeten gleichzeitigeintretende Veränderungen. Die nach Morletund Arago von Osten gegen Westen fortschrei-tende Bewegung der Knoten oder Durchschnits-punkte des magnetischen und Erd ‒ Aequators,welche die Vergleichung der Beobachtungen vonCook und Duperrey, von Vancouver und Frey-cinet mit Sicherheit darthun, ist bis zum höchstenNorden bemerkbar. Die magnetische Breite jenesOrts wird dadurch verändert, und mit ihr dìeNeigung und wahrscheinlich auch die Intensitätder magnetischen Kräfte. Die Länge der Zwi-schenzeit, in der ich mit besonderer Vorliebe undimmer mit unter sich vergleichbaren, von Le Noirund Gambey construirten Instrumenten die Nei-gung an mehreren Punkten beobachtet habe, setztmich in den Besitz merkwürdiger Resultate überdie jährlichen Veränderungen der Inclination. In Berlin babe ich gemeinschaftlich mit Hrn. Gay-Lussac zu Anfange des Winters 1806 die Neigungmit demselben Instrumente bestimmt, welches aufder Weltumseglung von d’Entrecasteaux gebraucht |264| worden war. Die Inclination betrug 69° 53′.Zwanzig Jahre später, im December 1826 fandich im Garten von Bellevue bei Berlin, gemein-schaftlich mit den HH. Encke und Erman,68° 39′ (nach dem Mittel aus den Beobach-tungen mit zwei Nadeln, von denen eine 68°38, und die andere 68° 40′ gab). Die Differenzbeträgt also 1° 14′, und mittlere jährliche Ab-nahme 3′,7*). Wenn nicht ältere Beobachtungen oft ummehrere Grade falsch seyn könnten, so würdeich Euler’s Beobachtung in der Théorie del’inclinaison (Memoires de Berlin 1753) an-führen. Er hat die Neigung in Berlin zwischen70° 45′ und 72° 45′ gefunden, woraus, zwi-schen 1755 und 1826, im Mittel eine jähr-
*) Prof. Erman fand mit Instrumenten von gleicherConstruction, aber nach verschiedenen Beobach-tungs ‒ Methoden, in Berlin 1812 die Inclination= 69° 16′, im Jahr 1824 aber = 68° 48′, und1826 im November, im Garten des französischenHospitals, = 68° 45′; die letztere Beobachtungwurde mit zwei Nadeln gemacht, die eine gab 68°42′ 45″, die andere 68° 18′ 49″.
|265| liche Abnahme von 2′,6 oder 3′,5 folgt, alsoeine etwas langsamere, als gute neuere Beoba-chtungen geben, was der Theorie von der Be-wegung der Knoten des magnetischen und Erd-Aequators, bei der allmäligen Annäherung vonBerlin an den magnetischen Aequator, keines-weges widerspricht.
In Paris haben die von Coulomb angege-benen sehr scharfsinnigen Methoden, die Nei-gung zu finden, den Erfinder zu sehr irrigenResultaten geführt. Die erste Beobachtung, wel-che mit einem vollkommnen Instrumente da-selbst angestellt wurde, ist vom Jahre 1798.Die Neigung wurde von mir gemeinschaftlichmit dem Chevalier Borda bestimmt, und gleich69° 51′ gefunden. Im October 1810 fand ichsie dort mit Hrn. Arago gleich 68° 50′. Diemittlere jährliche Abnahme betrug also in die-ser Periode 5′. Dagegen war im August 1825die Neigung 68° 0′ *), also von 1810 bis
*) Beobachtung des Hrn. Arago. Am 18. Sept. 1826fand ich mit Hrn. Mathieu ebenfalls auf der Stern-warte mit einer Nadel 67° 56′,75 und mit der an-dern 67° 56′,37.
|266| 1825 die jährliche Abnahme nur 3′,3. Es istalso keinem Zweifel unterworfen, dass, je näherder magnetische Knoten dem magnetischen Me-ridiane von Paris gerückt ist, desto mehr sichauch die Abnahme verlangsamt hat, von 5′,0zu 3′,3. Auch Hr. Arago erwähnt dieser schwa-chen Abnahme im Annuaire pour l’an 1825,die er für das Jahr 182¾ selbst nur zu 2 Mi-nuten anschlägt. Es ist leicht zu beweisen,dass dieser Unterschied in der Abnahme zwi-schen 1798 und 1810, und 1810 und 1825nicht etwa, wie in älteren Resultaten, den Beo-bachtungsfehlern zugeschrieben werden könne.Wäre die Abnahme in beiden Perioden gleich-förmig gewesen, so müßten wir uns, Borda,Arago und ich, um 21 bis 26 Minuten geirrthaben; aber die Ungewissheit der Resultate hattebis 1806 etwa 6 bis 7 und in neueren höchstens1 bis 2 Minut. zur Gränze. Man muss auch nichtvergessen, dass in die Periode der langsamerenAbnahme in Paris das merkwürdige Jahr 1818fällt, in welchem die westliche magnetische Ab-weichung abzunehmen, d. h. die Nadel sich ge-gen Osten zu bewegen anfing. Das mittlere jähr-liche Fortrücken der Declination in vor ‒ und |267| rückwärts schwankender Bewegung ist ebenfalls,ungleichförmig, je nachdem dìe Linie ohne Ab-weichung sich nähert oder entfernt. Vergleicheich meine Berliner und Pariser Beobachtungender Neigung aus der Periode von 1806—1826,so finde ich die jährliche Abnahme für Berlin= 2′,7, und für Paris = 4′,8, eine auffal-lende Uebereinstimmung. Bei der ganz unwahr-scheinlichen Annahme, dass die Beobachtungs-fehler beider auf eine Seite fallen, und dasssie für 1806 volle 6′ und für 1826 volle 2′betragen, würde das Resultat der Abnahme derInclination doch nur um 24″ auf 228″ (fast ⅒)verändert werden.
In London, wo Cavendish und Gilpin zu-erst 1806 die von Le Monnier und Lord Mul-grave allgemein geläugnete jährliche Veränderungder Neigung bemerkt haben, war die mittlerejährliche Abnahme von 1775 bis 1806 genau4′ 18″, also bis ⅐ oder 36″ der gleich, wel-che ich für Paris zwischen der Epoche meinerAbreise nach Spanien und Süd ‒ America unddem Jahr 1806 gefunden habe. In Göttingen fand ich mit Hrn. Gay-Lus-sac am Ende des Jahres 1803 die Inclination |268| = 69° 29′, am 28 September 1826, also 21Jahre später, gemeinschaftlich mit Hrn. Hof-rath Gauss, am Abhange des Heinberges, =68° 29′ 26″ (mit einer Nadel = 68° 40′ 7″,mit einer zweiten 68° 28′ 43″). Die jährlicheAbnahme, 2′,8, ist auffallend klein, da sie, wiewir eben gesehen, in dem östlicheren Berlin für dieselbe Zeit 3′,7, und in dem westliche-ren Paris 3′,8 betrug, also an beiden Ortenfast ⅓ grösser war! Die Beobachtung von 1806in Göttingen ist aber keinesweges in Zweifelzu ziehen; denn Prof. Mayer fand zu derselbenEpoche durch die Methode der angehängtenGewichte, mit vieler Sorgfalt, 69° 26′, alsonur 3′ weniger, als Hr. Gay-Lussac und ich.Es ist zu wünschen, dass man künftig auf dieseUnterschiede des Ganges der jährlichen Incli-nations ‒ Veränderung zwischen Paris, Göttin-gen und Berlin aufmerksam sey, aber nur Beo-bachtungen traue, in denen zwei Nadeln nachUmkehrung ihrer Pole nicht mehr als 2 bis3 Minuten von einander abweichen. Im letzt verflossenen Sommer habe ich Freiberg in der Absicht besucht, um in einer |269| Grube, wo das Gestein (Gneis) nicht auf dieMagnetnadel wirkt, die Neigung in einer Sei-gerteufe von 800 Fuss und an der Oberfläche,senkrecht über dem unterirdischen Punckt, zubestimmen. Der Unterschied war nur 2′,06;aber der Sorgfalt, welche ich angewandt, las-sen die in der Note angeführten Resultate je-der einzelnen Nadel doch wohl glauben, dassin der Grube (dem Churprinz) die Neigungetwas grösser ist, als auf der Oberfläche desGebirges. Eine Reise, welche Hr. Arago im Jahr1825 im nördlichen Italien, ebenfalls mit einemGambey’schen Neigungscompass (nach der Con-struction des Chevaliers Borda) gemacht hat,gewährt noch ein Paar sehr sichere Verglei-chungspunkte, Florenz und Turin, zur Bestimmungder Wirkung des herannahenden magnetischenAequator-Knotens. Die eine Beobachtung, die zu Florenz, giebt für 1805 bis 1826, die mittlerejährliche Abnahme der Neigung = 3′,3, die an-dere, in Turin, 2′,5. In Florenz wurde die Nei-gung zufällig an demselben Tage, am 26 Septem-ber, beobachtet und = 62°, 56′ gefunden, an |270| welchem ich dieselbe 20 Jahre früher, mit Hrn.Gay ‒ Lussac, = 63° 37′ gefunden hatte. Hr.Arago beobachtete im Garten Boboli, wir imWäldchen bei den Caccini, also immer infreier Luft, fern von allen Gebäuden. In Turin wurde die Beobachtung von 1805, derrauhen Witterung wegen, in einem Gartenhau-se, die Beobachtung von 1825 dagegen im Gar-ten Valentino gemacht. Florenz und Turin geben also wieder, fürdie Epoche von 1805 bis 1825, bis 18″, d.h. bis ⅒ des Ganzen, dieselbe mittlere jähr-liche Abnahme, als Berlin und Paris *). Dienumerische Bestimmung dieses Elementes ist
*) Ich nehme bei dieser Vergleichung keine Rücksichtauf Lyon, weil bei dieser mit Hügeln von soge-nanntem uranfänglichem Gesteine durchschnittenenStadt Hr. Arago und ich an sehr verschiedenenPunkten beobachtet haben. Im Mai 1805 fand ichmit Hrn. Gay ‒ Lussac auf dem Hügel Notre Damedes Fourrières 66° 14′; im September 1825, Hr.Arago, in einem Garten in der Ebene bei Lyon,65° 39′. Die scheinbare jährliche Abnahme wärealso 1′,7.
|271| wichtig für die Bewegung der Knoten und derdamit zusammenhängenden Veränderung der mag-netischen Breite *) . In der Havannah, wo ichim December 1800 und Capitain Sabine 1822
*) Zur Erleichterung künftiger Vergleichungen, legeich hier nachfolgende Resultate nieder, und zwarvon Punkten, an denen ich mit besonderer Sorg-falt neuerlichst beobachtet habe. Metz. Ebene zwischen Montigny und Ouvrage àCornes der Cidatelle, 200 Toisen südlich von der Lunette, in freier Luft, am 2. Sept. 1826 um 5½Uhr Abends, 67° 29′,5 (Nadel A, 67° 29′; Na-del B, 67° 30′). Frankfurt am Main, Sept. 1826, in freier Luft,im Garten des Hrn. Geheimen Raths v. Sömmering,67° 52′ (Nadel A, 67° 54′; Nadel B, 67° 50′). Teplitz, auf dem Spitalberge, etwas nördlich vonder Schlakkenburg, am 11 Juli 1828, in freierLuft, 67° 19′,5 (A = 67° 19′,3; B = 67° 19′,8). Prag. am 19. Juli 1828, von 5 bis 7 Uhr Nach-mittags, im gräflich Bucquoi’schen Garten, bei Bu-cenatsch, 1000 Klafter Wiener Maass nördlich vonPrag, in freier Luft, mit Professor Hallaschka,66° 47′,6 (A = 66° 47′,7; B = 66° 47′,5).
|272| die Neigung bestimmten, ist die mittlere jähr-liche Abnahme ebenfalls 3′,9, also fast so großwie in Paris gewesen (Relation historique III.p. 361.).

Millischauer Porphyrschieferberg (nach meinerMessung 326,5 Toisen über Prag), am 26. Juli1828, Inclination auf dem Gipfel = 67° 53′,5(A = 67° 54′,7; B = 67° 52′,4); sie ist son-derbar gross in Vergleich mit Prag und Teplitz;wahrscheinlich durch Wirkung einer Localanzie-hung in dem Magneteisensand enthaltenden Gestei-ne; vielleicht durch einen Kern von anderer Ge-birgsart im Innern des Porphyrschiefer-Kegels. Freiberg im sächsischen Erzgebirge, am 31. Juni1828, auf Churprinz über Tage in freier Luft. zwi-schen 10¾ und 11½ Uhr Morgens (Temperatur derLuft 15°,8 C.). Inclination = 67° 32′,99 (A =67° 33′,87; B = 67° 32′,12). Freiberg, Churprinz in der Grube, auf der 7.Gezeugstrecke, auf dem Ludwiger Spathgange, 80Lachter östlich vom Triebschachte, 40 Lachterwestlich vom Kunstschachte, in 133½ Lachter Sei-gerteufe, zwischen 2 und 2½ Uhr Nachmittags am30 Juli 1828 (Temperatur der Grubenluft 15°,5 C.),mit Hrn. Professor Reich und Hrn. Bergrath Freies-leben. Inclination = 67° 35′,05 (A = 67° 37′,4; B = 67° 32′7).
|273| Dieselbe Ursache, deren Wirkungen wirhier in diesen nördlichen Zonen verfolgen,macht begreiflich, warum die Neigung der Ma-gnetnadel seit Cook’s Reisen, also seit 50 Jah-ren, so beträchtlich auf dem Vorgebirge der
Dresden, vor dem Dippoldiswalder Thore, un-fern der Chaussée, auf freiem Felde mit Hrn.Inspector Blochmann, im August 1828, Inclina-tion = 67° 45′,8 (A = 67° 44′,7; B = 67°46′,9).Es ist wohl überflüssig zu bemerken, dass inallen diesen Versuchen die Pole der Nadeln A und B. umgekehrt worden sind. Der mittlere Fehlerder Beobachtung, oder der mittlere Unterschiedder Resultate beider Nadeln, ist in den Jahren 1825bis 1829 nur 1′,8, und, mit Weglassung zweier üb-rigens befriedigender Beobachtungen von Frankfurtam Main und Freiberg in der Grube: 1′,3.In Poggendorff’s Annalen, Jahrgang 1828, Stück10, S. 378., finde ich sehr abweichende Beobach-tungen von Prag und Dresden, nämlich:Prag (Keilhau) 1827 Inclination 67° 2′dito (Dr. Erman) — 67 11Dresden (Keilhau) 1827 — 67 41,3Teplitz (Keilhau) — 67 28Königsberg (Dr. Erman) — 69 0
|274| guten Hoffnung und auf St. Helena zugenommenhat, während sie auf der Insel Ascension ab-genommen, und auf Taheiti, wo die Curve ohneNeigung fast dem Erd-Aequator parallel läuft,meist unverändert geblieben ist. (Arago in der
Mein verehrungswerther Freund, Hr. ProfessorErman, hat mich daran erinnert, „daß die Beoba-chtungen seines Sohnes mit einem kurz vor derAbreise von Königsberg nach München in derEile zusammengesetzten Apparat angestellt wurden,fast nur um die Coulomb’schen Formeln zu prü-fen, dass aber Vergleichungen mit besseren Beoba-chtungen und Instrumenten Fehler für Breslau von40′, und für München von einem Grad gezeigt ha-ben. Das Prager Resultat hält Hr. Professor Han-steen doch für ziemlich sicher; vielleicht war dieBeobachtung in einem Zimmer, im Innern der Stadtangestellt.‘’ Auch des verdienstvollen GeognostenHr. Keilhau’s Neigungs ‒ Nadel wurde von BerlinerPhysikern als nicht hinlänglich gut construirt. Siewar ihm vom Professor Hansteen mitgetheilt, aberauch die Beobachtungen dieses Gelehrten mit einemDollond’schen Inclinatorium, weichen beträchtlichmehr unter einander ab, als die Resultate, welcheBorda’sche Inclinatoria, selbst zu Anfange dieses Jahr-hunderts gaben. Hr. Hansteen fand 1825 in Dront-
|275| Connaiss. des tems, pour 1828, p. 251., auchdies. Ann. Bd. 8. S. 175.) Der magnetischeAequator entfernt sich nämlich von St. Helena, und nähert sich schnell der Insel Ascension, die er wahrscheinlich in wenigen Jahren er-reichen wird. Mit dieser Bewegung der Knoten
heim mit einer Dollond’schen flachen Nadel, ohneGewichte, im Mittel aus vier Beobachtungen. 74°49′,6, mit drei verschiedenen Gewichten, 74° 33′,6, mir der rundern Nadel, nach dem Mittel ausvier Beobachtungen, 74° 37′, I. Capitain Sabinehatte 1823 die Inclination daselbst = 74° 43, ge-funden.Diese Bemerkungen über die Gränzen der Fehler, deren Kenntniß in der messenden Physik eben sowichtig, als in der messenden Astronomie ist, dür-fen keinesweges das gerechte Vertrauen schwächen,welches man in die Resultate der großen nord-asi-atischen Reise von Hansteen und Dr. Erman setzenkann. Diese vortrefflichen Astronomen und Physi-ker sind gegenwärtig mit demselben Gambey’schenInclinatorium ausgerüstet, dessen Gay-Lussac, Ara-go und ich, uns seit mehr als 20 Jahren bedienen.Mit diesem Instrumente hat Hr. Dr. Erman neuer-lichst (1828) die Inclination zu Petersburg =71°0′,4 gefunden.
|276| von Osten gegen Westen steht Hrn. Hansteen’sBehauptung, dass die magnetischen Pole vonWesten nach Osten um den Erdpol kreisen(Untersuchung über den Magnetismus der Erde,1819, S. 35.), in geradem Widerspruch; auchist diese Behauptung nicht mit der Bewegungder uns am nächsten liegenden Linie ohne Ab-weichung nach Westen zu vereinigen. Diesezwischen Moscau und Kasan hindurchgehendeLinie steigt gegen Archangel nordwärts. Hr.Kupffer, dem die Theorie des tellurischen Ma-netismus so Vieles verdankt, bemerkt in einerhandschriftlichen Note, die ich von ihm bezitze,dass die östliche Abweichung von Kasan 1805um 2°, aber 1825 über 3° betrug. In Archangel, wo die Abweichung im Anfang des 19 Jahrh.½ Grad westlich war, ist sie jetzt 2 Gradöstlich. Diess sind deutliche Beweise von derBewegung der russischen Linie ohne Abwei-chung gegen Westen. Die zweite sibirische Li-nie ohne Abweichung, die von Irkutzk, hatwahrscheinlich eine ähnliche Bewegung; abernach Schubert, Wrangel und Kupffer zeigt siedas einzige sonst nie beobachtete Phänomen,dass auf beiden Seiten der Linie, der östlichen |277| und westlichen Seite, die Abweichung östlichist!
Die Frage, ob die Neigung auch stündli-che Veränderungen erleide, ist in den vrrflos-senen Wintermonaten ein besonderer Gegen-stand meiner Untersuchungen gewesen. Da derLimbus des Instruments nur von 10 zu 10Min. getheilt und, wegen der Oscillationen dersich freibewegenden Nadel, mit keinem Noniusversehen ist, und daher kaum 2 Min. mit Si-cherheit geschätzt werden können, so ist dieBeobachtung sehr schwierig. Herr Arago schreibtmir vor einigen Wochen: „Ich habe mich jetztdurch die sorgfältigsten Versuche volkommenüberzeugt, nicht bloss durch Mittelzahlen ausmehreren Versuchen, sondern durch unmittel-bare Ablesung, dass die Neigung um 9 UhrMorgens grösser als um 6 Uhr Abends ist.Ich wundere mich nicht, daß diese Verän-derung in den kalten Wintermonaten in Ber-lin nicht bemerkbar gewesen ist; auch inParis wird sie nur in der warmen Sommermo-naten so beträchtlich, dass man sie mit einerLupe sehen kau.“ Diese Verschiedenheit nachden Jahreszeiten hat also die Neigung mit der |278| täglichen Abweichung gemein. Letztere ist be-kanntlich in unseren Breiten im Julius undAugust drei bis vier Mal grösser als im De-cember und Januar. Merkwürdig ist noch, dassdie stündliche Veränderung der Neigung, wiewir bald sehen werden, im umgekehrten Ver-hältniß mit der täglichen Ebbe und Fluthder magnetischen Kraft stehet. Beide Phäno-mene, welche auch Hrn. Foster in Port Bowen und auf Spitzbergen, wie Capitain Franklin in Cumberlandhouse, beschäftigt haben, verdienendie größte Aufmerksamkeit deutscher Physiker. In der Hoffnung: durch meine schwachenBemühungen etwas zur Lösung so verwickelterProbleme beizutragen, habe ich mich entschlos-sen, seitdem ich in mein Vaterland zurückge-kehrt bin, die Arbeit über die stündlichenVeränderungen der Abweichung wieder zu be-ginnen, die mich in den Jahren 1806 und1807, als ich von Mexico zurückkam, mit sovieler Anstrengung beschäftigt hatte. In derletzt genannten Epoche beobachtete ich gemein-schaftlich mit meinem Freunde, Hrn. Prof.Oltmanns, von Mai 1807, mit dem Prony’schen |279| magnetischen Fernrohr, welches an Seidenfä-den ohne Torsion in einem Glaskasten hing.Die Aufstellung war mit vieler Sorgfalt gesche-hen, auf einem steinernen Postamente, im ehe-maligen George’schen Garten, den ich bewohn-te. Das Signal mit den Theilstrichen, aufwelche das durch einem starken Magnetstabregierte Fernrohr gerichtet wurde, konnte beiNacht erleuchtet werden. Man las an dem Si-gnale mit Sicherheit 7 bis 8 Secunden ab. Inder Meinung, welche ich noch gegenwärtig he-ge, dass zur Ergründung des periodischen Gan-ges der Nadel eine fortlaufende ununterbrochenestündliche Beobachtung (abservatio perpetua)von mehreren Tagen und Nächten den verein-zelten Beobachtungen vieler Monate vorzuzie-hen ist, beobachtete ich mit Herrn Oltmannsununterbrochen, meist von halber zu halberStunde, in den Solstitien und Aequinoctien;drei, vier, sieben, ja selbst neun Tage undeben so viele Nächte, bisweilen haben anderesehr zuverlässige Beobachter, Hr. Bau-Condu-cteur Mämpel, Hr Friesen, Hr. MechanikusMendelsohn und Hr. Leopold von Buch. ei-nige nächtliche Stunden für uns übernommen. |280| Das Journal der Beobachtungen, welches Hr. Olt-manns und ich der Academie vorzulegen die Ehrehaben, enthält an 1500 Resultate, Mittelzahlen vonetwa 6000 Beobachtungen, welche alle schon aufBogentheile reducirt sind. Die ganze mühselige Ar-beit liegt zum Drucke bereit, und ist blos des-halb nicht erschienen, weil ich immer die Hoff-nung hegte, sie in Berlin selbst zu vervollstän-digen. Diese Hoffnung ist bei der neuen Vor-richtung, die ich getroffen, zur Gewißheit ge-worden, und ich werde die älteren und neu-eren Beobachtungen zugleich herausgeben. Dieälteren haben den Vorzug, daß damals (1806und 1807) keine ähnlichen, weder in Frank-reich noch in England, angestellt wurden.Sie gaben mir die ersten Spuren nächtlicher Maxima und Minima, die aber, zur Elimina-tion der Störungen, nur durch Mittelzahlenaus vielen Beobachtungen vollständig ergrün-det verden können. Sie lehrten auch die merk-würdigen magnetischen Gewitter kennen, wel-che, durch die Stärke der Oscillation, oft alleBeobachtung unmöglich machen, ja oft meh-rere Nächte hinter einander zu derselben Zeiteintreten, ohne daß irgend eine Einwirkung |281| meteorologischer Verhältnisse dabei bisher haterkannt werden können. Das Instrument, welches hier seit demMonat December beobachtet wird, hat keineAehnlichkeit mit der Lunette aimantée vonProny, deren ich mich im George’schen Gar-ten bediente, und deren allzu grosse Be-weglichkeit wegen der Luftströmungen, wel-che die Nähe des Körpers in dem Glaskastenzu erregen scheint, oft sehr unbequem wurde.Ich bediene mich gegenwärtig des Gambey’schenApparats, welcher, dem älteren Cassini’schenähnlich, aber zu mikroskopischen Ablesungeneingerichtet ist. Man beobachtet damit gegen-wärtig in Paris, in Kasan, in Berlin, und aufmeine Bitte, nun auch in Freiberg im Erzge-birge, und in der Provinz Antioquia in Süda-merica zu Marmato (Nördl. Breite 5° 27′). Dieschönste und ausführlichste Reihe von Beo-bachtungen stündlicher Abweichungen, wel-che wir besitzen, ist die, welche man demEntdecker des Rotations ‒ Magnetismus, Hrn.Arago, auf der Königl. Sternwarte zu Parisverdankt. |282| Der gelehrte Reisende, Hr. Boussingault,der gleichzeitig die ausgezeichnetsten, chemi-schen, physikalischen und astronomischen Ar-beiten nach Europa gesandt hat, ist durch meh-rere Briefe von mir aufgefordert worden, ansolchen Punkten der tropischen Regionen, wodie Abweichung östlich ist, den stündlichenGang der Nadel zu beobachten. Eine Reihe vonfast 500 Beobachtungen (meist 6—7 täglich),welche er mir so eben von Marmato in derRepublik Columbia einsendet, zeigt, dass dieöstliche Abweichung daselbst, deren absoluterWerth 6° 33′ beträgt, von 7 Uhr Morgensbis gegen Mittag abnimmt *) , ein Resultat,
*) Hr. Boussingault sagt ausdrücklich in seinem Briefevom 10. Nov. 1828: „Mes observations de Mar-mato semblent prouver qu’ici comme à Paris (quoi-que la déclinaison magnétique à Marmato soit versl’est) la pointe nord de l’aiguille se meut de l’est àl’oeust, depuis le lever du soleil jusqu’à midi. Cemouvement a eu lieu lorsque le soleil étoit au zénith,lorsque le soleil a eu des déclinaisons boréales etaustrales.“ In der beigefügten Tafel nehmen zwardie Winkel von Morgen bis Mittag zu, so dass dieöstliche Abweichung der Nadel (im Widerspruch
|283| welches mit Hrn Duperrey’s Beobachtungen zu Payta *), und denen vom Professor Kupfferin Kasan **) übereinstimmt. Das Nordendeder Nadel bewegt sich nämlich, und was sehrmerkwürdig ist, sowohl bei nördlicher als süd-licher Declination der Sonne, von Osten ge-gen Westen, während dasselbe Ende, südlich
mit den Worten des Briefes) grösser zu werdenscheint; allein ein Fehler in der Reduction mit ir-riger Annahme der Richtung, in welcher die Ein-theilung der Scale fortschreitet, ist hier wohl zuvermuthen, denn die Noniustheile, in Millimeterabgelesen, nehmen zu vom Morgen bis Mittag, undzeigen (wie in Prof. Kupffer’s Versuchen) dassdie Abweichung sich in Marmato wie in Kasan vonOsten gegen Westen bewegt.
Boussingault. Kupffer.
5 Aug. 19 Uhr 20,46 No- 7 Sept. 20 Uhr 23,51 Noni-
‒ 1 ‒ 20,75 nius- ‒ 1 ‒ 24,10 usthei-
8 Aug. 19 ‒ 20,49 thei- 9 Sept. 20 ‒ 23,77 le
‒ 1 ‒ 20,82 le. ‒ 1 ‒ 24,25 ‒
Man ersieht aus diesem Beispiele, wie nöthig esist, dass Reisende (und Hr. Boussingault thut esimmer) alle Data der Beobachtung mittheilen.
*) Connaissance des tems pour 1828, p. 252.**) Kastner’s Archiv für Naturlehre. Bd. 12 (1827)p. 280. In Payta und Kasan ist die Abweichungöstlich.
|284| vom magnetischen Aequator, von Westen ge-gen Osten geht. Boussingault’s Beobachtungenunter den Tropen geben, vom Morgen bis Mit-tag, den mittleren Werth der Amplitudo arcusim August: 4′ 31″ und im September 3′ 13″,also drei Mal kleiner als in unseren Breiten undbei unserer Entfernung von der Linie ohneAbweichung. Gleich den stündlichen Verände-rungen des Barometers zeigt sich in der ma-gnetischen Periode eine solche Regelmäßigkeitunter den Tropen, dass ich für jede derdrei Decaden des Augusts 4′ 10″, 4′ 47″und 4′ 37″ finde, für die drei Decadendes Septembers 3′ 35″, 3′ 40″ und 2′23″, also im mittleren Werthe von fünfDecaden nur eine Abweichung von einer Mi-nute. Einzelne Tage im October gaben(durch Störungen?) eine Amplitudo von 8bis 11 Minuten.
Die Aufstellung das Gambey’schen Instrumentsin Freiberg (in einer Grube aus dem tiefenFürsten-Stollen, in dem Baue des Methusalems)ungefähr 35 Lachter unter Tage, an einemOrte, dessen Temperatur meist unverändert |285| +8° R. ist *), wurde bei meinem letzten Auf-enthalte in Freiberg, im Monat Juni des ver-flossenen Jahres, von dem Hrn. Berghauptmannvon Herder angeordnet. Professor Reich hatdie Beobachtungen seit October 1828 mit demgrößten Eifer und der ihm eignen Geschick-lichkeit in physischen Arbeiten fortgesetzt. Ichbesitze bereits über 700 Beobachtungen vonihm, die alle in Bogentheile verwandelt sind.Er hat meist 48 Stunden hinter einander, undsogar von Viertel-zu Viertelstunde, beobachtet.Hr. Schichtmeister Lindner, der Bergamtsau-ditor Herwig und der Bergacademist Pilz ha-ben diese mühevolle Arbeit mit Hrn. ProfessorReich getheilt. Der Berliner Apparat, welcher nicht bloßzu Bestimmung der stündlichen Abweichung,sondern auch zur Bestimmung der Intensitätder magnetischen Kraft zu verschiedenen Ta-gesstunden und Jahreszeiten dienen kann; ist
*) Die bisherigen Variationen der Temperatur liegenzwischen 7°,7 und 8°.2 R., eine mittlere Tempe-ratur des Erdkörpers, die bestimmt grösser ist alsdie der Atmosphäre von Freiberg.
|286| gegenwärtig in dem großen Garden des Stadt-raths Mendelsohn-Bartholdy fast 400 Schrittvon dem Wohnhause aufgestellt, in einem vonBäumen umgebenenen Häuschen, welches nachder freundschaftlichen Anordnung des Gehei-men Ober-Baurath Schinkel eigends dazu ausBacksteinen erbaut ist, ohne alles Eisen, mitNägeln, Hespen und Schloß von rothem Ku-pfer. Der Besitzer des Gartens hat, mit demin seiner Familie gleichsam erblichen Interessefür Wissenschaften und geistige Bestrebungen,mit der grössten Bereitwilligkeit die kleine An-lage gestattet, und den Beobachtern jede er-wünschte Bequemlichkeit verschafft,
Die regelmässigen täglichen BeobachtungenMorgens und Mittags (die bequemsten Wechsel-stunden scheinen, wie in Paris, 6—8 UhrMorgens und 1—2 Uhr Nachmittags zu seyn)sind bisher mit der rühmlichsten Sorgfalt vondem Hrn. Paul Bartholdy angestellt worden,wie das Register von 74 Tagen aus den Mo-naten Januar, Februar und März zeigt, welchesich der Academie zu überreichen die Ehre ha-be. Das Zerreissen des Seidenfadens ohne Tor- |287| sion, am 18 Februar, machte eine Unterbre-chung von 10 Tagen nöthig. Zu besonderenZwecken habe ich mehrmals mit diesem jungenManne, und zuletzt mit meinem Freunde, Hrn.Prof. Encke, gemeinschaftlich beobachtet, z.B. Tags und Nachts, von Stunde zu Stunde,am 31. Januar 27 Stunden, am 25. März 33Stunden lang. Gleichzeitig mit den letzten Beo-bachtungen beobachtete auch Hr. ProfessorReich in Freiberg, einem Orte, der zufällig fastgenau im Meridiane von Berlin, aber 1° 37′südlicher, liegt. Der Zufall hat uns nicht ganzbegünstigt, denn in der Nacht vom 25 Märzwaren keine so große Störungen zu bemerken,als in Berlin z. B. am 31 Januar um Mitter-nacht; und in Freiberg, wie die graphischenDarstellungen beweisen, am 2 Januar um 2Uhr Morgens, und zvischen 10 und 11 UhrAbends. Allein die Vergleichung der 33 stün-digen correspondirenden Beobachtungen in Frei-berg, und Berlin bietet zugleich aufallendeAehnlichkeiten und Verschiedenheiten dar. Diegrosse westliche Abweichung am Mittage den24 März ist gar nicht in Freiberg, die grosseöstliche um 9 Uhr Vormittags den 25 März, |288| ist nicht in Berlin im gleichen Maasse beobach-tet worden. Der ganze nächtliche Gang istin Freiberg weit ruhiger als in Berlin gewesen.Ist diess Folge der Entfernung oder der un-terirdischen Aufstellung des Apparats in Frei-berg? Bis jetzt ist darüber nicht zu entschei-den, nur erinnere ich noch, dass Cassini’s Beo-bachtungen zu Paris auch unterirdisch waren.Sein Instrument stand in den Caves de l’Ob-servatoire, und zeigte einen Gang, der imGanzen wenig von dem abweicht, welchen mangegenwärtig über der Erde in der Pariser Stern-warte beobachtet. Abstrahirt man bei den 33 stündigen cor-respondirenden Freiberger und Berliner Beo-bachtungen von der sonderbaren Perturbationum 12½ Uhr am 25 März (wo nämlich dieNadel noch 4 Min. mehr nach Westen alsum 2 Uhr Nachmittags abwich, und welchekeinesweges ein Fehler der Beobachtung ist,)so ergiebt sich aus der ganzen Periode einemerkwürdige Uebereinstimmung. Die Ampli-tudo arcus war an beiden Orten den 25 Märzgrösser als am 24, so wie sie an beiden Ta- |289| gen um eine Minute in Freiberg die in Berlinübertraf. Die Amplitudo arcus war nämlich:an 24 März in Berlin 11′ 44″, in Freiberg13′ 11″, am 25 März in Berlin 12′ 38″,in Freiberg 13′ 20″. Die absolute Declinati-on in Berlin beträgt, nach einer genauen imJahr 1828 vom Hrn. Dr. Erman mit einemBessel’schen Mittagsrohr unternommenen Be-stimmung, 17° 30′ 48″ westlich. Der grosse Zweck correspondirender Re-sultate aus Paris, Berlin, Freiberg und Ka-san, mit denselben Instrumenten erhalten, istdie Lösung der Frage: Giebt es neben dengrossen Veränderungen der magnetischen Span-nung des Erdkörpers, welche offenbar mit derwahren Zeit, mit dem Abstande von Durch-gange der Sonne durch den Meridian zusam-menhangen, noch andere Veränderungen, diesich nicht auf grosse Landstrecken fortpflan-zen? Die Existenz solcher localen Verände-rungen ist schon gegenwärtig erwiesen, nichtetwa durch eine Nacht Freiberger Beobachtun-gen allein, sondern durch die Vergleichun-gen, welche Hr. Arago zwischen seinen undden Berliner Beobachtungen, die ich ihm zu- |290| geschickt, hat machen können. Er bemerktez. B. dass die tägliche Variation in Berlin am29. Januar drei Mal grösser als am 27 war,während in Paris die Variation am 29 weitkleiner als am 27 war. Dagegen ist der vonder Nadel in Berlin durchlaufene Bogen am11 Jan. doppelt so gross gewesen, als am10.; in Paris war der Bogen am 11 kleiner.Diese Resultate sind ohne verabredete Corres-pondenz aufgefunden worden, da man in Pa-ris, Kasan und Berlin, so weit es die Museder Beobachter erlaubt, zur Bestimmung desMaximums und Minimums in gleichen Abstän-den vom Mittage beobachtet. Wenn der Gangder Nadel in unseren Breiten bisweilen Verän-derungen in der Atmosphäre oder über der-selben andeutet, welche nur nahe am Nord-pole, z. B. in der Barrow ‒ Strasse, sichtbarwerden; so könnte dieser Gang auch in gros-sen Entfernungen vielleicht durch Bewegungenin dem Innern des Erdkörpers gleichzeitig mo-dificirt werden. In dem letzteren Falle müs-ste sich der Einfluss der Geographischen Länge in ausserordentlichen Perturbationen offen-baren.