Resultate der Reise des Herrn von Humboldt in die Uralischen Gebirge. In der Sitzung der Pariser Academie der Wissenschaften vom 11. Oct. 1829 hat Hr. Gay Lussac einen vom Hrn. von Humboldt an Hrn. Arago gerichteten Brief vorgelesen. In diesem Briefe (datirt von Ust Kamenogorsk am obern Irtisch in Siberien, 13. August 1829) wünscht sich der berühmte Reisende Glück, daß das wissenschaftliche Ziel der Reise, welche er in Verbindung mit den HHrn. Rose und Ehrenberg unternommen hat, über seine Erwartungen erreicht worden ist. Die Russische Regierung hat ihm dabei alle Aufmerksamkeit und Unterstützung gewährt; drei Fuhrwerke, unter der Leitung eines oberen Bergbeamten, standen beständig zur Disposition der Reisegesellschaft und ein Courier der Krone ging ihnen voraus. Auf jeder Station waren häufig 30 bis 40 Pferde erforderlich und Nacht und Tag standen die Relais bestäntig bereit. Der Hauptzweck der Expedition war darauf gerichtet, Untersuchungen über die Goldgruben von Borosowsk, über die Malachitgruben von Gumeseleßki, Tagilsk und hauptsächlich über die Gold- und Platina-Wäschereien anzustellen. Die Goldwäschen liefern jährlich gegen 6,000 Kilogramm dieses Metalls. Hr. v. Humboldt hat nicht ohne Erstaunen in den goldhaltigen Sandlagern diese Goldgeschiebe von 2, 3, ja selbst bis 18 Pfund angetroffen, welche man einige Zoll unter dem Rasen findet, wo sie seit Jahrhunderten unentdeckt gelegen haben. Ueber den 59. und 60. Grad der Breite hinaus, findet man in diesen Alluvionen fossile Elephantenzähne und daraus ergiebt sich, daß die Formation des goldhaltigen Sandes der uralischen Gebirge sehr neuen Ursprunges ist; und Hr. v. Humboldt ist selbst der Meinung, daß diese Formation örtlichen Ursachen zuzuschreiben sey, die erst nach der Vertilgung der Elephanten in diesen nördlichen Gegenden eingetreten sind. Der Bernstein und die Ligniten, welche man an der östlichen Abdachung des Ural's entdeckt, sind sicher weit älter. Es ist sehr merkwürdig, sagt Hr. v. Humboldt, daß im mittlern und nördlichen Theil des Ural's die Platina nicht in solcher Menge gefunden wird, als am westlichen und Europäischen Theile, während man die reichen Goldwäschen an der Asiatischen Abdachung beider Ufer der Partiraya antrifft . Diese Goldwäschen gehören zum Theil der Familie Demidof, und die Alluvialformation von Wilkni, welche zu diesen Besitzungen gehört, hat schon allein mehr als 2,008 Pfd. Gold geliefert. Eine ähnliche Anordnung der Dinge bemerkt man im südlichen America: eine ziemlich niedrige Gebirgskette der Cordilleren, nämlich diejenige von Cali, trennt hier auch den goldhaltigen Sand, welcher keine Platina enthält, von der östlichen Abdachung (von Popayan) des goldhaltigen Sandes (der zugleich auch reich an Platina ist) des Isthmus de la Raspadura di Choco. In einem zweiten Briefe, datirt vom 20. August, und zu gleicher Zeit mit dem ersten abgeschickt, verbreitet sich Hr. v. Humboldt ausführlich über eine Excursion, die er nach den Gränzen von China hin gemacht hat. Auf der Reise nach der Chinesischen Mongolei hat er zahlreiche Beobachtungen angestellt, um zu einer genauen geographischen Bestimmung dieser südlichen Extremität von Siberien zu gelangen, wo sich die Quellen des Obi und die Gränzen der Chinesischen Mongolei befinden. Diese Bestimmung war schwierig, indem der Gang der Chronometer schon durch die Schnelligkeit verändert worden seyn konnte, mit welcher diese Reise vollendet wurde. Der Generalgouverneur des westlichen Siberien's, General Williaminof, begünstigte die Excursion der gelehrten Reisenden nach Songarien (an die Gränzen von China) und ließ sie von einem seiner Adjudanten, dem General Litwinof, begleiten, welcher die ganze Linie der Kirgisen commandirt, um sie bis an den Chinesischen Posten zu bringen. Man hatte vorher auf einen dieser Posten gesendet, um zu erfahren, ob die Reisenden angenommen werden würden und die Erlaubniß wurde gewährt, aber bloß unter der Bedingung, daß abgesehen von der Differenz des Ranges der Chinesische Commandant den Reisenden in seinem Zelte empfange, und daß er sich derselben Bedingung unterwerfen werde, wenn er jemals das Russische Gebiet betrete. Zu Baty sind an beiden Ufern des Irtisch zwei Chinesische Lager, die aus elenden Hütten bestehen, welche von Mongolischen oder Cambauzischen Soldaten bewohnt werden. Ein kleiner Chinesischer Tempel steht auf einem dürren Sandhügel. Bactrische Cameele mit zwei Höckern waideten im Thale. Die beiden Commandanten, von welchen der eine erst seit einer Woche aus Peking angekommen war, sind von reiner Chinesischer Abstammung. Sie werden alle drei Jahre verändert. In Seide gekleidet und mit einer schönen Pfauenfeder auf der Mütze empfingen sie uns, sagt Hr. v. Humboldt, mit einem possirlichen Ernst. Gegen einige Ellen Tuch und rothen Sammt, erzählt Hr. v. Humboldt, gab man mir ein Chinesisches Buch von 5 Bänden, ein historisches Werk, welches, wie verbreitet es auch vielleicht in China seyn mag, mir doch immer ein köstliches Andenken an diese kleine Excursion seyn wird. Hr. v. Humboldt hoffte im November nach Berlin zurückzukehren. Nachbemerkung. Die Ausbeutung des goldhaltigen Sandes im Uralgebirge hat im J. 1823 ihren Anfang genommen. Das Ausbringen betrug in diesem ersten Jahr nicht über 4 Millionen Francs. Seit der Zeit hat es jedoch von Jahr zu Jahr zugenommen und erreichte im Jahr 1827 fast den Betrag von 14 Millionen Francs. Ob es schon seit dieser Zeit bis auf 18 Millionen gestiegen ist, so geht doch aus nichts noch hervor, daß die Entdeckung dieser Goldgruben auf die finanzielle Lage Rußland's den großen Einfluß haben müsse, wie man behauptet hat. Aber ein vollkommenes Studium über die Lagerung der Gold- und Platingruben im Uralgebirge, war von großem Interesse für Geologie und Mineralogie. (Hr. Prof. Ehrenberg hatte, als Begleiter des Hrn. v. Humboldt, die organische Natur zum Gegenstand seiner Beobachtungen gewählt. Nach einem Schreiben aus Omsk, vom 27. August "sammelte er im nördlichen Ural 500 Pflanzenarten, und hofft theils von diesem Gebirge dessen südlicher Theil noch bereiset werden sollte, theils vom Altai und von der interessanten Excursion auf eine noch unbesuchte Alp, sowohl als in die jungfräuliche Chinesische Songarey, wo er doch gegen 100 Pflanzenarten gesammelt hatte, ein besonders für die geogr. Vertheilung der Pflanzenformen nicht unbedeutendes Herbarium von wohl 1,500 Pflanzenarten zu erlangen. Auch für die Zoologie war derselbe bereits im Besitz sehr interessanter Sachen. Mitte Octobers hoffte er in St. Petersburg einzutreffen. Das verschrieene Sibirien war am Ural ein Rosengarten mit Lilium Martagon, und drei prächtigen Cypripedien, als: calcalus, guttatum, macranthon, durchwebt, in der Steppe von Baraba eine blühende hohe Kräuterflur mit Lychus chalcedonica, Delphinium elatum und den Massen des Epilobium angustifolium riesenhaft, erfreulich und überraschend geziert.")