In der letzten Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Paris ist ein Schreiben des Baron Alexander von Humboldt über seine jetzige Reise vorgelesen worden. Dieses Schreiben ist aus Ust-Kamenogorsk am obern Irtisch in Sibirien, vom 13. und 20. August datirt und enthält (außer den in unserm Blatte vom 25. d. M. über diese Reise mitgetheilten Nachrichten) Folgendes: "Vom 13. August. Die Reisenden waren Morgens in Ust-Kamenogorsk angekommen und beabsichtigten, nach dem chinesischen Grenwoston zu reisen. Hrn. von Humboldts Erwartungen von dieser wissenschaftlichen Expedition waren befriedigt und übertroffen; er selbst befand sich, trotz der Beschwerden der langen Reise (5600 Werst östlich von Petersburg), sehr wohl. Er meint, daß er und seine Gefährten, die HH. Rose und Ehrenberg, beladen mit ihren geologischen, botanischen und zoologischen Sammlungen vom Ural, Altai, Obi und Irtisch, gegen Ende Novembers nach Berlin zurückkehren würden . Hr. von Humboldt rühmt auch in diesem Schreiben die Aufmerksamkeit, welche ihm die russischen Behörden bewiesen haben. Man reiste mit drei Wägen, welche ein Offizier begleitete und bedurfte oft 30 bis 40 Pferde auf der Station, aber immer fand man, sowohl bei Tage als bei Nacht, die Relaispferde vor. Der Landstrich, welchen die Reisenden zwischen Moskau und Kasan zurücklegten, ist zum großen Theil von Muhammedanern bewohnt, und mit griechischen Kirchen und mit Moscheen bedeckt. Es ist ein höchst merkwürdiges Terrain, welches den schönen Untersuchungen der Asia polyglotta von Klaproth ein lebendiges Interesse gibt. Von Kasan erstiegen die Reisenden den Ural durch die anmuthigen Thäler von Kungur und Perm. Auf der ganzen Route durch die Bergwerksbezirke begleitete der Graf Polier die Expedition. Ein geborner Franzose, ist er jetzt in Rußland verheirathet, übt in diesen wilden Gegenden sein herrliches Talent zum Landschaftsmalen, und wirkt mit Wärme für die Verbesserung der Bergwerke. Durch einen sonderbaren Zufall fand Hr. von Humboldt auf der asiatischen Seite des Ural denselben Wagen wieder vor, welcher ihn einst von Paris nach Verona, nach Neapel und Berlin gebracht hatte. Der Wagen war noch im besten Zustande und macht den französischen Wagenbauern alle Ehre. -- Ein Monat wurde auf die Untersuchung der Goldbergwerke von Borosowsk, der Bergwerke von Malachit, Gumselefski, Tagilsk, der Eisen- und Kupferwerke, der Beryll- und Topasgruben und der Gold- und Platinawäschen verwendet. Man erstaunt über die Goldstücke von 2, 3, ja sogar von 18 und 20 Pfunden, die hier nur wenige Zoll unter dem Rasen liegen, und doch Jahrhunderte lang verborgen bleiben konnten. Die Lage und den wahrscheinlichen Ursprung dieser Anschwemmungen, die meistens mit Grünstein, Serpentin und Schiefer vermischt sind, zu untersuchen, gehörte zu den Hauptzwecken der Reise. Die jährliche Ausbeute der Goldwäschen beläuft sich auf 6000 Kilogramme. Die neuen Entdeckungen in dieser Hinsicht unter den 59sten und 60sten Grad der Breite, versprechen, sehr wichtig zu werden. Die Reisenden haben fossile Elephantenzähne erhalten, welche man in diesen angeschwemmten Goldsandlagern gefunden hat; sie sind vielleicht von späterem Ursprung, als der Untergang des großen Thiergeschlechts. Der Bernstein, welchen man auf dem asiatischen Abhange des Ural findet, ist gewiß weit älter. In dem goldhaltigen Sande finden sich auch Körnchen Zinnober, gediegenes Kupfer, Ceylaniten, Granaten, kleine weiße Zirkone mit Diamant- und Albitsplittern. Es ist bemerkenswerth, daß sich im mittleren und nördlichen Ural die Platina nicht so häufig findet, als auf dem westlichen und europäischen Abhang. Die reichen Goldwäschen der Familie Demidow zu Nischnei Tagilsk liegen auf der asiatischen Seite an den beiden Ufern der Barteraja, wo die Lager von Wilkni allein schon 2800 Pfund geliefert haben. Die Platina findet sich eine Stunde östlich von der Wasserscheide (welche man nicht mit dem Durchschnitt des größten Höhenzugs verwechseln muß), auf dem europäischen Abhang, bei den Zuflüssen der Ulka zu Suchoi Wisnie und Martian. Hr. Schwetzow, dessen Kenntniß und Thätigkeit den Reisenden der Expedition sehr nützlich war, hat Eisenerz gefunden, in welchem Platinakörnchen eingeschlossen waren. Die Platinawäschen von Nischnei-Tagilsk sind so reich, daß 100 Pud Sand 3 bis 50 Solotnik Platina geben, während die reichen Goldlager von Wilkni, und andere auf der asiatischen Seite des Ural, nur 1 bis 2 Solotnik in dem Pud Sand enthalten. In Süd-Amerika trennt auch eine niedrige Kette der Kordilleren, die von Cali, die goldhaltigen und nicht platinahaltigen Sandlager, auf der Ostseite, von den goldhaltigen und sehr reichen Platinahaltigen des Isthmus von Raspadura de Choco. Die Reisenden besitzen Platinastücke von einigen Zoll Länge, darunter eins, in welchem Hr. Rose eine Gruppe von Platinakrystallen entdeckt hat. Hinsichtlich des Grünstein-Porphyrs von Laya, in welchen Hr. Engelhardt kleine Platinakörner gefunden hat, haben die Reisenden vergebens mit größter Sorgfalt geforscht. Die einzigen Metallkörner, welche in den Felsen von Laya und in den Grünsteinen der Belaja-Gora vorgefunden wurden, erschienen Hrn. Rose als eisenhaltiger Schwefel. Das Werk Engelhardt's über den Ural wird von Hrn. von Humboldt sehr gelobt. -- Vom 20. August. Hr. von Humboldt beschäftigte sich auch mit den astronomischen Bestimmungen (durch den Mond) über die geographische Lage dieser Südspitze Sibiriens, an den Quellen des Obi und den Gränzen der chinesischen Mongolei, denn die Chronometer konnten durch die schnelle Reise gelitten haben. Bei dem Besuch in der Songarei mußte man die, bisher benutzten, Wagen in Ust-Kamenogorsk zurück lassen, und sich der langen sibirischen Wagen bedienen, in denen man liegend fortgeschafft wird. Die Reiseroute vom Ural bis zur chinesischen Gränze haben wir bereits mitgetheilt. Am nördlichen Ural wurden zu der geographischen Bestimmung seiner Gipfel astronomische Beobachtungen gemacht, die Beryll- und Topas-Minen von Mursinsk besichtigt und Jiumere, wo einst die Familie des gewaltigen Batu-Chan residirte, besucht. Von hier aus wurde der kleine Abstecher von 3000 Wersten nach der Songarei gemacht. Vielleicht dürften die Reisenden dennoch einige Wochen später in Berlin anlangen, da sie ihre Expedition, wie man erfährt, zum zweiten Male erweitert und sich nach dem kaspischen Meere, namentlich nach Astrachan gewendet haben. (Der Schluß folgt.) Nachstehendes ist der Schluß des gestern abgebrochenen Auszugs aus dem Schreiben des Baron A. von Humboldt. -- Der russische General Litwinow, welcher die Reisenden begleitete, befehligt die ganze Kirgisenlinie. Wir bemerkten bereits, daß eine Art Moskitofliegen in dieser Gegend, wie am Orinoko die Menschen quäle; man schützt sich gegen sie durch Masken von Pferdehaaren. Die Bergwerke von Schlangenberg, von Reiders und Sirianofski geben jährlich eine Ausbeute von 40,000 Pfund goldhaltigen Silbers. In Ust hat man die erste Aussicht auf die Kirgisenkette. Der Besuch in China ward mit großen Höflichkeitsbezeigungen von beiden Seiten eingeleitet. In der Nacht vom 16. auf den 17. August, in welcher man nach Baty reiste, beobachtete Hr. von Humboldt einzelne Polarstreifen; er ersucht Hrn. Arrago, an welchen das Schreiben gerichtet ist, deshalb sein Journal für magnetische Beobachtungen nachzusehen. Die Posten der Chinesen zu Baty bestehen nur aus elenden Jurten, wenn gleich die Russen ihnen gegenüber wohlgebaute kleine Festungen haben. Man fand zwei chinesische Offiziere daselbst vor, beide von rein chinesischer Abkunft. Die Offiziere werden alle drei Jahre gewechselt, sie tragen als Auszeichnung eine Pfauenfeder auf ihrer Kopfbedeckung. In unserm Blatt vom 25. October ist ausführlicher von den gegenseitigen Besuchen gesprochen worden, welche sich die Reisenden und die Chinesen gaben. Außer dem Stück Tuch (einige Ellen) beschenkte Hr. von Humboldt die Ossiziere auch noch mit einem Stück rothen Sammt. Dom Dr. Ehrenberg ist die chinesische Gränze eine reiche Fundgrube für seine Pflanzen- und Insectensammlung geworden, am wichtigsten, meint Hr. von Humboldt, werde jedoch diese Ausflucht nach dem Altai durch die bereits erwähnte Bemerkung über die Eruptionsformation des Granit in diesen Gegenden seyn, eine Bildung, welche bis jetzt noch nirgend, weder in der alten, noch in der neuen Welt aufgefunden worden ist. Der Granit durchstreift in Gängen aufwärts den Tonschiefer, und kommt auf demselben zu Tage, ja er breitet sich zusammenhangend über demselben in einer Strecke von 2000 Toisen aus, darneben sieht man Granitkegel, Porphyr- und Trachithügel. Im nördlichen Ural hat Hr. Rose eine merkwürdige Porphyrbildung gefunden, indem derselbe theils in Streifen, theils in Geschieben durch Kalkstein getrennt, erscheint. Eine ähnliche Streifen- und Geschiebe-Bildung fand Hr. von Humboldt früher zu Pedraza. Auch über die Wärme des Erdbodens hat Hr. von Humboldt Untersuchungen in den Gegenden angestellt, welche die Herren Hansteen und Erman nicht besucht haben. Ueber die Neigung der Magnetnadel und die Intensität des Magnetismus, wurden ebenfalls Beobachtungen angestellt, und es erwies sich daraus die Bewegung der Knoten von Osten nach Westen als richtig. Am Schlusse seines Schreibens spricht Hr. von Humboldt die Hoffnung aus, daß er Hrn. Arrago im künftigen Sommer sehen werde, was auf eine Reise nach Frankreich zu deuten scheint.