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Alexander von Humboldt: „Ueber den mittleren Barometerstand am Meere unter den Tropen“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1828-Ueber_den_mittleren-1> [abgerufen am 29.03.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1828-Ueber_den_mittleren-1
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Titel Ueber den mittleren Barometerstand am Meere unter den Tropen
Jahr 1828
Ort Leipzig
Nachweis
in: Annalen der Physik und Chemie 12:3 (1828), S. 399–402.
Entsprechungen in Buchwerken
Alexander von Humboldt, Relation historique du Voyage aux Régions équinoxiales du Nouveau Continent, 3 Bände, Paris: F. Schoell 1814[–1817], N. Maze 1819[–1821], J. Smith et Gide Fils 1825[–1831], Band 3, S. 313–314.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua (mit lang-s); Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.91
Dateiname: 1828-Ueber_den_mittleren-1
Statistiken
Seitenanzahl: 4
Zeichenanzahl: 7350

|399|

Ueber den mittleren Barometerstand amMeere unter den Tropen;von Alexander von Humboldt. (Aus dessen Voyage aux régions équinoxiales etc. T. XI. p. 1.der Octav-Ausgabe.)


Unter den numerischen Elementen, welche in der phy-sikalischen Geographie seit langer Zeit einer genauen Be-stimmung bedürfen, ist der mittlere Barometerstand amSpiegel des Meeres, in den verschiedenen Zonen, einsder wichtigsten. Diese Bestimmung umfaßt zwei durch-aus verschiedene Fragen, nämlich: 1) wie groß ist derabsolute Mittelstand des Barometers an den Küsten von Europa und dem mittleren Amerika, und 2) ist dieserStand in der gemäßigten und heißen Zone derselbe odernicht? Keine dieser Fragen ist bis jetzt vollkommen beant-wortet. Die Bestimmung des absoluten Barometerstandessetzt genaue Berechnungen über die Wirkung der Ca-pillarität voraus, d. h. über die Depression des Queck-silbers in den Röhren der Gefäßbarometer. Hr. Arago hat sich mit dieser sehr delicaten Gattung von Untersu-chungen beschäftigt, indem er Barometer nach Fortin’- scher Construction mit Heberbarometern verglich. Erwird die Resultate dieser Arbeit nächstens bekannt machen,welche um so mehr Interesse besitzt, da sie mit der Frage,ob das mittlere Gewicht der Atmosphäre in einer langen |400| Reihe von Jahrhunderten unveränderlich sey, in Zusam-menhang steht. Ich beschäftige mich indeß hier nur mit dem mittle-ren Barometerstande unter dem Parallelkreis von 49°und den Aequatorialregionen. Diese Untersuchung hatseit der Zeit, daß ich Europa verließ, meine Aufmerk-samkeit besonders erregt. Ich habe zwei meiner Baro-meter sorgfältig mit dem verglichen, an welchem Hr. Bou-vard die meteorologischen Variationen auf dem Obser-vatorio zu Paris beobachtet. Ich glaube zu Cumana, ander Küste des Meeres, den mittleren Barometerstand zu337‴,8 oder 762mm,02 bei 25° C. gefunden zu haben,was bei 0° C. einen Stand von 758mm,59 geben würde *).Da man zu dieser Zeit (1799) den mittleren Barome-terstand am Spiegel des Meeres, in Europa **), nach
*) Hr. Caldas, der den Wissenschaften, durch die Reactionen einerblutdürstigen Politik, in einem Alter entrissen wurde, wo erihnen durch seinen Eifer noch hätte nützlich seyn können, glaubt,daß der Unterschied zwischen dem mittleren Barometerstandenach meinen Beobachtungen und denen von Shuckburgh von dergeringen Uebereinstimmung herrührt, welche man zwischen denausgekochten und den nicht ausgekochten Barometern antrifft (Semanario, T. I. p. 52.). Dieser Umstand hat indeß aufmeine Beobachtungen zu Cumana und Guayra keinen Einflußhaben können. Ich hatte nämlich zwei Gefäßbarometer aus Europa nach Caracas mit geführt, in deren Röhren das Queck-silber mit der größten Sorgfalt von sehr geschickten Künstlernausgekocht worden war.**) Hr. Oriani findet, für Mailand, den mittleren Barometerstandam adriatischen Meere zu 338lin,23 bei 13°,5 C., was 761mm,73bei 0° C. giebt. Nach Ferrer beträgt der mittlere Barometer-stand zu Havannah, bei 25°,7 C., 338lin,55 oder 763mm,71, also,bei 0° C., 760mm,18. Dieß Resultat ist identisch mit dem desHrn. Boussingault; aber wir wissen nicht, wie hoch dasBarometer des Hrn. Ferrer über dem Meere hing, und welcheMittel zu Mailand und Havannah angewandt worden sind, umdie Capillarität der Röhren zu erfahren. Man sehe Dei combu-stibili, Memoria del Conti Bevelacque-Lancisc. p. 107. Schu-
|401| Shukburgh zu 761mm,18 (bei 0° C.) annahm, so mußteich nothwendig aus diesem Vergleiche schließen, daßder mittlere Barometerstand, am Spiegel des Meeres,in der heißen Zone ein wenig kleiner sey als in dergemäßigten *). In Ungewißheit hinsichtlich der Capil-larität des angewandten Barometers, berechnete ich inmeinem Tableau des régions équinoxiales diesen Un-terschied zu zwei Millimeter, und schrieb ihn der auf-steigenden Bewegung der tropischen Atmosphäre zu, wel-che die stark erhitzten Luftschichten nach den Polarre-gionen abführte. Da ich, vor meiner Einschiffung nach Cumana, mit meinen Instrumenten eine lange Landreisevon Paris, über Marseille, Murviedro und Madrid, nach Corunna gemacht hatte, so legte ich wenig Vertrauen aufmeine Bestimmung. Glücklicherweise kann ich sie ge-genwärtig durch eine andere weit genauere ersetzen.
Die Hrn. Boussingault und Rivero haben, ge-meinschaftlich mit Hrn. Arago, vor ihrer Einschiffung
macher Astronom. Nachrichten. Beil. Th. II. N. 65. Her-tha No. 3. p. 246. Ueber die ziemlich constante Depression,welche das Barometer in der Nähe des Cap Horn , im Meerevon Sachalin und an der Westküste Norwegens, wo heftige West-winde wehen, erleidet, sehe man: Krusenstern, Recueil deMém. hydrographiq. T. I. p. 29. Leopold von Buch, in Gilbert’s Annalen der Physik, T. XXV. p. 230., auch daselbstp. 4. über die barometrische Windrose. *) Man sehe meinen Essai sur la Géogr. des plantes, p. 90. Richer, Bonguer, La Condamine, Ulloa und DonJorge Juan glaubten, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-derts, daß das Barometer am Spiegel des Aequinoxialmeeres auf27″ 11‴,5; 28″ 1‴ oder 28″0‴ stehe. Die Instrumente, derensich diese Reisenden bedienten, waren ohne Zweifel sehr unvoll-ständig von Luft befreit, denn da sie keine Correction wegen derTemperatur anwandten, so hätten sie die Barometerstände weitgrößer finden müssen. Daß man neuerlich den mittleren Standdes Barometers am Spiegel des Meeres in Europa ein wenig zugroß angegeben hat, rührt ohne Zweifel von der Ungewißheither, in der man noch hinsichtlich der Capillaritätswirkungen ist.
|402| nach Guayra, zwei vortreffliche Fortin’ sche Barometermit dem im Observatorio zu Paris verglichen. Diese bei-den Barometer haben unter sich denselben Unterschiedbeibehalten, welchen sie in Europa besaßen. Nun hatHr. Boussingault gefunden, daß, am Niveau desOceans, zu Guayra, das Mittel aus den 12 Tage langbeobachteten Maximis und Minimis, bei 0° C., 760mm,17beträgt. Hr. Arago berechnet aus 9jährigen Beobach-tungen zu Paris den mittleren Barometerstand daselbst,nach Reduction auf 0° C. und auf das Niveau des Mee-res *), zu 760mm85. Der Unterschied der beiden Mit-telstände, welche gewissermaßen mit demselben Instru-mente angestellt sind, steigt also auf 0mm,68.
Man darf nicht vergessen, daß selbst in der heißenZone zufällige Störungen einen Einfluß auf den mittlerenBarometerstand ausüben. Ich habe sorgfältig die wahr-scheinlichen Gränzen dieser Veränderungen berechnet,und es geht daraus, nach der Analogie von gut beob-achteten Thatsachen hervor, daß selbst zu Guayra, deraus den Maximis um 9h und Minimis um 3h \( \frac{1}{2} \) abgelei-tete Mittelstand des Barometers, in den verschiedenenJahreszeiten um einen Millimeter größer oder kleiner ge-funden werden kann. Um die uns hier beschäftigendeFrage ganz außer Zweifel zu stellen, müßte man das9jährige Mittel von Paris mit dem einjährigen Mittel anden Küsten von Venezuela vergleichen. Aber bis jetztbesitzen wir nur für einen einzigen Ort in der heißenZone, zwischen 0° und 15° NB., stündliche Beobach-tungen von einem ganzen Jahre; und dieser einzige Ortist das Plateau von Bogota, welches sich um mehr als2600 Met. über das Niveau des Aequinoxialmeeres erhebt.


*) Der mittlere Barometerstand im Observatorio zu Paris ist 755mm,43.Der Unterschied zwischen dem Observatorio und dem Hafen in Havre, beträgt nach einjährigen correspondirenden Beobachtun-gen an verglichenen Instrumenten: 5mm,42.