Humboldt über das Leuchten des Meeres. Das Meeres-Leuchten ist eine der schönsten Natur- Erscheinungen; sie erregt Bewunderung, ungeachtet man sie Monate lang jede Nacht sehen kann. Die See leuchtet in jedem Breite-Grad; wer aber nicht Augenzeuge dieser Erscheinung in der heißen Zone und besonders im Stillen-Meere gewesen, kann nur einen unvollkommenen Begriff von der Herrlichkeit eines solchen Schauspiels haben. Wenn ein Kriegsschiff, von neuem Winde gestoßen, die schäumigen Wogen spaltet, und der Zuschauer auf demselben nahe am Wand-Taue steht, so kann er nicht genug das schöne Phänomen, welches sich seinem Auge darbietet, betrachten. So oft die Seite des Schiffes vollends vom Wasser emporsteigt, scheinen Strahlen röthlichen Lichtes vom Kiele nach der Meeres-Oberfläche hinauf zu hüpfen. Le Gentil und der ältere Forster erklärten das Erscheinen dieser Strahlen durch das elektrische Reiben des Wassers an dem segelnden Schiffe. Allein nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft ist diese Erklärung nicht mehr zulässig. Es ist wohl über wenige Gegenstände in der Naturgeschichte so viel gestritten worden, als über das Meeres-Leuchten; was wir mit Bestimmtheit über diesen Gegenstand wissen, läßt sich auf folgende Thatsachen zurückführen. Es giebt verschiedene leuchtende Molusken, die während ihres Lebens nach Willkühr ein schwaches phosphoriges Licht, das gewöhnlich von bläulicher Farbe ist, von sich geben. Man hat dies bemerkt an der Nereis noctiluca, an der Medusa pelagica und an der Monophora noctiluca, die auf Capitain Baudin's Reise entdeckt wurden. Zu diesen gehören auch die mikroskopischen Thierchen, die bis jetzt noch nicht bestimmt und von Forster nicht weit vom Vorgebirge der guten Hoffnung in ungeheurer Menge in dem Meere schwimmend gesehen worden sind. Das Leuchten des Meeres wird zuweilen von diesen lebenden Laternen verursacht. Ich sage: zuweilen, denn in den meisten Fällen ist, auch bei dem Gebrauch der Vergrößerungsgläser, kein Thierchen im leuchtenden Wasser zu bemerken und dennoch, so oft die Welle schäumend an einem harten Körper bricht, und so oft das Wasser in starke Bewegung geräth, erzeugt sich ein dem Blitz- Strahl ähnliches Licht. Diese Wirkung hat wahrscheinlich ihren Ursprung in den aufgelösten Fäserchen todter Molusken, die sich in unendlicher Menge in der Meeres-Tiefe befinden. Läßt man dies leuchtende Wasser durch ein Stück dichten Tuches fließen, so sondern sich diese Fäserchen zuweilen unter der Gestalt von leuchtenden Punkten aus demselben ab. Als wir uns des Abends in dem Meerbusen Cariaco nicht weit von Cumana badeten, blieben einige Theile unseres Körpers, wie wir aus dem Wasser herauskamen, leuchtend. Die leuchtenden Fasern hingen an der Haut. -- Es darf eben nicht auffallen, daß das Meeres-Wasser von der ungeheuren Menge von Molusken, die durch alle Meere der heißen Zone zerstreut sind, leuchtend wird, wenn auch wirklich kein organischer Stoff aus demselben abgesondert werden kann. Die unendliche Abtheilung aller todten Körper der Dagysen und Medusen kann bewirken, daß man das ganze Meer als eine zähe Flüssigkeit ansieht, die demnach auch leuchtend ist, einen widrigen Geschmack hat, von dem Menschen nicht getrunken werden kann, vielen Fischen aber Nahrung gewährt. Reibt man ein Brett mit einem Theile des Körpers der Medusa ein, so wird die beriebene Stelle, so oft der Finger, wohl getrocknet, über dieselbe gebracht wird, leuchtend. Auf meiner Reise nach Süd-Amerika legte ich zuweilen eine Medusa auf einen zinnernen Teller. Schlug ich nun mit anderem Metalle auf den Teller, so waren die kleinen Vibrationen des Zinnes schon hinlänglich, das Thier zum Leuchten zu bringen. Wie war nun die Einwirkung des Schlages und der Vibration in diesem Falle? Ward die Temperatur augenblicklich erhöhet? zeigten sich neue Oberflächen, oder brachte der Schlag das phosphorige Wasserstoff-Gas zum Entweichen, so daß dies, indem es mit dem Sauerstoffe der atmosphärischen Luft oder mit dem Seewasser in Berührung kommt, ein Verbrennen verursacht? Diese Wirkung des Schlages, wodurch das Licht hervorgebracht wird, ist besonders bei stürmendem Meere, wenn die Wellen in allen Richtungen gegen einander schlagen, auffallend. Zwischen den Tropen habe ich die See bei jeder Temperatur leuchten gesehen; jedoch war dies vor Stürmen oder wenn der Himmel trübe, wolkig und sehr bedeckt war, in einem höheren Grade der Fall. Kälte und Hitze scheinen auf dies Phänomen wenig Einfluß zu haben; denn am Ufer von Newfoundland ist das Meeres-Leuchten im strengsten Winter oft sehr stark. Zuweilen scheinen alle übrigen Umstände dieselben zu seyn, und dennoch ist das Meeres-Leuchten in einer Nacht recht deutlich, findet hingegen in der folgenden Nacht fast gar nicht statt. Begünstigt etwa die Atmosphäre diese Erregung von Licht, dies Verbrennen des phosphorigen Wasserstoffes? Oder hängen diese Unterschiede bloß vom Zufall ab, der den Schiffer in eine See führt, die mehr oder weniger mit Molusken angefüllt ist? Vielleicht kommen auch die leuchtenden Thierchen nur bei einer gewissen Beschaffenheit der Atmosphäre auf die Oberfläche des Meeres. Bory St. Vincent fragt mit Recht, warum leuchtet unser frisches Sumpf-Wasser nicht, das mit Polipen angefüllt ist? Es dürfte in der That scheinen, daß ein besonderes Gemisch organischer Bestandtheile erforderlich ist, um diese Licht-Absonderung zu begünstigen. Das Holz der Weide leuchtet stärker als das der Eiche. In England hat man Salzwasser leuchtend gemacht, indem man Härings-Lake hineinthat. Galvanische Versuche zeigen, daß das Leuchten lebender Thiere vom Nerven-Reiz abhänge. Ich habe einen Eleater noctilucus gesehen, der bei dem Sterben eine starke Gluth von sich gab, als ich seine vorderen Extremitäten mit Zinn oder Silber berührte. Zuweilen verbreitet auch die Medusa ein stärkeres Licht im Augenblick des Schließens der galvanischen Kette. Ags.