Über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. Von Hrn. ALEXANDER von HUMBOLDT. [Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 3. Juli 1827.] Eine lange Reihe von Jahren ist verflossen, seit dem ich, von meiner Reise nach der Andes-Kette zurückkehrend, es versucht habe, in den öffentlichen Versammlungen dieser Akademie, einige Natur-Ansichten zu entwickeln, von denen ich hoffen durfte, daß sie durch Größe des Gegenstandes, vielleicht auch durch ein sorgfältiges Hinweisen auf das Gemeinsame in den Erscheinungen, ein allgemeineres Interesse erregen würden. In der Form kleiner Abhandlungen habe ich fragmentarisch geschildert: zuerst die Wüsten und Steppen, welche, wie Meeres-Arme hingestreckt, fruchtbare Länderstriche und feindliche Menschenstämme von einander scheiden; dann die Physiognomik der Gewächse oder die geographische Verbreitung der Pflanzen-Formen, welche den Charakter einer Landschaft bestimmen, das Gemüth der Einwohner mehr oder minder lebhaft anregen, ja fast unbewußt die dichterische Phantasie mit trüben oder heiteren Bildern erfüllen; endlich die Wasserfälle, welche die große Flußwelt des Orinoco, des Cassiquiare und Amazonen-Stromes gleichsam in zwei Hälften theilen, Palmen- Gebüsche auf Schaum-bedeckten Inseln nähren, und in ihren hölenreichen Felsdämmen die Grabstätte eines untergegangenen Völkerstammes verbergen. So verschiedenartig auch die Gegenstände sind, welche ich hier in die Erinnerung zurück rufe, so habe ich doch ununterbrochen dahin gestrebt, sie in der Behandlung auf etwas Gemeinsames, auf die Begründung einer allgemeinen vergleichenden Naturkunde zurückzuführen. Es hieße den höheren Zweck eines wissenschaftlichen Erkennens, einer philosophischen Naturbetrachtung verfehlen, wenn man sich mit den Einzelnheiten sinnlicher Anschauung, mit der rohen Anhäufung ausschließlich so genannter Thatsachen (des Wahrgenommenen, Versuchten und Erfahrenen) begnügte und so die Einheit der Natur verkennend, nicht das Allgemeine und Wesentliche in den Erscheinungen vorzugsweise zu erforschen suchte. Nach denselben Bestrebungen eines vergleichenden Naturstudiums, habe ich den Bau und die Wirkungsart der Vulkane in verschiedenen Erdstrichen betrachtet, und vor vier Jahren, in der letzten öffentlichen Versammlung, der ich beiwohnen konnte, mit wenigen Zügen geschildert. Wenn ich hier jene früheren Arbeiten aufzähle, so ist es nicht, um wohlgefällig bei dem zu verweilen, was im lebendigen Fortschreiten der Natur-Wissenschaft und der physischen Erd-Kunde nur zu schnell zu veralten droht: jene Erinnerung soll bloß dazu dienen, den Gesichtspunkt zu bestimmen, aus dem ich wünschte, den gegenwärtigen Vortrag beurtheilt zu sehen. Öffentliche akademische Sitzungen sind nicht dazu geeignet, abgesonderte Beobachtungen zu erörtern, oder bloßen Zahlen-Verhältnissen ermüdend nachzuspüren. Kürze, welche die Achtung gegen den Hörenden gebietet, steht der Vollständigkeit jeder empirischen Untersuchung entgegen. Das Einzelne kann gefällig nur dann die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn es dem Allgemeinen untergeordnet, auf höhere Natur-Ansichten hindeutet. Einer besonderen Nachsicht könnte sich die aphoristische Behandlung empfehlen, wenn es ihr gelänge, dieselbe Klasse von Erscheinungen vielseitig zu beleuchten, eine Fülle von Ideen in schneller Folge zu erwecken, und so die freie Thätigkeit des Geistes regsam zu beschäftigen. Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper, ist seit vielen Jahren ein Haupt-Gegenstand meiner Untersuchungen gewesen: sie steht mit der räumlichen Verschiedenartigkeit der Producte, mit dem Ackerbau und dem Handelsverkehr der Völker, ja mit mehreren Seiten ihres ganzen moralischen und politischen Zustandes in der innigsten Verbindung. Die Zeiten sind vorüber, wo man sich mit unbestimmten Ansichten über die Differenz geographischer und physischer Klimate begnügte, und alle Modificationen der Temperatur bald schützenden Bergzügen, bald der Erhöhung der Erdoberfläche zuschrieb. Man hat nach und nach eingesehen, daß die merkwürdigen Abweichungen der Klimate, welche man in großen Länderstrecken, zwischen denselben Breite-Graden und in derselben Höhe über dem Meeresspiegel wahrnimmt, nicht von dem kleinlichen Einflusse individueller Örtlichkeiten herrühren, sondern allgemeinen Gesetzen unterworfen sind, welche durch die Gestalt der Continental-Massen, durch ihre Umrisse, den Zustand ihrer Oberfläche, besonders aber durch ihr Stellungs- und Größen-Verhältniß zu den benachbarten Meeren bestimmt wird. Die relative Lage durchsichtiger und undurchsichtiger, tropfbar flüssiger oder fester Theile der Erdoberfläche modificirt (um mich der Sprache der mechanischen Physik zu bedienen), die Absorption der, unter gleichen Winkeln einfallenden Sonnenstrahlen, und mit ihr die Erzeugung der Wärme. Diese Umstände, die winterliche Bedeckung mit Eis und Schnee, welche den Continenten, und nur einem sehr kleinen Theile der Meere eigen ist, die Langsamkeit mit welcher große Wassermassen sich erwärmen und erkälten; das Strahlen glatter oder rauher Oberflächen gegen einen wolkenfreien Himmel; die regelmäßigen Ströhmungen des Oceans und der Atmosphäre, welche Wasser und Luft aus verschiedenen Breiten und aus verschiedenen Tiefen und Höhen mit einander mischen, sind die Hauptmomente, von denen die Eigenthümlichkeiten klimatischer Verhältnisse abhängen. Demnach hat jeder Ort gleichsam ein zwiefaches Klima: eines, das von allgemeinen und fernen Ursachen, von der Stellung der Continental-Massen und ihrer Gestaltung abhängt; ein anderes, welches specielle, nahe liegende Verhältnisse der Localität bestimmen. Seitdem man angefangen hat, das Problem der geographischen Wärme- Vertheilung in seiner ganzen Allgemeinheit zu fassen, sind meteorologische Beobachtungen minder geistlos und zweckwidrig angestellt worden. Eine kleinere Zahl derselben führt jetzt zu bestimmten Resultaten; und Entdeckungen, welche in den letzten Jahrzehenden in den fernsten Theilen der Erde gemacht worden sind, haben den Gesichtspunkt allmählig erweitert. Ohne dem Einsammeln von Natur-Producten oder den Fortschritten einer speciellen Naturbeschreibung zu schaden, sind nach und nach Physik und Geognosie wichtige Gegenstände aller großen Land- und See-Reisen geworden. Um mit dem äußersten Norden zu beginnen, erwähne ich hier zuerst eines Mannes, den die gefahrvollen und lästigen Beschäftigungen seines Berufs, des Wallfischfanges, nicht abgehalten haben, die feinsten meteorologischen und zoologischen Beobachtungen anzustellen. Herr Scoresby hat zwischen der vulkanischen Insel Jan-Mayen und dem von ihm entdeckten Theile von Ost-Grönland zuerst die mittlere Luft-Temperatur der Polar-Meere bestimmt. Eine nordwestliche Durchfahrt suchend, ist es der Englischen Regierung gelungen, der Erdkunde, der Klimatologie und der Kenntniß magnetischer Erscheinungen Dienste leisten zu lassen, welche ursprünglich dem Handelsverkehr der Völker verheißen waren. Parry, Sabine und Franklin haben aus mehrjährigen Erfahrungen die Temperatur-Verhältnisse der Luft und des Meeres bis Port-Bowen und Mellville’s Insel, also fast bis zum 75sten Breiten-Grade, mit einer Ausdauer erforscht, von der die Geschichte menschlicher Anstrengungen und muthigen Ankämpfens gegen die Elemente kaum ein ähnliches Beispiel aufweisen kann. Ein altes Vorurtheil, dem Cook’s großer Name zum Schutze diente, die Meinung, als sei der Südpol, einer allgemein verbreiteten Eisdecke wegen, unzugänglicher, als der Nordpol, ist neuerlichst durch den Seefahrer Weddell zerstört worden. Die Entdeckung eines neuen Archipelagus, Süd-süd-östlich vom Feuerlande, hat zu einer Expedition Anlaß gegeben, auf welcher (weit jenseits zweier von dem russischen Kapitain Billinghausen aufgefundenen Sporaden) unter dem 74sten Grade der Breite Weddell ein völlig eisfreies Meer vor sich sah. Wenden wir uns von diesen Extremen der Polargegenden zu der gemäßigten Zone, so finden wir eine große Anzahl von Punkten, wo neben den drei geographischen Ortsbestimmungen in Breite, Länge und Höhe, neben den veränderlichen Erscheinungen der magnetischen Inclination, Abweichung und Kraft, auch die bisher für unveränderlich gehaltene mittlere Temperatur gemessen worden ist. Astronomen in Neu-Holland und am Fuß des indischen Himalaya, katholische und evangelische Missionarien in Macao, Van-Diemens- Land und der Gruppe der Sandwich-Inseln haben neue Thatsachen geliefert, um die nördliche und südliche, die östliche und westliche Hemisphäre (also die wasser- und länderreichsten Theile der Erde) in der heißen und gemäßigten Zone mit einander zu vergleichen. Eben so ist das Verhältniß der Wärme unter dem Aequator und den beiden Wendekreisen, (unter letzteren liegen zufällig die größten Handelsplätze der Tropenwelt, Havanah, Canton, Calcutta, und Rio-Janeiro) bestimmt worden. Diese numerischen Elemente sind als Fixpunkte besonders wichtig, weil sie wie die Zone des wärmsten Meeres-Wassers (zwischen 23° und 24,°5 R.) in der Folge der Jahrhunderte dazu dienen können, die viel bestrittene Temperatur-Veränderlichkeit unseres Planeten zu prüfen. Ich muß hier erinnern, daß klimatologische Bestimmungen in dem südlichsten Theile der gemäßigten Zone, zwischen den Parallel-Kreisen von 28° und 30°, lange vermißt worden sind. Diese Weltgegend bildet gleichsam ein Mittelglied zwischen dem eigentlichen Palmen-Klima und der Zone in welcher, nach westlichen Sagen, die Menschheit zuerst (längst dem Mittelmeer, in Vorder-Asien und Iran) zu geistiger Bildung, zu Anmuth der Sitten und schaffendem Kunstgefühle erwacht ist. Niebuhr’s, Nouet’s und Coutel’s Beobachtungen in Aegypten, meines unglücklichen Freundes Ritchie’s Beobachtungen in der Oase von Murzuk, waren ihrer örtlichen Verhältnisse wegen, nur dazu geeignet, mißleitende Resultate zu geben. Das große und klassische Werk über die Canarischen Inseln, welches wir Herrn Leopold v. Buch verdanken, hat auch diese Lücke ausgefüllt, so wie seine Reise nach Lappland und nach dem nördlichsten Vorgebirge unseres Erdtheils zuerst die Ursachen klar entwickelt hat, welche in der Scandinavischen Halbinsel, jenseits des Polarkreises, die Strenge der Winterkälte mildern, den Quellen die Temperatur erhalten, welche ihnen tiefere Erdschichten gegeben haben, und die Grenzen des ewigen Schnees und der verschiedenen Baumarten, unter Einfluß des Continental- und Küsten-Klimas, ungleich erheben. So hat dieser vielumfassende Reisende das relative Alter der Gebirgs-Arten, die Modificationen des Luftkreises, und die geographische Verbreitung der Gewächse, gleichzeitig im Süden und Norden, durch die Mannigfaltigkeit seiner Bestrebungen ergründet, und das alte Band der Geognosie und physischen Erdkunde fester geknüpft. Folgen wir dem Meeresstrome, welcher das große Thal des Atlantischen Oceans von Osten gegen Westen durchschneidet, so finden wir in der neuen Welt, von dem russischen Amerika und den Ansiedelungen kanadischer Jäger bis an den Plata-Strom und das südlichste Chili, in einer Länge von mehr als 1500 geographischen Meilen, reiche Quellen der Belehrung fast unerwartet eröffnet. Es sind nicht mehr fremde Naturforscher, die uns mittheilen, was sie bei dem kurzen Aufenthalte in Wald- oder Grasreichen Ebenen, wie auf dem beeiseten Rücken der Cordilleren flüchtig erforscht haben; von der mittleren Temperatur einzelner Wochen und Monate braucht man nicht mehr auf die mittlere Temperatur des Jahres zu schließen; überall geht von den Einwohnern selbst gründliche und vollständige Belehrung aus. Die executive Gewalt der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika läßt seit 5 Jahren, zwischen dem 28sten und 47sten Grade der Breite, zwischen dem Missury und den Alleghanis, zwischen dem See Michigan und der Küste von Pensacola, auf einem Flächen-Raume von 24,000 Quadratmeilen, an siebenzehn verschiedenen Punkten, wo militairische Besatzungen stehen, täglich dreimal meteorologische Beobachtungen anstellen, aus denen sich die mittlere Temperatur der Tage, der Monate, und des Jahres ergiebt. Diese Beobachtungen von dem General-Staabs-Arzte der Armee, Herrn Lovell, berechnet, sind in zwei Abhandlungen auf Kosten der Nord-Amerikanischen Regierung herausgegeben, und an alle wissenschaftliche Institute in Europa vertheilt worden. Wenn nach diesem schönen Beispiele, in dem östlichen Theile unseres alten Continents, in dem weitausgedehnten, der halben Mondfläche gleichen Raume zwischen der Weichsel und der Lena, in wohl ausgewählten Punkten, ähnliche unter sich vergleichbare Thermometer-Beobachtungen, auf Befehl und Kosten eines mächtigen Monarchen, gemacht würden; so müßte in wenigen Jahren die ganze Klimatologie eine neue und verbesserte Gestalt gewinnen. Der Eifer, welcher die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika beseelt, ist in dem jetzt erst frei gewordenen spanischen Amerika mit gleicher Lebhaftigkeit erwacht. Zeitschriften, die in Bergstädten bis zu 9000 Fuß Höhe gedruckt werden, geben täglich, in der ungeheuren Ausdehnung von 28° nördlicher bis 40° südlicher Breite, den Stand des Thermometers, Barometers und Hygrometers, nach genauen, in Paris und London angefertigten Instrumenten an. So ist die nun vollendete politische Revolution dieser Länder nicht bloß ihrem eigenen Wohlstande und dem Erwerbfleiße von Europa ersprieslich geworden; sie wird auch unbezweifelt, je nachdem die Bevölkerung zunimmt, und sich wissenschaftliche Kultur über so viele Berggehänge und Hochebenen verbreitet, zu einer gründlicheren Kenntniß der höheren Schichten der Atmosphäre führen. Ganze Provinzen erheben sich dort zu der Höhe des Aetna und Pic’s von Teneriffa, inselförmig im Luftmeere. Wo im alten Continent der reisende Physiker, der ewigen Schneegrenze nahe, sein Zelt aufschlägt, da liegen hier volkreiche Städte. So wie Afrika, in neueren Zeiten, für einen an Palmen-Formen armen Welttheil erkannt worden ist, während es die Alten auf Münzen und Denkmälern als Palmenreich symbolisirten; so haben auch die letzten Entdeckungsreisen unsern Glauben an eine stets gleichförmige Tropenhitze in den afrikanischen Wüsten sonderbar modifizirt. Von Murzu in Fezzan aus reisend (einer Oase, in der Ritchie und Lyon, wahrscheinlich wegen des in der Luft schwebenden wärmestrahlenden Sandes, im Schatten, 5-6 Fuß über den Boden, mehrere Sommer-Monate hindurch, das Reaumursche Thermometer, um 5 Uhr Morgens zwischen 24° und 26°, Mittags zwischen 38° und 43° gesehen haben) starb Dr. Oudney vor Kälte, mitten in Afrika, an der Grenze von Bornu, unter dem 13ten Breitengrade, zu Ende Decemb. in einem Lande, das nach Barometer-Messungen nicht 1200 Fuß über dem Meeresspiegel erhaben ist. Man behauptet, Wasserschläuche, welche Oudney’s Caravane trug, seien in derselben Nacht gefroren gewesen; doch hat mir Clapperton’s Reisegefährte, Major Denham, den ich nach seiner Rückkehr vom See Tchad um mündliche Erläuterungen gebeten, erzählt, daß am Morgen, einige Stunden nach dem Tode des Dr. Oudney, die Luft-Temperatur nicht unter 7½ Grad gewesen sei. In Süd-Amerika, dem Aequator näher, bei Bogota und Quito, habe ich, trotz der großen kälteerzeugenden Wirkung der Strahlung hoher Ebenen, Wasser noch nicht in 8500 und 9000 Fuß Höhe mit Eis bedeckt gesehen. In den handschriftlichen Tagebüchern des jungen Beaufort, der vor Kurzem im oberen Senegal ein Opfer seines wissenschaftlichen Eifers geworden ist, finde ich, unter 16 Grad Breite, das Thermometer im Schatten, an demselben Tage, auf 36 Grad in der Mittagsstunde, und auf 12 Grad am frühen Morgen. So tief sinkt nie die Luft-Temperatur in Amerika in der Ebene unter demselben nördlichen Parallelkreise. Als ich im vorigen Jahre der Akademie einen ausführlichen Bericht über die vortrefflichen Arbeiten von Ehrenberg und Hemprich vorlegte, habe ich bereits der Kälte erwähnt, welcher diese gelehrten Reisenden in der Wüste von Dongola, unter 19 Grad Breite, ausgesetzt waren. Nordwinde gelangten bis in diese südliche Tropen-Gegend, und im December sank das Thermometer bis 2°, 5 R. über dem Gefrier-Punkte herab, also volle 12 Grad tiefer, als es, nach sorgfältig von mir gesammelten Erfahrungen, je unter derselben Breite, in Westindien, beobachtet wurde. Man ist erstaunt, nicht etwa am äußersten Rande der Tropen-Zone, sondern mitten in derselben, Afrika, in seinen Wüsten, kälter als das vegetationsreiche Amerika zu finden. Die eigentlichen Ursachen dieses sonderbaren Erkältungs-Prozesses (vielleicht Wärmestrahlung des Bodens durch trockene Luft gegen einen wolkenfreien Himmel, plötzliches Ausdehnen beim Ergießen feuchter Luftschichten in diese trockene Luft, Herabsinken der oberen Theile der Atmosphäre) sind bis jetzt nicht hinlänglich ergründet worden. Es ist allgemein bekannt, daß mehr als zwei Drittheile unseres Planeten von einer Wasserhülle bedeckt werden, die durch Berührung mit der Atmosphäre den wichtigsten Einfluß auf das Klima der Continental-Massen ausübt. Wasser, von den Sonnenstrahlen getroffen, erwärmt sich nach anderen Gesetzen, als die feste Erdrinde. Verschiebbarkeit der Theilchen, aus denen man sich das Flüssige zusammengesetzt vorstellt, erregen Ströhmungen und ungleiche Vertheilung der Temperatur. Durch Strahlung erkältet und verdichtet, sinken die Wassertheilchen zu Boden. Luftreisen, Erklimmen von isolirten Bergspitzen, und in das Meer herabgelassene thermoscopische Apparate haben die Schnelligkeit der Wärme-Abnahme bestimmt, welche, von unten nach oben in der Atmosphäre, von oben nach unten in dem Ocean und in Süßwasser-Seen, zu verschiedenen Jahreszeiten, stattfindet. Geschöpfe, denen beide Elemente zum Aufenthalt dienen, finden daher, auf jeglichem Punkte der Erde, im luftförmigen und im tropfbaren Elemente, die heterogensten Klimate schichtenweise über einander gelagert. In der Tiefe des Meeres, unter dem Aequator, wie in den Alpen-Seen der Gemäßigten Zone, herrscht fortwährend ein bestimmter Kälte-Grad, der, bei welchem das Wasser seine größte Dichtigkeit erlangt. Ellis’s, Forster’s und Saussure’s Versuche sind jetzt unter allen Zonen und in allen Tiefen wiederholt worden; aber was wir über die niedrigste Temperatur der Luft und des Meerwassers, wie über die größte Wirkung der Wärme-Strahlung, zwischen den Wende-Kreisen wissen, dient zum unumstößlichsten Beweise, daß die Kälte, welche dort nahe am Meeresboden herrscht, von einer Ströhmung herrührt, die in den Tiefen des Oceans sich von den Polen zu dem Aequator richtet, und die unteren Wasserschichten der südlichen Meere erkältet, wie in der Atmosphäre der obere Luftstrohm, der sich vom Aequator gegen die Pole ergießt, die Winter-Kälte der nördlichen Länder mildert. Sandbänke werden, wie der unsterbliche Benjamin Franklin zuerst gelehrt hat, früher durch das Thermometer, als durch das Senkblei erkannt. Es sind submarinische Insel-Theile des Meer-Bodens, welche die elastischen Kräfte nicht über den Wasserspiegel erheben konnten. Auf dem Abhange der Untiefen, durch Stoß ansteigend, mischen sich die unteren kälteren Wasserschichten mit den oberen wärmeren. So verräth dem Schiffer plötzliche Meereskälte die nahe Gefahr. Durch ihre Temperatur wirken die Untiefen auf die darüber stehende Luft, in der sie Nebel und weitgesehene Gruppen von Wolken erzeugen. Gewöhnt, den Farbenschmuck tropischer Producte dem energischen Reize des Lichtes und der Wärme zuzuschreiben, wird der Naturforscher durch den Anblick schönfarbiger Seegewürme, Conchylien und Fische befremdet, die, in den Aequatorial-Meeren großentheils in Tiefen leben, in welche das Sonnenlicht, nach Erfahrungen in Taucher-Glocken und nach Bouguer’s optischen Versuchen, nicht mehr hindringt, und wo die Temperatur kalter Klimate herrscht. Haben sich die Typen dieser prachtvollen organischen Bildungen vor Jahrtausenden, unter anderen äußeren Bedingnissen, festgestellt? Werden die großäugigen Fische, welche in 2000 Fuß Tiefe dem Raube nachgehen, noch durch Eindrücke des Gesichtssinnes geleitet? Diese Fragen verdienen neue Untersuchungen, welche eben sowohl in das Gebiet der zoologischen Geographie, als der Physiologie und Naturlehre gehören. Der neueren Behauptung, daß eine Schaar phosphorescirender Mollusken jenen Fischen in den finstern Abgründen des Oceans vorleuchte, durch Licht, was die Lebensthätigkeit selbst entwickelt, kann ich nicht beipflichten. Als man noch wenig über die Verbreitung der Wärme auf dem Erdkörper nachgedacht hatte, glaubte man das Klima zweier Orte nach den Extremen beurtheilen zu können, welche die Sommer- und Winter-Temperaturen erreichen. Diese Ansicht der Dinge hat sich noch in der Volksmeinung erhalten; von den Physikern ist sie längst als unrichtig aufgegeben worden; denn wenn auch unbezweifelt die Extreme einzelner Tage und Nächte in gewissem Verhältniß zu der mittleren Temperatur des Jahres stehen, so ist doch (und dieser Umstand hat den wichtigsten Einfluß auf das Gedeihen der Gewächse und den Gesundheitszustand der Menschen) bei einem und demselben Grade mittlerer jährlicher Temperatur, die Vertheilung der Wärme unter die verschiedenen Jahreszeiten auffallend verschieden. Den Typus dieser Vertheilung, nach Maaßgabe der Himmelsstriche und Höhen, habe ich sorgfältig zu bestimmen gesucht. Sollen aber vergleichende Resultate in Zahlen übersichtlich gegeben werden, so müssen sie die mittlere Temperatur jedes Monats, in der Voraussetzung einer arithmetischen Reihe, aus den zwei Extremen eines jeglichen Tages hergeleitet, enthalten. Diese Methode befolgte zuerst Reaumur im Jahr 1735; er verglich den Ertrag zweier Korn-Erndten, nicht (wie Herschel) mit Zahl und Größe der Sonnenflecke und Sonnenfackeln, sondern mit der Quantität Wärme welche die Cerealien während ihrer Vegetationszeit empfangen. Viele Arbeiten sind in den letzten Jahren darauf gerichtet gewesen, die Stunde zu bestimmen deren mittlere Temperatur zugleich die des ganzen Jahres ausdrückt. Ich erwähne hier nur der Beobachtungen welche auf Herrn Brewster’s rühmliche Veranstaltung in Schotland auf dem Fort Leith angestellt worden sind. Man hat die Nachtwachen eines Militair- Postens dazu benutzt, ein Thermometer, zwei ganze Jahre lang, von Stunde zu Stunde beobachten zu lassen und aus der Masse dieser Beobachtungen, die man unter anderen Parallelkreisen wiederholen sollte, ist berechnet worden, daß in der Breite von Edimburg eine einzige tägliche Beobachtung, Morgens um 9 Uhr 13 Minuten; Abends um 8 Uhr 27 Minuten genügen würde, die mittlere jährliche Wärme zu bestimmen . Unter den Monaten geben dieses wichtige Resultat April und October; es sei denn (und diese von Leopold v. Buch zuerst aufgefundene Thatsache hängt mit merkwürdigen Modificationen der obern Luftströhme zusammen), daß durch örtliche Ursachen, wie auf der Insel Gran Canaria, das Maximum der Wärme verspätet und in den October versetzt würde. Ein Resultat welches von dem wahren nicht um ½ Grad des Reaumürschen Thermometers abweicht, erhält man auch durch das Mittel aus zwei Stunden gleicher Benennung. Results of the therm. obs. made at Leith Fort every hour of the day and night during the years 1824 and 1825 p. 19. Werfen wir einen Blick auf die verdienstlichen Arbeiten des Herrn Doktor’s Poggendorf und Herrn Mädler’s über das Klima von Berlin so finden wir die mittlere Temperatur dieser Hauptstadt nahe an 6°, 8, die von Paris 8°, 4 Reaumur. Der Unterschied der Wärmemenge, welche beide Orte während eines Jahres empfangen, wird daher nur durch 1°, 6 ausgedrückt, während daß die einzelnen Monate vom November bis zu Anfang Aprils, um 4 volle Grade mittlerer Temperatur, zu Paris wärmer als zu Berlin sind. Im Sommer, von Junius bis September, scheinen die Unterschiede sehr unbedeutend. Die hier angeführten Zahlenverhältnisse sind eine Art mathematischer Abstraction, und stimmen daher wenig mit der Erinnerung des Empfundenen überein. Wir sind gewöhnt, die Stärke der sinnlichen Eindrücke von Wärme und Kälte vorzüglich nach ihrer Succession zu bestimmen. Die mittleren Temperaturen der Monate geben nur das allgemeine Schema; zu einer vollständigen Kenntniß der klimatischen Verhältnisse genügt es nicht, zu wissen, daß die mittlere Temperatur des Winters in Paris 2°, 6 über dem Gefrierpunkt, in Berlin ½ Grad unter dem Gefrierpunkt ist; wir verlangen zu wissen, wie oft, in einer gegebenen Periode von Jahren, in jeder dieser zwei Städte die Luft über 10 Grad Kälte, und über 25 Grad Wärme gezeigt hat. Pflanzen, von denen einige einen langen Winterschlaf halten, und ihre apendiculären Organe (Blätter) verlieren, andere in allen Jahreszeiten fort vegetiren, noch andere einer großen Sommerwärme bedürfen, damit ihre Früchte zur Reife kommen, sind die empfindlichsten, ja die lehrreichsten Thermoskope. Ihr besseres oder schlechteres Gedeihen wird durch die kleinsten Modificationen in der Vertheilung der Wärme und des Lichts bestimmt. Dunkle oder lichte Wärme wirken anders auf die Gewächse. Kein Thermometer vermag die Temperatur zu messen, welche die unmittelbare Berührung der Sonnenstrahlen im Innern des organischen Pflanzen-Gewebes erzeugt. Ein Gemenge von Chlorgas und Hydrogen wird augenblicklich, selbst beim niederen Stande der Sonne im December, durch directes Licht mit Knall entzündet, wenn zerstreutes Licht nicht wirkt. Diese Betrachtungen erläutern die Vegetations-Verhältnisse der heiteren Continental-Klimate und des neblichten Küstenhimmels, die Vegetations-Verhältnisse der an festen, undurchsichtigen, lichtabsorbirenden Massen so reichen nördlichen Hemisphäre und der fast ganz pelagischen, südlichen. Wenn ich oft in diesem Vortrage der, in den beiden letzten Jahrzehnden schnell vermehrten Zahl meteorologischer Beobachtungen erwähne; so will ich keinesweges darauf hindeuten, als sei die Vervollkommnung der Klimatologie vorzugsweise auf eine solche Vermehrung gegründet. Hier, wie in allen Aggregaten empirischer Kenntnisse, die zu früh Wissenschaften genannt worden sind, kommt es „auf ein denkendes Begreifen der Natur“, auf eine richtige Ansicht dessen an, was aus den wohlgeordneten Einzelnheiten gefolgert werden darf. Versuchen wir nun das Problem der Temperatur-Vertheilung in seiner ganzen Allgemeinheit zu fassen, so können wir uns planetarische Wärme entweder (wie im gegenwärtigen Zustande der schon oxydirten, erhärteten Erdrinde) als Folge der Stellung gegen einen Wärme-erregenden Centralkörper denken; oder aber (wie im ersten Zustande des Zusammenrinnens aufgelöseter, dunstförmiger Stoffe) als Folge von inneren Oxydations-Processen, Niederschlägen, chemisch veränderten Capacitäten oder electro-magnetischen Ströhmungen. Mannigfaltige geognostische Phänomene, deren ich bereits in einer anderen Abhandlung gedacht habe, deuten auf eine solche Entwickelung innerer, von dem Planeten selbst erregter Wärme hin. Dazu hat der geistreiche Astronom und Physiker, Herr Arago, neuerlichst die Zweifel, welche man gegen die, den Bergwerken beider Welttheile eigenthümliche Wärme erhoben hat, durch neue Versuche über tief erbohrte Quellwasser, (sogenannte artesische Brunnen) auf das Vollkommenste widerlegt. Je größer die Tiefe ist, aus welcher die Wasser aufsteigen, desto wärmer sind sie befunden worden. Hier ist aller Verdacht von niedersinkenden, sich verdichtenden und also Wärmeentbindenden Luftschichten entfernt; hier sind Menschen-Nähe und Wirkung bergmännischen Geleuchtes nicht zu fürchten. Die Wasser bringen die Wärme mit sich, welche sie durch lange Berührung mit den Gestein-Massen, in verschiedenen Tiefen, erhalten haben. Diese denkwürdigen Beobachtungen lehren, wie, unabhängig von der Schiefe der Ekliptik im frühesten gleichsam jugendlichen Zustande der Planeten, Tropen-Temperatur und Tropen-Vegetation unter jeglicher Zone entstehen und so lange fortdauern konnten, bis durch Wärme-Strahlung aus der erhärteten Erd-Rinde, und durch allmählige Ausfüllung der Gang-Klüfte mit heterogenen Gestein-Massen, sich ein Zustand bildete, in welchem (wie Fourier in einem tiefsinnigen mathematischen Werke gezeigt hat) die Wärme der Oberfläche und des Luftkreises nur von der Stellung des Planeten gegen einen Central-Körper, die Sonne, abhängt. Wir überlassen es gern anderen Physikern zu entscheiden, wie tief unter der oxydirten und erhärteten Erd- Rinde die geschmolzenen, flüssigen Massen liegen, welche sich in die Öffnungen noch jetzt thätiger Vulkane ergießen, die Continente und den Meeresboden periodisch erschüttern und durch Klüfte in Granit und porphyrartigem Gesteine heiße Mineralquellen emportreiben. Die Tiefe unserer Bergwerke ist zu gering, um aus der ungleichen Wärme-Zunahme, welche man bisher darin beobachtet hat, ein Problem befriedigend in Zahlen aufzulösen, welches die Neugier der gleichsam auf einen Felsengewölbe wohnenden Menschen beschäftigt. Hier genügt es, daran zu erinnern, wie die neueren Ansichten der Physiker und Geognosten, und zwar der beobachtenden, nicht leer-hypothesirenden Geognosten, den alten Mythus vom Pyrophlegeton und von Hephästos allverbreiteter Werkstätte ins Leben zurückgerufen haben. Wird ein planetarischer Weltkörper von elastischen Luftschichten umflossen, und ist die alternde oxydirte Erdrinde mit fast überall geschlossenen oder ausgefüllten Klüften, durch lange Ausstrahlung der Wärme, in den Zustand des Gleichgewichts zwischen dem Empfangen und Verlieren, dergestalt gelangt, daß seine äußere Temperatur und die Verschiedenheit der Klimate nur von der Stellung gegen die Sonne, gegen einen größeren in permanentem Lichtproceß begriffenen Centralkörper, herrühren; so kann man in größter Allgemeinheit des Problems, die Temperatur eines jeden Ortes als allein abhängig von der Art betrachten, wie sich der Einfluß der Mittagshöhe der Sonne äußert. Diese Höhe bestimmt zugleich die Größe der halben Tagbögen; die Dicke der Luftschichten welche von den Sonnenstrahlen durchstrichen werden, ehe sie den Horizont erreichen; die Menge der absorbirten oder erwärmenden Strahlen (eine Quantität, welche mit der Größe des Einfallwinkels rasch zunimmt); endlich die Zahl der Sonnenstrahlen, welche mathematisch betrachtet, ein gegebener Horizont empfängt. Die Wärme-Erzeugung kann demnach, wo es auf ein Mehreres oder Minderes ankommt, als von der erleuchteten Erdfläche ausgehend betrachtet werden. Die Absorption welche die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch den Luftkreis erleiden, oder (anders zu reden) die Wärmeerzeugung durch Lichtschwächung ist überaus gering, doch bemerkbar auf dem Ocean, wo ich in großer Entfernung von den Küsten, selbst dann wenn das Wasser kälter als die Atmosphäre war, die Temperatur der letzteren, zur Mittags- Zeit, mit der Sonnen-Höhe habe zunehmen sehen. Herr Arago hat mich zuerst auf diese merkwürdige Wirkung der Lichtabsorption im Luftkreise aufmerksam gemacht. Conn. des tems pour 1828. p. 225. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß es in beiden Welttheilen unter dem Äquator, dessen mittlere Luft-Temperatur sich auf 22°, 2 Reaumur erhebt, nicht merklich heißer ist, als in 10 Grad nördlicher und südlicher Breite. Nach dem Commentar des Geminus zu dem astronomischen Gedichte des Aratus glaubten einige griechische Physiker, die Temperatur der Wendekreise übertreffe sogar die des Äquators. Arago hat mit großem Scharfsinne, durch zahlreiche optische Versuche dargethan, daß von der senkrechten Incidenz an, bis zu einem Zenit-Abstande von 20 Graden die Menge des zurückgeworfenen Lichtes (und von dieser Menge hängt die mindere Erwärmung des erleuchteten Körpers ab) fast dieselbe bleibt. Wenn ich die mittleren jährlichen Temperaturen mit einander vergleiche, so finde ich, daß, im westlichen Theile des Alten Continents, die Temperaturen von Süden gegen Norden abnehmen: von 20 bis 30 Grad Breite um 3°, 2 Reaumur; von 30 bis 40 Grad Breite um 3°, 6; von 40 bis 50 Grad Breite um 5°, 7; von 50 bis 60 Grad Breite wiederum nur um 4°, 4. In beiden Continenten ist die Region, wo die Wärme-Abnahme am schnellsten ist, zwischen dem 40sten und 45sten Grade der Breite zu suchen. In diesem Resultate stimmt die Beobachtung auf eine merkwürdige Weise mit der Theorie zusammen; denn die Variation des Quadrats des Cosinus, welches das Gesetz der mittleren Temperatur ausdrückt, ist die größtmögliche bei 45 Grad Breite. Dieser Umstand hat, wie ich schon an einem andern Orte erinnert habe, wohlthätig auf den Kultur-Zustand der Völker gewirkt, welche jene milden, von dem mittleren Parallel-Kreise durchschnittenen Gegenden bewohnen. Dort grenzt das Gebiet des Weinbaus an das Gebiet der Ölbäume und der Orangen. Nirgend anders auf dem Erdboden sieht man (von Norden gegen Süden fortschreitend) die Wärme schneller mit der geographischen Breite zunehmen; nirgend anders folgen schneller auf einander die verschiedenartigsten vegetabilischen Producte, als Gegenstände des Garten- und Ackerbaus. Diese Heterogeneität belebt die Industrie und das Handels-Verkehr der Völker. Vergl. mein Essai politique sur l’Ile de Cuba 1826. T. II. p. 79-92, wo ich die von Herrn Atkinson (Mem. of the Astron. Soc. Vol. II. p. 137-138.) erregten Zweifel beseitigt zu haben glaube. Isag. in Aratum cap. 13. Strabo Geogr. lib II. p. 97. Im östlichen Theile des Neuen Continents sind die Abnahmen der mittleren Temperatur von 20° bis 30° ....... 5° Reaumur. 30° 40° ....... 5°, 7 40° 50° ....... 7°, 2 50° 60° ....... 6°, 8 Es ist hier der Ort, zu erinnern, daß partielle, tägliche und monatliche Temperatur-Veränderungen, bei der Beweglichkeit des Luftkreises, durch Herbeiführung kalter oder warmer Luftschichten, durch die mehr oder mindere electrische Spannung, durch die Wolken-Bildung oder Dunst-Zerstreuung, kurz durch eine fast unabsehbare Menge variabler Ursachen, die in der Nähe und Ferne wirken, bestimmt werden. Leider hat das Studium der Meteorologie in einer Zone beginnen müssen, wo die Verwickelung der Ursachen, wo Zahl und Intensität perturbirender Kräfte am größten sind. Wenn je die freiere Kultur des menschlichen Geistes, wie man es gegenwärtig erwarten darf, einen ihrer Hauptsitze unter den Wendekreisen aufschlägt; so ist vorauszusetzen, daß man dort, bei dem einfachen Gange der Erscheinungen, deutlich erkennen werde, was hier, im Spiel gleichzeitig wirkender, streitender Kräfte lange verborgen geblieben ist. Von dem Einfachen ist es leicht zu dem Zusammengesetzten überzugehen, und eine wissenschaftliche Meteorologie kann man sich, als von den Tropen nach dem Norden zurückkehrend gedenken. Unter dem Palmen-Klima führt ein schwacher Ostwind immerdar gleich erwärmte Luftschichten herbei. Das Barometer zeigt, wie der Gang der Magnet-Nadel, die Stunde des Tages an. Erderschütterungen, Stürme und Donnerwetter stören die kleine, aber periodische Ebbe und Fluth des Luftmeeres nicht. Die veränderte Abweichung der Sonne und die dadurch in ihrer Stärke modificirten obern Luftströhme vom Äquator gegen die Pole, bestimmen den Anfang der Regenzeit und der electrischen Explosionen, welche beide zu regelmäßigen Epochen eintreten. Nach der Richtung des Wolkenzuges kann der Reisende sich fast wie nach der Magnetnadel, orientiren; und in der trockenen Jahreszeit würde in vielen Gegenden der Tropenwelt die Erscheinung eines Gewölks am dunkelblauen Himmel die Bewohner eben so in Erstaunen setzen, als uns der Fall eines Aërolithen, oder des rothen Polar-Schnees, als den Peruaner das Krachen des Donners oder als alle Bewohner tropischer Ebenen ein Hagelwetter. Diese Einfachheit und Regelmäßigkeit meteorologischer Erscheinungen läßt eine leichtere und glücklichere Einsicht in ihren Causal-Zusammenhang erwarten. So lange Beobachtungen über magnetische Inclination, Declination und Intensität der Kräfte in den Reiseberichten zerstreut lagen und man dieselben noch nicht durch magnetische Linien vereinigt hatte, konnte die Lehre von der Vertheilung des Erdmagnetismus keine bedeutende Fortschritte machen. Auf diese Analogie gestützt, hat man angefangen, durch sorgfältige Benutzung vereinzelter Thatsachen, die verwickelte Lehre von der Verbreitung der Wärme zu vereinfachen. Orte, die eine gleiche mittlere Wärme des Jahres, des Sommers oder des Winters haben, sind durch Curven miteinander verbunden worden. So ist das von mir im Jahr 1817 entwickelte System isothermer Linien entstanden, welche die Parallel-Kreise unter anderen Winkeln als die isochimonen und isotheren Linien durchkreuzen. Sie steigen gegen den Aquator herab, weil man im östlichen Asien und im östlichen Theile von Nord-Amerika, auf gleichen Höhen über dem Meeresspiegel, in einer südlicheren Breite die Temperatur suchen muß, welche in unserem mittleren Europa, weiter gegen Norden hinauf, gefunden wird. Der merkwürdige Umstand, daß die höchste Kultur des Völkerstammes, zu dem wir gehören, sich unter fast gleichen Breiten in der gemäßigten Zone an zwei entgegengesetzten Küsten, der östlichen des neuen Continents und der westlichen des alten angesiedelt hat, mußte auf die Ungleichheit der Wärme unter denselben Parallel-Kreisen früh aufmerksam machen. Man fragte, um wie viel Thermometergrade der alte Continent wärmer, als der neue sei, und erkannte erst spät, daß die isothermen Linien von der Breite von Florida bis zu der von Labrador hin nicht mit einander parallel laufen, daß die östlichen und westlichen Küsten von Nord-Amerika fast so verschieden, als die von West-Europa und Ost-Asien sind. Gestalt und Gliederung der Continental-Massen und ihr Verhältniß zu den nahen Meeren, bestimmen vorzüglich die Inflexion der isothermen Linien, die Richtung der gleich warmen Zonen, in welche man sich den ganzen Erdball getheilt vorstellen kann. Das Vorherrschen der Westwinde in den gemäßigten und kalten Himmelsstrichen begründet den Unterschied der Klimate an den Ost- und Westküsten ein und desselben Continents. Die westlichen Winde, welche man als Gegenwirkungen der tropischen Passatwinde betrachtet, gelangen zu einer östlichen Küste, wenn sie im Winter den vorliegenden, mit Schnee und Eis bedeckten Continent bereits durchstrichen haben; dagegen führen zu westlichen Küsten (in Europa, wie in Neu-Californien und Nootka) westliche Winde Luftschichten herbei, die sich im strengsten Winter in Berührung mit der großen oceanischen Wasserfläche erwärmt haben. Nach diesen Ideen habe ich die genauere Kenntniß der niedrigsten Temperatur, zu welcher das Atlantische Meer außerhalb dem Golfstrohme, zwischen dem 40sten und 50sten Grade der Breite, (also in den Breiten von Spanien, Frankreich und Deutschland) herabsinkt, einer besonderen Untersuchung werth gehalten. Ich habe gefunden, daß im Monat Januar das Meerwasser in 40° Breite nicht unter 10°, 7; in 45° Breite nicht unter 9°, 8 herabsinkt. Der allgemein verehrte Geograph von Ostindien, Major Rennell, der sich seit dreißig Jahren mit der Richtung der Ströhmungen im Atlantischen Ocean beschäftigt, und mir bei meinem neuesten Aufenthalt in England einen Theil seiner handschriftlichen Materialien mitgetheilt hat, findet für 50 Grad Breite, also in der Zone des nördlichen Deutschlands, eine Winter-Temperatur des Meerwassers welche die Luftschichten selbst in dem glücklichen Klima von Marseille im Januar nicht erreichen. Wenn die relative Ausdehnung von Asien und Nord- Amerika, von der Südsee und dem nördlichen Atlantischen Ocean anders wäre, als sie jetzt ist, so würde, durch ungleiche Erwärmung der festen und flüssigen Theile der Erdoberfläche, das ganze System der Winde in der nördlichen Hemisphäre, sowohl ihrer Richtung, als ihrer Stärke nach, verändert werden. De la distribution de la chaleur sur le globe in Mem. de la Soc. d’Arcueil T. III. Unser Europa verdankt ein milderes Klima seiner Erdstellung (seinem Positions-Verhältnisse gegen das nahe Meer) und seiner gegliederten Gestaltung. Europa ist der westliche Theil des alten Continents, und hat also den großen, schon an sich kältemindernden und dazu noch vom Golfstrom theilweise erwärmten Atlantischen Ocean in Westen. Zwischen den Meridianen, in denen Europa sich hinstreckt, fällt die Äquatorial-Zone nicht in das Becken des Oceans, wie südlich von dem, eben deshalb kälteren Asien. Der Welttheil, der unter allen den größten Theil des tropischen Klimas genießt, das sandbedeckte Afrika, ist so gelegen, daß Europa von den Luftschichten erwärmt wird, welche über Afrika aufsteigend, sich von dem Äquator gegen den Nordpol ergießen. Ohne die Existenz des Mittelländischen Meeres würde der Einfluß des nahen Afrika’s auf Temperatur und geographische Verbreitung von Pflanzen und Thieren noch wirksamer seyn. Der dritte Hauptgrund des milderen Klima’s von Europa liegt darin, daß dieser Welttheil sich weniger weit gegen den Nordpol erstreckt als Amerika und Asien, ja daß er dem größten Busen eisfreien Meerwassers gegenüberliegt, den man in der ganzen Polarzone kennt. Die kältesten Punkte der Erde, neuerlichst uneigentlich Kälte-Pole genannt, fallen nicht wie der sonst so scharfsinnige Brewster in der englischen Bearbeitung meiner Abhandlung von den isothermen Linien zu beweisen gesucht hat, mit den magnetischen Polen zusammen. Das Minimum der mittleren jährlichen Temperatur der Erdoberfläche liegt, nach Capitain Sabine’s Untersuchungen, im Nordwesten von Melville’s-Inseln, im Meridian der Behrings-Straße, wahrscheinlich in 82 bis 83 Grad Breite. Die Sommergrenze des Eises, welche zwischen Spitzbergen und Ostgrönland sich bis zum 80 und 81sten Grade zurückzieht, findet sich überall zwischen Nova-Zembla, den Knochen-Inseln von Neu-Sibirien und dem westlichsten Amerikanischen Eiscap, schon im 75sten Grade der Breite. Selbst die Wintergrenze des Eises, die Linie auf welcher die Eisdecke sich unserm Welttheil am meisten nähert, umgiebt kaum die Bären-Insel. Vom Scandinavischen Nordcap, welches ein südwestlicher Meeresstrohm erwärmt, ist die Fahrt zum südlichsten Vorgebirge von Spitzbergen selbst im strengsten Winter nicht unterbrochen. Das Polareis vermindert sich überall, wo es frei abfließen kann, wie in der Baffins-Bay und zwischen Island und Spitzbergen. Die Lage des Atlantischen Oceans hat den wohlthätigsten Einfluß auf die Existenz jenes, für das Klima von Nord-Europa so wichtigen, Eis-freien Meerwassers in dem Meridian von Ostgrönland und Spitzbergen. Dagegen häufen sich im Sommer die, aus der Baffins-Bay und Barrows- Straße südlich getriebenen Eisberge in dem großen Mittelmeere an, welches die Geographen mit dem Namen der Hudsons-Bay bezeichnen. Diese Anhäufung vermehrt so sehr die Kälte in dem benachbarten Continent, daß man in der Factorei York und bei der Mündung des Hayes-Flusses, nach Capitain Franklin’s neuesten handschriftlichen Berichten, in einer Breite mit Nord-Preußen und Curland, am Ende des August und im Anfange des September, beim Brunnengraben, in 4 Fuß Tiefe, überall Eis findet. Die nördlichsten und südlichsten Grenzen des festen Polar-Eises, das heißt die Sommer- und Wintergrenzen, von deren Lage die Temperatur der nördlichen Continental-Massen abhängt, scheint in den historischen Zeiten, wie gründlichere Untersuchungen endlich gelehrt haben, wenig verändert worden zu seyn. Der schädliche Einfluß, welchen kleine, isolirte, durch Ströhmungen zuweilen bis in die Nähe der Azoren getriebene, Eismassen auf das Klima von Europa ausüben sollen, gehört zu den Mythen, die von den Physikern ausgehen und sich unter dem Volke verbreiten, wenn die Physiker längst aufgehört haben, ihnen Glauben beizumessen. Finden sich, unter denselben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben werden, in Nord-Amerika und Nord-Asien nur sumpfige, moosbedeckte Länder, so äußert dagegen die kräftige Wärme-Strahlung von Inner-Asien, zwischen den fast parallelen Bergketten des Himalaya, des Zungling und des Himmels-Gebirges, (eine Gegend über welche Klaproth’s geographische Untersuchungen viel Licht verbreiten) den glücklichsten Einfluß auf die Asiatische Bevölkerung. Die ewige Schneegrenze liegt am nördlichen Abhange des Himalaya 4000 Fuß höher als am südlichen Abhange, und die physikalische Erklärung welche ich von dieser sonderbaren Erscheinung gegeben , ist durch neue Messungen und Beobachtungen in Ost-Indien, nach Herrn Colebrooke’s Berichte, bestätigt worden. Millionen von Menschen Thibetanischer Abkunft und düsterer, religiöser Gemüthsstimmung, bewohnen volkreiche Städte, da, wo bei einer minderen Ausdehnung und minderen Continuität der Hochebenen, Felder und Städte, das ganze Jahr hindurch, in tiefem Schnee vergraben seyn würden. Annales de Chimie et de Physique T. III. p. 297. T. IX. p. 310. T. XIV. p. 5. Schneller und anmuthiger Wechsel von ebenen und hohen Berggipfeln befördert überhaupt, im Thier- und Pflanzenreiche, die Mischung von Erzeugnissen verschiedener Klimate. So haben sich in dem Theile des Mexikanischen Freistaats, der unter den Tropen liegt, die Vögel von Nord-Amerika angesiedelt, wie die schönen und reichhaltigen Sammlungen des Herrn Deppe, welche das Königliche Museum der Liberalität des Grafen v. Sack verdankt, mehrfach beweisen. In einer erst vor wenigen Tagen in dieser Akademie verlesenen Abhandlung hat der gelehrte afrikanische Reisende, Herr Lichtenstein, scharfsinnig entwickelt, daß sich in der Mexikanischen Fauna die tropischen Seevögel des Stillen Oceans mit den Süßwasser-Vögeln der Vereinigten Staaten, überhaupt Formen nördlicher und südlicher Klimate von Europa, Lousiana und Brasilien wundersam vereinigen. Wie die Ströhmungen des Luftmeeres durch die veränderliche Abweichung der Sonne, und durch die Richtung der Bergketten, an deren Abhange sie herabgleiten, vielfach modificirt werden, so führen auch die Ströhmungen des tropfbaren Oceans die wärmeren Wasser niedriger Breiten-Grade in die temperirte Zone. Ich brauche nicht in Erinnerung zu bringen, wie die von den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser des Atlantischen Oceans gegen den vorstehenden Damm der Landenge von Nicaragua getrieben, sich nordwärts wenden, in den Golf von Mexiko wirbelnd umhertreiben, durch den Kanal von Bahama ausfließen, sich als ein Strohm warmen Wassers erst nordöstlich gegen die Bank von New-Foundland, dann südöstlich gegen die Gruppe der Azoren hin, bewegen, und, wenn sie vom Nordwestwinde begünstigt werden, Palmen-Früchte der Antillen, mit französischen Weinen gefüllte Fässer aus verunglückten Schiffen, ja selbst lebendige Esquimaux aus Ost-Grönland mit ihren ledernen Böten nach Irland oder nach den Hebriden, oder nach den Küsten von Norwegen führen. Der vielgereiste Astronom Herr Sabine, der vor kurzem aus den Polar-Ländern zurückkehrend, Pendel-Versuche im Golf von Guinea, auf der Afrikanischen Insel St. Thomas, anstellte, hat mir erzählt, wie Fässer von Palmen- Öl, die bei dem Cap Lopez etwas südlich vom Äquator, durch Schiffbruch verloren gingen, erst von dem Äquatorial-, und dann vom Golf-Strohme getrieben, den Atlantischen Ocean zweimal, von Osten gegen Westen und von Westen gegen Osten, in 53 Grad nördlicher Breite, durchschnitten haben, und an den schottischen Küsten glücklich angelangt sind. Das wohlerhaltene Zeichen des Afrikanischen Eigenthümers ließ keinen Zweifel über die Richtung, welche die Fässer genommen hatten. Wie hier Äquatorial-Wasser im atlantischen Ocean durch den Golfstrohm nördlich geführt werden, so habe ich in dem Stillen Meere, und zwar in der südlichen Hemisphäre, einen Strohm erkannt, der längs dem Littoral von Chili und Peru kälteres Wasser hoher Breiten unter die Wendekreise führt. In diesem Strohme habe ich das Reaumursche Thermometer, im Hafen bei Truxillo, im September bis 12°, 8; im Hafen von Callao bei Lima zu Ende Novembers bis 12°, 4 sinken sehen. Ein junger überaus kenntnißvoller Dänischer Seeofficier, der Baron Dirckinck v. Holmfeldt, hat auf meine Bitte dieses sonderbare, so lange Zeit unbeobachtete Phänomen, im Jahre 1825 zu verschiedenen Jahreszeiten von neuem untersucht. Er fand mit Reaumürschen Thermometern, welche Herr Gay-Lussac und ich sorgfältig verglichen hatten, bei dem Hafen Callao das Meerwasser im August wiederum 12°, 6; im März 15°, 7; während daß außerhalb der Meeresströhmung bei dem Vorgebirge Pariña, das ruhige Meer wie gewöhnlich unter solchen Breiten die große Wärme von 21 bis 22 Grad zeigte. Es ist hier nicht der Ort zu entwickeln, wie dieser Strohm kälteren Wassers, welcher die südliche Schiffahrt von Guayaquill nach Peru und von Peru nach Chili erschwert, in einigen Monaten von der Garua, das heißt, von den Dünsten welche die Sonnenscheibe fortwährend verschleiern, in seiner Temperatur modificirt wird, und wie er das Klima der Peruanischen Ebenen erkältet. So wie jedes Bestreben des Menschen nach einem wissenschaftlichen Begreifen von Natur-Erscheinungen sein höchstes Ziel nur in dem klaren Erkennen unserer eigenen Natur erreicht; so führt auch die Untersuchung, deren Hauptmomente uns hier beschäftigt haben, zuletzt auf die Art, wie klimatische Verhältnisse sich in dem Charakter, dem Kultur-Zustande, vielleicht selbst in der Sprach-Entwickelung einzelner Völkerstämme, offenbaren. Hier ist der Punkt, wo die große Lehre von der Vertheilung der Wärme über den Erdkörper sich an die Geschichte der Menschheit anknüpft. Eben deshalb fällt das Problem außerhalb des Gebiets einer rein physikalischen Empirie. Man kann nicht läugnen, daß das Klima und sein erhebender oder niederdrückender Einfluß gleichsam das ganze häusliche und bürgerliche Leben einer Nation durchdringen. Aber viel und mehr noch gehört der Abstammung, den natürlichen Anlagen, den instinctmäßigen und doch geistigen Trieben der Menschen an. Nach einer, nun schon veralteten Philosophie, die der ersten Mitte des achtzehnten Jahrhunderts angehört, wurden Religion, Regierungsform und Richtung des Kunstsinnes bei verschiedenen Völkern, den Klimaten und der Nahrung hauptsächlich zugeschrieben. Um zu beweisen, daß ein Theil dieser Ansicht schon in dem tiefsten Alterthume, in der religiösen und politischen Societät der Pythagoräer, herrschte, sei es mir erlaubt eine merkwürdige Stelle anzuführen, welche uns beim Photius erhalten ist: „Die Griechen,” heißt es darin, „haben an sittlicher Bildung alle Barbaren übertroffen, weil sie den gemäßigsten Theil der Erde bewohnen. Die Skythen und Äthiopier, von denen die einen durch Kälte, die anderen durch Hitze gequält werden, sind eben deshalb von heftiger und leidenschaftlicher Natur. Die Griechen und vor allen die Athener haben verbessert, was ihnen von den Barbaren zugebracht worden ist; Malerei und andere Künste Mathematik und Wohlredenheit haben sie zuerst erfunden. Diese Art der Bildsamkeit ist aber dem Lande der Griechen eigen, weil dort die reinsten und dünnsten Lüfte wehen. Attika ist unfruchtbar und dürr, denn eine solche Luft-Beschaffenheit schadet dem Ertrage des Bodens, ist aber heilsam den Seelen der Athener .” Anon. de vita Pythag. apud Phot. Cod. CCLIX, interpr. Holstenio c. 23, (Ed. Kiesling. P. II. p. 120.) Das ist die Lehre von dem Einfluße der Luft-Temperatur auf den Geist und die Sitten, wie sie in der Gesellschaft der Pythagoräer herrschend war. Jene hochgerühmte Intelligenz, deren Entwickelung durch ein mildes Klima zwar nicht erzeugt, aber begünstigt wird, hat sich unwandelbar erhalten unter den Bewohnern des altgriechischen Bodens. Sie hat sich in demselben Stamme offenbart, von der dunkeln Sagengeschichte der „glänzenden Orchomenos” an, bis zu der verhängnißvollen Zeit, in der wir leben, bis zu dem blutigen Kampfe, welcher, in beiden Welttheilen, wo irgend die Menschheit sich des Erbtheils Hellenischer Kultur erfreut, alle edlen Gemüther bewegt.