Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren EHRENBERG und HEMPRICH. Dargestellt von Alexander von Humboldt. Die Akademie der Wissenschaften hat uns aufgetragen, Herrn Link, Lichtenstein, Rudolphi, Weiß, und mir, einen Bericht über die Reisen zu erstatten, welche auf Kosten des Staats, von Herren Ehrenberg und Hemprich durch die lybische Wüste, Ägypten, Sennaar, Dongala, den Libanon, Cölesyrien, das westliche Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes in den Jahren 1820 bis 1825 unternommen worden sind, und alle Theile der Naturkunde, wie die der physikalischen Erdbeschreibung auf die denkwürdigste Weise bereichert haben. Wenn es bei dem belebenden Einflusse, den jede Vermehrung wissenschaftlicher Sammlungen auf die Erweiterung menschlichen Wissens ausübt, schon an sich ein nicht zu verkennendes Verdienst ist, in der langen Dauer gefahrvoller Reisen, eine große Zahl neuer Naturkörper zu entdecken, aufzubewahren, und wohlerhalten nach Europa zurückzubringen, so wird dieses Verdienst auf das vielfachste erhöht, wenn die vom Staate ausgesandten Männer mit trefflichen Vorkenntnissen ausgerüstet, und von dem Gefühl eines höheren wissenschaftlichen Berufs durchdrungen, nicht blos als rastlose Sammler, sondern zugleich auch als beobachtende Naturforscher auftreten. Alles was sich bezieht auf die geographische Vertheilung der Thier- und Pflanzen-Formen, auf den Einfluß, welchen Beschaffenheit des Bodens, Höhe des Standorts, und mannigfaltige klimatische Verhältnisse auf das organische Leben ausüben, kann nur durch unmittelbare Anschauung von den Reisenden selbst ergründet werden. Die Sitten der Thiere sind nicht minder wichtig, als die Kenntniß ihres Baues, welcher jene Sitten bestimmt. Eine große Zahl der feinsten, anatomischen und physiologischen Beobachtungen kann nur an Ort und Stelle gesammelt werden. Die geognostische Kenntniß des Erdkörpers wird nicht durch Einsenden von Mineralien gefördert, die ohne ein leitendes Princip, ohne Hinsicht auf ihre Gruppirungen in Gebirgsarten, auf ihr relatives Vorwalten, auf ihren Übergang in einander und ihre Altersfolge, an isolirten Felsklippen gebrochen worden sind. Der beobachtende Geognost allein kann den Fortschritten der Geognosie nützlich werden und eine Wissenschaft, deren wesentlicher Charakter Darstellung des Zusammenhangs in den Erscheinungen, Ergründung der Verhältnisse heterogener Gebirgsmassen ist, wird aus den thätigen Bemühungen unwissenschaftlicher Sammler nie den Zuwachs erhalten, welchen dieselben Bemühungen dem beschreibenden Theile der Thier- und Pflanzenkunde gewähren. Ehrenberg und Hemprich, auf welche die Wahl der Akademie durch mehrere ausgezeichnete Arbeiten geleitet worden war, haben allen den Anforderungen, welche man, im gegenwärtigen Zustande der Wissenschaften an gelehrte Reisende machen kann, auf das glücklichste entsprochen. Die einfache Aufzählung dessen, was beide geleistet, ist der unwiderleglichste Beweis davon. Sie haben gesammelt, als wäre Sammeln allein ihr Zweck gewesen; für Präparation, Aufbewahrung, specifische Benennung der Gegenstände gearbeitet, wie vielleicht, unter ähnlichen Umständen, nie von Reisenden geschehen ist. Die an das Königliche Museum übersandten Gegenstände füllten 114 Kisten (zu 20 bis 30 Kubikfuß) aus. Die Gesammtzahl der aufbewahrten Individuen von Pflanzen übersteigt 46,000, worunter 2900 Arten. Die Gesammtzahl der Thiere begreift 34,000 Individuen, worunter 135 verschiedene Species von Säugethieren, 430 Arten von Vögeln, 546 Fischarten und Amphibien, 600 Species von Anneliden und Crustaceen und 2000 Insecten-Arten. Die Königliche Mineralien-Sammlung ist mit 300 Stücken von Gebirgsarten bereichert worden, die nach ihrer Auf- und Anlagerung geordnet, über den innern Bau des Erdkörpers in fernen, geognostischunentdeckten Ländern ein hohes Licht verbreiten. Aber alle diese Sammlungen von Mineralien, von phanerogamischen und cryptogamischen Gewächsen (unter denen die erstern allein wahrscheinlich 5 bis 600 unbekannte Arten enthalten), von thierischen Bildungen aller Klassen, besonders der unteren, gewöhnlich von reisenden Zoologen ganz vernachlässigten, sind (so wichtig auch an sich ihr materieller Besitz für die Königlichen Sammlungen und ihre freie Benutzung für die Erweiterung naturhistorischer Kenntnisse wird) doch nur als ein secundärer Gewinn zu betrachten, als ein Gewinn, welcher demjenigen nachsteht, der aus einer öffentlichen Bekanntmachung der von Herren Ehrenberg und Hemprich angestellten Beobachtungen entspringen wird. Erforschung der Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer Erzeugnisse und dem Zusammenwirken ihrer Kräfte ist der wesentliche Zweck einer Expedition, wie die über deren Früchte wir der Akademie Bericht abstatten. Geographische Entdeckungsreisen eines Mungo-Park, Burkard, Caillaud und Clapperton haben einen anderen Charakter und sollen andere Ansprüche erfüllen. Durch sorgfältige Scheidung der heterogenen Zwecke, welche beide Arten von Reisen zu erfüllen haben, werden die Bericht-Erstatter in den Gesichtspunkt gestellt, aus dem sie hoffen dürfen, ein gerechtes Urtheil über das Geleistete zu fällen. Eindringen in das Innere eines noch uneröffneten Continents, Erforschung neuer Flußverbindungen oder trennender Wasserscheiden, Auffinden Volk- und Gewerbe-reicher Städte, als unerwarteter Zeugen der geheimen Fortschritte menschlicher Bildung, verheißen mit Recht dem Entdecker einen Ruhm, welcher kaum einem anderen nachsteht, der dem Muthe gebührt. Geographische Expeditionen, freilich nicht solche, welche langsam und fast unbemerkt durch astronomische Ortsbestimmungen die Länderkunde erweitern und das schon bekannte berichtigen, sondern die, welche alte, die Erwartung spannende Probleme plötzlich lösen, erregen fast allein ein großes, sich schnell verbreitendes Interesse; ja die Volkssprache schränkt das Wort „Entdeckungen“ auf die Resultate rein geographischer Unternehmungen ein. Diese einseitige Ansicht des Ergründeten geziemt denen nicht, welchen es obliegt, in der lebendigen Anerkennung des gegenseitigen Einwirkens menschlicher Kenntnisse, Natur- und Länderkunde in allen ihren Theilen unter einen Gesichtspunkt zu fassen. Tieferes Eindringen in das innere Leben der Pflanzen und Thiere, Auffinden organischer Formen, welche entfernte, sonst isolirt scheinende Gruppen als Mittelglieder verbinden, erweiterte Einsicht in den Zusammenhang meteorologischer Erscheinungen oder in das Spiel der ewig regsamen, magnetisch-electrischen Naturkräfte ehren gewiß nicht minder den menschlichen Geist in seinen mühevollen Bestrebungen, als geographische Entdeckungen, als die Bestimmung räumlicher Verhältnisse, mit denen sich die beschreibende Erdkunde beschäftigt. So wenig man in gerechter Würdigung des Erforschten den kühn und schnell voreilenden Mungo-Park tadeln kann, wenn seine erste Reise nicht botanische oder zoologische Resultate gewährte, so wenig ist von einer eigentlichen naturhistorischen Expedition zu fordern, daß sie durch geographische Entdeckungen glänze. Jede Klasse von Reisen hat einen eigenthümlichen Charakter und Lob gebührt den Reisenden, wenn sie das Ziel erreichen, das ihnen vorgesetzt war. Wir haben geglaubt, diese allgemeinen Betrachtungen dem Berichte über Ehrenberg’s und Hemprich’s Reisen voran schicken zu müssen, um auf das hinzudeuten, was ein so wichtiges, von der Königlichen Akademie der Wissenschaften veranlaßtes Unternehmen von anderen afrikanischen Reisen unterscheidet. Die Mannigfaltigkeit der Gegenstände, welche von den obengenannten Naturforschern behandelt worden sind, machte es nöthig, in besonderen Abschnitten von dem Gewinn zu reden, den Botanik, Zoologie, vergleichende Anatomie und Geognosie aus ihren Bemühungen gezogen haben. Welcher ausdauernde Fleiß und welche Kraftäußerungen nöthig waren, um solche Resultate zu liefern, ergiebt sich aus der historischen Schilderung der Reise selbst und aus Betrachtung der vielfältigen Hindernisse, mit denen die Reisenden fast ununterbrochen und leider! oft unterliegend gekämpft haben. Historische Uebersicht der Reise. Als im Jahre 1820 der Herr General Menu von Minutoli sich entschlossen hatte, eine Reise in den Orient, deren Hauptzweck antiquarische Untersuchungen waren, zu unternehmen, trug er bei der Akademie darauf an, daß ihm einige junge wissenschaftliche Männer auf Kosten des Staats beigesellt würden. Das Königliche Ministerium erlaubte dem Professor der Architectur Herrn Liman sich der Unternehmung anzuschließen, und die Akademie der Wissenschaften bewilligte den Doctoren der Medicin Herren Ehrenberg und Hemprich, zwei Naturforschern, die sich schon durch eigene Arbeiten ausgezeichnet hatten, die Geldmittel, welche zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes für die ersten Jahre hinlänglich schienen. In Rom vermehrte sich durch die Liberalität Sr. K. H. des Prinzen Heinrich von Preussen die Gesellschaft der Reisenden durch den Orientalisten und Doctor der Philosophie, Herrn Scholtz. Der Plan des Generals Freiherrn von Minutoli war, Ägypten mit seinen Oasen, die Cyrenaika, Dongola, die Halbinsel des Sinai, Palästina, Syrien und einen Theil von Kleinasien zu bereisen, und über Griechenland nach Deutschland zurückzukehren. Die Naturforscher erhielten von der Akademie der Wissenschaften eine kurze schriftliche Instruction, wie auch einzelne Fragen über Gegenstände, die in jenen fernen Ländern vorzüglich zu berücksichtigen wären. In dem Anfange des Monats August traf die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Professors Liman in Triest zusammen, und wurde auf zwei Schiffe vertheilt, die im September in den Hafen von Alexandrien einliefen. Erkundigungen über die Möglichkeit einer Reise nach der Cyrenaika wurden von denen, die der Gegend kundig waren, so beantwortet, daß das Unternehmen ohne störende Gefahr möglich schien. Herr Drovetti, der als französischer Konsul viele Jahre in Ägypten gelebt, und der selbst die Oase von Siwa besucht hatte, leitete mit zuvorkommender Gefälligkeit die Ausrüstung der Caravane, welche aus sechs und funfzig Kameelen und fünf und zwanzig bewaffneten Beduinen bestand, worunter ein Araberfürst und seine Verwandten. Ein großherrlicher Firman und spezielle Empfehlungsbriefe des Pascha von Ägypten an Halil Bey von Derna, welche der General von Minutoli sich verschafft hatte, ließen die Entfernung aller politischen Hindernisse erwarten. Der Professor Liman war nach Abreise der Caravane in Alexandrien angekommen, und erreichte sie erst bei Abusir. Übergroße Eile hatten ihn die Sorge für zweckmäßige Kleidung versäumen lassen, und ohnerachtet seine Reisebegleiter alles aufboten, um diesem Mangel abzuhelfen, so hat derselbe doch wahrscheinlich viel zu der traurigen Zerrüttung seiner Gesundheit beigetragen. Die Bösartigkeit der freien Beduinen erregte täglich ernsthaften Zwist in der Caravane. Sie gehörten zu verschiedenen Stämmen, und als man schon weit in der lybischen Wüste vorgedrungen war, erklärte der Beduinenfürst Hadji Endaui selbst, daß er über diese verschiedenen Stämme keine Gewalt ausüben könne. Seine Ungeduld war eben so groß, als die der Reisenden. Unter diesen ungünstigen Umständen, welche Nachtwachen auszustellen nöthig machten, gelangte die Caravane bis an einen Punkt, der nur eine Tagereise von der Grenze des Tripolitanischen Gebiets entfernt ist. Der Beduinenfürst erklärte, daß er ohne die ausdrückliche Erlaubniß von Halil Bey in Derna die Grenzen nicht überschreiten könne. Boten wurden deshalb mit den Empfehlungsschreiben vorausgesandt. Da die Uneinigkeit unter den Beduinen täglich zunahm, so wurde die Caravane dergestalt getheilt, daß der General von Minutoli mit dem Beduinenfürsten und dem Hauptdollmetscher über das Ammonium nach Kahira zurückkehrte, der andere Theil der Caravane aber, zu dem die Naturforscher und Künstler gehörten, sich entschloß, die Rückkehr der ausgesandten Boten abzuwarten. Diese Trennung der Reisenden geschah bei Bir el Kor. Siebzehn Tage harrte man vergebens in der Wüste. Die Boten erschienen nicht und Reisende, auf die man stieß, erzählten, daß Halil Bey von Derna über die Ankunft einer Caravane, in der sich ein General befand, sehr bestürzt wäre. Bei längerer Zögerung würde der Zeitraum, für welchen die Kameele gemiethet waren, abgelaufen sein. Man beschloß daher, sich nach der Oase von Siwa zu begeben, wo man vor den eigenen Beduinen Schutz erwartete. Ein ansehnliches Geschenk wurde einem Führer, der in einem Beduinenlager zurückblieb, verheißen, wenn er eine günstige Antwort des Bey von Derna nach Siwa bringen könnte. In allen diesen Hoffnungen sah man sich abermals getäuscht. Die Caravane zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste. In Siwa erklärten die Häupter, welche in der Oase die Obergewalt ausübten, die Reisenden für Spione und droheten, auf sie schießen zu lassen, wenn sie die Grenzen eines ihnen angewiesenen Raumes übertreten würden. Auf der Rückreise nach Alexandrien erkrankten, als Folge der eingetretenen kühlen Witterung und der ermüdenden Märsche, Professor Liman und Wilhelm Söllner, der Gehülfe der Naturforscher. Beide gelangten zwar noch bis Alexandrien, erlagen aber dort im Anfange des Monat December, als Opfer ihrer mühseligen Anstrengungen. Der Orientalist Herr Scholtz trennte sich in Kahira von den Naturforschern und nahm seinen Weg nach Palästina. Ehrenberg und Hemprich verfolgten von nun an allein den ihnen vorgeschriebenen Reiseplan. Eine im Monat März unternommene Excursion nach der Provinz Fajum wurde durch ein dreimonatliches Nervenfieber des Doctor Ehrenberg, unter einem Zelte am Fuß der großen Pyramide von Sakhara unterbrochen. Nur die sorgfältigste Pflege seines Freundes konnte ihn retten. Erst am Ende des Julius 1821 war es möglich, die Reise durch Fajum fortzusetzen. Sie wurde für die Entomologie von größerer Ausbeute, als irgend eine andere. Durch Erkältung im See Moeris bei einer Wasserjagd starb der Gehülfe Franz Kreysel, ein Schlesier aus Auras, der Söllners Stelle vertreten sollte, an der Ruhr. Die Geldsummen, welche die Akademie der Wissenschaften aus ihren eigenen Mitteln gewährt hatte, waren nun erschöpft, und die Reise hätte schon ihr Ende erreicht, wenn nicht die Wünsche der Akademie durch den Königl. Staatsminister Freiherrn von Altenstein auf das Thätigste begünstigt worden wären. Die Reisenden entschlossen sich, in der gerechten Hoffnung, neue Formen von Naturkörpern in den südlichen Ländern zu entdecken, der siegreichen Armee Mehemed Ali’s zu folgen. Sie zogen nun von August 1821 bis Februar 1823 durch Nubien nach Dongola. Alle Erwartungen, welche diese von Naturforschern nie betretenen Länder erregen konnten, wurden auf das glücklichste erfüllt. Ehrenberg und Hemprich gelangten durch Nubien bis in die Wüste bei Embukol und Corti, welche Sennaar, Cordofan und Dongola trennt. Verminderung der Geldmittel und der Wunsch, die schon gesammelten Naturalien in Sicherheit zu bringen, bewogen die Reisenden, sich hier zu trennen. Doctor Hemprich führte die Sammlungen nach Alexandrien, wo er, statt des gehofften Geldes, Befehl zur Rückkehr fand. Doctor Ehrenberg, der in Dongola geblieben war, verließ dies Land, welches durch eine Revolution und die Ermordung von Ismael Pascha in große Verwirrung gerathen war. Seine Gesundheit hatten tropische Wechselfieber geschwächt. Auf dieser Reise ertrank der Italiäner Vincenzo im Nil und der Dollmetscher Ibrahim starb an der Pest. Ehrenberg und Hemprich waren nun gezwungen, in Ägypten ihre Kameele und Effecten zu verkaufen. Indem sie sich schon zu der befohlenen Rückreise rüsteten, kam die freudige Nachricht, daß die Regierung ihnen neue beträchtliche Vorschüsse zur Fortsetzung ihrer Unternehmung bewilligen werde. Um die Zeit nützlich anzuwenden, welche bis zum Empfang derselben verlaufen könnte, beschlossen sie den Meerbusen von Suez, das Sinai-Gebirge und die Inseln längs der Küste von Akaba bis Moile zu besuchen. Diese Ausflucht dauerte über neun Monate, vom Mai 1823 bis März 1824. Hemprich kehrte zuerst mit den auf der Halbinsel gemachten Sammlungen nach Alexandrien zurück, fand aber nur die Hälfte der Summe welche er erwartete. Ehrenberg blieb fünf Monate lang in Tor und leider in so großer Verlegenheit, daß er an den ersten Lebensbedürfnissen Mangel litt. Der früher entworfene Plan, nach welchem beide Reisende sich in Tor nach Habessinien einschiffen sollten, mußte nun aufgegeben werden, und erst bei Ehrenberg’s Rückkehr nach Alexandrien klärte sich das Dunkel auf, das über der Ankunft der neuen, vom Staate bewilligten Gelder schwebte. Es lief die traurige Nachricht ein, daß der preußische Consul in Triest, bei welchem die Summen niedergelegt waren, fallirt und sich entleibt hätte. Nun blieb den Naturforschern nichts übrig, als neue Befehle und Vorschüsse abzuwarten. Die Pest wüthete in Ägypten, und es schien ersprießlicher, statt abgeschieden in Unthätigkeit zu leben, in der günstigsten Jahreszeit den zur See nur zwölf Tagereisen entfernten Libanon zu besuchen. Ein Aufenthalt von drei Monaten war hinlänglich, um den Schneebedeckten Rücken dieses Gebirges zweimal zu übersteigen, einmal über Sanin durch Cölesyrien nach den Ruinen von Balbeck und das zweite mal von Balbeck über Bischerra und den libanotischen Cedernwald nach der Küste von Tripolis. Im Anfang des Monats August 1824 erreichten die Reisenden wieder Damiatte und Alexandrien, doch erlitt die Gesellschaft einen neuen Verlust. Auf der Rückkehr aus Syrien starb ein Europäischer Gehülfe am Wechselfieber. Glücklicherweise waren indeß in Ägypten die neuen Geldmittel und neue Befehle zur Fortsetzung der Reise angekommen. Mit wiederbelebtem Muthe beschlossen Ehrenberg und Hemprich sogleich die längst gewünschte Reise nach Habessinien anzutreten. Das rothe Meer versprach ihnen einen großen Reichthum von Corallenthieren, Anneliden und Mollusken: die fragmentarischen Bemerkungen, welche aus Forskal’s Papieren gerettet worden sind, machten neue Untersuchungen über die Ichthyologie jener warmen Gewässer wünschenswerth. Am 27. November 1824 konnte die Reise nach Habessinien angetreten werden. Sie ging zuerst zur See von Suez nach Djedda, wo eine Excursion gegen Mecca gemacht wurde, um die berühmte Balsampflanze zu bestimmen. Weiter gegen Süden in Gumfude, im wüsten Arabien, zeigte sich ein türkischer Gouverneur dankbar für die ärztliche Hülfe, die er von den Reisenden empfing. Er gab ihnen ein militärisches Geleite, mit dem sie das nahe gelegene Gebirge Derban sicher untersuchen konnten. Bei Fortsetzung der Seefahrt waren wichtige Gegenstände der Beobachtung: die vulkanische Felseninsel Ketumbul und eine andere, in der Gazellen umherstreifen, und die von den Einwohnern Farsan genannt wird. Letztere fehlt in der Karte, die Lord Valenzia’s Reise begleitet. Von Gisan aus, einem Grenzorte zwischen dem glücklichen und wüsten Arabien, zogen die Naturforscher nach Loheia, in dessen Nähe der unglückliche Forskal sich rühmt, den größten Schatz arabischer Pflanzen gesammelt zu haben. Südlicher wurden Kameran, Hauakel und Dalac besucht, und erst am 24. April 1825 wurde der Hafen Massaua erreicht. Hier erhebt sich gegen Süd-Westen das Habessinische Hochland, welches das eigentliche Ziel der Reise sein sollte. Hemprich machte eine Excursion nach dem Gedamgebirge. Ehrenberg gelangte im Tarantagebirge bis an die heißen Quellen von Eilet. An dem Abhange des Hochlandes von Habessinien wurden Naturprodukte gesammelt, die schon ihrem Standorte nach, zu den seltensten gehören, welche ein Europäisches Museum besitzen kann. Leider wurden so vielversprechende Aussichten bald durch neue Unglücksfälle getrübt. Eine epidemische Krankheit herrschte in Massaua. Sie kostete dem Gehülfen der Naturforscher, (Niemeyer, aus Braunschweig gebürtig) das Leben; alle übrigen Reisenden, den Italiäner Finzi ausgenommen, der als Maler besoldet war, erkrankten und schwebten lange in großer Gefahr. Doctor Hemprich von der beschwerlichen Bergreise ermüdet, unterlag am 30. Junius, nachdem er fünf Jahre lang Beweise eines ausgezeichneten Talents, einer rastlosen Thätigkeit und des persönlichen Muthes gegeben hatte, ohne den kein Unternehmen im Orient ausgeführt werden kann. Doctor Ehrenberg durch den Verlust seines Freundes tief niedergeschlagen, dachte nun auf seine Rückkehr und nach zehnmonatlicher Abwesenheit reiste er über Djedda, Cosir und Kahira nach Alexandrien, wo er sich am Anfang des Novembers 1825 nach Triest einschiffte. Dies ist die allgemeine Übersicht der Länderstriche, in denen die Beobachtungen gesammelt worden sind. In der nun folgenden Aufzählung dessen, was die Reisenden für Botanik und Geographie der Pflanzen, für Zoologie und vergleichende Anatomie, für Geognosie und Mineralogie, für Länder- und Völkerkunde geleistet haben, werden die Berichterstatter nie Ehrenberg’s und Hemprich’s Arbeiten von einander trennen, da beide Naturforscher, durch die engsten Bande der Freundschaft verbunden, vor der Reise und während derselben den Wunsch ausgesprochen haben, daß alles Beobachtete als ihnen gemeinsam angesehen werde. Resultate für Botanik. Für die Pflanzenkunde war außer dem nicht Unbeträchtlichen, was Delile geleistet hatte, in neuern Zeiten nichts in Ägypten geschehen, aber Delile drang nicht weit nach Süden vor, und die Streifereien nach Nubien hatten wohl Ausbeute für die Kunst, aber nicht für die Naturkunde geliefert. Wir erhalten aus jenen Gegenden viele und sehr wirksame, häufig gebrauchte Arzneiwaaren, deren Ursprung wir entweder gar nicht, oder doch nur mit großer Unsicherheit kennen, und deren Ächtheit und Güte wir also nicht hinlänglich zu beurtheilen vermögen. Die meisten Pflanzenkenner außerhalb Europa achteten die Anfänge der Vegetation nicht, welche wir mit dem Namen der Pilze und Algen bezeichnen, so wichtig sie auch für die Geschichte der Natur sind. Herr Ehrenberg hatte sich schon vor der Reise als ein so scharfsichtiger Kenner dieser verborgenen Vegetation gezeigt, daß sich in dieser Rücksicht viel von ihm erwarten ließ. Arabien war seit Forskal, welcher die Reise mit Niebuhr machte, von keinem Pflanzenkenner betreten worden, aber Forskal starb auf der Reise, und was von seiner Sammlung gerettet wurde, ist in einem solchen Zustande, daß es mehr zu Mißverständnissen Veranlassung gegeben, als solche aufgeklärt hat. Der unglückliche Tod des Herrn Hemprich verhinderte das Eindringen nach Habessinien, aber auch ein geringer Beitrag zur Kenntniß dieses Landes ist von Wichtigkeit, da Bruce und Salt sehr wenig für die Pflanzenkunde dieses Landes geleistet haben. Ungeachtet die Pflanzen des Libanon von La Billardiere mit großem Fleiß untersucht wurden, so hat doch dieses Gebirge einen so üppigen Pflanzenwuchs, daß sich dort eine große Nachlese erwarten ließ. Allen Erwartungen haben die Reisenden durch ihre Bemühungen in einem hohen Grade entsprochen. Die Zahl der gesammelten Pflanzenarten beträgt 2875, nehmlich in Ägypten und Dongola wurden gesammelt 1035, in Arabien und Habessinien 700, auf dem Libanon 1140; ein merkwürdiges Übergewicht für den Libanon, zu dessen Untersuchung die Reisenden nur zwei Monate, folglich nur eine Jahrszeit verwenden konnten. Eine große Menge dieser Arten ist in vielen Exemplaren vorhanden, so daß sich die Zahl derselben auf 46750 beläuft. Von 699 Arten sind die Samen gesammelt, und dem Königl. Botanischen Garten geschickt worden; über 300 Arten haben dort geblühet, mitunter viele noch nicht beschriebene und ausgezeichnete Arten. Die Zahl der noch nicht beschriebenen Arten kann man überhaupt auf 600 rechnen. Holzproben sind 44 und Arzneiwaaren aus dem Pflanzenreiche 40 mitgebracht. Es ist sehr zu bedauern, daß 48 Stämmchen lebender Bäume bis auf eine Weidenart (Salix subserrata) abgestorben ankamen. Die Pflanzenuntersuchungen nach dem Leben auf der Stelle entworfen, betreffen mehr als 1000 Arten. Blüthen und Früchte sind in Menge zergliedert und sogleich gezeichnet, Saftpflanzen vollständig abgebildet. Das große Talent des Herrn Ehrenberg im Zeichnen ist ihm gar sehr zu Statten gekommen, mit vielem Geschick hat er den Baumschlag fremder Bäume aufzufassen gewußt. Die meisten von Forskal beschriebenen Arten sind wieder gefunden worden. Myrrhe haben die Reisenden von Amyris Kataf selbst gesammelt, die verschiedenen Bäume, von welchen das arabische Gummi und die Sennesblätter kommen, genau bestimmt, auch über die Gewinnung der Aloë Aufschlüsse gegeben. Die Manna am Sinai kommt von einer vorher noch unbekannten Tamarisken-Art. Drei neue Brodtpflanzen wurden beobachtet, Zygophyllum album, Panicum turgidum und Cucumis farinosa. Die Farbe des rothen Meeres hat schon seit langer Zeit zu vielen Untersuchungen Veranlassung gegeben, Herr Ehrenberg sah zuerst, daß sie von einer kleinen Oscillatoria herrühre, einem von jenen kleinen Gewächsen, welche zwischen dem Thierreiche und Pflanzenreiche in der Mitte stehen. Wir wissen nun durch Herrn Ehrenberg, daß die Schimmelarten, kleine Pflanzen, welche sich auf verdorbenen Sachen erzeugen, unter verschiedenen Himmelsstrichen völlig dieselben sind, überhaupt, daß die niedern Vegetationen unter allen Klimaten dieselben bleiben. Die Anfänge der Vegetation auf den flachen Inseln im rothen Meere sind genau beobachtet worden. Überall sind die Reisenden auf die Verbreitung der Pflanzen, sowohl der gebaueten als wilden sehr aufmerksam gewesen, und die Pflanzengeographie erwartet daher eine große Erweiterung. Resultate für Zoologie. Was im Fache der Zoologie von den Reisenden geleistet worden, steht nicht nur mit ihren übrigen Arbeiten in gleicher Höhe, sondern ist in Reichthum, Mannigfaltigkeit und sorgsamer Behandlung des Gesammelten, so wie in Gründlichkeit der darüber angestellten und niedergeschriebenen Beobachtungen und Erfahrungen von so großer Bedeutung, daß man sich schon für befriedigt erklären könnte, wenn dies auch der einzige Gewinn von ihrer Unternehmung gewesen wäre. Denn derselbe ist von einem Umfang, bei welchem es fast unbegreiflich wird, wie sie noch für die übrigen Zweige der Naturgeschichte so Vieles zu leisten im Stande waren. Die Wahrheit dieser Behauptung wird sich aus den folgenden Angaben näher und unwiderleglich ergeben. An Säugethieren sandten sie in Allem nicht weniger als 590 Individuen, die zu 135 unterschiedenen Arten gehörten. Die wenigsten derselben waren bisher überhaupt oder in genauen Beschreibungen bekannt. Überall lieferten die Exemplare oder die darüber angestellten Beobachtungen die wichtigsten Aufschlüsse über Angaben alter Schriftsteller, über Zweifel der Neueren, über die Bedeutung alterthümlicher bildlicher Darstellungen. Die Menge und Auswahl der Exemplare gab zugleich Rechenschaft über Veränderungen nach Geschlecht, Alter und Jahrszeit, gleichzeitige anatomische Untersuchung vollendete das Bild, das man sich von ihrem Wesen zu entwerfen habe und ließ späteren Forschungen kaum etwas zu thun übrig. Die wenigen bekannteren Formen waren belangreich für die Kenntniß ihrer geographischen Verbreitung und für die Betrachtung etwaniger Umgestaltung einzelner Gebilde als Folge der so sehr unterschiedenen klimatischen Einflüsse, unter welchen sie angetroffen wurden. Alles Erhebliche zu nennen verbietet die Beschränkung, die diesem Bericht gegeben werden muß. Nur Einzelnes sei Beispielsweise genannt. In der Ordnung der Nager lernten wir durch diese Unternehmung nicht nur den lybischen Hasen zuerst genauer kennen, sondern zwei merkwürdige Abänderungen seiner Form, vielleicht eigene Arten, wurden die eine in Nubien, die andere am Sinai entdeckt. Die sonderbare Familie der Springmäuse sowohl in der Form der dreizehigen (Dipus) als der fünfzehigen (Meriones) erlangte durch die Entdeckung vieler neuen Arten einen Reichthum, der vorher nicht geahnet werden konnte. Seltsam klingende Angaben von Bruce, Meyer, selbst von Pallas wurden durch sie zur Klarheit gebracht oder auf das Befriedigendste berichtigt. Überraschend war überhaupt die Mannigfaltigkeit und Eigenthümlichkeit der Bildung so vieler kleiner unterirdisch lebender mäuseartiger Nagethiere, die das Nilthal, Arabien und Syrien hervorbringen, und wichtig die Vergleichung aller dieser mit den von Pallas so trefflich beschriebenen asiatischen Nagern, von welchen ein glückliches Zusammentreffen uns eben in dieser Zeit so viele durch die Herren Eversmann und Gebler aus Siberien zuführte. Interessante neue Arten von Eichhörnchen lieferten der Libanon und der östliche Abhang der habessinischen Küste. Letztere auch den bis jetzt so häufig mißverstandenen arabischen Pavian S. Hamadryas, der die Höhen an beiden Küsten des rothen Meeres in seinem tropischen Theile bewohnt. Der berühmte rothe Affe S. Patas ward aus Sennaar mitgebracht in einem lebenden Exemplar von einer Größe und Kraft, die die ganze Ansicht über diese Art und ihre systematische Stellung verändert. Unter den Raubthiergattungen wurden besonders die der Hunde, Katzen, Zibetthiere, Ichneumonen, Stinkthiere, Wiesel und Spitzmäuse theils mit neuen Arten bereichert, theils durch die Vollständigkeit vorliegender Thatsachen und die Gültigkeit der übersandten Beweisstücke aufgeklärt. Der berühmte Cerdo der Alten, Bruce’s langöhriger Fennek kam durch unsre Reisenden zuerst nach Europa und stellte sich nebst zwei nahe verwandten Arten, dem Canis riparius und pygmaeus als die Zwergform der Füchse dar, die von dieser großen Sippschaft generisch nicht zu sondern sein wird. Die Fragen nach dem Unterschiede des ächten Schakals von den andern Hundearten des Orients, so wie nach der Ausartung, die unser Fuchs in heißen und trockenen Ländern erleidet, werden sich in unseren ferneren Berichten ziemlich genügend beantworten lassen. Eben so sind die wilden Katzen jener Gegenden, die unter dem Namen F. lybica, F. ocreata, F. manul u. s. w. in den systematischen Handbüchern stehen, fast nur als Ausartungen der gemeinen wilden Katze anzusehn und die stetigen Reihen, die unsere Exemplare hier bilden, nehmen in dieser Beziehung ohne Zweifel die Aufmerksamkeit der neueren zoologischen Methode gar sehr in Anspruch. Unter den übrigen Raubthieren sei hier nur noch ein kleines Wiesel genannt, unserm Hermelin im Sommerkleide nicht unähnlich, aber schon mit deutlichen Schwimmhäuten und die ohnehin schon so nahe Verwandtschaft zwischen Mustelen und Ottern noch näher knüpfend. Auch eine Bärenart lieferte die Reise, die am Libanon gefunden wurde, deren geringe Größe und lichte Haarfarbe, bis zur nähern Untersuchung des Schädels, es sehr bedenklich macht, sie für bloße Ausartung des europäischen Landbären zu halten. Am Sinai und allen mittleren Gebirgshöhen Nubiens und Arabiens lebt die mit dem capischen Klippdachs generisch verwandte Art von Hyrax (H. syriacus). Ihre Unterschiede von diesen waren zur Zeit nicht bekannt, man zweifelte ob dergleichen sich finden ließen. Wir bemerkten aber auffallende Verschiedenheit in den Verhältnissen der Tarsenlänge zur Leibeslänge und dürfen nun nicht zweifeln, daß Schreber und Shaw richtig auf sie gemuthmaßt. Vor allem aber sind die Entdeckungen glänzend in der Ordnung der Wiederkäuer, wo sie zur Erklärung der Angaben der Alten reichen Stoff bieten. Der Akademie liegt ein ausführlicher Bericht über das, was die Untersuchung der nubischen Antilopen ergeben hat, bereits vor. Noch eine neue Art wurde später in Arabien entdeckt, die wahrscheinlich bis jetzt immer mit der Dorcas verwechselt worden ist. Sie fand sich auch auf der bisher unbekannten Insel Farsan. Nächstdem ist die bisher nur aus einem Fragment im brittischen Museum bekannte Modoqua-Antilope (A. Saltiana Blainville, leicht die zierlichste von allen) in vielen Exemplaren aus allen Lebenszuständen gesammelt worden und ihre wahre Diagnose jetzt erst gegeben. — Auch den Tragelaphus des Plinius fanden unsre Reisenden in Nubien wieder und in Ägypten erhielten sie Ziegen, die in Gestalt der ägyptischen plattnasigen gleichen, aber an Reichthum und Feinheit des Wollhaars den Kirgisischen, namentlich denen, die von Herrn Ternaus Heerde aus St. Ouen hieher gebracht wurden, wenig nachgeben. Ein von ihnen mitgebrachter Apis-Schädel samt Gehörn aus den Pyramiden von Sakhara giebt völlige Sicherheit über die Art und Form des alten heiligen Stiers. Eine große Menge von Fledermäusen wurden in den Pyramiden und Krypten des Nilthals gefunden, alle nemlich, die in dem großen französischen Werk Herr Geoffroi aufzählt, und mehrere neue, unter andern eine mit auffallend großen Abdominal-Zitzen, die man bis jetzt überhaupt an Fledermäusen nicht fand. Die Sirene des rothen Meers ist den angestellten Erkundigungen zufolge eine Art der Gattung Halicore, von den Arabern Naga und Lothum genannt, und ein von den Reisenden selbst auf einer wüsten Insel aufgefundener und mitgebrachter Schädel giebt darüber völlige Gewißheit. Nur ist dieser wegen etwaniger Identität mit der bekannten indischen Art noch näher zu vergleichen. Ferner enthalten die übersandten und jetzt noch in Doctor Ehrenberg’s Händen befindlichen Manuscripte des Doctor Hemprich ungemein reiche Materialien für Zoologie und vergleichende Anatomie in den höhern Thierklassen. Es ist nicht mit Stillschweigen zu übergehn, daß sich darin auch höchst interressante Beiträge zur Naturgeschichte der africanischen Hausthiere finden. Eine Nilpferdhaut samt Skelet und eine Giraffenhaut erhielt Doctor Hemprich zum Geschenk von Abdim Bey, dem Gouverneur von Dongola. Von Vögeln ist die Zahl aller gesammelten und theils in abgebalgten Häuten, theils in Weingeist, theils skeletirt übersandten Individuen 4671, und diese sind begriffen unter 429 Arten. Schon die ersten Sendungen enthielten alles, was die vortrefflichen nur leider nicht zahlreichen ornithologischen Blätter der Description de l’Egypte darstellen, und was die folgenden brachten, steigerte in immer gleichem Maaß die Bewunderung des unerschöpflichen Reichthums jener Gegenden, wie des unermüdlichen Fleißes unserer Sammler. Indessen das Nilthal noch viele europäische Vögel lieferte, deren jeder aber für die eben jetzt so rasch vorschreitende Ausbildung der heimischen Ornithologie von großem Werth war, wurden die Besuche in Dongola, Arabien, Syrien, endlich in Habessinien Ursach eines immer größeren Reichthums der Sammlung an tropischen Vögelformen. Die Steppen lieferten Trappen, Ganga’s, Lerchen, Steinschmätzer von nie gesehenen Arten, ja durchaus neue Bildungsstufen innerhalb dieser Gattungen; die feuchten Ufer eine Schaar von Sängern, Drosseln, Bienenfressern, Honigsaugern, Eisvögeln; der Meeresstrand Regenpfeifer, Wasserläufer, Löffelreiher, Möwen und Seeschwalben; fast in allen diesen Gattungen mehr Neues und Seltsames, als Bekanntes und Gewöhnliches. Einige derselben namentlich Alauda, Saxicola, Charadrius, Larus und Sterna bedürfen nunmehr einer gänzlichen Revision, ja einer neuen Feststellung ihrer einfachsten Merkmale; andre wie Nectarinia, Merops, Lanius, Hirundo, sind so ausnehmend bereichert, daß eine monographische Behandlung derselben für jetzt nur hier möglich sein wird. Als ausgezeichnete Einzelnheiten verdienen nicht bloß die ungemein schönen Exemplare des Straußes aus Cordofan, sondern der prachtvolle Purpurstorch (C. Abdimii), der langgeschopfte Ibis (I. comata), der große ägyptische Mönchsgeier, der weißköpfige Edelfalk (wahrscheinlich das Urbild des in Verbindung mit dem Sonnengott Phre so oft vorgestellten heiligen Falken), die grau- und schwarzköpfigen Möwen und die vor zwanzig Jahren nur nach einem einzigen Exemplar aus unbekanntem Fundort von Paykull beschriebne, dann aber nie wieder gefundne Dromas Ardeola genannt zu werden. Nur die Gattungen Anas, Totanus und Tringa, so reich sie an Arten im Orient gefunden werden, liefern nichts als das Europäische. In den übrigen überwiegt das Fremdartige bei Weitem, selbst in Gattungen, wo man in Betracht der Nähe viel Europäisches erwarten sollte, wie Falco, Strix, Columba, Turdus, Fringilla, Emberiza, Charadrius u. s. w. Höchst auffallend ist die völlige Identität einiger Wasservögel des rothen Meeres mit denen der brasilischen Küste. Beispiele sind Sterna cayennensis, Larus macrorynchos, Dysporus Sula und andre, die bis jetzt nur an diesen beiden Standorten gefunden wurden. Die Zahl der Amphibien beträgt 437 Stück, von denen 27 in Bälgen, 6 als Skelet und 404 in Weingeist angekommen. Die Zahl der Arten beläuft sich auf 120. Doctor Hemprich hatte vor seiner Abreise eine allgemeine systematische Arbeit dieser Klasse vollendet, welche er Herrn Fitzinger in Wien zu gemeinschaftlicher Herausgabe überließ und war deshalb wohl im Stande, unterwegs die Formen genau zu unterscheiden. Eine große Zahl derselben ist von Doctor Ehrenberg sogleich nach dem Leben gemalt worden, und da die ähnlichen Thiere bisher fast allein nach Weingeist-Exemplaren beschrieben und abgebildet wurden, so legten sie auf diesen Theil ihrer Beschäftigung einigen Werth. Von Fischen wurden 2414 Stück gesammelt, davon Bälge 174, in Weingeist 2156, Skelete 84. Die Gesammtzahl der Arten beträgt 426, wovon 310 dem rothen Meere angehören, welche mit wenig Ausnahmen alle Arten des Forskalschen Verzeichnisses umfassen, dessen Zahl sie um mehr als das Doppelte übersteigen. Doctor Ehrenberg und im letzten Jahre ein besonders und allein dazu von ihm angelernter Maler, der Italiäner Finzi, haben fast alle Formen ausgemessen und in Umrissen festgehalten und 110 Arten sind nach dem Leben colorirt. Der fliegende Fisch des rothen Meeres, vielleicht das geflügelte Thier ולש Salwa aus der Geschichte der Israeliten am Sinai, wenn man überhaupt es nicht durch Heuschrecken erklären will, bisher nur als eine Erscheinung im hohen Meere durch Forskal bekannt, ist von ihnen oft gesehen und einmal durch besonders günstigen Zufall unweit Rhalim (Elim), gerade da, von wo die Israeliten nicht fern waren, am Strande todt aber unbeschädigt gefunden worden. Bei starkem Sturme fliegt er manchmal schaarenweis auf die Schiffe. Mit Angeln und dort üblichen Netzen ist er ihren Erfahrungen nach nicht zu fangen, weil er nie an die Küste geht und keine Lockspeise nimmt. Sie haben ihn vorläufig als Trigla (?) Israelitarum bezeichnet. Süßwasserfische haben sie (außer denen des Nils, worunter mehrere neue, besonders ein großer, dem Sudis vom Senegal verwandter dongolanischer Panzerfisch, der eine neue Gattung bildet und von ihnen Heterotis nilotica genannt wird), aus dem Hundsflusse (Nahhr el kelb) und dem Abrahamsflusse (Nahhr Ibrahim) in Syrien, aus dem Abflusse des warmen Quells Rhalim bei Tor am Sinai, aus den bisher noch unbekannten Flüssen Wadi Kanune und Wadi Djara im wüsten Arabien und aus dem Abfluß des Sonnenquells in der Ammons-Oase durch den Magen eines dort geschossenen Reihers. Von Mollusken sammelten sie 3508, nehmlich 2657 Conchylienschaalen, Thiere in Weingeist 851. Arten zählen sie 310. So wenig, leicht begreiflicherweise, unter der großen Zahl von Conchylien Neues ist im Verhältniß zu andern Abtheilungen, um so mehr Neues und Schönes lieferten die Abtheilungen der nakten Mollusken und Ascidien. Eine Vergleichung der Bewohner des rothen Meeres mit denen des so nahe liegenden Mittelmeeres wird aus diesen Materialien ein ziemlich festes Resultat geben. Die letzte Aufzählung der Conchylien des rothen Meeres durch Herrn Professor Brocchi in der Bibliotheca italiana 1822 enthält nur 91 Arten. Fast alle Arten der nakten Mollusken sind von Doctor Ehrenberg nach dem Leben gemalt, oft mit vielen Details. Unter ihnen sind einige systematisch besonders wichtige Formen. Beschreibungen fehlen bei keiner Art. Von Anneliden sind 261 Gläschen gefüllt, sie enthalten 67 Arten, meist sehr auffallend abweichende Formen und Doctor Ehrenberg glaubt, daß diese mit unter die wichtigern Resultate der Reise gehören. Alle sind microscopisch untersucht, beschrieben und die Charaktere der neuen Gattungen abgebildet. Die Reisenden verdanken die Möglichkeit genauer Untersuchungen dieser Art, der zuvorkommenden Gefälligkeit des Herrn Savigny in Paris, welcher seine classische Arbeit über diesen Gegenstand ihnen zuzusenden die Güte hatte. Von Crustaceen sind 675 gesammelt, trocken 203, in Weingeist 472. Arten zählten sie 103. Eine Zahl der schönern Formen sind colorirt nach dem Leben festgehalten, zu allen Bemerkungen gemacht. Von Arachnoiden sammelten sie 275 aus 120 Arten, die Mehrzahl in Spiritus. Sämmtliche Arten sind sogleich von Doctor Ehrenberg gemalt worden und keine Art ist ohne detaillirte Beschreibung geblieben. Diese Abtheilung, bisher so wenig berücksichtigt, dürfte für die Naturgeschichte besonderes Interesse haben. Von Insekten sind, dem Verzeichnisse nach, über 20000 Exemplare eingesandt, viele aber leider unterwegs zu Grunde gegangen, doch scheinen wenige Arten verloren zu sein, deren Zahl sich auf 1500 bis 2000 beläuft. Es sind von den Reisenden nicht bloß die Käfer und Schmetterlinge, sondern vorzugsweise die Hymenopteren, Dipteren und bisher weniger berücksichtigten Abtheilungen im Auge gehalten worden. Von diesem Ertrage an Arten scheinen über zwei Drittheile neu zu sein. Jedem Kistchen war immer ein ganz detaillirtes Verzeichniß mit Bemerkungen über Vorkommen, Lebensart und Verwandlung, wo sie beobachtet, beigelegt. Viele Arten haben sie in ihrer ganzen Verwandlung beobachtet. Von einer Anzahl vergänglicher Arten sind colorirte Abbildungen gemacht worden. Erfreulich ist, daß es ihnen gelang in einem kleinen Coccus auf der Tamarix mannifera (einem der Tamarix gallica nahe verwandten Strauch des Sinai), den lange umsonst gesuchten Mannageber zu entdecken. Sie haben ihn deßhalb Coccus mannifer genannt, beschrieben, abgebildet und gesammelt. Heuschrecken-Wolken haben sie ebenfalls beobachtet und das Thier eingesandt. Von Epizoen haben sie 102 Gläschen gefüllt, die sie auf eben so viel Thierarten sammelten. Oft waren mehrere Species auf einem Thiere. Von Echinodermen sammelten sie 365 Arten, theils trocken, theils in Weingeist und besonders reichhaltig sind ihre Sammlungen an Formen der Gattung Holothuria, die Dr. Ehrenberg alle nach dem Leben gemalt hat. Von Entozoen füllten sie über 600 Gläschen aus 198 Thierarten. Oft fanden sich viele, selbst bis 7 und 9 verschiedene Species gleichzeitig. Fast alle sind nach dem Leben microscopisch untersucht und sehr viele, über 100, gezeichnet worden. Acalephen sammelten sie 88 aus 20 Arten, welche sämmtlich von Doctor Ehrenberg beschrieben und gemalt sind. Von Polypen und Corallenthieren sind 62 Arten in 376 Exemplaren gesammelt. Fast alle sind frisch zergliedert und beschrieben, viele in ihrem ausgedehnten Zustande sogleich gemalt worden. Sie halten diese Beobachtungen für besonders interessant. 138 sind in Weingeist, die übrigen trocken eingesandt. Beobachtungen über Infusorien sind außer in Ägypten und Dongola besonders in der Oase des Jupiter Ammon und am Sinai angestellt worden und die Zahl der beobachteten und aufgezeichneten Formen beträgt 50. Beobachtungen von Infusorien im frisch gefallenen Thau sind von ihnen wiederholt versucht worden, aber nie gelungen. Endlich haben die Reisenden durch sorgfältige Bemerkung der Localitäten und Verhältnisse einen Beitrag zur zoologischen Geographie beabsichtigt, der sich bis auf die niedrigsten Formen erstreckt, ohne einer oder der andern Abtheilung einen Vorzug einzuräumen. Resultate für Zootomie und Physiologie. Die Reisenden haben dieselbe, ja eine noch größere Sorgfalt auf die Untersuchung der einfacheren und kleineren, als auf die der größern Thiere gewandt, welches um so erwünschter war, als bei jenen eine genaue Untersuchung häufig nur im frischen Zustande möglich ist, und es wird daher durch sie nicht blos die Menge der Gattungen und Arten sehr vermehrt, sondern häufig der Bau sehr befriedigend dargelegt und es erregt eine große Freude, wenn man neben den Thieren die Menge der sehr gelungenen Abbildungen von Polypen, Entozoen, Strahlthieren, Mollusken u. s. w. durchgeht, und überall auf interessante Beobachtungen stößt: so wollen sie z.B. bei der Ascaris spiculigera ein Häuten wahrgenommen haben; bei einer Ascaris des Hyrax syriacus haben sie Blinddärme sowohl am Darm als am Samenstrang entdeckt u. s. w. Die Anatomie der Insecten im Linnéischen Sinn ist sehr bereichert, z. B. durch eine Reihe Beobachtungen über die Pupille des Insectenauges, mit colorirten Abbildungen; über die Bildung des Pigments in demselben während der Metamorphose; über diese selbst; unter andern, daß bei dem Auskriechen der Dipteren aus den Larvenhäuten eine aus dem Kopf willkührlich hervortretende Blase dessen Gestaltung wesentlich bedingt; bei einer Mantis haben sie die Bewegung der Säfte in den Flügeln deutlich wiederholt beobachtet; und eine Menge in Weingeist aufbewahrter Insecten und deren Larven gewährt noch viele Untersuchungen. Die übersandten Fische und deren Skelette, zum Theil von sehr auffallenden Gestalten, von zahlreichen Beobachtungen und anatomischen Abbildungen begleitet, bilden einen der reichsten Theile der Sammlung, so daß allein über die Lage der Eingeweide bei 102 Arten von Fischen Zeichnungen vorhanden sind, die noch zahlreicheren übrigen ungerechnet. Bei einem Fische (Heterotis nilotica) haben unsere Reisenden ein räthselhaftes, faustgroßes Organ an den Kiemen und dem Wasser zugänglich gefunden, das acht ein halb Schneckenwindungen und einen drei Linien dicken Nerven enthält, und das Doctor Ehrenberg als ein accessorisches Gehörorgan betrachtet. Einige schöne Exemplare des Zitterwelses, Malacopterurus (Silurus) electricus, haben eine vollständige Anatomie des electrischen Organs (in dem jetzt erscheinenden Bande der Schriften der Akademie) gestattet, da es sonst nur sehr obenhin beschrieben war. Unter den vielen Beobachtungen über die Amphibien zeichnen sich besonders die zahlreichen Untersuchungen über das Auge aus. Den Kamm haben sie, die Schildkröten ausgenommen, in allen von ihnen untersuchten Gattungen gefunden; hinter der Netzhaut des Krokodilauges eine dem Tapetum ähnliche lösbare Haut u. s. w. Von Vögeln hatten sie 173 Eier und mehrere Nester gesammelt. Viele Vögel sind anatomirt. Von 52 Arten sind die Zungen, von 15 Arten ist der Gaumen gezeichnet. Bei Ardea Virgo ist, wie sich erwarten ließ, der von Perrault dem Auge dieses Vogels abgesprochene Kamm gefunden. Bei dem eingesandten Skelett des Buceros melanoleucos ist eine sonst noch bei keinem Vogel beobachtete Beschaffenheit der Luftknochen gefunden; die Hals- und Steißwirbelbeine enthalten Luft, die übrigen nicht, auch nicht das Brustbein und die Schlüsselbeine; was aber vorzüglich merkwürdig ist, nicht bloß die Oberarmbeine und Oberschenkelknochen, sondern auch die des Vorderarms und der Hand, so wie die des Unterschenkels und Mittelfußes und der Zehen (das letzte Glied ausgenommen) sind Luftknochen, und mit eigenen Öffnungen versehen. Wie von Fischen, Amphibien und Vögeln, sind auch von vielen Säugthieren Fötus gesammelt. Von 24 Thieren ist die Krystallinse gezeichnet und gemessen, das Tapetum ist bei vielen Thieren genau untersucht und colorirt dargestellt. Die eingesandten Skelette und Schädel, unter jenen vom Nilpferde, vom Hyrax syriacus, mehreren Gazellen u. s. w., unter diesen von der Giraffe, vom Apis, vom Dugong aus dem rothen Meere u. s. w. sind sehr große Bereicherungen des anatomischen Museums. Am Schädel des Dugongs sind, was bisher von den Beobachtern übersehen worden, deutliche knöcherne Muscheln vorhanden, wodurch sich dieses Thier von den Wallfischen, wohin es Pallas und Cuvier sonst mit Recht gebracht haben, sehr unterscheidet. Noch Jahre lang werden die, natürlich nur erst noch völlig zu bearbeitenden und aufzustellenden Präparate die interessantesten Bereicherungen der Wissenschaft liefern, so daß erst späterhin der ganze Zuwachs beurtheilt werden kann. Resultate für Geognosie und Oryktognosie. In den großen Länderstrichen, die die Reisenden durchzogen haben, ist von ihnen überall das anstehende Gestein auf das sorgfältigste nach seinen Lagerungsverhältnissen beobachtet worden. Die gesammelten Gebirgsarten lassen sich in fünf Gruppen vertheilen, unter denen sich besonders auszeichnen: 1) die neuen Flöz- und Tertian-Formationen von Ägypten und der nahen Wüste, 2) das Ur- und Übergangs-Gebirge der Katarracten, die Onyx-Geschiebe von Assuan, der Granit-Gneis mit körnigem Kalk und hornblendigem Gestein von Nubien nebst Steinsalz aus Dongola; 3) die Porphyr- und Syenit-Formationen vom Sinai und der anliegenden Halb- Insel; 4) der Jurakalk des Libanon mit Fischversteinerungen 3000 Fuß über dem Meere, bei Djebbehl, mit Seemuscheln bei Sanin nahe an der Schneegrenze, und mit Braunkohle im Sandstein und Schieferthon bei Bischerra, so wie mit Basalt bei Haddet, etwa 6000 Fuß über dem Meere; 5) die Küstenländer des rothen Meeres mit der vulkanischen Insel Ketumbul und dem südöstlichen Abfall des Habessinischen Gebirges. In allen diesen Gegenden haben Herr Ehrenberg und Hemprich nur auffallende Ähnlichkeit geognostischer Verhältnisse besonders in der Association der Gebirgsmassen erkannt. Mehrere Skizzen mineralogischer Karten, welche die Berichterstatter untersucht haben, zeugen von der unbegrenzten Thätigkeit welche die Reisenden auch in diesem Theile der Arbeiten gezeigt haben. Resultate für Länder- und Völkerkunde. Bei dem Zweck der Reise, den wir in dem Eingange zu diesem Berichte ausgesprochen haben, sind Beobachtungen über Völker- und Länderkunde, so wie graphische Versuche dieser Art nur als Nebenarbeiten zu betrachten; doch wird die kurzgefaßte Erwähnung dessen, was auch in diesem Fache geschehen ist, lehren, daß die Reisenden, ohne Hülfe astronomischer Ortsbestimmungen, durch häufige Messung der Winkel, welche die wichtigsten Punkte mit dem magnetischen Meridian machen, durch Schätzen der Abstände und durch sorgfältig geführte Itinerarien doch viele wichtige topographische Materialien zusammengetragen haben. Am Eingange des Meerbusens von Akaba und bei Gisan hat Herr Ehrenberg die Umrisse mehrerer Inseln gezeichnet, welche in Valenzia’s Karten gänzlich fehlen. Die Insel Farsan von drei Tagereisen im Umfange mit drei Dörfern und mehreren Häfen für kleine Schiffe, ist als eine neue geographische Entdeckung zu betrachten. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen ferner die Reiserouten von Tor nach dem Sinai und Suez; über Bir Beda nach dem Schilfsumpfe ohnweit dem Berge; von Suez bis zur Insel Cameran längs der Ostküste des rothen Meeres, wo eine Menge Ankerplätze den Geographen unbekannt waren; von Gumfude in das Land der Wechabiten bis zum Berge Derban; von Massaua in Habessinien bis zu dem Taranta-Gebirge und den warmen Quellen bei Eilet; von den beiden Schneespitzen des Libanon durch Cölesyrien nach Balbek und von da nach der Küste von Tripolis; von Alexandrien nach Bir el Kor und von da nach der Oase von Siwa. In den nördlichen Küstenländern des rothen Meeres wurden geographische Beobachtungen gesammelt, welche für die ältesten und ehrwürdigsten Traditionen des Menschengeschlechts aufklärend sind. So sahen die Reisenden Bir Beda, wahrscheinlich das bisher noch unbestimmt gebliebene Bedea der heiligen Schrift und das Schilfmeer Jam suf. Das alte Midian, Moses Aufenthaltsort, wird noch durch die Lage von Magne, wo Häuser von Gärten umgeben liegen, bezeichnet. Bei Tor erkannten Ehrenberg und Hemprich in dem warmen Quell Rhalin die Station der Israeliten Elim. Brunnen sind in diesen Ländern bleibendere Denkmähler der Natur, als Wälder und Sandhügel. Außer diesen geographischen Notizen haben die Reisenden noch nach Europa gesandt: 1) ein Verzeichniß sämmtlicher Ortschaften der Maroniten im nördlichen Theile des Libanon in arabischer und lateinischer Orthographie, 616 an Zahl, geschrieben von einem Secretair des Emir Bschir, Prinzen des Libanon. 2) ein Namenverzeichniß sämmtlicher Ankerplätze, Inseln, Corallenriffe und Ortschaften an der Ostküste des rothen Meeres zwischen Suez und Cameran 287 an Zahl, großentheils in arabischer Sprache. 3) ein ähnliches Namenverzeichniß (86 an Zahl), für die Westküste des rothen Meeres. 4) die von einem Araber, in der Armee des Pascha von Ägypten aufgenommene Karte des Landes der Wechabiten von Taife (bei Mekka) bis Assir und Gumfude. 5) Profile der gebirgigten Ostküste des rothen Meeres, des Sinai, des Libanon und der Insel Cypern, von Doctor Ehrenberg gezeichnet. Wir erwähnen nicht der Bemerkungen über Menschenraçen, Sitten und Sprache, welche die Tagebücher der Naturforscher enthalten. Sie haben überall den Einfluß der Climate auf den Organismus beobachtet, und gegen 800 Thermometer-Beobachtungen in Gegenden angestellt, über deren mittlere Temperatur, innerhalb der Tropen oder an der südlichen Grenze der temperirten Zonen (wo noch eine beträchtliche Winterkälte eintritt), man bisher so wenig bestimmte Erfahrungen hat. Für die Königl. Sammlungen sind viele Menschen- und Thier-Mumien, zwei griechische Papyrus- Rollen in Ägypten gefunden, sieben arabische Manuscripte und eine habessinische Bibel (die Psalmen in der Amhara-Sprache) wichtige Bereicherungen geworden. Dies ist die gedrängte Übersicht der wissenschaftlichen Resultate, welche Ehrenberg’s und Hemprich’s Reisen durch Ägypten, Nubien, Syrien und beide Küstenländer des rothen Meeres geliefert haben. Der Hauptzweck eines so wichtigen Unternehmens würde unerfüllt bleiben, wenn Beobachtungen, die zur Erweiterung aller Theile der Naturkunde und der physikalischen Erdbeschreibung so wesentlich beitragen und die als ein gemeinsames Eigenthum aller gebildeten Nationen zu betrachten sind, nicht durch Unterstützung des Staats zur öffentlichen Bekanntmachung gefördert würden. Bei dem wohlthätigen Schutze, den die Regierung allen Bestrebungen schenkt, die den Wissenschaften und Künsten ersprießlich, den Ruhm des Vaterlandes erhöhen, können wir jene Besorgniß mit Zuversicht von uns entfernen. Es liegt aber den Berichterstattern ob, den Wunsch der Akademie für eine Art der Bekanntmachung auszudrücken, die den gegenwärtigen Bedürfnissen der Wissenschaften auf das Vollkommenste entspricht, ohne durch übermäßige Pracht die herauszugebenden Werke einem großen Theil der Naturforscher unzugänglich zu machen. Abbildungen organischer Körper in Farben können nicht sorgfältig genug sein, wenn sie neue Formen, gleichsam den Typus einer neuen Familie, oder einer neuen Gattung darstellen. Dagegen sind Linear-Umrisse hinlänglich, so oft aus bekannten Gattungen eine große Zahl neuer Arten beschrieben wird. Herrn Ehrenberg’s treffliche Zeichnungen auf der Reise selbst in Ansicht der Naturgegenstände entworfen, können für das zum Muster dienen, was noch zu leisten übrig ist. Ein Reisewerk, dessen Charakter Mannigfaltigkeit und Gründlichkeit des Beobachteten ist, muß seine Hauptzierde in der einfachen Treue und in der zweckmäßigen Auswahl des Abzubildenden finden. Auf diese Weise wird die Herausgabe schneller und für den Staat minder kostbar sein. Die Akademie der Wissenschaften, welche die Reise veranlaßt, und aus ihren eigenen Mitteln beträchtlich unterstützt hat, würde ihren Beruf, für lebendige und freie Verbreitung des Wissens zu sorgen, unerfüllt lassen, wenn sie nicht die Arbeiten Ehrenberg’s und Hemprich’s zu baldiger Bekanntmachung auf das Dringendste empföhle. Berlin am 13. November 1826. A. v. Humboldt. Lichtenstein. Link. Rudolphi. Weiß.