Gegenwärtiger Zustand der Republik Centro- Amerika oder Guatemala. Nach schriftlichen Mittheilungen von Alexander Humboldt. Sieben verbündete Republiken, nämlich: Mexiko, Guatemala, Kolumbia, Unter-Peru, Chili, Ober-Peru und la Plata, haben sich im ehemaligen spanischen Amerika, zwischen 37° 48' der nördlichen und 41° 43' der südlichen Breite gebildet. Guatemala befindet sich ungefähr in der Mitte. Die Bewohner dieses Gebirgslandes haben im September 1821 begonnen für ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen. Sie waren zwar genöthigt, sich mit Mexiko zu vereinigen; aber am 21. Januar 1823 hörte diese Abhängigkeit auf. Guatemala erklärte sich feierlich zu einem besonderen Bundesstaat. Republica de Bolivar, oder Ober-Peru. Sie begreift die alten Provinzen der Sierra in sich, nämlich: Charcas, Potosi, la Paz, Cochabamba, Moxos und Chiquitos, die von la Plata oder Buenos-Ayres getrennt wurden. Der Name dieses Landes ist mehrmals verändert worden. In dem Edikt welches der vollstreckende Rath am 25. Januar 1824, über die Niederlassung der Fremden, bekannt machte, werden die verbündeten Provinzen "Provincias unidas del Centro de America " genannt. Aber in der Konstitution, welche am 22. November vom Volke angenommen wurde, wird die gegenwärtige Benennung "Republica federal de Centro-America" bestimmt. Dieß Wort ist nicht grammatikalisch richtig. Man hätte sagen müssen "Central-Amerika," aber man wollte einen Namen haben, aus dem man ein Adjektiv machen konnte, um die Landesbewohner zu bezeichnen, die sich Centro- Americanos nennen. Eben so bezeichnet man, im Widerspruch mit der Grammatik, die Bürger der vereinigten Staaten von Nordamerika unter dem Namen los Nort- Americanos. Von allen Besitzungen Spaniens in Amerika, ist Guatemala diejenige, über welche wir bis jetzt die wenigsten Nachrichten erhalten haben. Das statistische Werk Domingo Juarros, betitelt "Compendio de la historia de la Ciudad de Guatemala," ist das einzige, welches über dieß Land erschienen ist. Unglücklicherweise hat sich der Verfasser vorzüglich mit der geistlichen Verwaltung des Landes beschäftigt; doch gibt er mehrere Andeutungen über die Richtung des Gebirgs, den Lauf der Ströme, die Sitten der Einwohner und die Spuren ihrer alten Zivilisation, die nicht unwichtig sind. Bei alledem ist das, was man bis jetzt über dieß Land weiß, noch sehr unbedeutend und unzusammenhängend. Ich entnehme die nachfolgenden Notizen theils meiner Korrespondenz mit Jose della Balle, der lange Zeit ein wichtiges Amt in dem Ausschuß der vollstreckenden Gewalt bekleidet, theils mehreren der in den letzten Jahren zu Guatemala erschienenen Zeitungen. Die alte Capitania general von Guatemala hat, nach meiner Schätzung, eine Oberfläche von 6740 Stunden von 20 auf einen Grad. Bis zur ersten Insurrektion, am 15. September 1821, gehörten zu diesem Lande die Provinzen Chiapa, Guatemala , Verapaz oder Tezulutlan, Honduras, Nicaragua und Costa-Rica. Es war, in diesem Zustande, ein wenig größer als Spanien und ein wenig kleiner, als Frankreich. Während Iturbides Usurpation wurde Chiapa davon getrennt und mit Mexico vereinigt, so daß der Bundesstaat Centro-Amerika jetzt nur, noch eine Oberfläche von 15,400 Quadratmeilen hat . Nach einigen Etymologisten ist der Name Guatemala eine Verderbung des Wortes Guautemali, verfaulter oder holer Baum, weil die mit Alvarado verbündeten Mexikaner einen Baumstamm in diesem Zustande in der Nähe der Residenz des Königs Nachiquelas fanden. Nach Andern kommt dieser Name von dem tzendalischen Worte Uhatesmalha, Berg der Wasser ausspeiet (volcan de agua). 8624 geogr. Q. St. und nicht 15,498, wie Hassel in seinem "statistischen Umriß" angibt. Es herrscht noch eine große Dunkelheit über die Bevölkerung der Republik Guatemala. 1778 fand der Generalkapitain Don Matias de Galvez, nach einer stattgefundenen weltlichen Schätzung 797,214 Seelen. Aber nach den Listen der Geistlichkeit findet man, daß sie um ein Drittel zu niedrig angeschlagen worden. Während meinem Aufenthalte zu Mexiko, schätzte man die Bevölkerung der Capitania general von Guatemala, in der die Zahl der kupferfarbigen Eingebornen beträchtlich ist, auf 1,200,000 Seelen. Nach Briefen vom September 1825 glaubt man, die neue Republik enthalte, selbst ohne Chiapa, 2 bis 21/2 Millionen Einwohner. Ich nehme indessen deren nur 1,600,000 an, obgleich es gar nicht unwahrscheinlich ist, daß sich 1826 die Zahl derselben zwischen 1,800,000 und 2 Millionen Seelen belief. Die kupferfarbenen Eingebornen bilden davon wenigstens die drei Fünftel. Central-Amerika, oder Guatemala kann, wie Mexiko, ein Gebirgsland genannt werden, indessen dehnen sich doch große, heiße Ebenen, in den Provinzen Vera-Paz, Honduras und Poyais, gegen den atlantischen Ozean aus. Die Andenkette senkt sich gegen die Mündung des Atrato, die Quelle des Napipi und des Meerbusens von Cupica in niedrige Hügel. In der Landenge von Panama erheben sich diese bis auf 600 Fuß und dehnen sich allmählig in die Kordilleren von Beragua und Salamanka aus. Wenn es wahr ist, daß man die Berge Silla de Veragua und Castillo del Choco, die sich auf der nordwestlichen Grenze der Republik Kolumbia erheben, auf eine Entfernung von 36 Seemeilen erblickt, müssen sie nicht weniger als 8400 Fuß hoch seyn. Der südlichste Vulkan in der Andenkette, ist der von Barra (8° 54' der Breite), im Innern des Landes, 7 Seestunden nordöstlich vom Golfo Dulce. Neben ihm befindet sich der von Papagayo (10° 10' der Breite), 5 Seestunden nördlich vom Kap de Santa Catalina, 24,000 Fuß vom Seeufer. Oestlich davon sieht man drei alte feuerspeiende Berge, nahe am südlichen Ufer des Nicaraguasees. Sie heißen Orosi, Tenorio und Rincon de la Vieja. Nördlich von Nicaragua, auf der Landenge, erheben sich die Vulkane Mombacho, Sapaloca, Masaya und Momotombo. Der von Masaya war, zur Zeit der Eroberung, der thätigste des Landes. Die Spanier nannten ihn die Hölle von Masaya. Sein Krater hatte nur 20 oder 30 Schritt im Durchmesser; aber man sah in dieser Oeffnung die geschmolzene Lava wie Wasser kochen und sich thurmhoch erheben. Die Glut die er verbreitete, und sein Getöse, waren weithin bemerkbar . M. s. Juarros, 1 Band, S. 53. Dieser Vulkan bot im 16. Jahrhundert ein auffallendes Beispiel von der Dummheit und dem Golddurst der Mönche dar. Gomara erzählt: "daß der Dominikaner Blas de Incna, mit einem großen Löffel und einem hölzernen Kübel versehen, sich an einer 140 Brazas langen Kette befestigen und in den Krater hinabwinden ließ. Er wollte mit dem Löffel das geschmolzene Gold (die flüssige Lava) schöpfen. Der Löffel schmolz und der Mönch kam nur mit Mühe mit dem Leben davon." Wäre die Geschichte mit dem Löffel auch der Zusatz eines Spaßvogels, so ist es doch gewiß, daß Slas de Incna sich in den Krater hinabgelassen, und daß der schlechte Erfolg seines Unternehmens den Dekan des Kapitels zu Leon veranlaßte, von dem König von Spanien eine Erlaubniß zu erbitten, den Vulkan von Masaya seitwärts eröffnen und das Gold einsammeln zu dürfen, das in ihm koche. In der Nähe von Masaya, nennt Juarros auch den Vulkan Nindiri, oder Nidiri, der 1775 viel Feuer und Lava auswarf. Ueber den Momotombo hinaus, zwischen 12° 20' und 13° 15' der Breite, oder zwischen Ciudad de Leon und dem Meerbusen von Ampala oder Fonseca, erheben sich nach und nach die vier Vulkane Telika, Viejo, Giltepe und Guanaoaure, von denen die beiden ersten noch in Thätigkeit sind. Westlich vom Meerbusen von Amapala, befinden sich die Vulkane San Miguel Bosotlan (Usulutan?), Tekapa, San Vincente oder Sacatecoluca, San Salvador, Isalco, Apeneca oder Zonzonate, Pacaya (volcan de agua), die beiden Feuervulkane oder Guatemalas, Acatenango, Toliman, Atitan, Tajumulco, Sunil, Suchiltepek, Sapotitlan, las Hamilpas und Soconusco. Die meisten dieser Vulkane sind in beständiger Thätigkeit. Die neue Republik Central-Amerika besteht aus fünf Staaten (Estados), von denen jeder von zwei Kammern regiert wird. Jeder Staat hat eine Stimme für 15,000 Seelen. Demnach haben Guatemala und Soconusco 36, San Salvador 18, Honduras 11, Nicaragua 13, Costa Rica 4. Diese Vertheilung setzt folgende Bevölkerung voraus: Ihr gegenwärtiger Präsident ist Manuel Jose de Arca und der Vizepräsident Mariano Beltranena. Estado de Guatemala 540,000 Seelen. " " San Salvador 270,000 " " " Honduras 165,000 " " " Nicaragua 195,000 " " " Costa Rica 60,000 " 1,230,000. Die absolute Bevölkerung aber war, als diese Schätzung aufgestellt wurde, gewiß um 1/3 stärker. Die Staaten haben folgende Unterabtheilungen: Guatemala 13 Partidos oder Departemente. (Seit dem September 1825 gehört auch Soconusco dazu). Sacatepek, Chimaltenango, Solola, Totonicapan, Gueguetenango, Quesaltenango, Suchiltepek, Escuintla, Chiquimula, San Augustin, Verapaz, Salama und Peten. Nueva-Guatemala ist die Hauptstadt des ganzen Bundesstaats. Ihre Bevölkerung, ohne das damit zusammenhängende Dorf Cocotenango, beläuft sich auf 40,000 Seelen. Die Stadt Leon hat 32,000; San Salvador 25,000; San Jose de Costa- Rica 20,000 und Comayagua 18,000. Salvador, 4 Partidos: San Salvador mit der gleichnamigen Hauptstadt des Staats, Zonzonate, San Miguel und San Vicente. Honduras, 12 Partidos: Comayagua, mit der Hauptstadt des Staats: Ciudad de Comayagua; Tegucigalpa, Choluteca, Nacaome, Cantarranas, Juticalpa, Gracias, los Llanos, Santa Barbara, Truxillo, Yoro und Segovia. Nicaragua, 8 Partidos: Leon mit der gleichnamigen Hauptstadt des Staats; Granada, Managua, Realejo, Subtiaba, Mazaya, Nicaragua und Matagalpa. Costa-Rica, 8 Partidos: San Jose, mit der Hauptstadt des Staats Ciudad de San Jose; Cartago, Ujaras, Iscan, Alajuela, Gredia, Bagasu und Boruca. Die Hauptstadt des Landes, Nueva-Guatemala, mag ungefähr 3600 F. n. M. seyn. Der gewesene Präsident des Regierungsausschusses, Jose bella Balle, schreibt mir: "Mein Vaterland ist von der Natur noch begünstigter, als Mexiko. Statt, wie dieses Land, von der Trockenheit zu leiden, wird Central-Amerika von mehreren schönen Strömen bewässert, die leicht schiffbar gemacht werden können. Wir haben Hafen an beiden Meeren und wenn der Kanal von Nicaragua sie vereinigt haben wird, dürfte unsere Kolonie den Handel der Antillen, mit dem von China und dem asiatischen Archipel in sich vereinigen." Die älteste Stadt des Landes ist Cartago im Staat Costa-Rica. Die Hauptstadt Guatemala hieß ehemals Santiago de los Caballeros de Guatemala und wurde 1524 gegründet. Am 11. September 1541 wurde sie größtentheils, durch einen Wasserauswurf des nahen Vulkans zerstört, und die neue Stadt wurde in einiger Entfernung davon erbaut. Die alte Stadt heißt jetzt Ciudad Vieja und wird von 2500 Indianern bewohnt, die sich rühmen von den alten Mexikanern und Tlaxalteken abzustammen, welche die Spanier als Hülfsvölker auf ihrer Eroberung des Landes begleiteten. Die wichtigsten Erzeugnisse des Ackerbaus in Guatemala, für den Handel, sind Indigo, Kochenille, Kakao und Tabak. Der Indigo von San Salvador wird für den schönsten auf der Erde gehalten. Die Ströme, welche für den Handel besonders wichtig werden können, sind der Motagua und Polackia, im Guatimalastaat, der Ulua, Leon und Chamelecon in dem von Honduras; der Lampa und Rio de la Paz in den von San Salvador. Die berühmtesten Hafen auf der östlichen Küste sind; Omoa, Truxillo, San Juan del Norte und Matina oder Moyn, auf der westlichen dagegen: Michatoya, wo Pedro de Alvarado seine Schiffe erbaute, Iztapa, Zonzonate, Realejo, Nicoya, Puerto de la Culebra und Conchagua. Der schiffbare Kanal zwischen dem atlantischen und dem stillen Meere, wird die Landenge von Nicaragua durchschneiden. Zuerst muß der dem Nicaragua entströmende Rio San Juan schiffbar gemacht werden. Der See selbst ist 88 Fuß tief und sein Grund ist 46 Fuß über dem großen Ocean erhoben. Nichts stellt sich also hier der Erbauung des Kanals entgegen. Schwieriger aber würde dieß Unternehmen gegen den stillen Ozean seyn, und man wird sich auf dieser Seite vielleicht damit begnügen müssen, eine Eisenbahn anzulegen. Unter den Ueberresten der Kultur und des Anbaues der ersten Bewohner Amerikas, zeichnen sich besonders folgende aus: Die Trümmer der alten Stadt Palenque oder Culhuacan im Staat Chiapa, am Ufer des Micol, nordwestlich vom indianischen Dorfe Santo Domingo de Palenque. Sie haben mehrere Meilen im Umfang. Die Ruinen eines Tempels Copans, mit mehreren Bildsäulen und der Säulengrotte Tibulkos, im Hondurasstaat. Die Ruinen der Insel Peten in der Mitte der Laguna d'Itza, auf der Grenze zwischen Berapaz, Chiapa und Yucatan. Die Trümmer der Stadt Utatlan, jetzt Santa Cruz del Quiche genannt. Einer der darin befindlichen Palläste ist 728 geometrische Schritte lang und 367 breit. Die Ruinen der alten Festungen Tepanguatemala, Mixco, Paraquin, Socoleo, Uspantan, Chalchitan u. s. w. Das ist Alles, was ich über Central-Amerika bis jetzt habe zusammentragen können.