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Alexander von Humboldt: „Ueber die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen beobachtet“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1820-Sur_les_lois-4> [abgerufen am 25.04.2024].

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https://humboldt.unibe.ch/text/1820-Sur_les_lois-4
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Titel Ueber die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen beobachtet
Jahr 1831
Ort Breslau
Nachweis
in: Carl Traugott Beilschmied, Pflanzengeographie nach Alexander von Humboldt’s Werke Ueber die geographische Vertheilung der Gewächse, mit Anmerkungen, grösseren Beilagen aus andern pflanzengeographischen Schriften und einem Excurse über die bei pflanzengeographischen Floren-Vergleichungen nöthigen Rücksichten, Breslau: Wilhelm Gottlieb Korn 1831, S. 7–29.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua; Auszeichnung: Kursivierung, Sperrung; Fußnoten mit Asterisken und Kreuzen; Tabellensatz.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: IV.4
Dateiname: 1820-Sur_les_lois-4
Statistiken
Seitenanzahl: 23
Zeichenanzahl: 52779

Weitere Fassungen
Sur les lois que l’on observe dans la distribution des formes végétales (Paris; Strasbourg, 1820, Französisch)
[Sur les lois que l’on observe dans la distribution des formes végétales] (Stuttgart; Tübingen, 1821, Deutsch)
Nouvelles recherches sur les lois que l’on observe dans la distribution des formes végétales (Jena, 1822, Französisch)
Ueber die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen beobachtet (Breslau, 1831, Deutsch)
A. von Humboldt’s Untersuchungen über die Vertheilung der Pflanzenformen (Stuttgart, 1838, Deutsch)
|7|

Ueber die Gesetze, welche man in der Vertheilungder Pflanzenformen beobachtet.[Hier als Einleitung.](Aus der noch nicht erschienenen zweiten Ausg. von A. v. Hum-boldt’s Géographie des plantes. Im Dictionn. dessc. nat. XVIII. 1820. p. 422—36. Später auch in derIsis 1822. *) (Vgl. a. unten den Anfang der 1ten Beilage).

Die Zahlenverhältnisse der Pflanzenformen lassen sichauf zwei sehr verschiedene Weisen betrachten. Wenn mandie Pflanzen, in ihrer Anordnung nach natürlichen Familien,studirt, ohne auf ihre geographische Vertheilung zu achten,so frägt man: welches sind die Grundformen ihrer Orga-nisation, wonach die grösste Anzahl ihrer Arten gebildetsind? giebt es mehr Spelzblüthige als Compositae auf derErde? machen diese zwei Pflanzenordnungen zusammen einViertheil der Phanerogamen aus? wie ist das Verhältnissder Monokotyledonen zu den Dikotyledonen? Dieses sindFragen der allgemeinen Phytologie, der Wissenschaft, wel-che die Organisation der Gewächse und ihre gegenseitigeVerkettung untersucht. Betrachtet man aber die Pflanzen-arten, die man nach der Analogie ihres Baues vereinigthat, nicht auf abstractem Wege, sondern nach ihren klima-tischen Verhältnissen oder ihrer Vertheilung auf dem Erd-balle, so bieten diese Fragen ein sehr abweichendes Inter-esse dar. Welches sind die Pflanzenfamilien, welche inder heissen Zone mehr über die übrigen Phanerogamenherrschen, als unter dem Polarkreise? sind die Compo-sitae in der neuen Welt unter gleicher geographischen Breiteoder auch zwischen gleichen Isothermen-Linien zahlreicherals in der alten Welt? Folgen die Formen, welche vom Ae-quator nach den Polen zu aufhören vorzuwalten, bei demAufsteigen auf die Gebirge unter dem Aequator demselbenGesetze der Abnahme? Weichen die Verhältnisse der Fa-milien unter gleichen Isothermen-Linien in der gemässigten
*) Fast wörtlich übersetzt.
|8| Zone disseits und in der gemässigten jenseits des Aequa-tors von einander ab? — Diese Fragen gehören dereigentlich sogenannten Pflanzengeographie an; sie knüpfensich an die wichtigsten Aufgaben, welche die Meteorologieund die Physik der Erde darbieten. Vom Vorherrschengewisser Pflanzenfamilien hängt auch der Charakter derLandschaft, der Anblick einer lachenden, oder majestäti-schen Natur ab. Der Ueberfluss an Gräsern, die grosseSavanen bilden, die Menge der Palmen- oder der Zapfen-bäume haben mächtig auf den geselligen Zustand der Völ-ker, ihre Sitten und die mehr oder minder rasche Entwi-ckelung der Industrie eingewirkt.
Bei dem Studium der geographischen Vertheilung derFormen kann man die Arten, die Gattungen und die na-türlichen Familien ins Auge fassen. (Humboldt Prolegom.in Nov. Gen., tom I. p. XIII., LI. und 33. — s. unten p. 31,53, 143, 169 nämlich nach den Randziffern.) Oft bedeckteine einzige Pflanzenart, besonders von den geselligen, eineweite Strecke Landes. So verhalten sich im Norden dieHaiden und die Kieferwälder, im tropischen America dieGruppirungen von einer und derselben Art von Cactus,Croton, Bambusa und von Brathys. Es ist interessant,diese Verhältnisse der Vermehrung und der organischenEntwickelung zu untersuchen: man kann fragen, welche Artin einer gewissen Zone die meisten Individuen hervorbringt;oder man kann die Familien nennen, welchen in verschie-denen Klimaten die vorherrschenden Arten angehören.....In einer nördlichen Gegend, wo die Compositae und dieFarrenkräuter zur Summe aller Phanerogamen im Ver-hältnisse von 1 zu 13 und 1: 25 stehen (d. h. wo mandiese Verhältnisse findet, wenn man die Gesammtzahl allerPhanerogamen durch die Anzahl der Species aus der Fa-milie der Compositae oder der Farrnkräuter dividirt), kanneine einzige Farrnkraut-Species zehnmal mehr Erdreichbedecken, als alle Arten der Compositae zusammenge-nommen. In diesem Falle herrschen die Farrnkräuter überdie Compositae durch ihre Masse, durch die Anzahl derIndividuen, die zu derselben Art von Pteris oder Po-lypodium gehören, herrschen aber nicht vor, wenn mannur die Zahl der verschiedenen Formen (Arten) derFilices und Compositae mit der Summe aller Phanerogamen|9| vergleicht. Da nun die Vervielfältigung nicht bei allenArten den nämlichen Gesetzen folgt, da nicht alle gleichvielIndividuen erzeugen, so entscheiden die Quotienten, welchedie Arten einer Familie in die Summe aller Phanero-gamen ergeben, nicht allein über Aussehen oder Phy-siognomie (so zu sagen die Art der Einförmigkeit) der Na-tur in den verschiedenen Gegenden des Erdbodens. Fälltdem Reisenden die häufige Wiederholung derselben Arten,ihre Masse auf, so auch die Seltenheit mancher anderenden Menschen nützlichen Arten. In den Gegenden, wo dieRubiaceen, Hülsenpflanzen oder die Terebinthaceen dieWälder bilden, ist man erstaunt, die Stämme gewisser Ar-ten von Cinchona, Haematoxylon und Balsambäumen sosparsam anzutreffen. Bei Betrachtung der Species kann man auch, abgesehenvon ihrer Vervielfältigung und Masse, die absolute Anzahlder Arten, die zu den verschiedenen Familien gehören, un-ter allen Zonen vergleichen. Diese Vergleichungsart hatDe Candolle im Regni vegetabilis systema naturale (T. I.p. 128, 396, 439, 464, 510) vorgenommen. Kunth hatsie mit mehr als 3300 bis jetzt bekannter Compositae aus-geführt. Sie zeigt nicht an, welche Familie durch Masseder Individuen oder Zahl der Arten über die übrigen Pha-nerogamen vorherrscht, sondern, wie viele von den Arteneiner und derselben Familie diesem, wie viele jenem Landeoder Welttheile als einheimisch angehören. Die Resultatedieser Methode sind im Ganzen genauer, weil man dazunach sorgfältigem Studium einzelner Familien gelangen kann,auch ohne die ganze Masse der Phanerogamen zu kennen.Die mannigfaltigsten Formen der Farrnkräuter z. B. findensich unter den Wendekreisen, in den gemässigten feuch-ten und beschatteten Gebirgsgegenden der heissen Zonehaben sie die meisten Arten; in der gemässigten Zone sindderen weniger als zwischen den Wendekreisen, ihre ab-solute Anzahl vermindert sich noch mehr gegen die Pole;weil aber die kalte Zone, z. B. Lappland, Arten der Fa-milie nährt, welche der Kälte mehr widerstehen, als diemeisten übrigen Phanerogamen, so herrschen dennoch, nachder Verhältnisszahl der Arten die Farrnkräuter in Lapplandmehr vor andern Pflanzen vor, als in Frankreich und inDeutschland. Die Zahlenverhältnisse, welche indes Verf. Prolegom. de distrib. geogr. plantar. bekannt|10| gemacht wurden, und welche hier *) nach den grossenArbeiten R. Brown’s berichtigt erscheinen, weichengänzlich von den Verhältnissen ab, welche die Vergleichungder absoluten **) Anzahl der Arten, die in den verschie-denen Zonen vorkommen ergiebt. Die Abweichung, welcheman vom Aequator nach den Polen zu beobachtet, ist alsoin den Resultaten der beiden Methoden keinesweges gleich.Bei der Methode der Brüche, welcher wir folgen, giebt eszwei Variablen, denn geht man aus einem Grade oder viel-mehr einer isothermen Linie in die andere über, so siehtman die Totalsumme der Phanerogamen nicht in demselbenVerhältnisse sich ändern als die Zahl der Arten einer be-sonderen Familie. Wenn man von der Betrachtung der Species zu der derAbtheilungen der natürlichen Methode übergeht, sokann man sein Augenmerk auf die Gattungen, auf Familienoder noch grössere Abtheilungen richten. Es giebt einigeGattungen, auch ganze Familien, welche ausschliesslich ge-wissen Zonen angehören, unter besonderer Vereinigungklimatischer Bedingungen gedeihen; es giebt aber eine grös-sere Zahl von Gattungen und Familien, welche in allenZonen und in allen Höhen-Regionen ihre Repräsentantenhaben. Die ersten über die Vertheilung der Formen ge-machten Untersuchungen, die von G. R. Treviranus, die erin s. „Biologie“ (Bd. II. S. 47, 63, 83, 129) mitgetheilt, betrafendie Vertheilung der Gattungen auf der Erde. Diese Me-thode ist weniger geeignet, allgemeine Resultate zu liefern,als die, welche die Anzahl der Arten jeder Familie odergrossen Abtheilung einer Familie mit der aller Phanero-gamen vergleicht. In der kalten Zone nimmt die Mannich-faltigkeit der Formen von Gattungswerthe (die Zahl derGattungen) nicht in gleichem Grade ab, wie die der Spe-cies; man findet dort verhältnissmässig mehr Gattungen ineiner kleineren Zahl von Arten. (De Candolle Théorieélém. p. 190. Humb. Nov. Gen. Tom I. p. XVII. et L.)Fast eben so verhält es sich auf dem Gipfel hoher Gebirge,welche Glieder aus einer grossen Menge von Gattungen be-herbergen, die man für ausschliesslich der Vegetation derEbenen angehörig hielte.
*) S. Tab. p. 31. Vergl. auch p. 174. Anm. und den Schlussdieser Einleitung.**) P. 170. ff.
|11| Ich glaubte die verschiedenen Gesichtspunkte andeu-ten zu müssen, aus welchen man die Gesetze der Verthei-lung der Pflanzen betrachten kann. Nur wenn man jeneverwechselt, kann man Widersprüche zu finden glauben,welche aber nur scheinbar sind und die man mit Unrechtder Unsicherheit der Beobachtungen zuschreibt in Jahr-büch. der Gewächsk. Berl. 1818. I. 1. S. 18, 21, 30).Wenn man sich folgender Ausdrücke bedient: „diese Formoder diese Familie verliert sich gegen die kalte Zone hin;sie hat ihre wahre Heimath unter dem und dem Parallel-kreise; es ist eine südliche Form; sie ist in der gemäs-sigten Zone überwiegend“, so muss express dazu gesagtwerden, ob man von der absoluten Anzahl der Arten, ihrermit den Breitegraden wachsenden oder abnehmenden abso-luten Häufigkeit spricht, oder ob gemeint ist, dass eineFamilie unter den angegebenen Breitegraden vor anderenPflanzenfamilien vor herrscht. (Letzteres fände für eine ge-wisse Familie schon statt in der gemässigten Zone, wenndiese Familie in der gemässigten Zone nur eben so vieleSpecies hätte als in der heissen, weil die gemässigtenicht eben so viel andere Phanerogamen zählt als in derheissen Zone.) Jene Ausdrücke sind gut, sie geben einenbestimmten Sinn, wenn man zwischen den verschiedenenMethoden unterscheidet, nach welchen man die Mannigfal-tigkeit der Formen studiren kann. Auf der Insel Cuba (umein anologes und aus der Staatsökonomie gezogenes Beispielzu wählen) sind weit mehr Neger als auf Martinique, unddoch überwiegt die Masse derselben die Zahl der Weissenauf der letzteren Insel weit mehr als auf Cuba. Die reissenden Fortschritte, welche die Pflanzengeo-graphie durch die Arbeiten von R. Brown, Wahlen-berg, De Candolle, Leop. v. Buch, Parrot, Ra-mond, Schouw und Hornemann gemacht, hat mangrossentheils den Vorzügen der Jussieuschen natürlichenMethode zu danken. Folgt man, ich will nicht sagen denkünstlichen Klassenabtheilungen des Sexualsystems, aberauf vagen und irrigen Principien beruhenden Familien (alsDumosae L., Corydales, Oleracae), so gelangt man nichtdazu, die grossen physischen Gesetze in der Vertheilungder Pflanzen auf der Erde zu erkennen. Rob. Brownhat zuerst in seiner berühmten Abhandlung über die Flora|12| Neuhollands *) die wahren Verhältnisse zwischen den Haupt-abtheilungen des Pflanzenreichs, den Akotytedonen, Mono-und Dikotyledonen, kennen gelehrt. Ich habe i. J. 1815(in d. Prolegg.) versucht, diese Art der Forschung zu ver-folgen, indem ich sie auf verschiedene natürliche Ordnungenoder Familien ausdehnte. — Die Physik der Erde hat ihrenumerischen Elemente, wie das Weltsystem, und manwird erst durch die vereinten Arbeiten reisender Botanikerzur Kenntniss der wahren Gesetze der Vertheilung der Ge-wächse gelangen. Es handelt sich nicht bloss darum, Beob-achtungen zusammenzustellen; um genauere Annäherung zuerreichen (und nur Annäherung bilden wir uns ein, zu ge-währen), muss man die verschiedenen Umstände erwägen,unter welchen die Beobachtungen gemacht wurden. Ichbin, wie R. Brown, der Meinung, dass man im Allge-meinen den auf unvollständige Verzeichnisse aller bekanntgewordenen Pflanzen gegründeten Berechnungen solche vor-ziehen muss, die aus der Flora beträchtlich grosser undihren Gewächsen nach gut bekannter Länder, wie Frank-reich, England, Deutschland und Lappland, gezogen sind.Es wäre zu wünschen, dass man schon eine vollständigeFlora von zwei Raumgebieten, beide ohne hohe Gebirgeund Hochebenen, von etwa 20000 Quadrat-Lieuen (oderetwa 6—10000 deutschen Quadrat-Meilen) zwischen denWendekreisen in der alten und in der neuen Welt besässe.Bis dieser Wunsch erfüllt ist, muss man sich mit den gros-sen Herbarien der Reisenden begnügen. Die Standorte derPflanzen sind in den grossen Compilationen der „System.vegetabilium“ und „Species plantarum“ so unbestimmt undunrichtig angegeben, dass es sehr gewagt wäre, sich ihrerausschliesslich zu bedienen; Verf. wandte sie nur als Bei-hülfe an, um die durch die partiellen Floren und Her-barien erlangten Resultate zu prüfen und etwas zu modi-ficiren. Die Menge der tropischen Pflanzen, welche Hr.
*) General remarks on the botany of Terra australis. (Anh.zu Flinder’s Voyage II. p. 338. 39. 1814.) übers. mit An-merkungen in „R. Brown’s Verm. botan. Schr. herausgegeben vonC. G. Nees v. Esenbeck.“ Band I. S. 1—166. Dann des-sen Observ. systemat. and geographical on the Herbal ofthe Congo. Aus Tuckey’s Narrative of an expedit. etc.app. V. in R. Br. Verm. bot. Schr. I. S. 167—366.
|13| Bonpland und ich nach Europa gebracht, und unser ge-lehrter Mitarbeiter Hr. Kunth herausgiebt, ist vielleicht,der Zahl nach, grösser als irgend ein früher zwischen denWendekreisen gesammeltes; aber es besteht aus Gewächsender Ebenen und Hochebenen der Andes zugleich; die al-pinen machen sogar einen weit grösseren Theil davon aus,als in Floren von Frankreich, England und Ostindien,welche auch jede unter gleichen Breiten die Producte ver-schiedener Klimate vereinigen. In Frankreich scheint dieZahl der Arten, welche erst über 500 Toisen Höhe vor-kommen, nicht über \( \frac{1}{9} \) aller Phanerogamen auszumachen.(De Candolle in den Memoires d’Arcueil. T. III. p. 295).
Es wird von Nutzen sein, einst die Vegetation derWendekreise und die der gemässigten Zonen zwischen dem40° und 50° der Breite nach zwei verschiedenen Methodenzu vergleichen: erstlich durch Ausziehen des Zahlenver-hältnisses für eine ganze grosse Landstrecke, Ebene undBerge zusammengenommen; dann durch Bestimmung dieserVerhältnisse nur für die Ebene derselben Zone. Da erstunsere Sammlungen, vermittelst barometrischer Messung,für mehr als 4000 Pflanzen der heissen Zone die Höhe je-des Standortes über dem Meere angeben, so kann man nachBeendigung des Werkes Nova Genera den Verhältnisszahlender hier zu gebenden Tabelle *) dadurch mehr Genauigkeitund Bestimmtheit geben, dass man von den 4000 im Werkebeschriebenen Phanerogamen alle diejenigen, die über1000 Toisen Höhe wachsen, abzieht und die Summe dernicht alpinen Arten jeder Familie durch die der in denkalten und gemässigten Regionen desselben tropischen Ame-rica’s wachsenden dividirt. Dieses Verfahren muss, wiewir bald sehen werden, bei den Familien, welche vielealpine Species zählen, wie z. B. den Gräsern, den Com-positae, die auffallendsten Ergebnisse liefern. **) — Bei
*) S. die Columnen für die heissen Zone in der Tabelle nebenp. 31—33.**) Die alpinen machen grösseren Theil aller Arten dieser Fami-lien als die alpinen-Arten von andern Familien. — Und dieVerhältnisszahlen der nicht alpinen Species jeder Familie er-hielte man bekanntlich durch Dividiren ihrer Anzahl in diealler nicht alpinen Phanerogamen jenes Landstriches.
|14| 1000 Toisen Höhe ist die mittlere Temperatur *) der Luftauf dem Rücken der tropischen Andes 17° C., gleich dermittleren Wärme des Juli zu Paris. Obgleich man auf derHochebene der Cordilleren dieselbe jährliche mittlere Wärmeantrifft — auf den Paramos = 8, °4 C. — als in der Ebenehöherer Breiten, (weil die isotherme Linie von z. B. 8°auf den nördlichen Ebenen dahin trifft wo die Isothermen-Ebene von 8° die Erdoberfläche schneidet,) so darf mandoch die Analogie der gemässigten Höhen der tropischenGebirge mit den Ebenen höherer Breiten nicht zu weitgehend annehmen: sie sind minder gross, als man glaubte,denn sie werden durch den Einfluss der partiellen Verthei-lung der Wärme durch die verschiedenen Jahreszeiten sehrmodificirt. Prolegg. p. LIV. und des Verf. Mémoire surles lignes isothermes in Mem. d’Arcueil III. p. 215. sqq.,in Annales de Chemie et de Phys. T. 5. p. 137., s. a.Schweigger’s Journ. f. Physik u. Chem. **). Die Quo-tienten der Pflanzenarten einer Familie in die Anzahl allerPhanerogamen ändern sich bei dem Aufsteigen von derEbene auf Berge nicht immer in gleichem Verhältnisse alsnach den Polen zu: so ist es mit dem Monokotyledonenim Ganzen, so mit den Farrnkräutern und den Compositae.
*) Wie zwei Stunden des Tages (im Durchschnitte für das ganze Jahrtrifft das Maximum 2\( \frac{1}{2} \) Stunde nach Mittag, das Minimumkurz vor Sonnenaufgang ein: der Durchschnitt beider giebt diemittl. W. des Tages,) die mittl. Temperatur des ganzen Ta-ges anzeigen, so giebt es auch 2 Tage oder 2 Decaden, de-ren mittl. Temp. der des ganzen Jahres gleichkommt. Diesemittl. Temp. ist zu Ofen vom 15 bis 20. April und 15 bis20. October; zu Mailand 10 bis 15. April und 18 bis 23 Oct.,oder zu Braunschweig dessen Mittel-Temp. 7,°88 R. ist,15—23 Apr., und 18—24 Octbr.; die mittl. Temp. der 4Jahreszeiten — Decbr., Januar und Februar für den Wintergerechnet u. s. f. — ist zu Braunschweig nach Lachmann’sFlora v. Br. I. 182. vom Winter an + 1,°189 R.; 6,°976;14,°908; 8,°440 R. Betrachtet man die Temp. ganzer Mo-nate, so findet man, dass bis zur Isotherme von 2° C. dieTemp. des Octobers, weniger 1°, mit der mittl. Temp. desJahres übereinstimmt. S. A. v. Humb. Lign. Isoth. in Mém.de la Soc. d’Arc. III. p. 554. Schweigg. Journ. 1829, I, H. 4.**) Unten p. 153. und 240. Vergl. p. 182.
|15| (Prolegg. p. LI., LII. — R. Brown Congo. p. 5. Verm.bot. Schr. I. S. 178. — unten p. 28, 147).
Man kann übrigens bemerken, dass die Entwickelungder Pflanzen verschiedener Familien und die Vertheilungder Formen weder von den geographischen Breiten, nochselbst von den isothermen Breiten allein abhängt, sonderndass die Quotienten auf einer und derselben isothermen *)Linie der gemässigten Zone nicht immer gleich sind, z. B.in den Ebenen America’s und des alten Continents. Zwi-schen den Wendekreisen besteht ein sehr merklicher Un-terschied zwischen America, Ostindien und den Westküstenvon Africa. Die Vertheilung der organisirten Wesen aufder Erde hängt nicht allein von sehr zusammengesetztenklimatischen Verhältnissen ab, sondern auch von geologi-schen Ursachen †) welche uns ganz unbekannt sind, da siemit dem ursprünglichen Zustande der Erde zusammen-hängen. Die grossen Dickhäuter fehlen heutzutage in derneuen Welt, während wir sie in Asien und Africa nochunter analogen Klimaten antreffen. Im tropischen Africaist die Familie der Palmen wenig zahlreich im Vergleichmit der grossen Menge ihrer americanischen Arten. DieseVerschiedenheiten müssen uns, weit entfernt uns vom Spä-hen nach den Naturgesetzen abzuwenden, vielmehr reizen,diese in allen ihren Verwickelungen zu studiren. Die Li-nien gleicher mittleren jährlichen Wärme **) folgen nicht
*) *) und **)isotherme Linien: A. v. H. zog aus meteorolog.Beobachtungen von sehr verschiedenen Orten allgemeine Ge-setze für die Vertheilung der Wärme auf der Erde; bildlichmachte er diese dadurch anschaulich, dass er Linien durchdiejenigen Punkte zog, welche die nämliche jährliche Mittel-temperatur geniessen. Er bezeichnete dabei zugleich die Som-mer- und Winterwärme in Form eines Bruches. Die nachden bisherigen Materialien aufgestellten Zahlen sind nur ap-proximativ, bedürfen der Bestätigung oder Berichtigung durchBeobachtungen an mehreren Orten, damit dann die durchLocalität entstandenen Abnormitäten ohne Wirkung bleiben.Die isoth. Linien laufen (s. unten pag. 70 Tab.) in der heissenZone ungefähr mit dem Aequator parallel, weichen aber inder temperirten und kalten mehr und mehr von dieser Rich-tung ab, und erleiden im Westen von den Meridianen†) Vergl. Anmerk. und Anhang zu p. 153.
|16| den Breitekreisen; sie haben, wie Verf. anderwärts ge-zeigt hat, ihre convexen (Polarbiegungen) und con-caven (d. i. Aequatorial-) Gipfel oder Biegungen,welche sehr regelmässig über die Erde vertheilt sind, undlängs der Ostküsten und der westlichen Küsten der altenund der neuen Welt, in der Mitte der Continente und inder Nähe der grossen Meeresbecken verschiedene Systemebilden. Wahrscheinlich wird man, wenn erst physikalischeBotaniker einen grösseren Theil der Erde durchreiset habenwerden, finden, dass oft die Linien der Maxima der Zu-sammengruppirungen (die Linien, die durch die Punkte ge-zogen sind, wo die Brüche die kleinsten Nenner bekommen
Europa’s und des nördlichen Africa’s bedeutende Aequatorial-Biegungen, eben so gegen Osten. S. das Chärtchen amEnde. Für die jährliche Vertheilung der Wärme gilt alsHauptregel, dass die Temperatur der Jahreszeiten unter sichbei den Aequatorial-Biegungen derselben isoth. Linie mehr ab-weicht, als bei den Polarbiegungen (unter d. isoth. L. v. 20° C.Temp. beträgt die Differenz zwischen Sommer- und Winter-Temp. im östl. Th. von N.-America, wo sie südlicher fällt15° C.; in Europa, nördlicher, nur 12° C.), und dass aufgleicher Breite in den verschiedenen Continenten die Sommer-Temperatur weniger abweicht als die mittl. jährl. Temp. —(noch die isoth. L. von 15° C. hat in N.-America ungefährden Sommer der isoth. L. von 20°C. in Europa; s. p. 70.).Auch die constante Temp. des Bodens, in Quellen ziemlichsicher (nur in der heissen Zone nicht so) zu ermitteln,nimmt vom Aequator nach den Polen regelmässig ab; zwi-schen den Tropen ist sie übrigens niedriger, als die der Luft,darüber hinaus ihr gleich oder höher. Auch auf Höhen nimmtsie entsprechend ab. Der Akademiker Kupffer, welcher auchfür diese Verhältnisse Linien auf einer Charte entworfen hat,„isogeotherme Linien“, rechnet im Durchschnitte auf 1°höherer Breite Abnahme der Bodentemp. um 1° Réaum., inHinsicht der Höhe auf Bergen auf 250 Meter Erhöhung 1° R.,oder 300 Meter Erhebung = 1,°3 Réaum. Abnahme, in denmittl. Breiten. Vgl. Poggend. Annal. d. Ph. 1829. 2s Heft.(Die Zunahme der Wärme in grösseren Tiefen der Erde, umje 1° C. auf 202 Meter grössere Tiefe, gehört in die Geologie).Von Kupffer’s Karte ist die unsrige Copie; sie ist nachRéaumur’schen Temp.-Graden entworfen, enthält aber schon imOriginale auch A. v. Humboldt’s isotherme Linien,letztere in punktirten Linien angegeben.
|17| haben) isotherme Linien (Linien gleicher mittl. Wärme)werden. Theilt man den Erdball nach zwischen zwei Me-ridianen liegenden Streifen, und vergleicht die numerischenVerhältnisse der Pflanzen unter denselben Isothermenbreiten,so findet man, dass verschiedene Zusammengruppirungs-Systeme da sind.
Schon können wir bei dem jetzigen Zustande unsererKenntnisse vier Haupt-Vegetations-Systeme *) annehmen:
*) De Candolle führt (in seiner Abh. Géographie bota-nique im Dictionn. d. sc. nat. XVIII. (1820). p. 411. sq.)20 „regions botaniques“ kurz auf. — Schouw aber(Pft.-Geogr. S. 505—24) bestimmte schärfer 22 „pflanzen-geographische Reiche (regna)“, (deren Umgränzung im zu-gehörigen Atlas schön bildlich dargestellt ist), zu derenBegründung er fordert: 1. dass wenigstens die Hälfte derbekannten Arten eines Erdstriches ihm eigenthümlichangehöre; 2. wenigstens 14 der Gattungen entweder völligeigenthümlich sei oder in ihm solches Maximum habe,dass ihre ausserhalb vorkommenden Species nur als Re-präsentanten zu betrachten seien; 3. dass einzelne Fa-milien ihm eigenthümlich gehören oder darin entschiedenesMaximum haben (oder doch bedeutende Verschiedenheitder Gattungen). — Ihre Unterscheidung ist schwer, weilan den Gränzen zweier die meisten Pflanzen gemein-schaftlich sind.1) Reich der Saxifragae (Steinbreche) und Moose (al-pinisch-arktische Flora): alle Länder innerhalb des nörd-lichen Polarkreises, und in America und Asien auchsolche, welche, obgleich auf niederer Breite, ein Polar-klima haben ... auch ein Theil der schottländischenund scandinavischen Gebirge, und endlich die Alpenre-gionen des mittleren und südlichen Europa’s (und desCaucasus): a. Provinz der Riedgräser (arktische Flora,prov. Caricum); b. Provinz der Primulaceen und Phy-teumen (südeuropäische Alpenflora).2. Reich der Umbellatae und Cruciferae: das nördlicheEuropa mit Auschlusse der Polarländer, bis zu den Py-renäen, den Gebirgen des südlichen Frankreichs, den Al-pen und dem griechischen Hochlande; und der grössteTheil von Sibirien und den Ländern am Caucasus: a.provincia Cichoracearum (nordeuropäische Flora); b. prov.Astragalorum, Halophytorum, et Cynarocephalarum (Di-steln) — (nordasiatische Fl.)3. Reich der Labiatae und Caryophylleae (mittelländischeFlora): die drei südeuropäischen Halbinseln, ferner Klein-Asien, der Archipel, das ganze nördl. Africa bis zu denSandwüsten und die canarischen und azorischen Inseln:
|18| das des neuen Continents, des westlichen Africa, das vonOstindien und das von Neuholland. So wie, ungeachtetder regelmässigen Zunahme der mittleren jährlichen Wärmevom Pole nach dem Aequator zu, das Maximum derWärme in den verschiedenen Gegenden unter verschiedenenLängengraden nicht gleich ist, so giebt es auch Orte, wo
a. Provinz der Cisten: die pyren. Halbinsel; b. Provinzder Scabiosen und Salvien: südl. Frankreich, Italien,Sicilien; c. der strauchartigen Lippenblüthigen (levan-tische Flora): Griechenland, Kleinasien und der süd-lichste Theil der caucasischen Länder; d. nordafrica-nische Provinz, (vielleicht zu b.); e. Provinz der Sem-perviven: Nordwestküste von Africa und die westli-cheren Inseln. *)4. Der östl. temperirte Theil Asiens: Flora zwischender von Asien und America, doch auch Scitamineaeund andere tropische Familien. (R. Rhamnor. et Caprifol.)5. Reich der Aster-Arten und Solidagines: nordöstl.Nordamerica.6. Reich der Magnolien: Florida, Carolina; hier Sci-tamineae, Cycadeae und andere tropische Formen.7. Reich der Cactus- und Piper-Arten: die Ebenevon Mexico und das tropische Südamerica, vielleichtincl. Brasilien. Hier auch Rubiaceae, Passifloreae etc.a. Provinz der Farrnkräuter und Orchideae: Westindien;b. Prov. der Palmen: der Continent; (c. Brasilien.)8. Reich der Cinchonae: die mittleren (Höhen-)Regionenvon Südamerica (und Mexico, wo zwar keine Cinchona).9. Reich der Escalloniae, Vaccinia und Winterae: diehöchsten Berg-Regionen von Südamerica; hier auchGräser aus europäischen Gattungen: Bromus etc. Hier-her vielleicht Mexico’s Hochland als prov. Quercuum etPinorum.10. Chilisches Reich: in seiner Flora dem tropischen Ame-rica und Neuholland ähnlich.11. Reich der baumartigen Syngenesisten (Compos. arb.):Buenos Ayres und der temperirte Theil von Süd-America. Flora hat viel Aehnliches mit der europäischen;*) Ad 1, 2, 3. Nicht unpassend ist auch folgende Vergleichung vonanderem Verf.: „Das Land der Leguminosae ist Italien, besondersdas südwestliche; wie Grossbritannien das der Moose; Scandinaviender Lichenen; das ebene Deutschland und Holland das der Junci,Cyperoideae und Gramineae; das hochliegende und dieSchweiz und Savoyen das der Ranunculaceae, Pediculares,Saxifragae, Hieracia und Cruciferae; Südfrankreich undSpanien der aromatischen Pflanzen, als Labiatae und Corym-biferae.
|19| gewisse Familien eine grössere Entwickelung erreichen alsirgendwo anderwärts; dies ist der Fall bei den Compositaein der gemässigten Zone in Nordamerica und besonders ander Südspitze von Africa. Diese theilweisen Anhäufungenbestimmen die Physiognomie der Vegetation, bilden das,was man die charakteristischen Züge einer Landschaft nennt.

dagegen kaum etwas von Neuhollands und West-Africa’sProteaceae und Ericeae etc.12. Antarktisches Reich: an der magellanischen Meerenge;die meisten Pflanzen eigenthümlich, dazu Formen desnördlichen Europa, westlichen Africa’s, Neuholland’sund des americanischen Hochlandes.13. Neuseeländisches Reich: Flora Gemisch von Südame-rica, Südafrica und Neuholland.14. Reich der Epacrideae und Eucalypti: der temperirteTheil von Australien: Proteaceae, blattlose Acaciae,Myrtinae, Restiac., Casuarineae.15. Reich der Mesembrianthema und Stapeliae: der süd-liche Theil von Africa. Proteaceae, Polygaleae, Dios-meae, Restiaceae, Ericeae, Irideae, Compositae.16. Westafricanisches Reich: America’s tropische Formen(Cacti, Piperaceae, Palmae) fehlen fast, dagegen Legu-minosae, Elaeïs etc., viel Gräser (Paniceae) und Cyperaceae.17. Ostafricanisches Reich: Flora der indischen ähnlicher;Eugenia, Ficus, Euphorbia, Andropogon, Sida, Filicesund capische Formen.18. Reich der Scitamineae (ostindisches Reich): Indien mitseinen Inseln und vielleicht der tropische Theil vonNeuholland. Auch Leguminosae, Cucurbitac.; südamerica-nische Formen nur sparsam.19. Das indische Hochland (vielleicht zwei Reiche), inder mittlern Region herrschen Melastomaceae, Orchideaeund Filices; die Flora der höheren nähert sich der eu-ropäischen, nordasiatischen, z. Th. der japanischen.20. Cochinchina und das südl. China: Flora der indischenam nächsten.21. Flora von Arabien und Persien: der indischen ähn-lich; nicht mit der mittelländ., eher Nubiens, des mittl.Africa zu vereinigen; (etwa: Reich der Cassiae und Mi-mosae). — Abyssinien’s Hochland vielleicht eignes Reich.22. Die Inseln der Südsee innerhalb der Wendekreise,doch wenig eigenthümlich: Brodtfruchtbaum, indischeund americanische (Chiococca, Guajacum) Gattungen. *)*) Für Nicht-Botaniker hier Folgendes zur Erläuterung: Monoco-tyledoneae umfassen Gramineae (wohin Wiesengräser, Rohr, Ge-treide), Junceae oder Simsen, Cyperoideae (Riedgräser, Binsen etc.),
|20| In der ganzen gemässigten Zone machen die Spelzblü-thigen (d. i. die Gräser, Cyperoiden und Junceae) und dieCompositae zusammen mehr als ein Viertheil aller Phane-rogamen aus. — Aus diesen nämlichen Untersuchungen gehthervor, dass die Formen der organischen Wesen in gegen-seitiger Abhängigkeit von einander stehen. Die Einheit derNatur ist der Art, dass die Formen nach bestimmten unab-änderlichen Gesetzen einander beschränken. Wenn man aufirgend einem Punkte der Erde die Anzahl der Arten aus ir-gend einer grossen Familie z. B. der Glumaceae, der Com-positae oder Leguminosae kennt, so kann man mit grosserWahrscheinlichkeit sowohl auf die Zahl aller Phanero-gamen als auch die Zahl der daselbst wachsenden Arten derübrigen Gewächs-Familien schliessen. Kennt man soin der gemässigten Zone die Zahl der Cyperoideae oder derCompositae, so kann man die der Graminae oder der Legu-minosae errathen. Diese Schätzungen setzen uns in Stand,zu erkennen, in welchen Abtheilungen der Gewächse dieFloren eines Landes noch unvollständig sind; sie sind umso weniger unsicher, wenn man sich hütet, die Quotientenzu vermengen, welche verschiedenen Vegetations-Systemenangehören. *) Es verhält sich übrigens mit der Vertheilung der or-ganischen Wesen, wie mit anderen Naturerscheinungen.Mitten in der scheinbaren Unordnung, welche aus dem
Orchideae (Knabenkraut, Vanille etc.), Lilienartige, Palmen, Sci-tamineae (Ingwerartige) etc.Dicotyledoneae (mit 2 Saamenlappen keimende) die vollkomm-neren blühbaren Gewächse, wohin unter andern folgende Familien:Compositae (wozu Cynarocephalae oder Distelartige; Cichorien-artige; Astern, Schaafgarbe etc.); Umbellatae oder Doldenpfl.(z. B. Kümmel, Dill); Rubiaceae (Röthe, Labkraut; tropische:Cinchona oder Fieberrindebäume etc.); Leguminosae (z. B. Boh-nen, Klee, Acacia); Borragineae (Hundszunge, Vergissmeinnicht);Labiatae (Salbei, Münze, Taubenessel); Rhinantheae et Scroful.(Löwenmaul, Kuhweizen); Cruciferae (Rüben, Senf, Brunnen-kresse); Caryophylleae; ( Silene, Nelken, Spark, Meirich); Erici-nae etc. (Haidekrautartige; Schneerose); Malvaceae (Pappelrose,Hibiscus etc.); Euphorbiaceae (Wolfsmilch; Ricinus); Amen-taceae (Weiden, Eichen, Birken) und sehr viele andere. — Coni-ferae sind unsre Nadelhölzer. — S. a. vor p. 26.*) Neuere Zusätze nach A. v. Humboldt in Annal. de Chim. et. dePhys. XVI. p. 267. — 1821. — auch Isis 1822. — Hier Auszug.
|21| Ineinanderwirken vieler örtlichen Umstände hervorgeht, er-kennt man die unwandelbaren Gesetze, sobald man mitdem Blicke ansehnliche Theile der Erdoberfläche umfasst,wo in einer Masse von Erfolgen die partiellen Störungensich gegenseitig ausgleichen. Die Untersuchungen des Verf.sind in England, Deutschland, Italien und Dänemark unddurch R. Brown den Zahlenverhältnissen nach an grossenHerbarien geprüft, und theils die Zahlen berichtigt, theilsunerwartet bestätigt gefunden worden. Durch die Mengesich mehrender Thatsachen haben die Angaben schon grosseGenauigkeit erlangt. Es liegt in der Natur dieser Forschun-gen, dass die Coefficienten (die Verhältnisszahlen derPflanzen-Familien) nur allmählig, wie die Beobachtungensich mehren, berichtigt werden können. Die zu dieser Artbotanischer Arithmetik nöthigen ins Einzelne gehen-den Forschungen über das Verhältniss jeder Pflanzen-Familiezum Ganzen, sind bereits mitgetheilt. (S. p. 31. f.) — DieseArt der Untersuchung, wie sie der Verf. an den Pflanzenversucht hat, wird einst mit Erfolge bei den verschiedenenClassen der Wirbelthiere angewandt werden. *) Die unge-heuren Sammlungen des Musée d’histoire naturelle zu Parisenthalten 56,000 Arten phanerogamischer und kryptogami-scher Pflanzen, 44000 Insekten, 2500 Fische, 700 Reptilien,4000 Vögel und 500 Säugethierarten. Europa besitzt ohn-gefähr 80 Säugethiere, 400 Vögel, 30 Reptilien; es giebtalso in der nördlichen gemässigten Zone fünfmal so vielVögelarten als Säugethiere, (wie es in Europa fünfmal soviel Compositae als Amentaceae und Coniferae, fünfmal soviel Leguminosae als Orchideae und Euphorbiaceae giebt.)In der südlichen gemässigten Zone verhalten sich auch auf-fallend genug übereinstimmend, die Säugethiere zu den Vö-geln = 1: 4, 3. Die Vögel und noch mehr die Reptilien,nehmen gegen die heisse Zone viel mehr zu als die Säuge-thiere. Man könnte nach Cuvier’s Forschungen glauben,dass das Verhältniss früher anders gewesen, dass viel mehrSäugethiere durch Umwälzungen untergegangen sind, als
*) Vergl. nun schon wirklich: J. Minding: Ueber die geographi-sche Vertheilung der Säugethiere. Berl., bei Enslin, 1829. 103 S.4. Auszug in Férussac’s Bullet. d. sc. nat. Mars. 1830. (inBd. XX.) p. 468.
|22| Vögel. Latreille hat gezeigt, welche Gruppen der Inse-cten nach dem Pole, welche nach dem Aequator hin zu-nehmen. Illiger hat die Heimath von 3800 Vögeln nachden Welttheilen angegeben — weit weniger belehrendals es nach den Zonen geschehen sein würde. — Es lässtsich erklären, wie auf einem gegebenen Erdraume die In-dividuen einer Pflanzen- oder Thier-Classe einander nachAnzahl beschränken, wie nach Kampfe und langemSchwanken sich nach den Bedürfnissen der Nahrung und Le-bensart ein Zustand des Gleichgewichtes einstellte; aber dieUrsachen, welche die Formen räumlich abgegränzt ha-ben, liegen unter dem undurchdringlichen Schleier, der un-sern Augen alles verdeckt, was den Anfang der Dinge unddas erste Erscheinen organischen Lebens betrifft.
Hinsichtlich des Verhältnisses der Mono- zu den Diko-tyledonen, (p. 26.) sieht man sehr regelmässig von der heis-sen Zone nach dem Pole hin den Nenner des Bruches klei-ner werden. In den verschiedenen Theilen der heissenZone schwankt das Verhältniss zwischen 15 und 16. Unter3880 Phanerogamen aus dem tropischen America sind nachdem Verf. 654 Mono- und 3226 Dikotyledonen, die erste-ren also 16 aller Phanerogamen. In der alten Welt, machensie (in Ostindien, dem tropischen Africa und Neuholland)15 aller. — In der gemässigten Zone verhalten sich dieMonokotyledonen nach dem Verf. und De Candolle:
in der Barbarei = 1 zu 4, 8 in Frankreich = 1 zu 4, 7
in Aegypten = 1: 5 in Deutschland = 1: 4
im Caucasus undder Krim = 1: 6 in der Schweiz = 1: 4, 3
im Königr. Neapel = 1: 4, 7 in Grossbritannien= 1: 3, 6
im venetian. Staate = 1: 4 in Nord-America = 1: 4, 6
In der kalten Zone ist das Verhältniss beider (s. p. 27):in Lappland = 1: 2, 2, auf Island = 1: 2, 2 (nach Schouw).Die Monokotyledonen sind, noch abgesehen von der regel-mässigen Zunahme des Verhältnisses gegen Norden, alsFeuchtigkeit liebend häufig in England, sparsam in Aegyptenund dem trocknen Caucasus. Nach der Höhe aber sind sieauf den Alpen, in der Schweiz über der Rhododendron-Region = 1:7, in den Thälern aber 1: 4, 3. (p. LII. *); p. 147.) Im fruchtbarsten Theile Europa’s in der Mitte der ge-mässigten Zone nährt ein Landstrich von 30000 Quadrat-
*) Dieses weiset auf die pag. der Ausg. der Nov. gen. et sp. in 4to.(nicht in Fol., wie die Marginalien); eben so oben Seite 8, Z. 16.
|23| Lieuen an 6000 Pflanzen, worunter 2800 Akotyledonen oderKryptogamen, 3800 Phanerogamen. Unter letzteren sind bei-nahe 500 Compositae, 300 wahre Gramineae, 250 Legumi-nosae und 200 Cruciferae, aber nur 70 Amentaceae, 60 Eu-phorbiaceae, 25 Malvaceae. Die grossen Familien bilden je\( \frac{1}{7} \) bis \( \frac{1}{20} \), die kleineren weniger als \( \frac{1}{80} \) der ganzen Summeder Phanerogamen. Dies ist gleichsam der mittlere Zustandder Vegetation Europa’s in fruchtbaren Gegenden zwischen42°—50° nördl. Breite.
Um auch den Ungläubigsten vom Bestehen fester Ver-hältnisse, von der Regelmässigkeit in der Vertheilung derFormen in Europa in gleicher Zone, zu überzeugen, darfman nur die Verhältnisse der Familien in den zwei Nach-barländern Deutschland und Frankreich vergleichen. (S. dieTab. p. 31; den vom Autor hier überall beigesetzten gleich-geltenden Ausdruck im Decimalbruche siehe unten der drit-ten Beilage angefügt: letzte zwei Columnen der Tab.) Mankann die Ziffern der Tabellen als die Coefficienten fürjede Familie ansehen: denn multiplicirt man (weil die Dol-denpflanzen in Deutschland \( \frac{1}{22} \), d. i. 0,046 aller Phanero-gamen, die Cruciferae \( \frac{1}{18} \) = 0,056 ausmachen) die Summeder Phanerogamen (isotherm gelegener und gleich grosser *)Länder) der gemässigten Zone in Europa mit 0,046 (oder \( \frac{1}{22} \))oder mit 0,056, so findet man die Anzahl der Arten aus derFamilie der Doldenpflanzen und der Cruciferae im gege-benen Lande. Die grosse Uebereinstimmung zwischen beiden Ländern(die nur durch die etwas nördlichere Lage Deutschland’s füreinige mehr südlich oder mehr nördlich zunehmende Fami-lien etwas Abweichung erleidet,) ist um so auffallender, alsungleiche Summen von Arten bei beiden Ländern zu Grundegelegt sind, für Frankreich 3645, für Deutschland 1884 Pha-nerogamen, und viel fehlt, dass die Species einer Gattungund Familie in beiden Ländern ganz die nämlichen wären;die Abweichung beträgt gewöhnlich nicht \( \frac{1}{8} \).
*) Vergl. d. Schluss-„Excurs“, wo auch der Grund der Verschieden-heit der für Frankreich und Deutschland angegebenen Verhält-nisse von den durch Mirbel für die „gemässigte Zone“ angege-benen (nämlich nach dem Ganzen der Vegetation vieler Länderentworfenen) Zahlenverhältnissen sich erklären wird.
|24| Dadurch zeigt sich: 1) dass die 17—1800 Phaneroga-men, welche Frankreich mehr hat, als das benutzte Ver-zeichniss für Deutschland nach Hoffmann enthielt, sich un-ter die Familien ungefähr in denselben Verhältnissen ver-theilen, die zwischen den gleichzähligen oder den gemein-schaftlichen Pflanzen beider Länder statt finden; 2) dass dieSpecies der Leguminosae, der Cruciferae und der Umbel-latae, welche Deutschland ausschliesslich zu besitzen scheint,sich in Frankreich durch eine entsprechende Anzahl andererArten derselben Familien vertreten findet. Grössere Abwei-chungen entspringen aus der geographischen Lage: Cype-riodeae, \( \frac{1}{20} \) in der gemässigten Zone nehmen gegen Nor-den zu auf \( \frac{1}{9} \); Ericinae von \( \frac{1}{100} \) zu \( \frac{1}{25} \); — umgekehrt neh-men Orchideae, Euphorbiaceae, Malvaceae eben so raschgegen den Aequator zu, wie sich dies in der Tab. fürdie Zonen (s. neben p. 31.) zeigt. Der Tabelle beigefügte↖ und ↓ zeigen die Zunahme gegen den Aequator oder denPol hin an. Es ist zu erwähnen, dass die Verhältnissenicht viel anders ausfallen, wenn man statt grosser Ländermit 3800 Arten nur kleine Distrikte wählt; Berlin hat \( \frac{1}{19} \)Leguminosae, Frankreich \( \frac{1}{16} \), Deutschland \( \frac{1}{18} \). [Dies gilt fürPflanzen mittelmässig grosser Verbreitungsbezirke; jeübermässig grösser letztere sind, wie bei Gräsern, — oderumgekehrt, je kleiner unter dem Mittel: desto mehr Ab-weichung in beiden Fällen. — Benutzung dieser Abweichungals eines Maasstabes s. m. im „Excurse“ unten.] Wie das Klimasystem des neuen Continentes vondem des alten, vermöge ungleicher Vertheilung der Wärmedurch die Jahreszeiten, wesentlich abweicht, so zeigt auchdas americanische Zusammengruppirungs-Systemder Pflanzen seine eigenthümlichen Züge. Der botani-schen Arithmetik [auch botanische Statistik ge-nannt] verdankt man die Kenntniss der Contraste zwischenden gemässigten Zonen beider Welten. Man vergleiche inden Tabellen (p. 31. und daneben) die Ergebnisse vonPursh’s nordamericanischer Flora mit denen der D. C.’schenvon Frankreich und denen der europäischen kalten Zone, z. B.
gemäss. N. Am. Frankr. Lappl.
Cruciferae ... 162 113(114) 110
Gräser ... 110 119
Labiatae ... 140 124 170
Ericinae et Rhodod.. 136 1125 125
|25| u. s. w., s. Tab., um den nördlichen Charakter Nord-America’s zu erkennen. Die Verschiedenartigkeit zeigt sichnicht nur an den Familien der Ericinae, Amentaceae undConiferae, welche man nordische Formen nennenkönnte, und an Labiatae und Umbelliferae, sondern auchden Cruciferae, Junceae und Cruciferae, welche 3 Familienin der heissen und der gemässigten Zone der neuen Weltgleich selten sind. Es leuchtet ein, dass die Zahlenverhältnisse der Pflan-zenfamilien interessantere Resultate liefern würden, wenndie Floren der Länder nach bestimmteren geographischenGränzen abgesteckt, die Botaniker aber über die Grundsätzeder Unterscheidung von Species und Spielarten mehr einigwären. Die Floren der Vereinigten Staaten Nord-America’sumfassen Länder von 9° und 18° jährl. Mittel-Temperatur —Unterschied wie zwischen Calabrien und Oesterreich. Erstwenn man genaue Floren von Süd-Carolina, Pennsylvanien,Neu-England etc. haben wird, wird man regelmässiges Zu-nehmen der Familien gegen Süden oder Norden nachweisenkönnen; jetzt kennen wir von dort erst das durchschnitt-liche Mittel aus allen diesen Verhältnissen. Manches Landgilt für artenreich zum Theile durch Varietäten, andererseitswerden neue Arten oft für bekannte der Heimath gehalten.Dieses gleicht sich bei Zusammenfassung grosser Striche undMenge der Arten zum Glücke ziemlich aus, ähnlicherweisehaben sich in den weit vollständigeren neuen Floren Nord-America’s und Lappland’s von Pursh und Wahlenbergdie Verhältnisse nicht viel geändert gegen die frühern vonMichaux und Linné [nur auf Pflanzen sehr grosser odersehr kleiner — nicht mittelmässiger — Verbreitungsbezirkewird neuer Zuwachs Einfluss haben: von Pflanzen weitererVerbreitung, die auch wohl zugleich gemeiner sind (Gräser),wird der erste Florist mehr haben, der zweite wenigerNachlese, als von Familien mit räumlich enger umgränztenArten]. Welche Berichtigungen auch des Verf. bisherigeArbeiten hierin erfahren dürften, so wird doch Vermehrunggenauer Beobachtungen immer mehr darthun, dass in einerund derselben Hemisphäre, in demselben Gruppirungs-systeme die partiellen Veränderungen der Coefficienten(d. i. der Verhältnisszahlen) nicht sprungweise, sondernnach unwandelbaren Gesetzen erfolgen. Möglich, dass dasTropen-Verhältniss der Malvaceae 132 oder 133 statt|26| 135, ist, so bleibt darum doch feststehend, dass die Legumi-nosae und Malvaceae nach dem Aequator hin zunehmen,wie die Junceae und die Ericinae nach dem Pole. DieQuantität der Veränderungen, die Raschheit der Zu-nahme kann bei einzelnen Angaben in Zweifel gezogenwerden, aber nicht ihre Richtung. Bei Vergleichung der Coëfficienten einer und derselbenFamilie in verschiedenen Zonen bemerkt man in der Rasch-heit des Steigens auffallende Contraste. In der alten Weltändern sich die Verhältnisse der Gräser, der Leguminosaeund der Euphorbiaceae weit weniger von der gemässigtenZone dem Aequator zu, als von derselben aus nach dem Pole. Wer die Erscheinungen nicht in Vereinzelung ansieht,wer es vorzieht, die wechselseitige Verkettung der organi-schen Wesen ins Auge zu fassen, und den Gang kennt, wienumerische Resultate durch ihre Vermehrung und durchsorgfältiges Studium der einzelnen Thatsachen sich berich-tigen, wird mit Beifalle eine Art der Untersuchung aufneh-men, welche Licht wirft auf den Haushalt der Natur, aufdie zwischen Klima und den Formen der Wesen bestehendeVerknüpfung, auf die Vertheilung der Pflanzen und Thiereauf den verschiedenen Seiten unseres Planeten. Nur durchnumerische Vergleichung der Arten kann man sich eine rich-tige Vorstellung bilden vom Vegetations-Zustandein einem gegebenen Lande, vom Einflusse der Temperaturauf die Häufigkeit gewisser Formen in der und jener Zone,von den charakteristischen Zügen, welche unter isothermenZonen die Gruppirungs-Systeme der alten und neuen Weltunterscheiden. Die Pflanzengeographie kann als ein Theil der Physikder Erde angesehen werden. Wären auch die Gesetze, wel-chen die Natur in Vertheilung der Pflanzenformen gefolgtist, viel verwickelter, als sie es im ersten Augenblicke schei-nen, so müsste man sie darum nicht weniger genauen Nach-forschungen unterwerfen. Man hat das Entwerfen von Land-karten nicht aufgegeben, als man die Windungen der Strömeund die unregelmässige Gestalt der Küsten bemerkte. DieGesetze des Magnetismus haben sich dem Menschen aufge-schlossen, seit dieser anfing, Linien gleicher Abweichungund gleicher Neigung zu zeichnen, und seit man eine grosseZahl von Beobachtungen, die sich zu widersprechen schie-nen, verglichen hat. Es hiesse den Gang vergessen, auf|27| welchem die physischen Wissenschaften sich stufenweisezu sicheren Resultaten erhoben haben, wenn man glaubte,es sei noch nicht Zeit, die numerischen Elemente derPflanzengeographie zu suchen. Bei dem Studium eines ver-wickelten Phänomen’s beginnt man mit einer allgemeinenUebersicht der Bedingungen, welche Einfluss darauf habenoder es modificiren; hat man aber gewisse Beziehungen ent-deckt, so findet man, dass die ersten Resultate, die manfesthielt, noch nicht genug von Local-Einflüssen frei sind:nun modificirt und verbessert man die numerischen Ele-mente, erkennt selbst die Regelmässigkeit in den Wir-kungen der partiellen Störungen. Die Kritik macht sichbessernd an alles, was zu früh für allgemeines Resultatangesprochen worden, und dieser Geist der Kritik begün-stigt, einmal angeregt, die Ausmittelung der Wahrheit undbeschleunigt das Fortschreiten menschlicher Kenntnisse. (Es folgen die Zahlenverhältnisse einiger Pflanzen-Abtheilungenund Familien, wie sie zum Theil auch in der p. 31. folgendenTabelle enthalten sind; darum hier nur das Uebrige kurz.) Cryptogamae, s. p. 18. (Sie haben, die Farrnkräuterausgenommen, im Ganzen sehr grosse Verbreitungsbezirke.)Die aus dem tropischen America von Gebirgen und Ebenemitgebrachten machen \( \frac{1}{9} \) aller dort gesammelten Pflanzen;es muss aber deren auch dort weit mehr geben. In derkalten Zone sind deren weit mehr als Phanerogamen. Farrnkräuter (Filices) machen in der kalten Zone grös-seren Theil aus, als in der gemässigten, mehr noch nehmenMoose und Flechten nach dem Pole im Verhältnisse zu. DieFarrnkräuter hängen von eigener Vereinigung von Schatten,Feuchtigkeit und Temperatur ab; sie haben ihr Maximum(der Nenner des Bruches wird am kleinsten) in tropischenGebirgsländern, besonders auf kleineren Inseln, wo sie biszu 13 undnnd noch mehr im Verhältnisse steigen, (auf Jamaica \( \frac{1}{9} \),den Südsee-Inseln \( \frac{1}{3} \), St. Helena und Tristan d’Acunha \( \frac{2}{3} \) al-ler Gefässpflanzen.) R. Brown nimmt sie für die heisseZone, Ebenen und Gebirge, = \( \frac{1}{20} \) an; in Arabien, in Indien,dem tropischen Africa und Neuholland sind sie \( \frac{1}{26} \); in v. H’.samericanischer Sammlung zwar nur \( \frac{1}{38} \), Frankreich \( \frac{1}{37} \). Siesind am Atlas selten, fehlen fast in Aegypten. (Vergl.p. 29., 31., besonders 169. ff.) |28| Monocotyledoneae nehmen nach dem Pole zu, s. p. 26.ff. und 31 Tab. Spelzblüthige, Glumaceae, d. i. die Junceae, Cypero-ideae und die wahren Gräser zusammengenommen: in derheissen, gemässigten und kalten Zone wie \( \frac{1}{11} \), \( \frac{1}{8} \), \( \frac{1}{4} \); dieseZunahme gegen den Pol hin kommt besonders von den Jun-ceae und Carexartigen *) her; unter den Tropen verhaltensich die Junc., Cyp. und Gram. wie 25, 7, 1; im hohenNorden wie 2\( \frac{2}{5} \), 2\( \frac{3}{5} \), 1. — Cyperoideae im westlichen Africa\( \frac{1}{18} \), trop. Süd-America \( \frac{1}{57} \), Ostindien \( \frac{1}{25} \), trop. Neuholland \( \frac{1}{14} \);in Dänemark \( \frac{1}{16} \). — Gramineae **) in Ostindien \( \frac{1}{12} \), West-Küste von Africa \( \frac{1}{12} \). Compositae: in Südamerica, im Durchschnitte der Ge-birge und Ebenen 16—17, aber in der Ebene und den unter-sten 1000 Toisen Höhe nur \( \frac{1}{9} \)\( \frac{1}{10} \), nämlich 265 spp.; nochniedriger, 0—500 T. H., noch weniger, nämlich nur 94von allen 534 in Süd-Am. gesammelten Comp.; dort also inder heissen Region weniger —, in der temp. und alpinenmehr im Verhältnisse, als in gleicher Gegend und Regionin der alten Welt. Am Congo und in Sierra Leone \( \frac{1}{21} \),Ostindien \( \frac{1}{16} \), Neuholland \( \frac{1}{16} \). In der gemässigten Zone inNord-Amer. \( \frac{1}{6} \), am Cap der guten Hoffn. \( \frac{1}{5} \), in Frankreich \( \frac{2}{15} \).In Lappland und in Kamtschatka \( \frac{1}{13} \). Hülsenpflanzen, Leguminosae: in Ostindien \( \frac{1}{9} \), Neuhol-land \( \frac{1}{9} \), westl. Africa \( \frac{1}{8} \); im gemässigten Sibirien \( \frac{1}{14} \). (Sm.Fl. Brit. \( \frac{1}{206} \), Schrk. Bavar. \( \frac{1}{22} \), Schweiz \( \frac{1}{18} \), Provence \( \frac{1}{16} \).Rom \( \frac{1}{96} \)). Lippenblüthige, Labiatae: (s. p. 31. Tab.) N. Amer. \( \frac{1}{40} \),Frankreich \( \frac{1}{24} \). Die Seltenheit dieser Familie und der Cru-ciferae in der gemässigten Zone der neuen Welt ist sehrauffallend. Kreuzblüthige, Cruciferae: in der heissen Zone fastkeine, wenn man von den Berghöhen zwischen 1200 und1700 Toisen Höhe absieht. Rubiaceae: die Pflanzen der ganzen Familie im trop.America \( \frac{1}{29} \), trop. Africa \( \frac{1}{14} \), Deutschland \( \frac{1}{70} \), Lappland \( \frac{1}{80} \).Man muss aber nach Gruppen unterscheiden: die Sternblät-trigen, Stellatae, ohne zwischengestellte Afterblätter, gehören
*) Die Unterabtheilung Cariceae nimmt nach dem Pole zu, diewahren Cyperaceae, im engern Sinne, in der heissen Zone.**) Unter 40 Pflanzen aus Nord-America 70° nördl. Br. 130 w. L.v. Greenw. sind \( \frac{1}{3} \) Gräser und Carices.
|29| hauptsächlich der gemässigten Z. an, und sind in der heis-sen fast nur auf Gebirgen; die Rub. mit gegenständigenBlättern und mit stipulis aber der heissen Zone. VonKunth’s 8 Gruppen der Rub. machen die Coffeaceae \( \frac{1}{8} \)aller tropisch-americanischen Rubiaceae.
Euphorbiaceae: im trop. Neuholland und Ostindien \( \frac{1}{80} \),westl. Africa \( \frac{1}{28} \), Lappland \( \frac{1}{800} \). Ericinae und Rhododendra: tropisch America \( \frac{1}{130} \);....Lappland \( \frac{1}{25} \). Kätzchentragende, Amentaceae: tropisch America \( \frac{1}{800} \); ....Lappland \( \frac{1}{20} \). Doldenpflanzen, Umbelliferae: unter den Tropen fastkeine unterhalb 1200 Tois. H; im Ganzen der Ebenen undGebirge aber im trop. America \( \frac{1}{100} \); in der gemässigten Zoneweit mehr in der alten als in der neuen Welt. Vergleicht man America und die alte Welt, so findetman in America in der heissen Zone weniger Cyperoideaeund Rubiaceae, aber mehr Compositae —, in der gemässig-ten weniger Labiatae und Cruciferae, aber mehr Compo-sitae, Ericinae und Amentaceae als in den entsprechendenZonen bei uns. Nach den Polen hin nehmen zu (nachder Methode der Brüche, d. i. im Verhältnisse zur Spe-cieszahl aller Phanerogamen) die Glumaceae, Ericinae undAmentaceae; nach dem Aequator hin zunehmend sind dieLeguminosae, Rubiaceae, Euphorbiaceae und Malvaceae;in der gemässigten Zone scheinen ihr Maximum zu ha-ben die Compositae, Labiatae, Umbelliferae und Cruciferae.S. p. 33. f. Verf. fordert auf zu genauerer Bestimmung der Anga-ben der Tabelle (die hier unten neben p. 31. als „p. 43“folgen wird), welche ungenau scheinen möchten. Die Zah-lenverhältnisse in jener Tabelle gelten für Gegenden, diein der heissen Zone 28°—20° C. mittl. j. Wärme haben,von der Ebene an bis 750 T. Höhe gehend; in der gemäs-sigten Zone für ihre Mitte bei 13° und 10° C. m. j. Tem-peratur; in der kalten für 67°—70° n. Br. + 1° — 0° C.m. j. T. Die absolute Zahl der Arten der berechnetenFamilien (die den Verhältniss zahlen immer auch nochbei gesetzt werden könnte), ist nach den Werken vonDe Candolle, Pursh und Wahlenberg für Frank-reich, Nord-America und Lappland; nach Hoffmann’s bot.Taschenbuche für Deutschland.