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Hr. Alexander von Humboldt liest eine Ab-
handlung über die Verſtärkung des Schalls zur Nachtzeit.
Es giebt Naturerſcheinungen (ſagt der geiſtvolle Naturfor-
ſcher), die beſtimmten Meſſungen und direkten Verſuchen
unterworfen werden können, während andere, durch fremd-
artige Verhältniſſe gewiſſermaßen verhüllt und gleichzeitig
durch mancherley ſtörende Urſachen modificirt, mittelſt Fol-
gerungen und Analogie nur erklärt werden mögen. Bey-
ſpiele der erſten Klaſſe von Erſcheinungen ſind die vom
Pole nach den Aequator abnehmende Stärke der magneti-
ſchen Kräfte; die Biegung der leuchtenden Strahlen, wel-
che die Lichtſpiegelung erzeugen; die Wechſel der Lufttempe-
ratur; die Beſchaffenheit ihrer Harz- oder Glas-Electricität
in den mehr und minder vom Boden entfernten Schichten.
Die zweyte Klaſſe von Erſcheinungen begreift alles, was auf
die ungeſunden Eigenſchaften der Atmoſphäre Bezug hat;
was in den höchſten und unzulänglichſten Luftregionen vor-
geht; die Bildung der Wolken und des Hagels; die An-
dauer der Dunſtbläschen bey einem Wärmegrad unter Null;
das Rollen des Donners; die Zunahme der Elaſticität, die
als eine Folge der Wärme-Entwicklung erſcheint, welche die
Fortpflanzung des Schalls begleitet und eine Wirkung des
Luftdrucks iſt. Ehe die Naturphiloſophie die ſtrenge Me-
thode befolgte, welcher man die großen Entdeckungen des
abgeloffenen Jahrunderts verdankt, fiel alles, was nicht ge-
nauen und unmittelbaren Meſſungen unterworfen werden
konnte, in’s Gebiet der ſchwankendſten und gewagteſten
Hypotheſen. Man dachte damals nicht daran, daß durch
eine ſorgfältige Würdigung der Ergebniſſe fremdartiger Um-
ſtände in den ſich verwickelt darſtellenden Erſcheinungen,
es auf dem Wege der Ausſcheidung möglich wird, vom Be-
kannten zum Unbekannten vorzuſchreiten, und die Natur-
geſetze darzuſtellen, theils mittelſt Erwägungen, welche die
mathematiſche Analyſe darbietet, theils nach Analgoie di-
rekter Verſuche und Meſſungen.
Die Verſtärkung des Schalls zur Nachtzeit iſt eine bis
dahin nicht gelöste Aufgabe der Naturlehre. Die merk-
würdige Thatſache ſelbſt war in den älteſten Zeiten bereits
ſchon recht gut bekannt. Ariſtoteles ſpricht davon in ſeinen
Problemen und Plutarch in ſeinen Dialogen. Hier iſt nur
von der Verſtärkung der Rede, die bey ſtiller Luft ſtatt
findet, und keineswegs von derjenigen, welche als Folge
einer Veränderung des Windes während der Nacht wahr-
genommen wird, und die durch das zwischen der Richtung
des Windes und jener des Schallſtrahls beſtehende Ver-
hältniß modificirt wird. Es handelt ſich hier eben ſo we-
nid um die Verſchiedenheit der abſoluten Stärke des Schalls
in verſchiedenen Höhen, ſondern einzig nur um die Ver-
ſchiedenheit der Tages- und Nacht-Stärke auf gleichen
Höhen oder in gleich hohen Ebenen. Die Verſchiedenhei-
ten der abſoluten Stärke, welche in ungleichen Höhen der
Atmoſphäre beobachtet werden, ſind eine ſchon ſeit gerau-
mer Zeit, und am befriedigendſten durch Hr. Poiſſon, ver-
mittelſt der mathematiſchen Theorie des Schalles gelöste
Aufgabe. Aber man muß ſich hüten, ihrer Natur nach
ganz verſchiedene Probleme mit einander zu verwechſeln.
(Die Fortſetzung folgt.)
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Ueberſicht der Verhandlungen der Königl. Akademie
der Wiſſenſchaften in Paris.
März, 1820.
(Fortsetzung.)
Wenn man das Getöſe der großen Waſſerfälle des Ore-
noko, auf mehr als eine Meile Entfernung, in der Ebene
hört, wo die Miſſion von Aturés gelegen iſt, ſo glaubt man
ſich in der Nähe einer mit Felſenriffen und Klippen beſetzen
Küſte zu befinden. Zur Nachtzeit iſt das Getöſe dreymal
ſtärker als am Tage, und es ertheilt daſſelbe dieſen Einöden
einen unausſprechlichen Reiz. Was mag wohl die Urſache
dieſer ſo bedeutenden Verſtärkungen in einer einſamen Ge-
gend seyn, wo die Stille der Natur durch nichts geſtört zu
werden ſcheint? Die Schnelligkeit der Fortpflanzung des
Schalls wächst keineswegs, ſondern ſie vermindert ſich viel-
mehr im Verhältniß mit der ſinkenden Temperatur. Die
Stärke deſſelben vermindert ſich in einer Luft, die durch ei-
nen Wind bewegt wird, welcher der Richtung des Schalls
entgegen weht; ſie vermindert ſich ebenfalls durch die Aus-
dehnung der Luft; ſie erſcheint ſchwächer in den hohen Re-
gionen der Atmoſphäre, als in den niederen, wo die er-
ſchütterten Lufttheilchen mehr Dichtheit und Elaſticität im
nämlichen Strome haben. Die Stärke bleibt ſich gleich in
trochner und in einer mit Dünſten erfüllten Luft; ſie zeigt
ſich hingegen ſchwächer in kohlenſaurem Gad als in Miſchun-
gen von Stickſtoff und Sauerſtoff. Dieſen Thatſachen ge-
mäß (den einzigen, die uns mit einiger Zuverläſſigkeit be-
kannt ſind) hält es ſchwer, eine Erſcheinung zu erklären,
die man bey jedem Waſſerfall in Europa beobachtet, und
die längſt vor meiner Ankunft im Dorfe von Aturés dem
Miſſionar ſowohl als den Indianern auffallend geweſen war.
Die Temperatur der Atmoſphäre iſt zur Nachtzeit um drey
Grade niedriger als bey Tage; gleichmäßig vermehrt ſich
zur Nachtzeit die fühlbare Feuchtigkeit, und der über den
Waſſerfällen ſchwebende Nebel wird dichter. Es iſt ſo
eben bemerkt worden, daß die hygroſcopiſche Beſchaffenheit
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der Luft keinen Einfluß auf die Fortpflanzung des Schalles
hat, und daß ihre Erkaltung ſeine Schnelligkeit vermindert.
Man könnte denken, daß auch in Gegenden, wo keine
Menſchen wohnen, das Geſumme der Inſekten, der Ge-
ſang der Vögel, das Rauſchen der vom leiſeſten Wind be-
wegten Blätter, den Tag über ein dumpfes Geräuſch ver-
urſachen, welches wir um ſo weniger wahrnehmen, als es
einförmig, und das Ohr daran gewöhnt iſt. Dieſes Ge-
räuſch nun, wie unmerklich daſſelbe auch ſeyn mag, kann
die Intenſität eines ſtärkeren Getöſes vermindern, und
dieſe Schwächung kann aufhören, wenn während der Stille
der Nacht der Geſang der Vögel, das Geſumme der In-
ſekten und der WInd, welcher die Blätter bewegt, unter-
brochen ſind. Dieſe Anſicht jedoch, wenn es damit auch
ſeine Richtigkeit hat, mag keine Anwendung auf die Wälder
des Orenoko leiden, wo die Luft beſtändig mit einer zahl-
loſen Menge Muskito’s erfüllt, wo das Geſumme der In-
sekten des Nachts viel ſtärker iſt, als am Tage, und wo der
Seewind (brise), wenn er je ſich einfindet, nach Sonnen-
untergang erſt zu wehen anfängt.
Eher wohl dürfte es demnach der Fall ſeyn, daß die
Gegenwart der Sonne auf die Fortpflanzung und Stärke
des Schalles durch die Hinderniſſe wirkt, welche die Luft-
ſtröme von ungleicher Dichtheit und die durch die ungleiche
Erwärmung der verſchiedenen Theile des Bodens bewirk-
ten theilweiſen Schwingungen der Atmoſphäre ihnen ent-
gegenſetzen. In einer ruhigen Luft, mag dieſelbe trocken
oder mit gleichmäßig vertheilten Dunſtbläschen vermiſcht
ſeyn, pflanzt ſich der wellenförmige Schall unſchwierig fort.
Wird hingegen dieſe Luft durch kleine Strömungen einer
wärmeren Luft allſeitig durchzogen, ſo zertheilt ſich, da wo
die Dichtheit des Mittels ſchnell wechſelt, die ſchallende
Welle in zwey Wellen; es bilden ſich partielle Echo’s, die
den Ton ſchwächen, weil eine der Wellen gegen ſich ſelbſt
zurückwirkt. Es iſt demnach keineswegs die Bewegung des
Uebergangs der Lufttheilchen von unten nach oben in auf-
ſteigender Strömung, und eben ſo wenig ſind es die klei-
nen ſchiefen Strömungen, die wir als durch einen Stoß,
der Fortpflanzung der Tonwelle widerſtrebend betrachten.
Ein auf die Oberfläche einer Flüſſigkeit angebrachter Stoß
wird um den Erſchütterungspunkt her Kreiſe bilden, ſelbſt
auch wenn die Flüſſigkeit ohnedieß bewegt iſt. Verſchiedene
Arten von Wellen können ſich einander im Waſſer ſo gut
wie in der Luft kreuzen, ohne daß ihre Fortpflanzung da-
durch geſtört wird; geringe Bewegungen liegen über ein-
ander (se superposent), und die wahre Urſache der gerin-
geren Stärke des Schalls bey Tage ſcheint der Mangel der
Gleichartigkeit in dem elaſstiſchen Medium zu ſeyn. Es ent-
ſteht eine ſchnelle Unterbrechung der Dichtigkeit überall, wo
kleine Luftſtriche (filets d’air) von höherer Temperatur
ſich von verſchiedenen Theilen des ungleich erwärmten Bo-
dens erheben. Die Tonwellen theilen ſich, wie die Lichtſtrah-
len ſich brechen und die Luftſpiegelung allenthalben bilden,
wo Luftſchichten von ungleicher Dichtheit einander berühren.
Man muß unterſcheiden zwiſchen der Stärke des Schalls
oder der Luft, und zwiſchen den Richtungen der Ton- oder
Lichtwellen. Wofern dieſe Wellen ſich durch ungleich
dichte Schichten fortpflanzen, ſo wird daraus gleichzeitig eine
gedoppelte Wirkung hervorgehen; die Richtung der Fort-
pflanzung wird eine Veränderung, und die Stärke von
Licht und Schall eine Verminderung erleiden. Die Re-
flexion, welche jede Strahlenbrechung begleitet, ſchwächt die
Stärke des Lichts; die Theilung der Tonwelle verurſacht
partielle Echo’s; un derjenige Theil der Welle, welcher in
ſich ſelbſt zurückkehrt, da wo die Dichtheit der Flüſſigkeit|Spaltenumbruch|
einen ſchnellen Wechſel erleidet, wird bey ſehr ſchwachem
Geräuſch unſerm Ohr unempfindlich.
Bey der Luftſpiegelung, die doppelte Bilder zeigt (mi-
rage à doubles images), erſcheint dasjenige, welches die
Strahlenbrechung in der Nähe des Bodens erlitten hat,
allezeit viel ſchwächer, als das in gerader Richtung geſehene.
Es können Schichten von Flüſſigkeiten, die von einer ſehr
ungleichen Dichtigkeit ſind, alſo mit einander abwechſeln,
daß die urſprünglichen Richtungen des leuchtenden und des
ſchallenden Strahls unverändert bleiben; es wird aber die
Stärke des Lichts und des Schalls darum dennoch geſchwächt
erſcheinen. Die Nacht über erkaltet die Oberfläche des Bo-
dens; die mit Raſen oder Sand bedeckten Theile nehmen
nicht von den Fagengängen (filets) warmer Luft durchſtri-
chen, die ſich in ſenkrechter oder ſchiefer Richtung nach allen
Seiten erheben. In einer gleichartig gewordenen Flüſſig-
keit pflanzt ſich die Tonwelle leichter fort, und der Schall
verſtärkt ſich, weil die Theilungen der Wellen und die par-
tiellen Echo’s ſeltener werden.
Um einen kleinen Begriff von den Urſachen der war-
men Luftſtrömungen zu geben, welche den Tag über von
einem ungleich erwärmten Boden aufſteigen, will ich einiger
in den Tropenländern von mir angeſtellten Verſuche erwäh-
nen. In den Llanos oder Steppen von Venezuela fand ich
die Wàrme des Sandes, um 2 Uhr, zu 52°,5 und auch wohl
zu 60° der hunderttheiligen Scale. Die Lufttemperatur
im Schatten eines Bombar war 36°,2; an der Sonne, 18
Zolle über dem Boden erhöhet, 42°,8. Zur Nachtzeit zeigte
der Sand nur noch 28°; er hatte alſo über 24° eingebüßt.
In der Gegend der Cataracten des Orenoko erwärmte ſich
die mit Raſen bedeckte Erde am Tage nur zu 30°, wäh-
rend die Luft 26° zeigte; aber die Granitfelſen, welche
große Weiten bekleiden, erwärmten ſich gleichzeitig bis zu
48°. Ich habe ſehr viele ähnliche Beobachtungen in der
Ueberſicht der Meſſungen und Verſuche bekannt gemacht,
welche ich über die Luftſpieglung zu Eumana, zur nämli-
chen Zeit wo Hr. Wollaſton ſich mit dieſer Erſcheinung in
Europa bemächtigt hat, anſtellte.
(Der Beſchluß folgt.)
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Ueberſicht der Verhandlungen der Königl. Akademie
der Wiſſenſchaften in Paris.
März, 1820.]
(Beſchluß.)
Wenn die Urſache, aus der ich die nächtliche Zunahme
des Schalles herzuleiten verſucht habe, richtig iſt, ſo darf
man ſich nicht wundern, daß dieſe Zunahme unter der heiſ-
ſen Zone, landeinwärts, ſich größer zeigt als auf offener
See, in den Ebenen größer als auf dem Rücken der Cor-
dilleras. Die Waſſerfläche der Aequatorial-Meere erwärmt
ſich gleichförmig und nicht über 29°; während die Oberfläche
des Feſtlandes, die ungleich gefärbt iſt und deren Beſtand-
theile verſchiedenartig ſtrahlen, in der Nähe des Aequators
Temperaturen annimmt, die von 30° bis auf 52° gehen.
In den Tropenländern bleibt die Erde gewöhnlich die Nacht
durch wärmer als die Luft: in der gemäßigten Zone wird
die Bodenfläche bey ſtillen und hellen Nächten um 4 bis 5
Grade kälter als die Luft. Statt im Verhältniß der Ent-
fernung vom Boden abzunehmen, zeigt die Lufttemperatur
in Europa zur Nachtzeit ein ſteigendes Wachsthum bis zur
Höhe von 50 oder 60 Fuß. Man darf ſich alſo nicht wun-
dern, wenn die Strahlenbrechungen auf der Erde, unter
dem gemäßigten Himmelsſtriche, zuweilen des Nachts faſt
eben ſo beträchtlich ſind wie bey Tage. Es werden ſich alle-
zeit wagerecht über einander liegende Luftſchichten von un-
gleicher Dichtheit finden; aber die warmen Luftzüge, welche
die Atmoſphäre in ſchiefer Richtung durchziehen, werden
zur Nachtzeit ſeltener ſeyn als am Tag. Bey 3000 Metres
Erhöhung, in dem unter dem Aequator liegenden Theil der
Anden, beträgt die mittlere Lufttemperatur nur 14°, und|Spaltenumbruch|
die Stärke der Strahlung gegen einen wolkenloſen Him-
mel, durch eine ſehr trockne und ſehr reine Luft, hindert
die bedeutende Erwärmung des Bodens bey Tage. Ich
verweile nicht länger bey dieſen örtlichen Verhältniſſen, und
es genügt mir, im Allgemeinen die nächtliche Zunahme des
Schalles aus der Theorie der Tonwellen und ihrer Thei-
lungen hergeleitet zu haben. Die ganze Erſcheinung be-
ruht auf jenem Mangel der Gleichartigkeit in den ſenkrech-
ten Säulen der Atmoſphäre, welche zugleich auch die wahre
Urſache des mehr oder minder ſtarken Funkelns der Sterne
iſt. Bekanntlich wird die Fortpflanzung des Schalls merk-
lich verändert, wenn in eine am einen Ende geſchloſſne
Röhre eine Schichte Waſſerſtoffgas über eine Schichte atmo-
ſphariſcher Luft gebracht wird.
Ich könnte mich, zu Unerſtützung dieſer Ideen, auf
das Anſehen eines Weltweiſen berufen, den die Phyſiker
immer noch gleichgültig zu behandeln fortfahren, während
die berühmteſten Zoologen ſeit langer Zeit den Scharfſinn
ſeiner Beobachtungen erkannt und demſelben gehuldigt ha-
ben. Warum, fragt Ariſtoteles in ſeinem denkwürdigen
Buche der Probleme: „warum hört man den Schall zur
Nachtzeit beſſer? Weil mehr Ruhe vorhanden iſt, wegen
Abweſenheit des Wärmeſtoffs (der höheren Tempera-
tur). Dieſe Abweſenheit macht alles ruhiger und gere-
gelter, denn die Sonne iſt die Quelle aller Bewegung.‟
Ariſtoteles hatte, wie man ſieht, eine unbeſtimmte Ahnung
von der Urſache der Erſcheinung; aber er bringt auf Rech-
nung der Bewegung der Atmoſphäre und des Stoßes, was
nur Wirkung des plötzlichen Wechſels der Dichtheit der ein-
ander berührenden Luftſchichten iſt. Weder Ariſtoteles in
dem Buche von der Tonkunſt, nach Seneca in ſeinen natur-
philoſophischen Betrachtungen (quæstiones naturales),
noch Theophilactus Simocetta haben den nächtlichen Zu-
wachs des Schalles zu erklären verſucht. Bedenkt man den
mangelhaften Zuſtand der Phyſik der Alten und ihre Un-
kenntniß der Experimental-Methode, ſo erregt die Menge
richtiger und oft ſeiner Beobachtungen, die in den Werken
des Weltweiſen von Stagira über den Thau, über die Ur-
ſachen der Luftſpiegelung, über die wärmeleitende Kraft
der Metalle und Aſchen, über die Höhe der Wolken als
Wirkung der aufſteigenden Strömungen u. ſ. w. angetrof-
fen werden, ein billiges Erſtaunen.
Die Bewohner der Alpen halten, gleich denen der An-
den, eine ungewöhnliche Verſtärkung des Schalls in ruhigen
Nächten für ein ſicheres Zeichen bevorſtehender Wetterän-
derung. „Es gibt Regen, ſagen ſie, weil man das Rau-
ſchen der Bergſtröme ſo nahe hört.‟ Hr. Deluc (modi-
fications de l’Atmosphère) hat es verſucht, dieſe
Erſcheinung durch eine Aenderung des barometriſchen Dru-
ckes, durch eine größere Menge Luftblaſen, die auf der Ober-
fläche des Waſſers zerplatzen, zu erklären. Es iſt dieß aber
eine gezwungene und unbefriedigende Erklärung: ich will
ſie zwar durch keine andere Hypotheſe zu verändern ſuchen,
jedoch aber an die Aehnlichkeit erinnern, die zwiſchen der
Vorherſagung aus dem verſtärkten Schall und einem ande-
ren Vorzeichen beſteht, das aus der minderen Lichtabnahme
abgeleitet wird. Die Bewohner der Berge kündigen eine
Wetteränderung an, wenn plötzlich, bey ſtiller Luft, die mit
ewigem Schnee bedeckten Berge dem Auge des Beobachters
genähret erſcheinen, und ihre Umriſſe ſich ſehr genau auf
dem azurfarbnen Himnmelsgewölbe darſtellen. Welche Ver-
hältniſſe der Atmoſphäre auch dieſen Erſcheinungen zum
Grunde liegen, ſo mag man darin immerhin eine neue
merkwürdige Analogie zwiſchen den Wellen des Schalls
und den leuchtenden Wellen erkennen.