Digitale Ausgabe

Download
TEI-XML (Ansicht)
Text (Ansicht)
Text normalisiert (Ansicht)
Ansicht
Textgröße
Originalzeilenfall ein/aus
Zeichen original/normiert
Zitierempfehlung

Alexander von Humboldt: „Die Höhle von Guacharo“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1818-Cavern_of_Guacharo-14-neu> [abgerufen am 13.10.2024].

URL und Versionierung
Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1818-Cavern_of_Guacharo-14-neu
Die Versionsgeschichte zu diesem Text finden Sie auf github.
Titel Die Höhle von Guacharo
Jahr 1854
Ort Mainz
Nachweis
in: Ignaz Lampert, Charakterbilder aus dem Gesammtgebiete der Natur für Schule und Haus, 2 Bände, Mainz: C. G. Kunze 1854, Band 2, S. 215–220.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Fraktur; Antiqua für Fremdsprachiges; Auszeichnung: Sperrung.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: III.46
Dateiname: 1818-Cavern_of_Guacharo-14-neu
Statistiken
Seitenanzahl: 6
Zeichenanzahl: 14602

Weitere Fassungen
Cavern of Guacharo (New York City, New York, 1818, Englisch)
Account of the Great Cavern of the Guacharo (Edinburgh, 1820, Englisch)
[Cavern of Guacharo] (Frankfurt am Main, 1821, Deutsch)
The great cavern of Guacharo, in South America (Hartford, Connecticut, 1822, Englisch)
Cavern of the Guacharo (Edinburgh, 1824, Englisch)
The Great Cavern of Guacharo, in South America (New York City, New York, 1826, Englisch)
The great cavern of Guacharo, in South America (London, 1826, Englisch)
Die Felshöhle von Guacharo (Bamberg; Aschaffenburg, 1827, Deutsch)
The great cavern of Guacharo, in South America (Exeter, 1836, Englisch)
The great cavern of Guacharo in South America (London, 1845, Englisch)
Die Felshöhle von Guacharo (Leipzig, 1843, Deutsch)
Die Grotte von Caripe oder die Felshöhle von Guacharo (Berlin, 1851, Deutsch)
Der Guacharo (Bad Langensalza, 1852, Deutsch)
Die Höhle von Guacharo (Mainz, 1854, Deutsch)
Die Höhle von Guacharo (Stuttgart, 1856, Deutsch)
Die Höhle von Guacharo (Leipzig, 1858, Deutsch)
|215|

Die Höhle von Guacharo. Von A. v. Humboldt.

In einem Lande, wo man das Wunderbare liebt, iſt eine Fels-höhle, aus der ein Fluß entſpringt und die von tauſend Nachtvögelnbewohnt wird, deren Fett zur Zubereitung der Speiſen dient, ein un-erſchöpflicher Gegenſtand für Unterhaltung und Geſpräche; und da, wokeine geſellſchaftlichen Verhältniſſe ſind und wo eine traurige Einförmig-keit des Lebens nur ſehr einfache und die Neugier wenig beſchäftigendeGegenſtände darbietet, da erhält ſich allenthalben ein lebhaftes Intereſſean Naturerſcheinungen. Ein ſolches Intereſſe hat für den Reiſenden inVenezuela die Höhle von Guacharo im Gebiete des Thales vonCaripe, in der Nähe der Stadt Cumana. Die Höhle, welche die Eingebornen eine Fettmine nennen, befindetſich nicht im Thale von Caripe ſelbſt, ſondern in der Entfernung dreierkleiner Meilen weſt-ſüd-weſtlich. Sie öffnet ſich in ein Seitenthal,welches nach der Sierra del Guacharo ausläuft. Ein ſchmaler Fußpfadführt anfangs anderthalb Stunden in ſüdlicher Richtung durch eineliebliche, mit ſchönen Raſen bekleidete Ebene, jenſeits derſelben lenktman weſtlich ein, längs eines Baches, welcher aus der Oeffnung derHöhle hervorkommt. Während drei Viertelſtunden des Emporſteigensungefähr folgt man, bald im untiefen Waſſer, bald zwiſchen dem Wald-ſtrome und einer Felswand, einem ſehr ſchlüpferigen und kothigen Pfade.Das Einſinken des Erdreiches, die vereinzelten Baumſtämme, überwelche die Maulthiere wegzuſchreiten Mühe haben, die Rankenpflanzen,von denen der Boden überdeckt iſt, machen dieſen Theil des Weges ſehrermüdend. Wo man ſich am Fuße des hohen Guacharo-Berges, nur noch400 Schritte von der Höhle entfernt befindet, erblickt man jedoch ihreOeffnung noch nicht. Der Waldſtrom fließt in einer vom Gewäſſerausgehöhlten Schlucht, und der Pfad führt unter einem Felsgeſimſe hin,deſſen vorſtehender Theil die Ausſicht in die Höhe raubt. Wie der |216|Bach, ſo ſchlängelt ſich auch der Fußſteig, und bei der letzten Krüm-mung ſteht man plötzlich vor dem ſehr geräumigen Eingange der Grotte.Dieſer Anblick hat etwas Erhabenes, ſelbſt für den, welcher an diemaleriſchen Bilder der Hochalpen gewöhnt iſt. Die Höhle von Guacharoöffnet ſich im ſenkrechten Durchſchnitte eines Felſens. Der Eingangſteht ſüdwärts; ihr Gewölbe iſt 80 Fuß breit und 72 Fuß hoch. DerFels, der über der Grotte ſteht, iſt mit Bäumen von gigantiſchemWuchſe beſetzt. Der Mamei und der Genipayer, mit breiten, glänzen-den Blättern, ſtrecken ihre Aeſte ſenkrecht zum Himmel, während diedes Coubaril und der Erythrina ſich ausbreiten und eine dichte Laub-decke bilden. Pothosgewächſe mit ſaftigem Stengel, Oxalisarten undOrchideen von ſeltſamer Bildung wachſen aus den dürreſten Felſenritzenhervor, während Rankengewächſe, vom Winde gewiegt, vor dem Ein-gange der Höhle ſich in Feſtons ſchlingen. Es verhält ſich mit denGrotteneingängen wie mit der Anſicht der Waſſerfälle; die mehr oderminder ausgezeichnete Umgebung ertheilt den vorzüglichen Reiz, welcher,ſo zu ſagen, den Charakter der Landſchaft beſtimmt. Welch ein Con-traſt findet ſich zwiſchen der Höhle von Guacharo und den nordiſchen,von Eichen und finſteren Lerchenbäumen beſchatteten Höhlen! Der üppige Pflanzenwuchs verſchönert jedoch nicht nur die äußereWölbung, er iſt auch noch im Vordertheile der Grotte ſichtbar. DerPflanzenwachsthum dehnt ſich in die Höhle aus, wie in jene tiefenSchluchten der Andes, die nur einem halben Tageslichte zugänglichſind, und er hört im Inneren der Grotte eher nicht als in der Ent-fernung von 30 bis 40 Fuß vom Eingange auf. Erſt 430 Fuß vomEingange entfernt iſt es nöthig, Fackeln anzuzünden. Das Tageslichtdringt ſo weit vor, weil die Grotte einen einzigen Canal bildet, derſich in unveränderter Richtung von Südoſt nach Nordweſt ausdehnt.Hier, wo das Licht zu erlöſchen anfängt, hört man noch entfernt daswidrige Geſchrei der Nachtvögel, von denen die Eingebornen glauben,ſie werden ausſchließlich in dieſen unterirdiſchen Wohnungen angetroffen. Der Guacharo hat die Größe unſerer Hühner, den Rachen derNachtſchwalbe, den Wuchs der Geier, deren krummer Schnabel vonſteifen Seidepinſeln umgeben iſt. Sein Gefieder iſt von dunkler, blau-grauer Farbe, mit kleinen, ſchwarzen Streifen und Puncten vermengt.Große weiße, herzförmige, ſchwarzgeränderte Flecken kommen am Kopfe,auf den Flügeln und am Schwanze vor. Die Augen des Vogels kön-nen das Tageslicht nicht vertragen; ſie ſind blau und kleiner, als dieder Nachtſchwalbe. Die Weite der ausgebreiteten Flügel, welche aus17 bis 18 Ruderfedern beſtehen, beträgt 4½ Fuß. Der Guacharo |217|verläſſt ſeine Höhle bei Anbruch der Nacht, vorzüglich zur Zeit desMondſcheines. Er iſt faſt der einzige, bis dahin bekannt gewordeneNachtvogel, der ſich von Körnern nährt; die Bildung ſeiner Füße thutſattſam dar, daß er nicht, gleich unſeren Eulen, Jäger iſt. Er nährtſich mit ſehr harten Kernfrüchten, gleich dem Nußheher und dem Nacht-raben, welch’ letzterer gleichfalls in Felsſpalten niſtet. Die Indianerverſichern, der Guacharo verzehre keine Käfer, mit denen ſich hingegendie Nachtſchwalbe nährt. Man darf nur die Schnäbel des Guacharound der Nachtſchwalbe miteinander vergleichen, um ſich zu überzeugen,daß ihre Lebensart allerdings ſehr verſchieden ſein muß. Es hält ſchwer, ſich eine richtige Vorſtellung von dem furchtbarenLärm zu machen, welchen viele Tauſende dieſer Vögel in dem finſterenTheile der Höhle verurſachen. Er läſſt ſich nur mit dem Gelärmeunſerer Krähen vergleichen, die in den nordiſchen Tannenwäldern inGeſellſchaft leben und ihre Neſter auf Bäume bauen, deren Gipfelſich einander berühren. Die ſcharfe und durchdringende Stimme derGuacharo’s wird in den Wölbungen der Felshöhle zurückgeworfen unddas Echo widerhallt im Grunde der Grotte. Um den Reiſenden dieNeſter dieſer Vögel zu zeigen, binden die Indianer Fackeln an dasEnde einer langen Stange. Die Neſter ſelbſt befinden ſich oben intrichterförmigen Löchern, welche in Menge an der Decke der Grottewahrnehmbar ſind. Das Geräuſch wird ſtärker, ſowie man tieferhineinkommt und die Vögel vor dem Lichte ſcheu werden, welches dieFackeln verbreiten. Wird es etliche Minuten ſtille, dann laſſen ſich dieentfernten Klagetöne der in den Seitengängen der Grotte niſtendenVögel hören. Es iſt, als ob ihre Schwärme ſich einander wechſelndantworten. Die Indianer begeben ſich jährlich einmal um das St. Johannes-feſt mit Stangen bewaffnet in die Grotte, um den größten Theil derNeſter zu zerſtören. Es werden alsdann viele Tauſend Vögel getödtet,und die Alten, gleichſam um ihre Brut zu beſchützen, ſchweben unterfürchterlichem Geſchrei über den Häuptern der Indianer. Die Jungen,welche zu Boden fallen, werden ſogleich ausgeweidet. Ihr Bauchfell iſtreich mit Fett beladen, und eine Schichte von Fett vom Unterleibe nachhinten bildet eine Art Knäuel zwiſchen den Schenkeln des Vogels.Dieſer Ueberfluß von Fett bei pflanzenfreſſenden Thieren, die imFinſteren leben und ſich nur wenig Bewegung machen, erinnert an dielängſt gemachte Beobachtung über die Mäſtung von Gänſen und Ochſen.Man weiß, wie ſehr dieſes Geſchäft durch Finſterniß und Ruhe be-fördert wird. Die europäiſchen Nachtvögel ſind mager, weil, ſtatt ſich |218|mit Früchten zu nähren, wie der Guacharo, ſie vom ſpärlichen Ertrageihrer Jagd leben. In der Jahreszeit, welche vom Volke in Caripe die Einſammlung des Oeles (la cosecha de la manteca) genanntwird, bauen ſich die Indianer aus Palmenblättern Hütten, theils nahebeim Eingange, theils im Vordertheile der Höhle. Hier wird bei einemmit Buſchwerk unterhaltenen Feuer das Fett der jungen, eben erſt ge-tödteten Vögel geſchmelzt und in thönernen Gefäßen geſammelt. Es iſtdaſſelbe unter dem Namen der Butter oder des Oeles vom Guacharobekannt, halbflüßig, durchſichtig und geruchlos. Seine Reinheit iſt ſogroß, daß es über ein Jahr aufbewahrt wird, ohne ranzig zu werden.Im Kloſter von Caripe wird in der Küche kein anderes Oel gebraucht,als das der Grotte, und nie wird an den Speiſen ein daher rührenderwidriger Geſchmack oder Geruch wahrgenommen. Die Menge des eingeſammelten Oeles ſteht in keinem Verhältniſſezu der Metzelei, welche die Indianer jährlich in der Grotte anrichten.Es ſcheint, daß nicht über 150 bis 160 Flaſchen (zu 60 Kubikzoll)vollkommen reinen Oeles eingeſammelt werden; der minder durchſichtigeUeberreſt wird in großen irdenen Gefäßen aufbewahrt. Der Gebrauchdes Guacharo-Oeles in Caripe iſt ſehr alt, und die Miſſionäre habennur ſeine Bereitungsart regelmäßiger geordnet. Die Glieder einerindianiſchen Familie, welche Morocaymas heißt, behaupten, als Abkömm-linge der erſten Coloniſten des Thales, rechtmäßige Eigenthümer derGrotte zu ſein, indem ſie das Monopol des Fettes anſprechen. Das Geſchlecht der Guacharo’s wäre längſt vertilgt, wenn ſeineErhaltung nicht durch verſchiedene Umſtände begünſtigt würde. Aber-gläubiſche Begriffe halten die Eingebornen vom tieferen Eindringen indie Grotte gewöhnlich ab. Es ſcheint auch, daß benachbarte Höhlen,die ihrer Enge wegen den Menſchen unzugänglich ſind, durch Vögel dernämlichen Art bewohnt werden. Vielleicht wird die große Höhle durchColonieen aus den kleineren Grotten unterhalten und bevölkert. Manhat junge Guacharo’s nach dem Hafen von Cumana verſandt, wo ſieeinige Tage am Leben blieben, ohne irgend eine Nahrung zu ſich zunehmen, indem die Körner, die man ihnen vorlegte, ihnen nicht be-hagten. Bei Oeffnung des Kropfes und des Magens der jungen Vögelin der Grotte finden die Landeseingebornen mancherlei harte und trockeneKernfrüchte, die unter der ſeltſamen Benennung der Guacharo-Körner (semilla del Guacharo) ein berühmtes Mittel gegen das Wechſelfieberliefern. Die alten Vögel tragen ihren Jungen dieſe Körner zu, dieman ſorgfältig ſammelt, um ſie den Kranken in den übrigen tiefgelegenenfieberhaften Orten zukommen zu laſſen. |219| Um in das Innere der Höhle zu gelangen, folgt man den Uferndes kleinen Flußes, welcher in ihr entſpringt; ſeine Breite beträgt 28bis 30 Fuß. Man wandert dem Ufer entlang, ſoweit die aus kalkig-ten Incruſtirungen gebildeten Hügel es geſtatten; öfters, wenn derWaldſtrom zwiſchen hohen Stalaktiten-Maſſen ſich durchſchlingt, mußman in ſein Bett hinabſteigen, das nicht mehr als 2 Fuß Tiefe hat.Am Ufer dieſes unterirdiſchen Flußes findet man eine große Mengevon Palmbaumholz. Es ſind Ueberbleibſel der Stämme, welche dieIndianer erklettern, um die an der Decke des Gewölbes der Grottehängenden Vogelneſter zu erreichen. Die von den Ueberreſten alterBlattſtiele gebildeten Ringe verſehen gleichſam die Stufen einer ſenkrechtſtehenden Leiter. Die Grotte behält in der genau gemeſſenen Entfernung von 1458Fuß vom Eingange noch ihre urſprüngliche Richtung, die nämliche Weiteund die gleiche Höhe von 60 bis 70 Fuß. Es kommt auf beidenContinenten nicht leicht eine Berghöhle von ſo einförmiger und regel-mäßiger Bildung vor. Man hat Mühe, die Indianer zu vermögen,über den Vordertheil der Grotte, welchen ſie alljährlich zur Einſamm-lung des Fettes beſuchen, tiefer einzugehen, und es bedarf eines be-ſonderen Gewichtes und des Anſehens der Miſſionäre, um ſie zu derStelle zu bringen, wo der Boden plötzlich unter einem Winkel von60° in die Höhe ſteigt, und wo der Waldſtrom einen kleinen unter-irdiſchen Waſſerfall bildet. Die Eingebornen verbinden myſtiſche Vor-ſtellungen mit dem von Nachtvögeln bewohnten Raume. Sie glauben,die Geiſter ihrer Vorfahren halten ſich im Hintertheile der Grotte auf.Der Menſch, ſagen ſie, ſoll eine heilige Scheu vor Orten tragen,welche weder die Sonne, noch der Mond beſcheint. Zu den Guacharo’sgehen, bedeutet, zu ſeinen Vätern gehen oder ſterben. Auch nehmendie Zauberer und die Giftmiſcher ihre nächtlichen Gauklerkünſte amEingange der Grotte vor, um den Häuptling der böſen Geiſter, Ivoro-kiamo, zu beſchwören. An der Stelle, wo der Fluß den unterirdiſchen Waſſerfall bildet,ſtellt ſich die, der Grottenöffnung gegenüberliegende, reich bewachſeneLandſchaft auf eine ſehr maleriſche Weiſe dar. Man erblickt ſie amAusgange eines geradlinigen, 240 Toiſen langen Canales. Die vomGewölbe herabhängenden und in der Luft ſchwebenden, Säulen gleichen-den Stalaktiten ſtellen ſich auf der grünen Fläche wunderſam dar. DieOeffnung der Grotte erſcheint um die Mitte des Tages ſehr verengt,und man ſieht ſie in jener hellen Beleuchtung, welche das gleichzeitige |220|Zurückwerfen des Lichtes vom Himmel, von Pflanzen und Felſen hervor-bringt. Die ferne Tageshelle ſteht in gewaltigem Abſtiche mit der indieſen unterirdiſchen Räumen herrſchenden Finſterniß. Sobald man denkleinen Hügel, von welchem der unterirdiſche Bach herabfließt, beſtiegenhat, ſo verengert ſich die Grotte auf 40 Fuß Höhe und verlängert ſichnordoſtwärts. In dieſem Theile der Höhle ſetzt das Waſſer des Flußes eineſchwärzliche Erde ab, welche derjenigen gleicht, die man in der Grottevon Muggendorf Opfererde der Grotte des hohlen Berges nennt.Man kann ſchwer unterſcheiden, ob dieſe feine und lockere Erdart durchSpalten, die mit der Oberfläche des Bodens zuſammenhängen, herab-fällt, oder ob ſie von dem in die Höhle dringenden Regenwaſſer ange-ſchwemmt wird. Es iſt eine Miſchung von Kieſel-, Thon- und Damm-Erde. Wandert man durch den dichten Koth weiter, ſo kommt man aneine Stelle, wo man mit Erſtaunen die Fortſchritte des unterirdiſchenPflanzenwachsthumes wahrnehmen kann. Die Früchte, welche die Vögelzur Speiſung ihrer Jungen in die Grotte tragen, keimen überall, woſie ſich in dem die kalkigen Incruſtirungen deckenden Erdreiche befeſtigenkönnen. Dünn aufgeſchoßene, mit einigen Blätterſpuren verſeheneStämmchen erreichen eine Höhe von 2 Fuß, aber es iſt unmöglich, diedurch den Mangel des Lichtes in Form, Farbe und Geſtalt völlig ver-änderten Pflanzenarten zu unterſcheiden. Zu weiterem Vordringen inder Grotte kann man die Indianer durch nichts bewegen, denn ſowiedie Wölbung des unterirdiſchen Raumes niedriger wird, ſo nimmt auchdas Geſchrei der Vögel einen durchdringenderen Ton an. Folgt manvon da rückwärts dem Laufe des Bergwaſſers nach der Oeffnung derGrotte zu, ſo ſieht man, ehe noch das Auge vom Tageslichte geblendetwerden kann, außer der Grotte das zwiſchen Laubwerk durchſchimmerndeWaſſer. Es gleicht einem fern aufgeſtellten Gemälde, dem die Oeffnungder Grotte zur Rahme dient. Am Ausgange angelangt, genießt manam Ufer des Flußes gerne der Ruhe nach dem ermüdenden Gange, undman iſt froh, des widrig kreiſchenden Geſchreies der Vögel entledigt zuſein und einen Ort verlaſſen zu haben, deſſen Dunkelheit den Reiz derStille und Ruhe keineswegs gewährt.