Der Guacharo lebt in Höhlen der ſüdamerikaniſchen Provinz Venezuela. Von ihm giebt A. v. Humboldt folgende Beſchreibung: Der Guacharo hat die Größe unſerer Hühner, den Rachen der Nachtſchwalbe (des Ziegenmelkers), den Wuchs der Geier, deren krummer Schnabel von ſteifen Seidenpinſeln umgeben iſt. Wenn wir ihn nicht zu den Spechten rechnen wollen, ſo muß dieſer außerordentliche Vogel ins Geſchlecht der Sperlinge (Tasseres) gebracht werden, deren Gattungen durch beinahe unmerkliche Uebergänge mit einander verbunden ſind. Durch ſeine Lebensart iſt er ſowohl den Nachtſchwalben als den Alpendohlen (Corous Pyrrhocorax) verwandt. Das Gefieder des Guacharo iſt von dunkler blaugrauer Farbe, mit kleinen ſchwarzen Streifen und Punkten vermengt. Große weiße herzförmige, ſchwarz geränderte Flecken kommen am Kopf, auf den Flügeln und am Schwanze vor. Die Augen des Vogels können das Tageslicht nicht ertragen; ſie ſind blau und kleiner als die des Ziegenmelkers oder der Nachtſchwalbe. Die Weite der ausgebreiteten Flügel, die aus 17 bis 18 Ruderfedern (remiges) beſtehen, beträgt vierthalb Fuß. Der Guacharo verläßt ſeine Höhle bei Anbruch der Nacht, vorzüglich zur Zeit des Mondſcheins; er iſt faſt der einzige, bis dahin bekannt gewordene Nachtvogel, der ſich von Körnern nährt; die Bildung ſeiner Füße thut ſattſam dar, daß er nicht, gleich unſern Eulen, Jäger iſt. Er nährt ſich mit ſehr harten Kernfrüchten, gleich dem Nußheher und dem Pyrrhocorax. Der letztere niſtet gleichfalls in Felsſpalten, und iſt unter dem Namen Nachtrabe bekannt. Es hält ſchwer, ſich eine richtige Vorſtellung von dem furchtbaren Lärm zu machen, welchen viele Tauſende dieſer Vögel in dem finſtern Theil der Höhle verurſachen. Er läßt ſich nur mit dem Gelärm unſerer Krähen vergleichen, die in den nordiſchen Tannenwäldern in Geſellſchaft leben, und ihre Neſter auf Bäume bauen, deren Gipfel ſich einander berühren. Die ſcharfe und durchdringende Stimme des Guacharos wird in den Wölbungen der Felshöhle zurückgeworfen, und das Echo wiederhallt im Grunde der Grotte. Die Indianer banden Fackeln an das Ende einer langen Stange, um uns die Neſter dieſer Vögel zu zeigen. Sie befanden ſich funfzig bis ſechzig Fuß über unſern Häuptern in trichterförmigen Löchern, welche in Menge an der Decke der Grotte befindlich waren. Das Geräuſch wird ſtärker, ſo wie man tiefer hinein kommt, und die Vögel vor dem Lichte ſcheu werden, das die Copal-Fackeln verbreiten. Ward es etliche Minuten um uns her ſtille, dann ließen ſich die entfernteren Klagetöne der in den Seitengängen der Grotte niſtenden Vögel hören. Es war, als ob ihre Schwärme ſich einander wechſelnd antworteten. Die Indianer begeben ſich jährlich einmal um das St. Johannisfeſt, mit Stangen bewaffnet, in die Grotte, um den größten Theil der Neſter zu zerſtören. Es werden alsdann viele tauſend Vögel getödtet, und die Alten, gleichſam um ihre Brut zu beſchützen, ſchweben unter fürchterlichem Geſchrei über den Häuptern der Indianer. Die Jungen, welche zu Boden fallen, werden ſogleich ausgeweidet. Ihr Bauchfell iſt reich mit Fett beladen, und eine Schichte von Fett verlängert ſich vom Unterleib bis zur Oeffnung des Hintern, und bildet eine Art Knäuel zwiſchen den Schenkeln des Vogels. Dieſer Ueberfluß von Fett bei pflanzenfreſſenden Thieren, die im Finſtern leben und ſich nur wenig Bewegung geben, erinnert an längſt gemachte Beobachtungen über die Mäſtung von Gänſen und Ochſen. Man weiß, wie ſehr dieſes Geſchäft durch Finſterniß und Ruhe befördert wird. Das Fett des Guacharo iſt unter dem Namen des Oels vom Guacharo bekannt. Seine Reinheit iſt ſo groß, daß es über ein Jahr aufbewahrt wird, ohne ranzig zu werden. Im Kloſter zu Laripe ward in der Küche der Mönche kein anderes Oel gebraucht als das der Grotte, und nie haben wir einen daher rührenden widrigen Geſchmack oder Geruch an den Speiſen wahrgenommen.