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Alexander von Humboldt: „Ueber die isothermischen Linien“, in: ders., Sämtliche Schriften digital, herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich, Universität Bern 2021. URL: <https://humboldt.unibe.ch/text/1817-Des_lignes_isothermes-08> [abgerufen am 16.04.2024].

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Permalink:
https://humboldt.unibe.ch/text/1817-Des_lignes_isothermes-08
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Titel Ueber die isothermischen Linien
Jahr 1819
Ort Nürnberg
Nachweis
in: Neues Journal für Chemie und Physik 25:3 (1819), S. 254–268, Tafel.
Sprache Deutsch
Typografischer Befund Antiqua; Auszeichnung: Kursivierung; Fußnoten mit Asterisken; Schmuck: Initialen; Tabellensatz.
Identifikation
Textnummer Druckausgabe: III.37
Dateiname: 1817-Des_lignes_isothermes-08
Statistiken
Seitenanzahl: 15
Spaltenanzahl: 2
Zeichenanzahl: 19968

Weitere Fassungen
Des lignes isothermes et de la distribution de la chaleur sur le globe (Paris, 1817, Französisch)
Des lignes isothermes, et de la distribution de la chaleur sur le globe (Genf, 1817, Französisch)
Sur les Lignes isothermes (Paris, 1817, Französisch)
[Des lignes isothermes et de la distribution de la chaleur sur le globe] (Stuttgart; Tübingen, 1817, Deutsch)
Of Isothermal Lines, and the Distribution of Heat over the Globe (London, 1818, Englisch)
Ueber die gleichwarmen Linien (Jena, 1818, Deutsch)
Isothermes (Lignes) (Paris, 1819, Französisch)
Ueber die isothermischen Linien (Nürnberg, 1819, Deutsch)
Ueber die gleichwarmen Linien (Lignes isothermes) Humbolds (Prag, 1820, Deutsch)
On Isothermal Lines, and the Distribution of Heat over the Globe (Edinburgh, 1820, Englisch)
Abstract of Baron Humboldt’s Dissertation on Isothermal Lines, and the Distribution of Heat over the Globe (London, 1821, Englisch)
Lignes isothermes (Paris, 1823, Französisch)
Von den isothermen Linien und der Vertheilung der Wärme auf dem Erdkörper (Hildburghausen; New York City, New York, 1853, Deutsch)
|254|

Ueber dieisothermischen Linien,von Alexander von Humboldt. (Nach dem Auszuge in den Annales de Chimie et de Physi-que T. V. S. 102 übersetzt vom Dr. Fahri, Sekretär derphysikalischen Gesellschaft von Studierenden in Erlangen.)


Der Leser wird am Ende des Heftes eine Karte fin-den, die wir dem Herrn von Humboldt verdanken,auf welcher er durch Zeichnung einige seiner merk-würdigen Resultate über die Gestalt und Lage derisothermischen Linien, oder der Linien von gleicherWärme, dargestellt hat. Um die Einsicht darüber zuerleichtern, werden wir einen kurzen Auszug des Auf-satzes beifügen, welchen dieser berühmte Reisende ineinen Band der Memoires von Arcueil, der so ebenerschienen ist, hat einrücken lassen. Der Gegenstand, womit uns Hr. von Humboldt näher bekannt macht, nicht theoretisch sondern ge-mäß den neuesten Beobachtungen, ist die Vertheilungder Wärme auf dem Erdball. Zu dem Ende prüft eranfangs die verschiedenen Methoden, denen die Phy-siker bei der Bestimmung der mittlern Temperatur gefolgt sind. |255| Die mittlere Temperatur eines Tages ist, mathe-matisch diesen Ausdruck genommen, das Mittel dercorrespondirenden Temperaturen aus allen Zeitabschnit-ten, aus denen ein Tag zusammengesetzt ist. Wenn man eine Minute für die Dauer eines die-ser Zeitabschnitte annähme, so würde man durch 1440= 24 × 60 die Summe der 1440 thermometrischenBeobachtungen, die von Minute zu Minute unternom-men wurden, dividiren, und man erhielte so die ge-suchte Zahl: die Summe aller dieser einzelnen Resul-tate, durch 365 dividirt, würde die mittlere Tempera-tur des Jahrs geben. Da aber im Allgemeinen die größten Unterschiedethermometrischer Veränderungen an einem Tage sichsehr nahe kommen, so sieht man ein, daß die nämli-chen Wärmegrade einer großen Anzahl von Zeitab-schnitten zukommen werden, deren jeder auf das zuentscheidende Mittel nach Maaßgabe seines Werthesund seiner Dauer Einfluß hat. Demnach kann manjene Mittelzahl mit Genauigkeit erhalten, selbst wenndie Zeit zwischen den einzelnen Beobachtungen viellänger ist, als wir so eben hier angenommen haben. Hr. von Humboldt hat aus diesem Gesichtspunktmehrere Reihen von thermometrischen Beobachtungen,die von Stunde zu Stunde und zu verschiedenen Jah-reszeiten unter dem Aequator und zu Paris vorgenom-men wurden, genau untersucht. Er verglich die nachder vorhergehenden Methode berechneten Mittelzahlen,wobei die Dauer jeder einzelnen Temperatur in Rech-nung kam, mit denen, welche auf die sonst gewöhn-liche Weise erhalten werden. Es ging daraus her-vor, daß die halbe Summe der höchsten und niedrig-sten Temperatur eines jeden Tages (nämlich die um |256| 2 Uhr Nachmittags und die beim Aufgang der Sonne)im Allgemeinen nur um einige Zehntelsgrade von derstrengberechneten Mittelzahl abweicht, und an derenStelle gesetzt werden kann. Indem Herr von Humboldt eine große Mengevon Beobachtungen, die er zwischen den 46° und 48°der Breite machte, zusammenrechnete, hat er gefun-den, daß der einzige Zeitraum beim Niedergang derSonne eine mittlere Temperatur giebt, welche nur umeinige Zehntelsgrade von derjenigen verschieden ist,welche aus den Beobachtungen beim Aufgang derSonne und den um 2 Uhr Nachmittags abgeleitetwurde. Da es selten ist, daß Reisende an jedem OrteGelegenheit haben, Beobachtungen in hinreichenderAnzahl zu sammeln, um daraus die mittlere Tempera-tur des Jahres ableiten zu können, so war es wichtignachzusuchen, welche Monate sie uns unmittelbar ver-schaffen können. Die folgende Tafel zeigt, daß bisselbst zu großen Breitengraden, die Monate Aprilund October, aber vorzüglich der letztere, diese Ei-genheit haben. |257|
Orte. Mittlere Temperatur. Orte. Mittlere Temperatur
desJahres desOcto-bers desAprils desJahres desOcto-bers desAprils
Cairo ... 22°, 4 22°, 4 25°, 5 Göttingen . 8°, 3 8°, 4 6°, 9
Algier .. 21, 0 22, 3 17, 0 Franneker . 11, 3 12, 7 10, 0
Natchez .. 18, 9 20, 2 19, 1 Copenhagen 7, 6 9, 3 5, 0
Rom ... 15, 8 16, 7 13, 0 Stockholm . 5, 7 5, 8 3, 6
Mailand .. 13, 2 14, 5 13, 1 Christiania . 5, 9 4, 0 5, 9
Cincinnati . 12, 0 12, 7 13, 8 Upsala ... 5, 4 6, 3 4, 3
Philadelphia 11, 9 12, 2 12, 0 Quebec .. 5, 5 6, 0 4, 2
Neu York 12, 1 12, 5 9, 5 Petersburg . 3, 8 3, 9 2, 8
Pekin ... 12, 6 13, 0 13, 9 Abo .... 5, 2 5, 0 4, 9
Ofen ... 10, 6 11, 3 9, 5 Drontheim . 4, 4 4, 0 1, 3
London .. 11, 0 11, 3 8, 9 Uléo .... 0, 6 3, 3 1, 2
Paris ... 10, 6 10, 7 9, 0 Uméo ... 0, 7 3, 2 1, 1
Genf ... 9, 6 9, 6 7, 6 Cap Nord. . 0, 0 0, 0 — 1, 0
Dublin .. 9, 2 9, 3 7, 4 Enontekies —2, 8 —2, 5 —3, 0
Edinburg. 8, 8 9, 0 8, 3 Nain .... —3, 1 + 0,6 — 2, 5
Die mittlern Temperaturen der Jahre sind vielgleicher als man nach dem Zeugniß unserer Sinneund der verschiedenen Ergiebigkeit der Ernten an-nehmen möchte. Die größten Abweichungen betragenkaum 2° der hunderttheiligen Scale. |258| In Paris waren die mittlern Temperaturen derJahre 1803 bis 1816: +10°, 6 ... 11°, 1 ... 9°, 7... 11°, 9 ... 10°, 8 ... 10°, 3 ... 10°, 5 ... 10°, 5... 11°, 5 ... 9°, 9 ... 9°, 9 ... 9°, 7 ... 10°, 5... 9°, 4. Zu Genf war in den Jahren 1803—1815 diemittlere Temperatur: + 10°, 2 ... 10°, 6 ... 8°, 8 ... 10°, 8 ... 9°, 6 ... 8°, 3 ... 9°, 4 ... 10°, 6 ... 10°, 9 ... 8°, 8 ... 9°, 2 ... 9°, 0 ... 10°, 0. Die Differenzen zwischen den Mittelzahlen desMonats Januar steigen bis 7°, die des Monats Augusterreichen selten 4°. Von der Zeichnung isothermischer Linien. Nachdem wir mit Genauigkeit den Sinn, dermit dem Ausdrucke mittlere Temperatur zu verbindenist, angezeigt haben, können wir uns mit der Zeich-nung der isothermischen Linien, oder der Linien glei-cher Wärme, beschäftigen. Man wird von einigen ankleine Oertlichkeiten gebundenen Unregelmäßigkeitenabsehen, wie z. B. denjenigen, welche man auf denKüsten des mittelländischen Meeres zwischen Marseille,Genua, Lucca und Rom bemerkt. Es wird späterhinvon Nutzen seyn, sie in detaillirten Karten zusammen-zufassen. „Die Zeichnung dieser Mittellinien, sagtHerr von Humboldt, wird viel Licht über Erscheinun-gen verbreiten, die für den Ackerbau und für den ge-sellschaftlichen Zustand der Einwohner von hoherWichtigkeit sind. Wenn wir anstatt der geographi-schen Karten nur Tafeln besäßen, welche die Coordi-naten der Breite, der Länge und der Höhe enthiel-ten, so wäre eine große Anzahl merkwürdiger Ver- |259| hältnisse, welche das feste Land in seiner Gestaltungund den Ungleichheiten seiner Oberfläche darstellt,für immer unbekannt.“ Um die isothermischen Linien zu ziehen, mußman die Orte auf dem Globus suchen, deren mittlereTemperaturen sich am meisten 0°, 5°, 10°, oder 15°.nähern. Man wird bei dem ersten Anfang schon ge-wahr, ob die Linien von Süden nach Norden an die-sem oder jenem Orte sich hinziehen; um aber solchesgenau nach den Graden der Breite zu bestimmen,muß man die gewöhnlichen Interpolations-Methodenzu Hülfe nehmen, mit Hülfe der nach Beobachtungenentworfenen Tafeln, woraus für verschiedene Meridia-ne, einerlei Höhe über der Meeresfläche vorausgesetzt,sich ergiebt, in welcher Art die jährliche mittlereTemperatur von Süden gegen Norden hin abnimmt. Einem Gradunterschied in der mittlern jährlichenTemperatur entsprechen in verschiedenen Zonen fol-gende Breitengrade:
In der neuenWelt in-nerhalb den Län-gen von70° bis 80°östlich. In der altenWelt in-nerhalb den Län-gen von2° bis 17°westlich.
Zwischen 30° und 40° nördli-cher Brei-te .... 1°, 24′ 2°, 30′
— — 40° — 50° — — 1°, 6′ 1°, 24′
— — 50° — 60° — — 1°, 18′ 1°, 48′
Gemäß diesen Daten und den genausten Mittel-zahlen, die zu erhalten waren (deren 30 auf der Tafel |260| S. 257 angeführt sind) endlich auch mit Rücksichtauf die Höhe der Orte, wo die Beobachtungen vorge-nommen wurden, fand Hr. von Humboldt, daß die isothermische Linie von 0° aus 3°, 54′ süd-lich von Nain in Labrador durch das Centrum vonLappland und 1° nördlich von Uléo durch Solis-kamsky geht. Die isothermische Linie von 5° geht 0°, 5 nörd-lich von Quebec; 1° nördlich von Christiania; 0°,5nördlich von Upsala; durch Petersburg und Moscau. Die isothermische Linie von 10° geht durch 42°\( \frac{3}{4} \) in den vereinigten Staaten; 1° südlich von Dublin; 0°,5nördlich von Paris; 1°,5 südlich von Franecker;0°,5 südlich von Prag; 1°,5 nördlich von Ofen;\( \frac{3}{4} \) nördlich von Peking. Die isothermische Linie von 15° geht 4°,5 nörd-lich von Natchez durch Montpellier; 1° nördlich vonRom; und 1°, 5 nördlich von Nangasacki. Die isothermische Linie von 20° geht 2°,5 süd-lich von Natchez; 50′ nördlich von Funchal; und soviel man aus den Materialien, welche wir besitzen,schließen kann, durch den 33°,5 der Breite unterdem Meridian von Cypern. Wir haben von den mitt-lern Temperaturen zu Algier und Cairo keinen Ge-brauch gemacht, weil der Sand, von dem sie umgebensind, sie um 1° oder 2°, wie es uns vorkommt, er-höht. Aus diesen Daten geht hervor, daß die Knoten der isothermischen Linien, oder ihre Durchschnittemit den Parallelen des Aequators, folgende Lage ha-ben: Isothermischer Streifen von 0°: Länge 94° W.;Breite 54°,12′; — Länge 63°,40′ W.; Br. 53°,15′ |261| — Länge 18° 30′ O.; Br. 65° 15′; — L. 23° O.; Br.66° 20′; — L. 56° O.; Br. 62° 12′. Ein Zweig gehtlängs der nördlichen Küsten durch die Länge 18° O.,Br. 70°, L. 23°\( \frac{1}{2} \), Br. 71°. Isothermischer Streifen von 5°: L. 73°,30′ W.;Br. 47°,20′ — L. 5°\( \frac{1}{2} \) W. Br. 62° — L. 8°\( \frac{1}{2} \) O. Br.61°, 15′ — L. 15°,18′ O. Br. 60°,20′ — L. 20° O.Br. 59°,37′; — L. 35°,12′ O. Br. 57°,45′. Isothermischer Streifen von 10° L. 86°,40′ O.,Br. 41°,20′ — L. 73°,30′ W. Br. 42°,45′ — L.8°,40′ W. Br. 52°,20′ — L. 5° W. Br. 51° L.3° W. Br. 52° — L. 0°. Br. 51° — L. 12° O. Br.49°,30′ — L. 16°,40′ O. Br. 48°,50′ — L. 114°O. Br. 43°,30′. Isothermischer Streifen von 15° L. 93° W. Br.36° — L. 1° O. Br. 43°,30′ — L. 9° O. Br. 43°— L. 127°,30′ O. Br. 34°,15′. Isothermischer Streifen von 20° L. 94° W. Br.29° — L. 19°,15′ W. Br. 33°,40′ — L. 28° O. Br.33°,30′. Wirft man einen Blick auf die Fig. 1. der Kup-fertafel, so sieht man, wie die isothermischen Linienvon den Parallelkreisen der Erde abweichen. Ihreconvexen Gipfel in Europa befinden sich beinahe un-ter dem nämlichen Meridian. Diese Linien in westlicher Richtung von jenenPunkten aus neigen sich gegen den Aequator, mitwelchem sie beinahe, bis an die atlantischen Küstender neuen Welt, und bis gegen Osten des Mississipi unddes Missouri, parallel bleiben; ohne Zweifel erhebensie sich alsdann wieder jenseits der Felsenberge aufden entgegengesetzten Küsten von Asien, zwischen dem35 und 55 Grad der Breite. Man weiß in der That, |262| daß man längs dem Kanal von St. Barbara, in Neu-Californien, den Oelbaum mit Erfolg cultivirt, unddaß zu Noutka, beinahe in der nämlichen Breite vonLabrador, vor dem Monat Januar auch die kleinstenFlüsse nicht einfrieren. Die hier beigefügte Tafel thut auf eine nicht we-niger auffallende Art dar, daß, von Europa nachOsten hin, die isothermischen Linien sich von neuemsenken. |Spaltenumbruch|
Br. Mittlere Temp.
Sanct Malo, 48°,39′ + 12°,5
Amsterdam, 52, 22 + 11, 9
Neapel, 40, 50 + 17, 4
Copenhagen 55, 41 + 7, 6
Upsala, 59, 51 + 5, 5
|Spaltenumbruch|
Br. Mittl. Temp.
Wien 48°, 11′ + 10°,3
Warschau 52, 14 + 9, 2
Pekin 39, 54 + 12, 7
Moscau 55, 45 + 4, 5
Petersb. 59, 56 + 3, 8
(Die Höhe von Pekin ist wenig beträchtlich. Dievon Moscau beträgt 300 Meter.) Es wäre unnütz, bei allgemeinen Folgerungenzu verweilen, welche beim ersten Anblick der Kartesich ergeben; wir wollen jetzt nur einige Resultateerwähnen, welche die Kleinheit des Maaßstabesnicht leicht aufzufinden erlaubt. — Zu der Bemer-kung, welche man schon seit mehr als einem Jahrhun-dert machte, daß die Temperaturen in der ganzenAusdehnung einer jeden Erdparallele nicht gleich sind,und, daß 70° der Länge östlich oder westlich vom PariserMeridian entfernt, das Klima viel kälter wird, kann mannoch hinzufügen, daß die Unterschiede zwischen denTemperaturen der Oerter, die unter den nämlichenParallelkreisen liegen, nicht in allen Breiten gleich be-trächtlich sind. |263|
Br. Mittl. Temp. imWesten deralten Welt.in Mittl. Temp. imOsten derneuen Welt Unterschiede.
30° N. 21°,4 Hundertth.Sc. 19°,4 Hundertth.Sc. 2°, 0 Hun-dertth. Sc.
40° 17, 3 12, 5 4,8
50° 10, 5 3, 3 7,2
60° 4, 8 -4, 6 9,4
Man wird das Gesetz der Abnahme der mittlerenTemperaturen in folgender Tafel finden:
Von 0° — 20° Br. in d. alt. Welt 2°; in d. neuen
20° — 30° ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 4°; ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
30° — 40° ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 4°; ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
40° — 50° ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 7°; ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
50° — 60° ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 5°,7 ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 7°,9
Die Zone in den beiden Welten, wo die Abnah-me der mittleren Temperaturen am schnellsten ist, be-findet sich zwischen den Parallelkreisen des 40 und45ten Grades. „Dieser Umstand, sagt Hr. von Hum-„boldt, muß einen günstigen Einfluß auf Cultur„und Kunstfleis derjenigen Völker, welche die jenem„mittlern Parallelkreis benachbarten Länder bewoh-„nen, haben. Es ist der Punkt, wo die Gegenden„des Weinstocks, die der Oliven- und Citronenbäume„berühren. Nirgends außerdem auf der Erdkugel,„von Norden nach Süden hin, sieht man die Tempe-„raturen merklicher zunehmen. Nirgends folgen auch„die verschiedenen Erzeugnisse des Pflanzenreichs,„und die mancherlei Gegenstände des Ackerbaues ra-„scher auf einander. Daher belebt der große Unter-„schied der Erzeugnisse aus den Ländern der benach-„barten Himmelsstriche den Handel, und vermehrt„die Industrie der Ackerbau treibenden Völker.“ |264| Der Leser wird leicht bemerken, daß in der heis-sen Zone unter dem Parallelkreis von 30°, die iso-thermischen Linien nach und nach unter einander undmit dem Aequator der Erde parallel werden, so daßdie schon seit langer Zeit angenommene Meinung: diealte Welt sey wärmer als die neue, selbst unter denTropen, keinen Grund hat.
Mittlere Temp.
Senegambia (Br. 14°,41′ N.) 26°, 5
Madras (Br. 13°,5′ N.) 26°, 9
Batavia (Br. 6°,12′ S.) 26°, 9
Manilla (Br. 14°,36′ N.) 25°, 6
Cumana (Br. 10°,28′ N.) 27°, 7
Antillen (Br. 16° N.) 27°, 5
Vera Cruz (Br. 19°,12′ N.) 25°, 6
Havanna (Br. 23°,9′) 25°, 6
Nach der Erklärung, welche wir von mittlererTemperatur gegeben haben, ist es klar, daß eineQuantität von jährlicher Wärme an unterschiedenenOrten sehr ungleich unter die verschiedenen Jahreszei-ten vertheilt seyn kann. Die folgende Tafel zeigt,wie die Winter und Sommer unter einander auf allenisothermischen Linien von dem 28° und 30° nördli-cher Breite bis zu den Parallelkreisen des 55° und60° verschieden sind. Man wird auch bemerken, daßin den beiden Streifen der alten und neuen Welt, wel-che zwei verschiedene Systeme von Klimaten bilden,die Vertheilung der jährlichen Wärme zwischen Som-mer und Winter dergestalt geschieht, daß auf der iso-thermischen Linie von 0° der Unterschied der zweiJahreszeiten beinahe das Doppelte von demjenigen ist,den man auf der isothermischen von 20° bemerkt. |265|
Strich diesseits des atlan-tischen MeeresLänge 30° westl.und 15° östl. Strich jenseits des atlanti-schen MeeresLänge 60 — 74°westl.
Mittlere Tem-peratur Un-ter-schied Mittlere Tempe-ratur Un-ter-schied
desWin-ters desSom-mers desWin-ters desSom-mers
Isother- mische Linie 20° 15° 27° 12° 12° 27° 15°
15 7 23 16 4 26 22
10 2 20 18 — 1 22 23
5 — 4 16 20 —10 19 29
0 —10 12 22 —17 13 30
Wenn man anstatt, wie hier oben, die mittlerenTemperaturen des Jahreszeiten zu betrachten, die mitt-leren Temperaturen des kältesten und wärmsten Mo-nates nimmt, so ist das Zunehmen der Unterschiedenoch viel größer, als wir so eben gefunden haben. Die Unterschiede zwischen den Jahreszeiten schei-nen an die Gestalt der isothermischen Linien gebun-den zu seyn; sie sind weniger groß bei den convexenGipfeln als bei den concaven Gipfeln, so daß die näm-liche Ursache, welche die Kurven gegen die Pole er-hebt, auch die Temperaturen der Jahreszeiten auszu-gleichen strebt. Da die mittlere Wärme des Jahresdem Viertel der thermometrischen Summe der Winter-,Frühlings-, Sommer- und Herbst-Temperaturen gleichist, so haben wir z. B. auf der nämlichen isothermi-schen Linie von 12° am concaven Gipfel in Amerika(77° Länge westlich von Paris): |266|
  • \( 12^\circ=\frac{0^\circ+11^\circ,3+24^\circ,2+12^\circ,5;}{4} \)
  • nahe an dem convexen Gipfel in Europa (im Meri-dian von Paris):
  • \( 12^\circ=\frac{+4^\circ,5+11^\circ,0+20^\circ,2+12^\circ,3;}{4} \)
  • an dem concaven Gipfel in Asien (114° östliche Län-ge in Paris):
  • \( 12^\circ=\frac{-4^\circ+12^\circ,6+27^\circ+12^\circ,4;}{4} \)
Wenn man, anstatt auf einer Karte die isother-mischen Linien aufzutragen, daselbst die Linien der gleichen Wintertemperatur zöge, (isochimenische Li-nien), so würde man sogleich bemerken, daß sie sichvielmehr von den Parallelkreisen der Erde als die er-steren, entfernen. „In dem System der europäischenKlimate, sagt Hr. von Humboldt, können die geogra-phischen Breiten zweier Oerter, welche die nämlichejährliche Temperatur haben, nur um 4° bis 5° ver-schieden seyn, während zwei Oerter, deren mittlereTemperatur im Winter die nämliche ist, in der geo-graphischen Breite um 9° bis 10° verschieden seynkönnen; je mehr man gegen Osten vorrückt, destoschneller nehmen diese Unterschiede zu.“ „Die Linien des gleichen Sommers (isotherischeLinien), folgen einer ganz entgegengesetzten Rich-tung, als der, der isochimenischen Kurven. Wir fin-den die nämliche Sommertemperatur zu Moscau, imMittelpunkt von Rußland, und gegen die Mündungder Loire, ohngeachtet des Unterschiedes von 11 Brei-tegraden.“ Anstatt auf der Karte alle diese Systeme derKrümmungen zu ziehen, deren vielfache Durchschlin- |267| gungen nur Verwirrungen hervorbringen würden, hatman sich begnügt, den isothermischen Linien, nahean ihren Gipfeln, die mittlere Sommer- und Winter-Temperatur beizufügen. So wird man, indem mander Linie von 10° folgt, in Amerika westlich von Boston angemerkt finden, \( \left(\frac{-1^\circ}{+23^\circ}\right) \); in England \( \left(\frac{+3^\circ}{+17^\circ}\right) \); in Ungarn \( \left(\frac{-0^\circ,5}{+21^\circ}\right) \) und in China \( \left(\frac{-5^\circ}{+26^\circ}\right) \) Die vorhergehenden Einzelnheiten haben nur Be-zug auf die Vertheilung der Hitze an der Fläche derErdkugel. Man sieht übrigens ein, daß um unter einemjeden Parallelkreise die mittlere Temperatur z. B. von0° zu finden, es hinreicht, einen hinlänglich über denHorizont erhabenen Ort auszuwählen. Die Größe derHöhe ändert sich mit der Breite. Die Fläche, wel-che über die Gipfel aller dieser verticalen Coordinatengienge, würde man die isothermische Fläche von heißen, und ihr Durchschnitt mit der Erdkugel wäredie correspondirende isothermische Linie. In der Figur 2 sind die Einschnitte, welche eintransatlantischer Meridian in die verschiedenen isother-mischen Flächen macht, dargestellt. Die Punkte, wodiese Kurven der Erdkugel begegnen müssen, sinddurch die vorhergehenden Untersuchungen bekannt;die Punkte, wo sie vom Aequator ausgehen, ihre Hö-hen durch andere Breitengrade gründen sich auf diegenaue Untersuchung einer großen Menge von Beob-achtungen, welche sowohl auf dem Rücken der Cor-dilleren zwischen dem 10° südlicher und dem 10° nörd- |268| licher Breite, als auch in unsern Klimaten, vorgenom-men wurden. Herr von Humboldt hat daraus folgende Resulta-te abgeleitet.
Höhe. Aequatorealzonevon 0° — 10° Breite. Gemäßigte Zonevon 45° — 47° Breite.
0 Meter + 27°, 5 + 12°.0
974 + 21, 8 + 5, 0
1949 + 18, 4 — 0, 2
2923 + 14, 3 — 4, 8
3900 + 7, 0
4872 + 1, 5
In der zweiten Figur verhält sich der Maaßstabder Breiten zu dem der Höhen wie 1 zu 1000. In einem der folgenden Hefte werden wir aus dernämlichen Abhandlung die merkwürdigen Resultate,die sie über die vergleichbaren Temperaturen der Erdeund Luft unter verschiedenen Breiten enthält, aus-ziehen *), und die physikalische Erklärung beifügen,welche uns Hr. von Humboldt über das Wiederempor-steigen der isothermischen Linien an den westlichenKüsten der alten und neuen Welt gegeben hat.


*) Aus derselben Abhandlung ist die Tafel genommen, wel-che der Leser am Ende des Heftes findet.

Abbildungen